Jakob Lorber
Der Saturn
Darstellung dieses Planeten samt Ring und Monden und seiner
Lebewesen.
( Text )
Durch das Innere Wort empfangen von Jakob Lorber.
Inhaltsverzeichnis ( Ohne Vorwörter,
hier habe ich den Überblick verloren, wer schon alles seinen Senf dazugegeben
hat. )
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Kapitel 01 Eigentlicher Name des Saturn. Darstellungsplan dieser
Beschreibung. Größe, Doppelring, Monde des Saturn. Herrlichkeit der göttlichen
Offenbarung.
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Kapitel 02 Wasserreiche Oberfläche des Saturn. Festlandsinseln. Große
Eiszonen an den Polen. Milde und reine Mittelzone. Starke Lichtatmosphäre.
Licht- und Wärmeverhältnisse. Ring als Regulator und Reflektor. Sternenpracht.
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Kapitel 03 Das Land Herrifa. Der Heilsberg Girp. Der Sonnenbaum, der
Regenbaum, der Haarbaum, der Breitbaum und der Strahlenbaum.
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Kapitel 04 Der Trichterbaum, der Pyramidenbaum und der Spiegelbaum.
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Kapitel 05 Der Allerleibaum, der Feuerbaum und der Ölstrauch. Leibesgestalt,
Grundbesitz und Haustiere der Saturnmenschen.
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Kapitel 06 Die Kräuter und Nutzpflanzen des Saturn. Das Maiskorn, das
rinnende Faß und der wandelnde Flaschenkürbis.
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Kapitel 07 Reichtum der Pflanzenwelt des Saturn. Hauptfarbe nicht grün,
sondern blau. Aromatische Heilkräuter. Die Goldstaude. Metallpflanzen. Blaues
Gras. Formwechselnde Wiesenblumen – duftendes Alpenmoos. Gebirge und Ebenen des
Saturn.
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Kapitel 08 Die Schiffs-Pflanze „Chaiaba“. Deren Frucht – ein Schiff.
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Kapitel 09 Noch einiges von der Schiff-Pflanze. Die Ströme des Saturn und
deren gleichmäßiger Fall. Vom Kugelschalenbau des Saturn und aller andern
Weltkörper. Formenreichtum der Schöpfung. Die vier Hauptströme des Saturn.
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Kapitel 10 Der Morgenstrom und seine Anwohner. Baumwohnungen der
Saturnmenschen. Deren naturbeherrschende Willenskraft und ihr Verkehr mit der
geistigen Welt. Unnütze Mission von Erdengeistern auf dem Saturn.
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Kapitel 11 Herrliche Uferlandschaften der Stromgebiete. Der Nordstrom. Der
Abendstrom. Der Mittagstrom.
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Kapitel 12 Die Landseen des Saturn. Deren herrliche Landschaften und starke
Uferbevölkerung. Verbindungsarme mit Flüssen, Strömen und andern Seen.
Steinkegel-Gruppen als Vergnügungsstätten. Schwanenfahrt.
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Kapitel 13 Die Meeresufer auf dem Saturn. Gefahr durch Sturmfluten. Monde
und Ring als Fluterzeuger. Die untersten Meertiergattungen. Die blaue
Riesenmuschel.
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Kapitel 14 Die Stangenschnecke. Die Pyramidenschnecke. Die wunderbare
Scheibenschnecke liefert Mantel, Salbe und Gartenschmuck der Patriarchen auf dem
Saturn.
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Kapitel 15 Die Siebenschnecke. Praktische Verwendung ihres Gehäuses.
Gewichtsverhältnisse auf dem Saturn.
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Kapitel 16 Die riesenhafte, leuchtende Strahlenschnecke. Ihr Auftauchen bei
Meeresstürmen.
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Kapitel 17 Weiteres von den Wassertieren. Der walfischartige Saturnfisch
Bisorhiohiohio – ein Umgestalter des Geistig-Seelischen der Wassertiere in das
der Lufttiere.
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Kapitel 18 Die kleinen Flügeltiere. Die Saturnfliege. Der Fliegende Stern.
Der Riesenschmetterling Com und die Verwendung seines Federschmucks.
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Kapitel 19 Fledermausarten. Die fliegende Kuh. Das fliegende Band.
Schmuckhandel auf dem Saturn.
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Kapitel 20 Unzahl fliegender Tiere ohne Gefieder. Vom Reich der Vögel. Die
Wasserhenne. Der Behor, eine große Reiherart. Der Himmelsbote, ein guter Sänger.
Der Flugtonakkord dieser Vögel. Gesang und Musik der Saturnmenschen.
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Kapitel 21 Die „Sänger über den Flüssen und Seen” Meister des Fugensatzes.
Die nördlichen Luftsänger. – Über die wirksamste Musik.
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Kapitel 22 Die Haushenne, die Goldene Kugel und die Riesengans.
Beschaffenheit und Nutzen dieser Hausvögel.
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Kapitel 23 Die wichtigsten Landtiere. – Deren größtes, das Mud. Lehren der
Weisen über das Mud. Sein Schöpfungszweck.
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Kapitel 24 Der Saturn-Elefant Sisterkihi. Seine Beschaffenheit und
Lebensweise. Jagd auf dieses Tier. Schöpfungszweck desselben.
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Kapitel 25 Der Blaue Bär Ihur. Dessen Beschaffenheit, Charakter und Nahrung.
Seine Nützlichkeit als Ackerer des Erdreiches.
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Kapitel 26 Der Saturn-Löwe Horud – dient zur Jagd und zum Holzfällen. Fang
der Jungen.
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Kapitel 27 Die Saturn-Antilope Zigst oder Spitzfuß. Deren Daseinszweck –
Schöpfungswinke. Jagd auf das Zigst – wozu? Geheimmittelschwindel.
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Kapitel 28 Bauor, das Einauge, mit Schweifarm und Waffenauge. Jagd auf
dieses Tier. Seine Haut als Patriarchenmantel.
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Kapitel 29 Harmonie der Weltkörper. Beispiele der Tonkunst. Geheimnisse der
Tonlehre und der Schöpfung. Übereinstimmung der wilden Tierwelt von Saturn und
Erde.
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Kapitel 30 Die zahmen Tiere des Saturn. Die Kuh Buka, das nützlichste
Saturntier.
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Kapitel 31 Die Blaue Ziege. Tauschhandel mit ihrer Milch. Das
Ziegendankfest. Verbundenheit der Saturnbewohner mit der geistigen Welt. Die
Wolle der blauen Ziege und deren Verwendung.
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Kapitel 32 Der Saturn-Hausknecht Fur, eine zahme Affenart. Vom Saturn-Hund,
von Pferden, Schafen und anderen Tierarten.
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Kapitel 33 Die Saturnmenschen. Deren Abstammung, Bevölkerungsdichte und
Wohnweise.
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Kapitel 34 Häusliche Verfassung der Saturnmenschen. Anpflanzung eines
Tempels. Das größte Gesetz. Auswanderungen. Nächstenliebe.
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Kapitel 35 Haupt-Lebensgesetz: Der Wille Gottes. – Behandlung von
Übertretern.
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Kapitel 36 Metallindustrie und sonstige Handwerkskunst. Wahrer Sozialismus
der Nächstenliebe in Handel und Verkehr.
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Kapitel 37 Webstofferzeugung. – Unverkünstelte Verwendung der
Naturerzeugnisse. – Bekleidungsordnung.
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Kapitel 38 Leibesgestalt von Mann und Weib. Zeugung, Schwangerschaft und
Geburt. Beschaffenheit der Kinder.
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Kapitel 39 Gotteserkenntnis der Saturnbewohner. Mehr Ehrfurcht als Liebe.
Kunde von der Menschwerdung Gottes auf Erden.
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Kapitel 40 Verbot der Selbstüberhebung. Gebot der Reinlichkeit. Scheu vor
Totem. Leichenbestattung. Totenkult. Eheschließung.
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Kapitel 41 Tieflandbewohner besuchen die Berge. Deren Aufnahme bei den
Gebirgsbewohnern. Halbheiden und ihre Bekehrung. Brautwerbung im Tiefland.
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Kapitel 42 Die innerlich-geistige Religion der Saturnmenschen. Bedeutung der
Siebenzahl. Sonntagsfeier. Neugeborenenweihe. Tempelmahl. Ältestenpredigt,
unterstützt durch geistige Schauung. Weisheit der Saturnmenschen.
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Kapitel 43 Geistvolle Naturbetrachtung. Verkehr mit Engeln und dem Herrn
selbst.
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Kapitel 44 Geistiger Teil der Saturnreligion. Geistige Wiedergeburt durch
Lehre und Übung.
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Kapitel 45 Näheres über den Weg zur Wiedergeburt und Einswerdung mit Gott.
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Kapitel 46 Die Bewohner der Flachländer. Ihr Bau- und Wohnwesen und ihre
mehr weltliche Gesinnung.
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Kapitel 47 Weiteres von den Flachländern. Handel und Gewerbe. Verbannung
Unredlicher. Lebensweise, Ehe, Zeugung, und Begräbnis.
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Kapitel 48 Die ausgedehnte nördliche und südliche Polarregion des Saturn. –
Deren ungeheure Kälte dient zur Dämpfung der zerstörungslustigen Urgrundgeister
des Planeten und wirkt zuweilen bis zur Erde.
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Kapitel 49 Der Saturnring – hat planetarische Beschaffenheit. Seine
Achsendrehung und seine Zweckbestimmung.
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Kapitel 50 Weiteres vom mehrfachen Zweck des Saturnrings. Beispiel von der
Glasbläserei und dem Kühlofen. Die zart-materiellen Ringbewohner. Deren
Lebensweise und Verkehr mit den Planetenbewohnern. – Mangelnde Tierwelt.
Samenlose Fruchtbäume.
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Kapitel 51 Die Saturnmonde – ohne Achsendrehung. Naturmäßiges Leben nur auf
der dem Planeten abgekehrten Seite. Die Monde als Nachschule des Saturn und
Vorschule des Ringes und des reingeistigen Lebens. – Schlußwort: Zweck dieser
ganzen Eröffnung.
[Sa.01_001] – Eigentlicher Name des Saturn. Darstellungsplan dieser
Beschreibung. Größe, Doppelring, Monde des Saturn. Herrlichkeit der göttlichen
Offenbarung.
[Sa.01_001,01] Um sich von diesem Weltkörper, den ihr Saturn nennt – während
sein eigentlicher Name soviel besagt wie: Erdruhe, Weltnichtstum – einen
deutlichen Begriff zu machen, ist vor allem nötig, seine natürliche Sphäre,
Entfernung von der Sonne, seine Größe wie auch die seiner Monde so genau wie nur
immer eurer Fassungskraft möglich zu erkennen. Ist dies bekannt, so können desto
leichter seine großmächtige Beschaffenheit, seine Einwohner – sowohl auf dem
Planeten selbst wie auch auf den Ringen und Monden – erkannt werden und so auch
seine allseitige Vegetation nach dem Verhältnis seiner höchst verschiedenen
klimatischen Zustände und ebenso auch all das Getier auf diesem Planeten, seinen
Ringen und Monden.
[Sa.01_001,02] Und wenn dieses alles erkannt wird, dann erst kann die Geschichte
dieses Planeten, seine innere Einrichtung, seine polarischen Verhältnisse zu
anderen Planeten und endlich seine geistige Sphäre durchleuchtet werden.
[Sa.01_001,03] Was die Entfernung des Saturn von der Sonne betrifft, können drei
verschiedene Standpunkte angenommen werden, und das aus dem Grunde, daß, wie
euch schon mehr und mehr bekannt, kein Planet um die Sonne eine völlig
kreisförmige Bahn läuft, sondern eine eiförmige Bewegung macht. Wobei die Sonne
gerade so gegen die Bahn eines Planeten zu stehen kommt, als wenn ihr ein Ei
nehmt und stellt es auf der stumpferen Seite nach unten und mit der spitzigeren
nach oben, wodurch der Eidotter sich nicht in der Mitte des ganzen Eis, sondern
bei weitem mehr in der Nähe des unteren Endteiles befindet. Das Zentrum des
Dotters sei die Sonne und die Linie der weißen Schale die Bahn des Planeten. –
Wenn ihr nun die Entfernungen dieser Bahnlinie bis zum Sonnenzentrum im Dotter
messet, so wird sich sicher folgendes ergeben: daß der unterste Teil der
Bahnlinie dem Sonnenzentrum zunächst, der Bauchgürtel in einer Mittelentfernung
und die obere Spitze in der größten Entfernung zu stehen kommt. – Seht, so ist
es auch mit der weiten Bahnlinie unseres zu betrachtenden Planeten. Wenn er sich
zuunterst befindet, so ist er in der größten Sonnennähe, da alsdann nach eurer
Berechnung seine Entfernung nur 187719120 geographische Meilen beträgt. Wenn er
sich im Gürtel seiner Bahn befindet, alsdann beträgt seine Entfernung 198984136
geographische Meilen. Und wenn er sich zuoberst befindet, beträgt seine
Entfernung von der Sonnenmitte 210249152 geographische Meilen, welche Entfernung
dann auch die größte ist [3] .
[Sa.01_001,04] Diese Entfernungen müßt ihr aber nicht von eurer Erde aus
betrachten, sondern von der Sonne aus. Denn es kann die Entfernung der Erde
gegen diesen Planeten sehr verschieden sein, und zwar so, daß sich diese zwei
Weltkörper oft bis auf eine Million geographische Meilen mehr nähern und ebenso
auch wieder entfernen können. Denn wenn es sich trifft, daß beide Planeten von
der Sonne aus auf einer und derselben Seite zu stehen kommen, und zwar beide in
der Sonnennähe, dann sind sie sich bei weitem näher als in etwaiger Opposition,
wo es geschehen kann, daß der Saturn in seiner größten Sonnenferne sich befindet
und die Erde aber entgegengesetzt in der Sonnennähe. Dabei kann dann der
Unterschied nicht nur eine Million, sondern oft zwei bis drei Millionen Meilen
ausmachen. Die unbestimmt ausgedrückte Zahl der Entfernung ist hier darum
gegeben, weil kein Planet immer auf ein Haar in derselben Entfernung von der
Sonne kreist, sondern in einem Jahr sich oft mehr entfernt, in einem anderen
sich dafür der Sonne wieder mehr nähert, von welcher größeren oder geringeren
Annäherung dann auch die Temperaturverschiedenheit abhängt. Und ihr könnt sicher
annehmen, daß unter siebenundsiebzig Umläufen in der Entfernung sich nicht zwei
völlig gleichen.
[Sa.01_001,05] Da wir nun mit den Entfernungen fertig sind, wollen wir noch den
Durchmesser dieses Planeten sowie dessen Umfang, seine Oberfläche nach
Quadratmeilen und den Inhalt nach Kubikmeilen bestimmen.
[Sa.01_001,06] Was den Durchmesser betrifft, so beträgt derselbe 17263
geographische Meilen. Da die Erde nur 1719 geographische Meilen im Durchmesser
hat, so könnt ihr daraus sehr leicht ersehen, um wie viel dieser Planet größer
ist als die Erde. – Sein Umfang aber beträgt 54515 geographische Meilen. – Was
seine Oberfläche betrifft, so beträgt diese 936530820 Quadratmeilen. – Der
kubische Inhalt beträgt 2757547946775 geographische Kubikmeilen. Nach alledem
ist somit dieser Planet, mit runden Zahlen ausgedrückt, fast annähernd um 1037
mal größer als die Erde. Zu seiner Umlaufzeit um die Sonne braucht er 29 Jahre,
164 bis 166 Tage, 2 Stunden und 2 Sekunden.
[Sa.01_001,07] So ist nun in Hinsicht auf den Planeten selbst alles Numerische
bestimmt. Da aber dieser Planet noch einen Doppelring um sich hat, müssen wir
auch diesen numerisch näher bestimmen.
[Sa.01_001,08] Der Durchmesser des ganzen Ringes beträgt 40006 geographische
Meilen. – Da der Ring eigentlich aus zwei Ringen besteht, beträgt die Entfernung
von der Oberfläche des inneren Ringes bis zur inneren Fläche des äußeren Ringes
545 geographische Meilen. Der Durchmesser des äußeren Ringes von außen bis nach
innen beträgt 1350 geographische Meilen; und der Durchmesser des inneren Ringes,
ebenso bemessen, beträgt 3850 geographische Meilen. – Da dieser Ring (sowohl der
äußere als der innere) eiförmig ist, d. h. also daß so man ihn durchschneiden
möchte, die durchschnittene Fläche dann einem Ei gliche – so beträgt der
Durchmesser nach dem Eigürtel im Ausdruck der Dicke des Ringes, und zwar des
äußeren, 130 geographische Meilen und des inneren 380 geographische Meilen. –
Der innere Ring hat aber in sich noch drei Halbspalten, davon jede 20 bis 30
geographische Meilen beträgt. Diese Spalten heißen darum Halbspalten, weil sie
nicht durch den ganzen zweiten Ring gehen und selben nicht so gänzlich trennen,
wie der äußere von dem inneren Ring getrennt ist; sondern diese drei Halbspalten
sind angefüllt mit lauter eiförmigen Kugeln, die so viel im Durchmesser halten,
daß vermöge dieser dazwischen liegenden Kugeln die drei innern Ringe im Grunde
nur einen Ring bilden. Aber da, wo die Spalten sind, geht ein freier Raum gleich
einer nach innen eingebogenen Pyramide, sowohl von unten nach oben wie von oben
nach unten, den ganzen Ring hindurch. Diese aneinandergereihten Kugeln in diesen
drei Spalten haben denn auch schon manchen scharfsehenden Astronomen auf die
irrige Idee gebracht, als wäre dieser Ring zusammengesetzt aus lauter sehr
vielen Monden, weil er durch starke Fernrohre aussieht wie ein sogenannter
Rosenkranz, der eben auch nicht aus Rosen, sondern nur aus lauter kleinen Kugeln
besteht.
[Sa.01_001,09] Was die weitere Beschaffenheit des Ringes betrifft, so wird
dieselbe, wie schon gesagt, erst später auseinandergesetzt werden, und somit
wollen wir noch einen Blick auf die Monde dieses Planeten werfen.
[Sa.01_001,10] Um diesen Planeten kreisen noch sieben Monde von verschiedener
Größe und in verschiedener Entfernung von dem Planeten. – Der erste, nächste und
zugleich kleinste Mond hat nur 120 Meilen im Durchmesser und ist 29840
geographische Meilen vom Saturn entfernt (versteht sich die Entfernung nur im
Mittelstand). – Der zweite Mond hat einen Durchmesser von 240 geographischen
Meilen und ist 40516 Meilen vom Planeten entfernt. – Der dritte Mond hat 666
geographische Meilen im Durchmesser und ist 60500 geographische Meilen vom
Planeten entfernt. Der vierte Mond hat 699 geographische Meilen im Durchmesser
und ist 87920 geographische Meilen vom Planeten entfernt. – Der fünfte Mond hat
764 geographische Meilen im Durchmesser und ist 190000 Meilen vom Planeten
entfernt. – Der sechste Mond hat 900 geographische Meilen im Durchmesser und ist
277880 Meilen vom Planeten entfernt. – Und der siebente Mond hat 1120
geographische Meilen im Durchmesser und ist 360920 geographische Meilen vom
Planeten entfernt.
[Sa.01_001,11] Aus diesen mitgeteilten Angaben könnet ihr nun schon so ziemlich
leicht schließen, daß dieser Weltkörper vermöge seiner Größe, seiner
verschiedenartigen Konstruktion und auch vermöge seiner sieben Monde keine
geringe Bestimmung im Schöpfungsraume hat.
[Sa.01_001,12] Denn je künstlicher irgendein Mechaniker ein Werk eingerichtet
hat, desto mannigfaltiger muß ja auch der Zweck eines solchen Werkes sein. Und
so wie ein Mechaniker in ein kunstreiches Werk eine um so mannigfaltigere
Bestimmung zur Erreichung mehrartiger Zwecke hineingelegt hat, also werde auch
Ich als der allergrößte Weltmechaniker einen solchen Weltkörper nicht ohne eine
bedeutend große Bestimmung so kunstvoll in den weiten Weltraum hinausgestellt
haben. Da Ich schon sogar mit Sonnenstäubchen nicht zu spielen pflege, um wie
viel weniger wird erst ein solcher Weltkörper, wie dieser große Planet, von Mir
nur als eitles Spielzeug erschaffen worden sein.
[Sa.01_001,13] Die Folge dieser Offenbarung über diesen Weltkörper wird euch
seine Bestimmung von einer so großartigen Seite kennen lehren, daß ihr euch
darüber kaum werdet zu atmen getrauen. Denn habt ihr bei der Enthüllung des
Mondes schon große Augen gemacht und eine große Gemütsbewegung erlebt, wie wird
es euch erst gehen, wenn ihr diesen Weltkörper an Meiner Hand ein wenig bereisen
werdet!? – Ja, Ich sage euch, macht euch nur auf sehr Großes gefaßt und bereitet
euer Gemüt vor! Denn ihr werdet es kaum glauben. Wo so große Dinge von Mir
enthüllend geoffenbart werden, da gehören auch große Gemüter dazu, um das Große
zu fassen und zu würdigen. Und wenn ihr das Ganze von diesem Weltkörper,
insoweit es euch zu verstehen möglich ist, werdet empfangen haben, dann werdet
ihr erst ein wenig einzusehen anfangen, was die Stelle im Evangelium besagt, die
da heißt: „Keines Menschen Auge hat es gesehen, keines Menschen Ohr gehört, und
noch nie ist es in eines Menschen Herz und Sinn gekommen, was Gott denen
bereitet hat, die Ihn lieben!“
[Sa.01_001,14] Was jemand von Mir empfängt, ist allzeit die höchste Gabe des
Himmels, da Ich das Allerhöchste des Himmels wie aller Welten selbst bin. Und ob
Ich euch den Himmel enthüllen möchte oder die Hölle, so wird euch allzeit das
eine wie das andere zur höchsten Seligkeit gereichen. Denn besage Mein Wort, was
es wolle, so ist es durchaus lebendig und macht den, der es empfängt und
aufnimmt in aller Liebe, Dankbarkeit, Demut und lebendigem Glauben selbst ewig
lebendig und somit in Mir schon hier wie vorzugsweise jenseits überaus selig.[4]
[Sa.01_002] – Wasserreiche Oberfläche des Saturn. Festlandsinseln. Große
Eiszonen an den Polen. Milde und reine Mittelzone. Starke Lichtatmosphäre.
Licht- und Wärmeverhältnisse. Ring als Regulator und Reflektor. Sternenpracht.
[Sa.01_002,01] Da wir nun dieses als notwendige Einleitung dargestellt haben,
können wir schon einen Blick auf den Planeten wagen.
[Sa.01_002,02] Seht seine Oberfläche: Der größte Teil ist Wasser. Es gibt auf
diesem Weltkörper kein eigentliches Festland, sondern nur zumeist unter dem
Äquator abgesonderte bedeutende Inseln, welche an und für sich freilich wohl
größer sind als euer Europa, Asien, Afrika, Amerika und Australien. Aber wegen
der Größe dieses Planeten sind sie dort nicht als Kontinente, sondern im Grunde
als Inseln zu betrachten, die alle voneinander viel weiter entfernt sind als
Asien und Amerika in der Gegend des Äquators der Erde. Dazwischen gibt es
freilich auch eine Menge kleiner Inseln, die sich zu den größeren Inseln
geradeso verhalten, wie die kleinen Inseln der Erde zu den anderen Festlanden.
[Sa.01_002,03] Gegen die Pole hin ist dieser Weltkörper mit ewigem Schnee und
Eis bedeckt, das dort schon um vierzig Grade früher beginnt als auf der Erde.
Und was bei euch die sogenannte gemäßigte Zone ist, das ist im Saturn das Reich
des Schnees. Was bei euch die kalte Zone ist, ist dort das Reich des ewigen
Eises. Und was bei euch die heiße Zone ist, ist dort eigentlich nur die
gemäßigte, auch die reine Zone, über welche sich sehr selten Wolken oder Nebel
erheben, wogegen die beiden anderen Zonen unter ewigen Nebeln und Wolken stehen.
[Sa.01_002,04] So rauh also sowohl nördlich als südlich die Schnee- und Eiszonen
sind, ebenso heiter und mild und rein ist die Mittelzone, die allein nur
bewohnbar ist. – In dieser Zone befinden sich 77 große Eilande, wovon ein
mittleres größer ist als euer Amerika. Und eine jede Insel ist von der andern
sowohl in der Formation und in den Produkten bei weitem mehr verschieden als
euer Lappland von den südlichsten Tropenländern.
[Sa.01_002,05] Ihr werdet euch freilich denken, bei dieser großen Entfernung von
der Sonne wird's dort wohl schon ziemlich dunkel sein und selbst am Äquator eben
nicht gar zu warm. Allein da würdet ihr euch sehr irren. Denn dieser Planet hat
in demselben Grad, als er größer ist als die Erde, auch ein ebenso stärkeres
Eigenlicht. Dann aber umgibt diesen Planeten eine ums tausendfach größere und
weiter vom Planeten hinausreichende Atmosphäre, die einen Durchmesser von
beinahe 100000 Meilen hat, während die Atmosphäre eurer Erde nicht einmal 2000
Meilen samt dem Durchmesser der Erde beträgt. Ihr könnt euch bei diesem
außerordentlich großen Durchmesser der Atmosphäre des Saturn vorstellen, wieviel
Sonnenstrahlen diese große Luftkugel aufzunehmen imstande ist, um sie dann in
einer gebrochenen Linie immer konzentrierter auf die Oberfläche dieses Planeten
zu führen – aus welchem Grund die Bewohner dieses Planeten die Sonne auch um
vieles größer sehen als ihr. Und die Wärme würde eben dadurch auf dem Äquator
dieses Planeten unerträglich sein, wenn sie nicht durch den Ring gemildert
würde, indem derselbe die am meisten konzentrierten Sonnenstrahlen aufnimmt, sie
zum Teil selbst verbraucht, zum Teil aber auch wieder in alle Weltgegenden
zurücksendet. Dadurch wird er auch durch die Fernrohre mehr glänzend als der
Planet selbst erschaut, während sein Schatten nach dem Planeten hin höchst
wohltätig wirkt und die heiße Zone dadurch zu der gemäßigten macht.
[Sa.01_002,06] Zufolge dieses Ringes ist auf diesem Weltkörper auch nie Nacht
wie bei euch, denn da ist auf der anderen Seite fortwährend Tag von der Sonne
aus – auf der entgegengesetzten Seite aber, da der Ring von der Sonne auf der
inneren Seite beleuchtet wird, eben von dem starken Licht dieses Ringes und dazu
oft auch noch von den verschiedenartig kreisenden Monden aus.
[Sa.01_002,07] Zu diesem eigentlichen Nachtlicht oder, so ihr es besser
versteht, Nachttag, kommt noch ein drittes Licht, das ist das Licht der
Fixsterne, welche, von diesem Planeten aus betrachtet, vermöge seiner reinen und
weitgedehnten Atmosphäre ums zehnfache größer erscheinen und auch einen um so
vielfach stärkeren Glanz von sich geben als bei euch die Venus, der Abendstern,
im hellsten Licht.
[Sa.01_002,08] Nun versetzt euch in eurem Geist auf was immer für ein Land der
Mittelzone dieses Planeten und betrachtet von da aus die großartige Herrlichkeit
des gestirnten Himmels! Fürwahr, ihr möget euch noch so erhöhen in eurer
Phantasie, so könnt ihr euch doch nicht von dem millionsten Teil der großen
Pracht, die da herrscht, einen Begriff machen. Denn hier ist die Nacht heller
als bei euch der Tag. Und am Tag selbst vermißt man dort unter dem wohltätigen
Schatten des Ringes den Anblick der schönen Sterne nie. Besonders wenn man sich
auf die Berge begibt und von da eine unermeßliche Aussicht genießt, ist die
Wirkung des Sternenlichtes unter dem Ring so mannigfaltig in der Farbenpracht,
daß ihr euch davon durchaus nicht auch nur die leiseste Vorstellung machen
könnt.
[Sa.01_002,09] Was die fernere Beschaffenheit der Länder dieser Mittelzone
betrifft – die Berge und die Flüsse, die Vegetation, das Tierreich und die
Menschen – dies alles wird euch bei der nächsten Mitteilung bekanntgegeben
werden. Für heute aber begnügt euch mit dem und überdenket das Gegebene, so
werdet ihr selbst in diesem schon eine große Portion finden, an der euer Geist
eine gute Nahrung haben kann und auch haben soll. Alles übrige aber wird euch,
wie gesagt, in den nächsten Zeiten, insoweit es für euch nur immer faßlich ist,
in der größten überschwenglichen Reichhaltigkeit gegeben werden. Aber ihr müßt
euch recht befleißen, denn es wird des Gegebenen da ziemlich viel werden. Darum,
wie gesagt, seid fleißig! – Für heute Amen.
[Sa.01_003] – Das Land Herrifa. Der Heilsberg Girp. Der Sonnenbaum, der
Regenbaum, der Haarbaum, der Breitbaum und der Strahlenbaum.
[Sa.01_003,01] Was die Länder und ihre Beschaffenheit betrifft, so sind diese,
wie schon anfänglich gesagt, untereinander so verschieden an Form, innerer
Bildung und selbst in den Gewächsen und Tieren, Gewässern, Metallen und Steinen,
daß nicht ein Land dem andern in irgend etwas gleichkommt. Gleich in allen
Ländern dieses Planeten sind allein die dortigen menschlichen Bewohner und die
den Planeten umgebende Luft; alles andere ist den größten Verschiedenheiten
unterworfen.
[Sa.01_003,02] Und so wollen wir gleich ein Land betrachten, welches dort
Herrifa genannt wird.
[Sa.01_003,03] Dieses Land ist seiner Umfassung nach größer als ganz Asien,
Europa und Afrika zusammengenommen, so zwar, als wäre zwischen diesen drei
Erdteilen das sogenannte Mittelländische Meer ebenfalls trockenes Land. Es liegt
etwas schief über dem Äquator dieses Planeten und hat ungefähr, nach der äußeren
Umfassung betrachtet, die Gestalt eines etwas länglichen Eies.
[Sa.01_003,04] Es ist das Land, in welchem die höchsten Gebirge vorkommen und
ist im ganzen mehr gebirgig als alle übrigen. Sein höchster Berg wird von den
dortigen Bewohnern Girp genannt und ist nach eurer Berechnung 243150 Fuß hoch;
dessenungeachtet aber ist er allenthalben mit Gras und wohlriechendsten Kräutern
selbst bis in die höchste Spitze bewachsen. Er hat durchgehend keine steilen,
sondern nur sanftere Abdachungen und kann daher von den dortigen Bewohnern ohne
alle Mühe so leicht erstiegen werden, wie wenn ihr bei euch auf eure sogenannte
Hochplatte ginget. Dieser Berg ist zugleich die Apotheke aller Bewohner und auch
der Tiere dieses Landes. Denn, wie schon gesagt, man findet da die
wohlriechendsten Kräuter, und somit findet auch jeder für was immer für eine
Krankheit sein „heilendes Kräutl“. Aus diesem Grunde sind der Berg und die
umliegende Gegend, welche zusammen einen Flächenraum von über 100000
Quadratmeilen ausmachen, der bewohnteste Teil dieses Landes.
[Sa.01_003,05] Was die Bäume anbelangt, so gibt es hier nur zehn verschiedene
Arten. Aber jede Art ist so beschaffen, daß sie nicht so wie bei euch nur alle
Jahre ein oder zweimal Frucht zum Vorschein brächte; sondern es ist da stets
Blüte und reife Frucht anzutreffen.
[Sa.01_003,06] Unter den Bäumen zeichnet sich besonders der sogenannte
Sonnenbaum, dort Gliuba genannt, aus. – Dieser Baum erreicht eine Höhe von oft
mehr als hundert Klaftern. Sein Stamm ist oft so dick, daß ihn hundert Menschen
der Erde nicht umfassen würden. Und seine Äste breiten sich nach eurer Rechnung
und Meßart nicht selten eine Viertelstunde weit vom Stamm hinaus. Damit sie aber
nicht vermöge ihrer Schwere vom Stamm abbrechen, treiben sie auf ihrer unteren
Seite, ähnlich wie der sogenannte Bahahania-Baum auf der Erde, senkrechte
Stützzweige hinab zum Boden, welche, wenn sie ausgewachsen sind, die schönste
Kolonnade bilden. Solche Stützzweige gehen sogar von den obersten Ästen hinab,
so daß ein solcher Baum, wenn er vollkommen ausgewachsen ist, aussieht wie bei
euch auf der Erde ein kleiner Basalt-Berg, nur mit dem Unterschied, daß zwischen
den senkrecht hinabgehenden Stützzweigen noch immer so viel Raum übrigbleibt,
daß man von allen Seiten sehr bequem zum Stamm gelangen kann.
[Sa.01_003,07] Ein Blatt dieses Baumes ist so groß, daß hier auf der Erde ein
Fuhrmann seinen schweren Wagen ganz überdecken könnte. Seine Farbe ist blau wie
die Feder eines Pfaues. Und solch ein Blatt ist mit den schönsten Zeichnungen
verziert und behält seine Frische und den ganzen Farbenschmelz selbst in dem
trockenen Zustand, der dem gleicht, so auf der Erde ein reifes Blatt vom Baume
fällt – was eben auch dort der Fall ist, nur mit dem Unterschied, daß ein
solcher Baum nie entblättert wird; sondern sobald irgendein Blatt reif vom Baume
fällt, wächst für dieses an einer andern Stelle schon wieder ein neues nach. –
Die Bewohner dieser Gegend sammeln diese Blätter. Und da dieselben sehr zäh und
nicht leicht zerreißbar sind, werden aus ihnen eine Art Oberkleider recht
kunstvoll angefertigt, welche die Stelle eurer Mäntel vertreten. Sie können auch
gar wohl auf dem bloßen Leib getragen werden, weil sie sehr sanft und weich
sind; denn die Oberfläche dieser Blätter ist nicht so glasglatt wie bei manchen
Blättern eurer Bäume, sondern sieht aus wie euer Samt. Ein besonders
wunderschönes Farbenspiel geben diese Blätter im Sonnenlicht, fast so wie die
Schweiffedern eines Pfaues bei euch; nur daß sie noch mehr und brillanter
glänzen als die genannten Federn. Solange das Blatt dieses Baumes noch jung ist,
sieht es aus wie poliertes Gold, das mit einer leichten blauen Farbe
überstrichen ist.
[Sa.01_003,08] Wie sieht denn die Blüte dieses Baumes aus? – Bei der Blüte
könnte man wohl auch mit dem größten Recht behaupten: Salomo in aller seiner
Königspracht war nicht so gekleidet, wie diese Blüte an und für sich ist. Am
meisten gleicht die Blüte dieses Baumes euren Rosen, nur mit dem Unterschied,
daß diese Rose nicht gefüllt ist, sondern einen weiten Kelch bildet, ungefähr
wie die Dornrosen in den Hecken. Die Blätter sind ganz hellrot und deren dreißig
in einer einzigen Blüte, ein jedes von der Größe ungefähr eines großen Bogens
Papier bei euch. Der Rand eines jeden Blattes ist mit einem vergoldeten Saum
versehen und wird immer dunkler rot gegen das Innere des Kelches. Aus der Mitte
des Kelches laufen zwei armdicke und klafterlange Staubfäden, welche ganz
durchsichtig sind und aussehen wie bei euch die Eiszapfen im Winter. An der
Stelle jedoch, wo eure Blumen gewöhnlich in die sogenannten Staubbeutel
auslaufen, laufen diese zwei Staubfäden in zwei eigentümliche Blumen aus, welche
glänzen, wie wenn eine Flamme brennte, und zwar die eine grünlich leuchtend und
die andere rot; jedoch viel lichter rot als die Blume selbst. Die Blume oder die
Blüte verbreitet einen ungemein herrlichen Wohlgeruch. Und ihre Blätter wie auch
ihre Staubfäden werden von den Bewohnern sorgfältig gesammelt. Die Blätter
werden dann als stärkende Medizin gebraucht, die Staubfäden aber von den
Bewohnern als eine besondere Lieblingsspeise genossen.
[Sa.01_003,09] Also sieht die Blüte aus! – Was bringt sie denn für eine Frucht
zum Vorschein? Hier dürfte es ein wenig schwer fallen, euch einen vollständigen
Begriff davon zu verschaffen, weil auf der Erde nichts Ähnliches vorkommt. Damit
ihr euch aber doch irgendeine Vorstellung davon machen könnt, so denket euch
einen langen, sechseckigen, feuerroten, mannsarmdicken Stiel, welcher am Ende in
viele Stiele ausläuft. Da wo er mit dem Zweig verbunden ist, läuft er in einen
großen Knoten aus, welcher sich erst zwei Spannen lang vom Stamm in den
geformten Stiel ausbildet. An diesem Stiel hängt eine knorrige Frucht von der
Größe, daß vier starke Menschen auf eurer Erde daran hinreichend zu tragen
hätten. Innerhalb dieser Knorrfrucht ist ein unansehnlicher, kleiner Fruchtkern,
ungefähr von der Größe einer Nuß bei euch, von grüner Farbe und steinfest. Das
Fleisch dieser Frucht schmeckt gerade so, als wenn ihr Brot und Mandelfrüchte
ein wenig gezuckert essen würdet. Aber jede der vielfach in einer solchen Frucht
vorkommenden Knorre ist hohl, und zur Hälfte angefüllt mit einem Saft, der
schmeckt wie der allerbeste Met bei euch. Was die Farbe des Saftes anbelangt, so
sieht er gelb aus wie bei euch ein guter alter Wein. Das Fleisch der Frucht ist
weißlich, die äußere Rinde der Frucht hat ein graues Aussehen, mitunter so, als
wäre sie matt versilbert.
[Sa.01_003,10] Die Menschen, die unter einem solchen Baum leben, sind für alle
ihre Bedürfnisse versorgt und brauchen keinen Grund(-besitz) oder Stücke
abgegrenzten Landes; sondern ihr Anteil ist ein solcher Baum, der nicht zugrunde
geht, sondern fort und fort wächst, und zwar mehr in die Breite als in die Höhe.
– Aber es fragt sich hier, da dieser Baum zu einer solchen Höhe hinanwächst, wie
kann er denn überall erstiegen und die Frucht von ihm genommen werden? Auch
dafür ist gesorgt! Sowohl der Stamm wie auch jeder Ast haben links und rechts
Dornaustriebe, wodurch sie beinahe aussehen wie bei euch eine sogenannte
Taubenleiter und wodurch sie ohne die geringste Gefahr selbst bis in ihre
höchsten Wipfel wie auch in die äußersten Zweige bestiegen werden können. Und so
auch dort wirklich jemand ausglitte und fallen würde, so würde er sich dadurch
nicht im geringsten beschädigen, weil sowohl Menschen als Tiere auf diesem
Planeten in der größten Not sich eine Zeitlang frei in der Luft halten können.
Sie können daher zu ihrer Belustigung sogar von den höchsten Gipfeln solcher
Bäume mutwillig herabspringen, welches Experiment besonders die Jungen nicht
selten ausführen. Daß solches hier möglich ist, werdet ihr dadurch ziemlich
leicht ersehen, daß der einige tausend Meilen abstehende Ring die
Anziehungskraft zwischen ihm und dem Planeten so teilt, daß sie sich verhält wie
1 zu 3/5. Wenn zu diesem erleichternden Verhältnis noch eine organische
zweckdienliche Beschaffenheit dazukommt, wird dieser Unterschied gar leicht
aufgehoben und der Mensch in die Fähigkeit gesetzt, sich eine längere Zeit
hindurch frei in der Luft zu erhalten.
[Sa.01_003,11] Somit hätten wir eine Baumart kennengelernt und bleiben uns noch
neun Arten übrig, welche an und für sich nicht so ansehnlich und für den
Menschen nützlich sind, wohl aber den Tieren dienen, welche dort vorkommen,
namentlich jenen, die euren Vögeln ähnlich sind.
[Sa.01_003,12] Besonders bemerkenswert und auch zum Mitgebrauch für die Menschen
bestimmt ist der sogenannte Regenbaum, dort Briura genannt. Dieser Baum hat, so
wie eure Fichten, nur einen Stamm, der nicht selten eine Höhe von vierzig
Klaftern erreicht und oft eine Dicke hat wie ein mittlerer Kirchturm bei euch.
Seine Zweige breitet er ebenfalls sehr weit aus und beinahe in derselben Ordnung
wie bei euch die Fichte. Seine Blätter jedoch sind nichts als lauter weißgrüne
Röhrchen, die immerwährend das reinste Wasser von sich tropfen lassen. Aus
diesem Grunde machen die Menschen um einen jeden solchen Baum ein großes Becken,
im Durchmesser von hundert Klaftern, wodurch dann ein jeder solcher Baum in der
Mitte eines bedeutenden Teiches zu stehen scheint. Diese Becken machen sie, um
das Wasser, das sehr reichlich von einem solchen Baum kommt, zu sammeln und es
sowohl für sich als auch für ihre wenigen Haustiere zu gebrauchen.
[Sa.01_003,13] Ihr werdet sagen: Gibt es denn dort und namentlich in dieser
Gebirgsgegend keine Quellen so wie auf unseren Bergen? – Es gibt derselben auch
dort in großer Menge, von denen einige nicht selten auf einmal so viel Wasser
von sich geben, daß sich eure Mur dagegen verbergen müßte. Allein dieses
Quellwasser wird als zu roh von den dortigen Menschen nicht gebraucht. – Das
Baumwasser dagegen ist für sie soviel wie gereinigt und wie gekocht; daher es
von ihnen auch zu allem, wozu sie Wasser benötigen, verwendet wird. Denn sie
sagen: „Das Quellwasser ist nur gemacht für die Tiere im Wasser und um das
Erdreich zu tränken. Aber für die Menschen und edleren Tiere hat der große Gott
den Baum erschaffen, daß er von sich gebe ein wohlzubereitetes Wasser.“
[Sa.01_003,14] Seht, das ist also eine zweite Art von Bäumen, welche Art –
freilich in einem viel unvollkommeneren Zustand – wohl auch auf der Erde hie und
da, besonders in den tropischen Ländern vorkommt.
[Sa.01_003,15] Nachdem wäre zu bemerken der weiße Haarbaum, dort Kiup genannt.
Dieser Baum hat ebenfalls einen geraden Stamm, welcher nicht selten eine Höhe
von dreißig Klaftern erreicht und eine verhältnismäßig vollkommen runde Dicke.
Er hat keine Zweige, sondern der Wipfel dieses Baumes treibt eine Art
silberweißer Fäden also von sich, daß diese ihrer Reichhaltigkeit wegen ein
großes Bündel bilden. Das Haar oder die Fäden hängen oft bis zur Hälfte des
Stammes herab und umgeben den Stamm in einer Dicke von mehreren Klaftern. Wenn
da irgendein Wind geht, so geben diese Bäume, wie auch im ruhigen Zustand, ein
wunderschönes Bild. Und ein Wald von solchen Bäumen sieht dann aus, als wenn die
Bäume ganz mit Schnee überdeckt wären. Die herabfallenden Haare werden von den
Menschen sorgfältig gesammelt und daraus eine Art Leinwand verfertigt, welche
sehr elastisch, weich und haltbar ist. – Das ist ungefähr die ganze
Nutzbarmachung, welche die dortigen Menschen von diesem Baum erzielen.
[Sa.01_003,16] Nach diesem ist der sogenannte Breitbaum zu bemerken, alldort
Brak genannt. Dieser Baum hat nichts Ähnliches auf dieser Erde; denn er wächst
wie eine goldrote Wand aus der Erde, und zwar anfangs in lauter in einer Linie
gestellten, runden Stämmen, welche aber nach und nach bald so fest sich
aneinanderschließen, daß sie eine richtige Wand ausmachen. Eine solche Wand hat
nicht selten eine Länge von mehreren hundert Klaftern und erreicht manchmal auch
eine Höhe von zwanzig bis fünfundzwanzig Klaftern. Die Wand hat weder Äste,
Zweige noch Blätter: aber der oberste Rand dieses Baumes sieht aus wie ein
blaugrünes, dichtes Spalier, dessen Blätter nicht unähnlich sind den Blättern
des Platanenbaumes auf eurer Erde. Aus der Mitte dieses Spaliers laufen oft
ziemlich hoch spitzige Stämmchen empor, welche Blüten und die eigentliche Frucht
bringen. Die Frucht wird jedoch von den Menschen nicht genossen, sondern nur von
den Vögeln, und besteht in einer Art rötlicher und länglicher Beeren. Aber die
herabfallende Blüte wird auch von den Menschen gesammelt. Es werden damit Säcke
ausgefüllt, auf denen die Menschen auszuruhen pflegen, und das besonders ihres
stärkenden, guten Geruches wegen. Ein Wald von solchen Bäumen gleicht oft einem
großen Irrgarten. Und wenn die Menschen dort die Blüten sammeln, machen sie
Zeichen, um sich darin nicht zu verirren und wieder zu ihrer Wohnstatt gelangen
zu können. Sehr schön sieht eine solche Baumgruppe von der Sonne beleuchtet aus,
da die Wand einen starken Widerschein gibt, so wie bei euch eine vergoldete
Fläche.
[Sa.01_003,17] Noch ist nun weiter zu bemerken der sogenannte Strahlenbaum,
Bruda genannt. Dieser Baum ist von ganz gelber Farbe, hat einen geraden Stamm,
der nur links und rechts Zweige und Äste in stets gerader Richtung von sich
treibt. Die unteren Teile der Äste haben eine Art Sterne, welche grünlich
aussehen und so ziemlich regelmäßig in sechs Spitzen auslaufen. Jede Spitze hat
eine kleine blaue Blume, nicht unähnlich der Glockenblume auf eurer Erde – auf
diese Blume folgt dann eine rötliche Frucht, ähnlich derjenigen, die ihr unter
dem Namen Hagebutte kennt.
[Sa.01_003,18] Wenn ihr euch von diesem Baum einen annähernden Begriff machen
wollt, so seht eine sogenannte Monstranz an, nur mit dem Unterschied, daß er
eine riesenmäßig große Monstranz bildet. Von diesem Baum wird von menschlicher
Seite beinahe gar nichts gebraucht, sondern die Saturnbewohner legen mit diesen
Bäumen bloß zierliche Alleen an.
[Sa.01_003,19] Was die anderen Bäume anbelangt, wie auch einige sonstige
Pflanzen von besonders merkwürdiger Art, so wird euch bei der nächsten
Mitteilung dies alles, wie bisher, ausführlich mitgeteilt werden. Und daher für
jetzt Amen.
[Sa.01_004] – Der Trichterbaum, der Pyramidenbaum und der Spiegelbaum.
[Sa.01_004,01] Als sechste Art der Bäume auf dem Saturn ist zu benennen der
sogenannte Trichterbaum, Kibra genannt. – Dieser Baum hat einen bei drei Klafter
im Durchmesser dicken Stamm mit einer ebenfalls sehr glatten Rinde, die von
bläulicher Farbe ist. Am Ende des bei zwanzig Klafter hohen und durchweg gleich
dicken Stammes breiten sich nach allen Seiten, nach eurer Rechnung in einem
Winkel von 45 Graden, bei zehn Klafter lange, gerade Äste aus. Diese haben nach
links und rechts, gleich den Fichtenzweiglein bei euch, parallele Ausläufer,
die, je weiter sie vom Stamm entfernt sind, auch desto länger und breiter
werden. Diese Ausläufer sind eigentlich nichts als Zweige und zugleich Blätter
dieses Baumes. Am Ende der Äste sitzt die Blüte und hernach auch die Frucht. Und
da hat ein solcher Baum nicht mehr Früchte als gerade so viel, wie er Äste hat.
[Sa.01_004,02] Das Merkwürdige bei diesem Baum ist seine Blütezeit. Denn bevor
er die Blüte getrieben hat, wird er am Ende aus sich selbst brennend, jedoch nur
mit einem kalten Feuer, welches dem der Leuchtwürmer und dem des faulen Holzes
gleicht, nur mit dem Unterschied, daß dieses Vorblütefeuer bei weitem heller
leuchtet denn das erwähnte, auf eurer Erde vorkommende. Ein besonderes
herrliches Lichtschauspiel gewährt ein ganzer Wald von diesen Trichterbäumen,
weil auch dort die Bäume nicht in einer und derselben Stunde zu blühen anfangen,
also auch das Vorblütefeuer bei einigen früher, bei einigen später vorkommt. Da
dieses Feuer allezeit sieben Tage lang vor der Blüte zum Vorschein kommt und von
da an immer mit stetem Farbenwechsel brennt, so geschieht es, daß das
Lichtschauspiel des Trichterbaumes durch die sieben Tage auch alle sieben
Hauptfarben nebst allen ihren Übergängen durchmacht.
[Sa.01_004,03] Nun denkt euch nur einen solchen blühenden Baum, da nicht einmal
auf einem Baume all die Äste an einem Tage zu blühen anfangen und somit hernach
auch das Vorblütefeuer schon an einem und demselben Baum mehrfarbig ist! Wenn
dann auf diese Art ein ganzer Wald von solchen Trichterbäumen zu blühen anfängt,
so könnt ihr euch schon mit einem Quentel Phantasie einen ziemlichen Begriff
machen, wie herrlich sich von irgendeiner Höhe ein solcher blühender oder
eigentlich vorblüte-brennender Wald, der manchmal eine Ausdehnung von mehreren
hundert Quadratmeilen hat, ausnehmen mag.
[Sa.01_004,04] Nach diesem Vorblütenbrand des Trichterbaumes kommt dessen
merkwürdige Blüte zum Vorschein. Wahrlich, bei euch würde sie nicht in allen
Staaten geduldet sein! Denn: Auf einem zwei bis drei Klafter langen, goldgelben
und über Mannsarm dicken Stiel wird ein bei zwei Klafter breites dreifarbiges
Band bis zu einer sechs Klafter langen Weite hinausgetrieben. Und dieses Band
hat drei regelmäßige Farben, nämlich hellrot, hellblau und schneeweiß. – Und so
viele Blüten ein solcher Baum hat, ebensoviel Bänderfahnen flattern da um ihn.
[Sa.01_004,05] Nun könnt ihr euch wieder einen kleinen Begriff von der Pracht
der Blüte dieses Baumes machen. Wenn die Blütezeit vorüber ist, fallen Fahne und
Stiel von dem Baum und werden da die schönsten Exemplare von den Menschen auch
gesammelt. Ihr Gebrauch ist, da sie im trockenen Zustand sehr viel von ihrer
Pracht verlieren, weiter kein anderer, als daß die dortigen Menschen sie
zusammenrollen, auf einen Haufen zusammentragen und, solange sie noch frisch und
weich sind, zur Stärkung ihrer Glieder darauf liegen. Wenn sie aber trockner und
fester geworden sind, werden sie angezündet, wobei sie einen sehr lieblich
riechenden Rauch von sich geben und das Erdreich durch ihre silberweiße Asche
ungemein düngen. Die unansehnlichen Exemplare dieser Blüten werden unter dem
Baum liegen gelassen, wo sie verfaulen und dadurch ebenfalls die Erde düngen.
[Sa.01_004,06] Das Prachtvollste bei diesem Baum aber ist die bald nach der
Blüte zum Vorschein kommende Frucht. Diese gleicht der Figur nach ungefähr euren
Zug- oder Flaschenkürbissen, nur mit dem Unterschied, daß das eigentliche Rohr
nicht selten eine Länge von vier bis fünf Klaftern erreicht und einen
Durchmesser von zwei Schuhen hat. Der Kopf an diesem Rohre bildet allzeit eine
vollkommene Kugel, im Durchmesser von eineinhalb, oft auch zwei Klaftern. Die
äußere Rinde dieser Frucht hat, streng genommen, das Aussehen wie gediegenes,
poliertes Gold. Nun fraget wieder ein wenig eure Phantasie, wie sich ein Wald
von solchen Bäumen beim Sonnenlicht ausnehmen dürfte?
[Sa.01_004,07] Ihr möchtet wohl auch wissen, wozu dort diese Frucht gebraucht
wird? Die Antwort ist sehr leicht. Gerade auch dazu, wozu ihr eure Zug- und
Flaschenkürbisse gebraucht: teils um Flüssigkeiten aus irgendeiner kleinen Tiefe
zu heben, teils aber auch als Gefäße, um Säfte, aus verschiedenen Pflanzen
gepreßt, darin aufzubewahren. Diese Frucht wird auf diesem Planeten auch als ein
Tauschhandelsartikel so sorgfältig wie möglich gesammelt und für den
Tauschhandel aufbewahrt.
[Sa.01_004,08] Vielleicht möchtet ihr auch wissen, warum dieser Baum gerade eine
solche Trichterform hat? – Die Trichterform ist diesem Baum darum eigen, damit
er in diesen seinen Trichter das Licht der Sonne und so auch das
elektro-magnetische Fluidum desto wirksamer aufnehmen kann. In der Mitte des
Trichters hat er eine Markröhre, welche besonders zur Nachtzeit einen förmlichen
Nebel ausdünstet. Dieser Nebel ist für die andere Vegetation wie auch für die
Menschen, wenn sie ihn einatmen, von etwas giftiger und zerstörender Art,
solange nicht das Licht der Sonne ihn zerteilt. Aber der Trichter ist so
beschaffen, daß er diesen Nebel nicht anders durchsickern läßt und davon auch
nicht mehr, als nur gerade zur Befruchtung des Baumes die Nacht hindurch nötig
ist, und das nur so lange, als die Frucht noch nicht zur halben Reife gelangt
ist. Alsdann bei eintretender Reife verschließt sich diese Markröhre in dem
Trichter und wird der Dunst dann hinausgetrieben zur regelmäßigen Aufblähung der
Frucht, wodurch dieser Trichter eine solche nährende Lebensluft enthält, daß da
viele Menschen auf geeigneten Leitern hinaufsteigen, sich in diesen Trichtern
ein Lager errichten und da längere Zeit übernachten.
[Sa.01_004,09] Sehet, das ist alsdann das Denkwürdige dieses Trichterbaumes! –
Zum Genusse für den Leib hat er außer seiner Lebensluft nichts. Die Samenkörner,
die euren Kürbiskernen nicht unähnlich sind, werden nur von den Haustieren
verzehrt.
[Sa.01_004,10] Und somit gehen wir nun noch zu der siebenten Baumart über. – Da
ist zu bemerken der sogenannte Pyramidenbaum, Uhurba genannt.
[Sa.01_004,11] Dieser Baum ist wohl der höchste auf diesem Weltkörper und ist
ungefähr von der Eigenschaft eurer Edelfichten, die einen weißen Stamm haben. Er
wächst nicht selten zu einer Höhe, daß ihr auf eurer Erde kaum einen Berg habt,
der sich mit diesem Baum messen könnte. Auch dieser Baum hat nur einen Stamm,
welcher zuunterst, an der Wurzel, nicht selten einen Durchmesser von achtzig bis
neunzig und einhundert Klaftern hat. Seine Äste gehen schon an der Erde vom
Stamm nach allen möglichen Richtungen aus und die untersten haben bei einem
vollkommen ausgewachsenen Pyramidenbaum nicht selten eine Länge von tausend
Klaftern und werden gegen die Spitze regelmäßig immer kürzer, und zwar so, daß
ein solcher Baum dann eine förmliche große Pyramide in runder Kegelform bildet,
gegen welche eure stolzen ägyptischen Pyramiden wahre Schneckenhäuser sind. Denn
so es möglich wäre, euch körperlich dahin zu versetzen, würdet ihr glauben, die
höchsten Berge vor euch zu erblicken.
[Sa.01_004,12] Dieser Baum gehört zum Nadelholz, und seine Blätter gleichen,
freilich in sehr vergrößertem Maßstab, so ziemlich den Nadelblättern eurer
Fichten; nur die Farbe ist nicht grün sondern blau. Die Nützlichkeit dieses
Baumes ist in Hinsicht auf die Reinigung der Luft und Erfüllung derselben mit
Lebensstoffen so außerordentlich, daß die heilende Kraft aus den Wipfeln und
Zweigen dieses Baumes sogar bis auf eure Erde hinabreicht. Und vorzüglich
beziehen eure balsamisch duftenden Nadelhölzer ihren ätherischen Stoff dorther.
[Sa.01_004,13] Diese Bäume werden auch sorgfältig allenthalben angepflanzt, und
es braucht da nichts mehr, als nur ein Reis von diesem Baum zu nehmen und
dasselbe irgendwo in gute Erde zu stecken, so wächst es alsbald fort, wird
binnen wenigen Saturnjahren schon ein sehr ansehnlicher Baum und kann ein Alter
von mehreren hundert Saturnjahren erreichen. Wenn ein solcher Baum hernach aber
abstirbt, wird er an der Wurzel zuerst ganz morsch und zehrt sich von selbst bis
auf den äußersten Wipfel zusammen. Wo irgend ein solcher Baum sich also
verzehrend abgestanden ist, wird von den Bewohnern sogleich magere Erde
darübergestreut, woraus dann in wenigen Jahren der fruchtbarste Grund zum Anbau
ihrer beliebten Saftkräuter bereitet wird. – Auch hier könnt ihr eure Phantasie
zu Lehen nehmen und einige solche Bäume hintereinander betrachten, so wird euch
eure Erdengröße wohl ein wenig abgekühlt werden.
[Sa.01_004,14] Von diesem Baum wißt ihr nun bereits das Allerwesentlichste, und
so können wir noch zu der achten Baumart, einem für euch gewiß höchst
merkwürdigen Baume, übergehen. Denn von desgleichen findet sich wieder auf eurer
Erde nicht die allerleiseste Spur.
[Sa.01_004,15] Als solcher Baum der achten Baumart ist bemerkenswert der
sogenannte Glas- oder Spiegelbaum, dort Ubra genannt. – Dieser Baum hat einen
ganz regelmäßig viereckigen Stamm, welcher so durchsichtig ist wie bei euch ein
etwas grünliches Glas. Der Stamm geht zugespitzt bis zu einer Höhe von zwanzig
bis dreißig Klaftern empor. Er hat durchaus keine Äste, sondern über die Hälfte
dieses Glas- und Spiegelbaumstammes ist wie bei euren Kaktusarten mit großen
hängenden Blumen geschmückt, welche ungefähr dieselbe Gestalt haben wie eure
Lilien, nur in sehr vergrößertem Maßstab und mit dem Unterschied, daß hier ein
jedes Blatt, deren es zehn bei jeder Blume gibt, von einer andern Farbe ist.
Wenn dieser Baum nach einem halben Jahr abgeblüht hat, kommt auf einem
kristallartig knorrigen Stiel eine für euch gewiß höchst merkwürdige Frucht zum
Vorschein. Diese Frucht besteht im Anfang in nichts anderem als in einem sehr
durchsichtigen Wasserbeutel, der nach und nach immer größer und größer wird und
in seiner Reife einem Ballon mit einem Durchmesser von ein bis eineinhalb
Klaftern gleicht.
[Sa.01_004,16] Wenn diese Frucht zu dieser ersten Reife gelangt ist, fängt die
Flüssigkeit in diesem Beutel sich so zu verdichten an, daß der Beutel
zusammenschrumpft und nach und nach von der verdichteten Flüssigkeit sich
losschält. Die verdichtete Flüssigkeit fällt dann oft samt dem Stiel auf den
Boden herab. Alsdann kommen die Bewohner und klauben diesen harten Saft auf,
beschneiden denselben auf allen Seiten regelmäßig, bilden daraus eigenartige,
regelmäßige viereckige Tafeln und gebrauchen diese ungefähr so wie ihr auf eurer
Erde eure Spiegel. Einen weiteren Gebrauch machen sie von diesem Baum gerade
nicht als nur einen solchen, den ihr von gewissen Bäumen zur Zierde eurer Gärten
macht. Denn wenn eine Reihe von solchen Bäumen gepflanzt ist, bildet das für die
Bewohner dieses Planeten eine Prachtallee. Und sie tun das mit diesem Baum auch
darum gerne, weil er sich ebenfalls, wie der Pyramidenbaum, sehr leicht
verpflanzen läßt, nur nicht vermittelst der Reiser, da er überhaupt keine Äste
hat, sondern vermittelst des Samens, welchen er aber nicht in der Frucht,
sondern in der Blüte trägt.
[Sa.01_004,17] Die Durchsichtigkeit dieses Baumes rührt daher, weil sein
Organismus aus lauter viereckigen Röhrchen besteht, durch welche der ihm
dienliche Saft emporsteigt. Denn sind die Organe rund, so kann da kein Strahl
durchdringen, weil er in der runden Form zu oft gebrochen wird; allein in dieser
viereckigen Form erleidet der Strahl nur eine sehr geringe Brechung und kann
daher auch fast ungehindert durchstrahlen. Und da all die Bäume dieses Planeten
und vorzugsweise in diesem Land eine ganz glatt polierte Rinde haben, so glänzt
die Fläche dieses für euch merkwürdigen Baumes so wie bei euch ein Spiegelglas;
so daß sich jeder Vorübergehende vom Scheitel bis zur Sohle darin vollkommen
beschauen kann.
[Sa.01_004,18] Das ist nun wieder alles von diesem Baum! – Erwecket auch da ein
wenig eure Phantasie, so werdet ihr nicht gar zu schwer einsehen, wie Ich auch
ohne Städte und Paläste aus Menschenhänden verfertigt, eine Welt gar wohl zu
schmücken verstehe. Und somit lasset es für heute gut sein. Alles übrige von den
Bäumen für ein nächstes Mal! – Amen.
[Sa.01_005] – Der Allerleibaum, der Feuerbaum und der Ölstrauch. Leibesgestalt,
Grundbesitz und Haustiere der Saturnmenschen.
[Sa.01_005,01] Ahaharke heißt der Baum, den wir als Nummer neun aufführen
wollen. Auf deutsch oder vielmehr nach eurer euch eigentümlichen Erbsprache
übersetzt oder verdolmetscht würde dieser Baum sehr schwer zu benennen sein,
weil auf der ganzen Erde nicht ein Ähnliches sich leichtlich vorfindet, damit
danach für diesen Baum möchte ein passender Name zusammengesetzt werden. Am
besten noch würde man ihn bestimmen, wenn man ihm den Namen Allerlei-Baum gäbe.
[Sa.01_005,02] Dieser Baum wächst vom Boden an ungefähr sechzehn Klafter hoch in
einem ebensoviel Klafter im Umfang habenden Fundamental-Stamme. Nun breiten sich
von da eine Menge nach allen Richtungen auslaufender Äste aus, von denen die
längsten bei zehn Klafter weit vom Stamme hinausreichen. Von der Stelle an, da
die Äste sich ausbreiten, erheben sich regelmäßig drei Stämme kerzengerade in
die Höhe, welche Höhe nicht selten zwölf, dreizehn, vierzehn bis fünfzehn
Klafter erreicht. Am Ende dieser Stämme breiten sich nach allen Richtungen im
rechten Verhältnis Äste und Zweige aus. Auf jedem der vielen Äste und Zweige,
welche von jeglichem dieser drei Stämme auslaufen, erheben sich wieder drei neue
bis zu einer Höhe von zehn Klaftern, wo sie dann wieder sich in eine Menge Äste
und Zweige im guten Verhältnis verteilen. Über diese dritte Krone erheben sich
nun wieder gerade in die Höhe schießende Zweige, welche zuoberst sich in
verhältnismäßig kleinere Äste und Zweige ausbreiten. Und so macht dieser Baum,
wenn er vollkommen ausgewachsen ist, sieben bis zehn solche Absätze, und zwar
immer in der Ordnung, daß aus einem früheren Stamm drei neue in die Höhe gehen
und ein solcher Baum dann in seiner letzten Abstufung einen förmlichen Wald von
Bäumen darstellt.
[Sa.01_005,03] Jetzt, warum heißt denn dieser Baum, euch zum Verständnis, ein
Allerleibaum? – Die Ursache ist sehr leicht anzugeben, aber eben auch nicht so
leicht zu begreifen. Denn jede Abstufung bringt andere Früchte zum Vorschein und
natürlich somit auch anderes Laub und andere Blüten. Eigentlich aber das
Merkwürdigste und für euch zugleich Unglaublichste bei diesem Baum ist, daß er
nur in zehn Jahren wieder dieselben Früchte zum Vorschein bringt. Denn von einem
Jahr zum andern wechselt er beständig, und zwar so, daß von einem Jahr bis zum
nächstfolgenden niemand schließen kann, welche Früchte er zum Vorschein bringen
wird. Und wie die Früchte verschieden sind, so steht es auch mit dem Laub und
mit der Blüte. Wenn mehrere solcher Bäume vorhanden sind, so gleicht keine
Frucht der nächststehenden. Damit aber die Bewohner dessenungeachtet im
beständigen Besitz aller Produkte dieses Baumes sind, so pflanzen sie diesen
Baum immer so zehnfach an, daß sie in jedem Jahr einen neuen setzen. Und wer
zehn solcher Bäume auf seinem Grund hat, der hat alle Produkte des Baumes. Denn
ein jeder Baum trägt dann andere Früchte und wechselt so fort bis ins zehnte
Jahr, und im elften erst kommt er wieder in seine frühere Ordnung.
[Sa.01_005,04] Da aber ein jeder Baum ein Jahr von dem andern unterschieden ist,
so geschieht es, daß der erste Baum im zweiten Jahr zwar ganz neue Früchte
bringt, aber der ihm nachfolgende bringt dieselben zum Vorschein, welche der
erste Baum im ersten Jahr brachte. Und wenn der erste Baum im dritten Jahr
wieder neue Früchte zum Vorschein bringt, so bringt der zweite im dritten Jahre
dieselben Früchte zum Vorschein, welche der erste Baum im zweiten Jahr brachte.
Der dritte Baum aber bringt dieselben Früchte, welche der erste Baum im ersten
und der zweite Baum im zweiten Jahre trug, zum Vorschein. Und so geht diese
Ordnung immer fort und fort. – Stirbt irgendein solcher Baum inzwischen aus,
dann werden über die Quere an die Stelle des einen, oder vielmehr für den einen,
zehn andere gesetzt, damit nie eine Frucht mehrere Jahre gänzlich ausbleibt. Was
aber die Früchte dieses Baumes anlangt, so sind diese so geordnet, daß die
größten und schwersten natürlicherweise immer in der untersten Abteilung zum
Vorschein kommen und so nach und nach immer kleinere und leichtere.
[Sa.01_005,05] Wie die Frucht dieses Baumes beschaffen ist und wie sie von den
dortigen Bewohnern gebraucht wird, kann hier aus dem Grunde nicht ganz
ausführlich mitgeteilt werden, weil ihr eine Mitteilung alles dessen auf hundert
Bogen nicht niederschreiben könntet. Nur im allgemeinen sei euch soviel darüber
gesagt, daß dieser Baum im edelsten Sinne gleichsam ein Repräsentant aller jener
Baumfrüchte auf eurer Erde ist, welche bei euch in eurem gemäßigten Klima
vorkommen und in ihrer Mitte einen oder mehrere wohlausgebildete Kerne besitzen.
So wäre z.B. die unterste Stufe in einem Jahr jene aller Äpfel, im andern aller
Birnen, im dritten aller Pflaumen, im vierten aller Pfirsiche, im fünften aller
Aprikosen und so fort. Was die anderen, höheren Stufen betrifft, so bringen
diese ebenfalls ähnliche Früchte hervor, aber alles in einem viel veredelteren
Maßstab, unter einer ganz anderen Form und mit einem weit feineren und besseren
Geschmack, so daß die Früchte in der höchsten Stufe eigentlich schon ganz
ätherischer Art und an Gestalt und Geschmack von einer untern Stufenart so
völlig verschieden sind wie bei euch eine wohlreife Weintraube gegen einem
halbreifen Apfel.
[Sa.01_005,06] So geht das fort und fort. Und wenn ihr eure Phantasie ein wenig
erweckt, möget ihr euch das wohl ziemlich ergänzen, was hier der Zeit wegen nur
berührt, aber nicht erschöpfend dargestellt werden kann. Und somit wollen wir
von diesem Baum nur noch das sagen, daß seine Früchte von den Bewohnern dieses
Planeten auch genossen werden, und zwar zumeist die von den höheren Stufen,
während die untersten häufig zur Fütterung ihrer Haustiere verwendet werden. Es
versteht sich aber von selbst, daß die Früchte dort ums Zehnfache größer sind
als die ähnlichen bei euch. – Dieses Baumes Rinde gleicht am meisten der eines
Apfelbaumes bei euch und ist ebenfalls rifflig. Nur die Farbe der Rinde ist
nicht grau wie bei euch, sondern dunkelrot und in jeder höheren Stammabstufung
lichter.
[Sa.01_005,07] Und somit wollen wir uns von diesem Baum zu unserer letzten
Ordnung wenden und da besonders den merkwürdigsten Baum dieses Landes in
Augenschein nehmen.
[Sa.01_005,08] Dieser Baum wird dort Fehura genannt, was nach eurer Sprache
soviel besagt als: Feuerbaum. – Dieser Baum hat in seinem Wachstum eine
Ähnlichkeit mit der bei euch vorkommenden sogenannten Eisenblüte und ist beinahe
ganz mineralisch. Der runde Stamm gleicht einer bei sechs Klafter im Umfang
habenden weißen Marmorsäule, welche sich fünfzehn bis zwanzig Klafter hoch in
gleicher Dicke vom Boden erhebt, von da weg aber sich dann teilt gleich einem
Korallenbäumchen in verschiedene Äste und Zweige, welche an ihren Enden in
lauter kleine Röhrchen auslaufen. Die Zweiglein biegen sich ebenso vielfach
übereinander wie die oben benannte Eisenblüte. Dieser Baum hat weder Blätter
noch Blüte noch irgendeine Frucht; sondern seine Bestimmung ist rein nur die des
Feuers. Seine Frucht ist somit das Feuer, welches er gewöhnlich zu jener Zeit
von sich gibt, wenn irgendein Teil des Landes unter dem Schatten des Ringes sich
befindet. Denn auf diesem Planeten wird die Zeit nicht bestimmt wie bei euch,
nach dem Sommer und nach dem Winter, sondern nach der Zeit des Schattens und
nach der Zeit des Lichtes. Dieser Baum ersetzt demnach zur Zeit des Schattens
durch sein ganz weißes Licht den Mangel des Sonnenlichts. Seine Wurzeln, die
eigentlich lauter Röhrchen sind, haben das Vermögen, aus der Erde dieses
Planeten das allerfeinste Erdölgas an sich zu ziehen. Durch die Röhrchen wird es
in die äußersten Zweige getrieben, wo sich dasselbe dann, wenn es mit der
dortigen atmosphärischen Luft in Berührung kommt (welche zu der Zeit des
Schattens sehr viel Sauerstoff mit sich führt), alsbald entzündet und so lange
fortbrennt, bis wieder das Licht der Sonne scheint. Diese dehnt die
atmosphärische Luft mehr aus und schlägt den Sauerstoff nieder, wodurch dann
dieser Feuerbaum nach und nach erlischt und so lange ruht und auch nicht weiter
wächst, bis die Schattenzeit wieder eintritt. Es dauert die Schattenzeit dort
aber ein halbes Jahr, wie bei euch, der Temperatur nach gerechnet, der Winter.
[Sa.01_005,09] Dieser Baum fängt zu wachsen an wie bei euch die Schwämme – ohne
Samen; aber nicht wie diese wo das Erdreich am magersten ist; sondern wo das
Saturn-Erdreich am naphtahaltigsten ist, kommt dieser Baum am häufigsten vor.
Die Einwohner pflegen ihn auch so zu verpflanzen, daß sie zur Schattenzeit ein
Zweiglein vom Stamm herunterschlagen und es irgendwo in ein naphtafettes
Erdreich stecken. Da brennt dann dieses Zweiglein also fort und wächst dadurch
auch, sowohl in der Erde wurzelnd als sich über derselben auszweigend.
[Sa.01_005,10] Das Feuer dieses Baumes ist an und für sich nicht brennend,
jedoch ist es durch die Wirkung seines sehr intensiv weißen Strahles in eine
gewisse Ferne hin erwärmend oder vielmehr den Wärmestoff entbindend, aus welchem
Grunde dadurch auch für diesen Planeten in seiner Schattenzeit gesorgt ist, daß
es dann nicht viel kälter wird als zur Zeit des eigentlichen Sonnenlichtes.
Dergleichen Bäume sucht sich eine jede Familie in gehöriger Anzahl um ihre
Wohnungen und Gründe herum anzupflanzen, wo sie dann zur Schattenzeit weder
Kälte leidet noch irgendeinen Lichtmangel hat.
[Sa.01_005,11] Auch bei diesem Baum ruft wieder ein wenig eure Phantasie zu
Hilfe, und ihr werdet sicher finden, daß, abgerechnet der großen Pracht dieses
Baumes, sein Licht eine größere Wirkung hat als alle eure Gasbeleuchtung, wenn
ihr sie auch auf einen Platz zusammenbringen möchtet auf einem dazu eigens
erbauten Leuchtturm. Fürwahr, wenn ihr einen solchen Baum auf einem der euch
benachbarten Berge angepflanzt hättet, würde er nicht nur eure Stadt so gut
beleuchten wie zehn Vollmonde, sondern der ganze Landkreis würde davon noch
einen hinreichenden Schimmer genießen. Nun denket euch erst viele Tausende
solcher Bäume in einem Lande zerstreut, wie sich da deren Licht machen möchte!
Wenn euch schon euer rotes, bösartiges Feuerlicht in der finsteren Nacht
erquickt, um wieviel mehr müßt euch ein solch sanftes, weißes Licht erquicken!
Allein für die Erde sind dergleichen Bäume nicht bestimmt, obschon im
Morgenland, und zwar in manchen Gegenden des Kaukasus ähnliche Fälle vorkommen,
da man auch nichts nötig hat als ein Schilfrohr oder ein anderes sehr poröses
Stück Holz in die Erde zu stecken und oben mit einer Flamme anzuzünden, wo es
dann auch gleich einer Fackel fortbrennt, ohne daß darum das Holz oder das Rohr
vom Feuer leichtlich verzehrt wird – nur mit dem Unterschiede, daß diese Flammen
auch rötlich und äußerst heißbrennend sind.
[Sa.01_005,12] Somit hätten wir nun für dieses Land die Baumschule durchgemacht
und können daher noch einen allgemeinen Blick auf die Gesträuche werfen.
[Sa.01_005,13] Alle Gesträuche des Saturn haben das Eigentümliche, daß sie nicht
wie bei euch so niedrig sind, sondern sie bilden nur eine kleinere, aber dafür
in der Art sehr verschiedene Baumgattung. Und es ist bei allem das niedrigste
Gesträuch noch höher und ansehnlicher wachsend als eure ansehnlichsten Bäume.
Auf diesem hier zunächst beschriebenen Land gibt es allein über zwölftausend
Sträucher, welche alle voneinander wohl unterschieden sind. Jede Strauchart hat
ihre eigentümliche Frucht, welche jedoch außer von den vielen Bewohnern der Luft
wenig benützt wird. Von diesen sehr vielen Gesträuchen dürfte auch eines,
welches am häufigsten vorkommt und von den dortigen Bewohnern auch sorgfältig
gepflegt wird, nicht ohne Interesse sein, da es vollkommen eurem Ölbaum auf
Erden gleicht, nur mit dem Unterschied, daß auch dieses Gesträuch hier um vieles
großer ist als euer Ölbaum. Die Beeren sind im reifen Zustand so groß, daß eine
jede nach eurem Maße einen Liter reinen Öles abgibt. Wenn dann ein solches
Gesträuch nicht selten zwanzig- bis dreißigtausend Beeren auf seinen Zweigen zur
Reife bringt, so könnt ihr euch schon einen Begriff von der reichlichen Ölernte
machen, wenn ihr noch dazu bedenkt, daß auf dem Grund einer einzigen Familie
nicht selten mehrere Tausende von solchen Ölsträuchern oder vielmehr Ölbäumlein
vorkommen.
[Sa.01_005,14] Freilich müßt ihr euch dabei einen Familiengrund nicht ebenso
klein vorstellen, wie etwa bei euch einen größeren Bauerngrund, sondern wohl so
groß, ja manchesmal noch etwas größer als euer ganzes Land. Dagegen müßt ihr
euch auch die überaus schön gebildeten Menschen in körperlicher Hinsicht nicht
so klein vorstellen wie ihr seid; denn dort mißt die Größe des Weibes schon
achtzig und neunzig Fuß, und die Größe des Mannes fünfundneunzig bis
hundertfünfunddreißig Fuß. Und in diesem Verhältnis sind auch ihre vielen
Haustiere bestellt.
[Sa.01_005,15] Wenn ihr dieses im voraus einseht und kennt, so wird euch dann,
was noch alles von der fruchtbaren Vegetation in der gehörigen Ordnung gesagt
wird, desto einleuchtender werden. Und daher für heute Amen.
[Sa.01_006] – Die Kräuter und Nutzpflanzen des Saturn. Das Maiskorn, das
rinnende Faß und der wandelnde Flaschenkürbis.
[Sa.01_006,01] Was also von den Gesträuchen bemerkenswert war, haben wir in der
Hauptsache schon vernommen. Wir wollen uns daher jetzt zu den Kräutern und (Nutz-)Pflanzen
dieses Landes wenden.
[Sa.01_006,02] Dieses Land gehört zu den gebirgigsten dieses Planeten, und somit
hat es auch die größte Anzahl der nützlichen und heilsamen Pflanzen und Kräuter
aller erdenklichen Arten.
[Sa.01_006,03] Pflanzen wie zum Beispiel eure Feldfrüchte, als da sind: Korn,
Weizen, Gerste usw., wachsen hier nicht; aber dafür gibt es eine andere und viel
edlere Getreidegattung, die beinahe so aussieht wie bei euch das Maiskorn, nur
daß die Pflanze ums zwanzig- bis dreißigfache höher wächst als bei euch. Die
Blätter dieses Maiskorns sind oft zwei bis dreieinhalb Klafter lang und gut zwei
bis dreieinhalb Ellen breit, haben eine vollkommen himmelblaue Farbe, an den
Rändern eine Spanne weit mit hellem Karminrot verbrämt, und die Mittelzeile, die
ebenfalls eine Spanne breit ist und bis gegen die Spitze auf einen Zoll abnimmt,
sieht grünlichgolden aus. Der Stengel, welcher unterhalb so dick wird wie bei
euch oft eine ausgewachsene Eiche, sieht zuunterst aus wie dunkel mattpoliertes
Gold, und je höher hinauf, desto heller wird seine Farbe. Die Blütenkrone,
welche nicht selten Äste von ein bis eineinhalb Klafter Ausbreitung hat, sieht
gerade so aus wie bei euch ein Lüster aus dem schönsten brillant-geschliffenen
Kristallglas, und das darum, weil dort alles im vergrößerten Maßstab vorkommt.
So ihr aber bei euch eine Maisblüte durch ein gutes Mikroskop beschauen möchtet,
dürftet ihr beinahe dasselbe Brillantspiel des sonst weißlich aussehenden
Blütenstaubes bemerken!
[Sa.01_006,04] Was aber die Frucht dieser Pflanze betrifft, so gleicht sie zwar
wohl der Form nach im vergrößerten Maßstab der eurigen, aber nicht ebenso dem
Gebrauch und dem Geschmack nach. Denn dort gibt diese Frucht den
allerwohlschmeckendsten Leckerbissen und gleicht in dieser Hinsicht mehr eurer
sogenannten Ananas; nur daß dort die einzelnen Körner sich gar wohl auslösen
lassen, wenn die Frucht zur Reife gekommen ist, und dann sogleich genossen
werden können, auch nicht mehlig sind, sondern saftig wie bei euch eine
Weinbeere. Eine von diesen Beeren ist, nach eurem Gewicht berechnet, nicht
selten zwei bis drei Pfund schwer. Wenn auf einem solchen sogenannten Kolben
dann oft drei-, vier- bis fünfhundert solche Beeren sitzen und eine einzige
Staude oft zwanzig bis dreißig solche Kolben zum Vorschein bringt, so könnt ihr
euch schon einen Begriff machen, wie reichlich oft eine solche Ernte aussieht.
[Sa.01_006,05] Aber wohin legen denn die Bewohner solche Ernte? – Ihr habt schon
die guten Gefäße beim Trichterbaum kennen gelernt. Darin werden diese Früchte
aufbewahrt, ein Teil davon in Beeren selbst und ein Teil als ausgepreßter Saft.
Diese Frucht wächst viermal in einem Jahr und ist äußerst gesund und stärkend.
Und es erquickt ihr Saft das Herz des Saturnbewohners ebenso und noch mehr als
euch die Traube und ihr stärkender Saft.
[Sa.01_006,06] Nach Abnahme der Frucht lassen die Bewohner das Stroh auf dem
Felde so lange stehen, bis es ganz dürr geworden ist, dann bringen sie ihre
großen Zug- und Lasttiere auf den Acker, wo diese Pflanze dürre steht. Diese
Tiere fressen dann das Laub. Die Stengel aber lassen sie unbeschädigt stehen.
Diese werden von den Bewohnern mit einer eigenen Säge umgesägt. Dann werden
kreuz und quer auf dem Acker Haufen gebildet und hernach angezündet, durch
welchen Akt der Acker auf das allerbeste für eine fernere Fruchttragung gedüngt
wird.
[Sa.01_006,07] Dieser Acker braucht einen feuchten Boden, wenn die Frucht gut
gedeihen soll. Da es aber hier in diesem Land, wie auch fast auf dem ganzen
gemäßigten Landstrich dieses Planeten, nie oder nur höchst selten regnet oder
taut und auch die Quellen auf dem Land nicht eben zu häufig vorkommen – was tun
da die Einwohner und wie bewässern sie einen solchen Acker, der nach eurem Maß
nicht selten eine Ausdehnung von dreißig bis vierzig Quadratmeilen hat? – Seht,
da habe Ich schon wieder mit einer anderen merkwürdigen Pflanze dafür gesorgt,
welche das mühselige Geschäft der Bewässerung gar vortrefflich besorgt und
welche Pflanze denn auch fleißig mitten unter den Nutzgewächsen angebaut wird.
[Sa.01_006,08] Diese Pflanze wird dort „das rinnende Faß“ genannt und hat eine
große Ähnlichkeit mit euren Feldkürbissen, nur mit dem Unterschied, daß diese
Kürbisse nicht selten eine solche Größe erreichen, daß ein Saturn-Mensch Mühe
hat, darüber hinwegzusehen. – Die Pflanze selbst wächst oft mehrere tausend
Klafter weit auf der Erde klafterdick im Umfang fort und läuft von ihrer Wurzel
in vielen hundert Armen nach allen möglichen Richtungen aus. Ihre Blätter sehen
denen eurer Kürbisstaude völlig ähnlich, nur daß sie ums Hundertfache größer
sind und ihre Farbe nicht grün, sondern ganz violettblau aussieht und übersät
ist mit lauter silberweißen Sternen. Der Stiel ist zwei bis drei Klafter lang,
rund und im Durchmesser nicht selten mehrere Klafter betragend. Er ist inwendig
hohl; in den Wänden aber laufen viele tausend Röhrchen hinauf, welche das Blatt
nähren mit einem süßlichen Saft und zum Teil aber auch durch die vielfachen
Poren der unterblattigen Spitzen als tropfbare Flüssigkeit hinaustreten und
dadurch unter sich das Erdreich wie durch einen immerwährenden leichten Regen
befeuchten. Jedoch was die Hauptbewässerung durch diese Pflanze betrifft, so
wird sie eigentlich von der Frucht bewerkstelligt. Denn wenn diese zu ihrer
halben Reife gekommen ist, öffnet sie in der Nachtzeit an ihrer Oberfläche
befindliche Poren und über der Oberfläche eigens dazu gebildete Röhrchen, durch
welche dann eine süßliche, klare Flüssigkeit wie aus einem Springbrunnen weit
und breit hinausgetrieben wird, wodurch das Erdreich jede Nacht eine regelmäßige
und hinreichende Bewässerung empfängt.
[Sa.01_006,09] Ihr werdet euch fragen: Aber woher nimmt denn die Frucht dieses
so reichliche Wasser? – Da sage Ich euch, daß die Frucht ein wahrer artesischer
Brunnenbohrer ist; denn sie treibt ihre Wurzeln so weit und so tief hinab, bis
sie zu irgendeinem unterirdischen Wasserbehälter gekommen ist. Da saugt sie mit
der größten Emsigkeit das ihr selbst zusagende Wasser und treibt und führt
dasselbe als die beste Wasserleitung wohlgeläutert nach allen möglichen
Richtungen ihres äußeren, schnell fortwachsenden Gebietes.
[Sa.01_006,10] Hat denn aber diese Frucht bei den Bewohnern keinen andern
Gebrauchszweck als nur den der Bewässerung allein? – Die Bewohner gebrauchen
diesen Kürbis auch noch zu etwas anderem! – Wenn die Frucht zur Vollreife
gediehen ist, wird sie der Länge nach in der Mitte auseinandergeschnitten. Der
Same und das Fleisch werden aus ihr genommen, der Same zur ferneren Ansaat und
das Fleisch zur Fütterung der dortigen Kühe, Schafe und Ziegen verwendet. Die
Schale aber, welche bei einem Klafter dick ist, wird getrocknet, wodurch sie
eine große Festigkeit bekommt. Wenn sie vollkommen getrocknet ist, wird der
untere Teil gewöhnlich zu einer Art Wasserfahrzeug verwendet. Der obere Teil
aber, der sehr röhrig und porös ist, wird als Wagen verwendet, und zwar auf eine
höchst einfache Art.
[Sa.01_006,11] Es wird in der Mitte beider Seitenborde ein Loch durchgebohrt,
durch welches eine wohlbereitete, verhältnismäßig dicke und starke Räderspindel
geführt wird, auf deren beiden Enden sodann zwei Räder aufgesteckt werden.
Ebenso wird noch ein drittes Loch von vorne durchgebohrt, durch welches eine
Zugstange bis zur Radspindel gesteckt wird. Diese Zugstange wird dann mit einem
Nagel an der Radspindel befestigt und vorne mit einem verhältnismäßig langen und
starken Querbalken versehen. Auf diese Weise ist dann der Wagen auch schon
fertig, und das um so geschwinder, wenn ihr dazu noch annehmt, daß die Räder
dort nicht durch die Kunst der Menschenhände, sondern durch die Kunst der Natur
hervorgebracht werden, und das von einer und derselben Pflanze. Denn dazu
braucht es nichts mehr, als den vollkommen runden Stiel eben dieses Kürbisses so
oft man will abzusägen, so hat man auch schon allzeit ein vollkommen festes und
fertiges Rad in einem Durchmesser von drei bis vier, oft auch fünf bis sechs
Klaftern.
[Sa.01_006,12] Wenn hernach an den Querbalken ein Ochse oder für eine schnellere
Fahrt ein dortiger Zughund oder Zughirsch angebunden wird, so ist ein ganzes
Fuhrwerk so gut wie vollkommen fertig. Und es können dann in einem solchen Wagen
sehr bequem vier Saturnmenschen fahren, wohin sie nur immer wollen.
[Sa.01_006,13] Diese Art Wagen wird freilich nur als leichteres Fuhrwerk
gebraucht; denn die Saturnbewohner haben auch noch viel größere und schwerere
Wagen, welche sie kunstvoll aus Holz bauen und, so wie ihr die eurigen, fleißig
mit einem sehr geschmeidigen und festen Metall beschlagen. Dieses Metall ist
eurem Eisen nicht unähnlich, nur ist es viel gediegener und haltbarer und rostet
nicht wie das eurige, sondern behält immerwährend seine glänzende, dem Golde
gleichende Oberfläche. Es hat eine Farbe wie bei euch das sogenannte Platin, das
ein Gemisch von gediegenem Gold und gediegenem Eisen ist, welche Mischung auf
dem chemischen Weg freilich wohl schwerlich je ein Chemiker zuwege bringen wird.
[Sa.01_006,14] Nachdem wir jetzt diese zwei Pflanzen kennengelernt haben, gehen
wir zu einer anderen dort lebenden, überaus lustigen und zugleich auch sehr
nützlichen Pflanze über.
[Sa.01_006,15] Diese Pflanze ist für euch so gut wie unerhört. Auf der Erde gibt
es durchaus nichts Ähnliches. Denn das sogenannte „wandelnde Blatt“, welches im
südlichen Amerika vorkommt, ist eigentlich keine Pflanze, sondern ein Tier. –
Die Pflanze auf diesem Planeten aber, die wir betrachten wollen, ist in allem
Ernst eine wandelnde, da sie gleich einem Tier sich von einem Ort zum andern
bewegt. Die bewegende Kraft liegt in ihrer Wurzel, die das Aussehen hat wie
ungefähr ein sehr unförmig gebildeter Menschenfuß, nur daß sie natürlicherweise
nicht etwa geformte Zehen und irgendeine Ferse und sonst zum Fuße Gehöriges
besitzt; sondern das Ganze ist ein in einem rechten Winkel gebogener, bei zehn
Klafter langer Strunk, aus welchem nach allen Seiten eine Menge Fang- und
Saugwurzeln auslaufen. Diese klammern sich wie die Ranken einer Weinrebe fast
überall an, nur mit dem Unterschied, daß diese Wurzeln nur so lange auf einem
Punkt der Erde sich festhalten, solange sie dort hinreichende Nahrung finden.
Haben sie auf einem Ort alle Feuchtigkeit aufgezehrt, dann entwinden sie sich
wieder aus der Erde, strecken sich weiter nach vorne aus, und das so weit auf
der Erde hin, bis sie wieder an einen feuchten Ort gekommen sind. Da bohren sie
sich wieder fleißig in das Erdreich ein, umwinden die feuchten Erdschichten und
andere Kräuter und Gräser und ziehen durch dieses Umwinden die ganze Pflanze
nach sich – durch welche Tätigkeit der Fußwurzeln dann eine solche Pflanze im
Verlaufe von einem Jahr nicht selten eine Reise von mehreren Meilen (nach eurer
Rechnung und eurem Maße) macht.
[Sa.01_006,16] Wie sieht denn aber eigentlich die Pflanze selbst aus? – Die
Pflanze hat einen vier bis fünf Klafter hohen Stamm, der schon eine Klafter hoch
Äste und Zweige treibt, wovon einige Zweige nach allen Richtungen hinab zur Erde
langen und auf diese Art die hohe Pflanze vor dem möglichen Umfallen schützen.
Diese Zweige sind gewöhnlich nackt und ohne Blätter, nur diejenigen, die dann
aufwärts treiben und in mannigfaltigen Krümmungen vom Stamm auslaufen, tragen
Blätter, Blüten und Früchte, welche alle so ziemlich eurer Weinpflanze ähnlich
sind. Das Laub ist viel größer und von hellblauer Farbe und seine untere Seite
mit roten Wärzchen übersät. Die Frucht aber gleicht vollkommen derjenigen Sorte
eurer Trauben, die ihr mit dem Namen „die Gaisdutte“ benennt; nur ist ihre Farbe
nicht blau, sondern so gelb wie eine Orange, aber halb durchsichtig, wie bei
euch die weißen Traubenbeeren. Der Unterschied liegt vor allem auch nur in der
Größe, da eine Beere nicht selten (nach eurem Maß) ein Liter reinen Saftes, eine
Traube nicht selten fünfzig bis hundert Beeren enthält, und manche Pflanze reift
oft zehn bis zwanzig solcher Trauben. Der Geschmack dieser Frucht kommt
derjenigen Traube bei euch gleich, die ihr die Muskat-Traube nennet (nur muß
diese bei euch zur vollsten Reife gelangt sein!).
[Sa.01_006,17] Das ist also diese merkwürdige Pflanze dieses Planeten! Sie hat
dadurch einen großen Vorzug, daß sie überhaupt keine Bearbeitung benötigt,
sondern sich selbst bestens bearbeitet und gedeihlichst versorgt. Damit aber bei
den Einwohnern dieses Planeten keine Eigentumsstreitigkeiten hinsichtlich dieser
sehr beliebten Pflanze entstehen, wenn diese allenfalls ihren Marsch auf den
Grund des Nachbarn richten möchte (denn auch hier wird das Eigentumsrecht streng
beobachtet) – so pflanzen die Einwohner dieselbe meistens entweder in der Mitte
ihrer Gründe oder setzen sie um ihre Regenbäume herum, da sie dann ruhig stehen
bleiben und keine weiteren Bewegungen machen, so ihre Wurzeln mit Nahrung
hinreichend versehen sind. Und wenn sie schon allenfalls dann und wann zu
wandern genötigt werden, können sie dann nicht sogleich auf den nachbarlichen
Grund überlaufen. Denn von der Mitte eines solchen Grundes dürfte es ihnen wohl
ein wenig schwer werden, die weiten Grenzen zu überschreiten, da, wie schon
bemerkt wurde, ein solcher Saturn-Bauerngrund nicht selten in der Ausdehnung die
doppelte Größe eures Staates übersteigt.
[Sa.01_006,18] Den Saft verwenden die Einwohner gerade auch dazu, wozu ihr den
Saft eurer Traube verwendet. Er ist noch viel kräftiger als der schon früher
erwähnte und wird auch nicht in den früher erwähnten Gefäßen aufbewahrt; sondern
für die Aufbewahrung dieses Saftes wächst dort eine eigene Flaschenfrucht, die
nicht unähnlich ist euren Flaschenkürbissen – nur mit dem Unterschied, daß diese
Flaschenkürbisse euer Heidelberger Faß sicher weit an Größe übertreffen würden.
Ein solcher Flaschenkürbis, wenn er vollkommen ausgewachsen ist, möchte wohl
ganz bequem eintausend eurer Eimer in sich aufnehmen. Diese Flaschenkürbisse
sind auch alldort außerordentlich fest. Ihre Wand hat einen Durchmesser von
einer guten halben und zuunterst auch einer ganzen Klafter. Wenn sie gehörig
ausgeräumt sind, welche Arbeit dort durch ein gewisses Tier verrichtet wird, ist
das Gefäß auch schon fertig.
[Sa.01_006,19] Die Schilderung der ferneren merkwürdigsten Pflanzen und Kräuter
sei für die nächste Mitteilung aufbewahrt! Und daher für heute Amen.
[Sa.01_007] – Reichtum der Pflanzenwelt des Saturn. Hauptfarbe nicht grün,
sondern blau. Aromatische Heilkräuter. Die Goldstaude. Metallpflanzen. Blaues
Gras. Formwechselnde Wiesenblumen – duftendes Alpenmoos. Gebirge und Ebenen des
Saturn.
[Sa.01_007,01] Auf die Pflanzen, deren bereits einige nützliche erwähnt wurden,
will Ich nur noch einen allgemeineren Blick mit euch werfen. Denn jede hier (auf
dem Saturn) vorkommende merkwürdige Pflanze besonders und ausführlich zu
erwähnen, würde weder die Zeit noch der Raum gestatten, besonders wenn ihr
bedenkt, daß wir noch sechsundsiebzig solche große Länder zu bereisen haben,
sowie einige hundert kleinere Inseln, das ganze große südliche und nördliche
Eisgebiet, dann erst die vielen, noch größeren Länder des Ringes und der sieben
Monde. Daher können wir nur das Merkwürdigste überall berühren und über das
andere hinweggehen, nur andeutend, was da mehr oder weniger Ähnlichkeit hat mit
den Produkten eures Planeten. Und so gibt es auch in diesem soeben zu
besprechenden Land zahllose Gattungen von Pflanzen, welche zum Teil ähnlich sind
denen auf eurem Planeten, zum Teil aber auch wieder ganz fremdartig oder
vielmehr diesem Planeten so eigentümlich, daß dergleichen auf keinem anderen
Planeten vorkommt.
[Sa.01_007,02] Was die euren Pflanzen ähnlichen betrifft, so besteht der
Unterschied im allgemeinen nur darin, daß sie die eurigen nicht selten ums
Hundertfache an Größe und Üppigkeit übertreffen, wodurch dann auch alle jene
Herrlichkeiten, die ihr hier nur mittels eines Mikroskops an den Pflanzen
gewahrt, dort frei und ohne Mikroskop gar wohl ersichtlich sind in aller ihrer
mannigfaltigen Pracht.
[Sa.01_007,03] Der zweite Unterschied ist in der Farbe. Denn meistens tritt dort
an die Stelle eures Grün ein frisches, heiteres Blau in allen seinen
Schattierungen – so wie in eurem Amerika, wo auch an manchen Pflanzen das Blau
mehr denn das Grün ersichtlich wird und die grüne Farbe selbst mehr sich der
blauen nähert als der gelben, welche Farbe eigentlich von der Farbe des Lebens
die allerentfernteste ist.
[Sa.01_007,04] Ein dritter Unterschied besteht dann auch noch darin, daß die
Blüte bei diesen Pflanzen viel größer und reichhaltiger hervorkommt und ihr
Farbenschmelz nicht selten wie durch eine metallisch polierte, durchschimmernde
Unterlage verherrlicht ist.
[Sa.01_007,05] Was die Frucht solcher Pflanzen anbelangt, so besteht darin auch
der Unterschied, daß z.B. ein Maiskorn dort so groß ausfällt wie bei euch
hundert oder auch manchmal tausend in einem und daß die Anzahl der Körner dann
obendrauf noch ums Zehnfache, ja oft auch ums Hundertfache reichhaltiger ist.
Eine solche größere Ergiebigkeit ist aber auch auf diesem Planeten darum
notwendig, weil ein halbes Erntejahr dort fünfzehn Jahren auf der Erde
entspricht – aus welchem Grund auch ein zehn Jahre alter Saturnknabe bei euch
schon ein ungewöhnlich steinalter Greis wäre.
[Sa.01_007,06] Das sind also die wesentlichen Unterschiede derjenigen Pflanzen
dieses Planeten, welche im verkleinerten Maßstab auch auf eurem Planeten
vorkommen. So ihr eure Phantasie ein wenig erwecken wollt, da nehmt also nur
eine Erdpflanze zur Hand und stellt euch an derselben alle Teile ums
Hundertfache größer vor, dazu die andere Farbe und all die sonstigen
Herrlichkeiten einer Pflanze wie durch ein Mikroskop enthüllt, so könnt ihr auf
diesem Wege euch einen ganz leichten Begriff von der Vegetation auf diesem
Weltkörper machen.
[Sa.01_007,07] Aber es gibt besonders in den höheren Gebirgsregionen noch
außergewöhnliche Heilkräuter, deren ätherisch-aromatische Heilkräfte also stark-
und fernwirkend sind, daß sie nicht allein die dortigen Bewohner stets bei der
besten Gesundheit erhalten, sondern ihre heilsame Wirkung auch noch in eine
Entfernung von mehr denn tausend Millionen Meilen durch den Äther hinausstreuen,
so daß z.B. eure heilsamen Kräuter, vorzugsweise z.B. euer Holunderstrauch, euer
Wacholder und andere, mit Stacheln besetzte Heilkräuter einen bedeutenden Teil
ihres ätherisch heilenden Aromas von daher beziehen.
[Sa.01_007,08] Eine Gattung der dortigen Gebirgskräuter muß Ich noch etwas näher
erwähnen! – Dieses Kraut wird dort Hellatharianga genannt, welches soviel heißt
wie die „tausendblätterige Goldstaude“ Dieses Kraut wächst dort unmittelbar auf
blanken Felsen, und der Stiel hat nicht selten eine Höhe von drei bis vier
Klaftern. An dem Stiel stehen in einem schneckenartigen Gewinde um die Staude im
Durchschnitt gewöhnlich tausend hellrote Blätter hinaus, deren Gestalt eine
länglich eiförmige ist, und die nicht selten fünf bis sechs Schuh lang und zwei,
manchmal auch drei Schuh breit sind. An den Kanten der Blätter laufen
spannenlange Spitzen hinaus, und zwar so, daß vom Blattstiel bis zu dessen Ende
regelmäßig hundert zu stehen kommen, und somit an beiden Seiten des Blattes
zweihundert. Diese Spitzen sind von ganz dunkelblauer Farbe, dem Stachelende zu
immer lichter; und jene Spitze, welche am Ende der Mittelzeile am längsten
ausläuft, hat vorne ein Stachelbündel, das ebenso rot ist wie das Blatt selbst.
Die obere Seite des Blattes sieht aus wie bei euch ein rotglühendes Eisen oder
auch eine angeblasene Kohle und gibt auch wirklich einen solchen Feuerglanz von
sich. Die untere Seite des Blattes aber ist behängt mit halbspannenlangen
Haaren, welche vom Blatt aus alle Farben des Regenbogens zeigen, so daß man
dadurch unter einem jeden Blatt schon in einiger Entfernung einen schimmernden
Regenbogen entdeckt, dessen Pracht natürlicherweise bei der Annäherung zunehmen
muß, weil der Farbenglanz immer konzentrierter auf das Auge fällt. Der Stiel
oder Stamm der Pflanze sieht aus wie matt poliertes Gold und erhebt sich über
die Sphäre der Blätter oft noch eine halbe Klafter hoch, an welchem (Stammteile)
dann mehrere schon ausgeblühte Blumen und noch immerwährend nachwachsende und
nachtreibende Knospen hervortreten.
[Sa.01_007,09] Die Blume hat nichts Ähnliches mit irgendeiner Blume auf eurer
Erde; sondern ihre Gestalt ist so, als wenn an einer rotgoldenen Kugel in einem
Umkreis von einer halben Klafter ganz wohlgeformte Menschenarme angebracht
würden, nur daß aus einem jedem Arm, statt fünf ungleichen Fingern, zehn
goldähnliche Spitzstrahlen auslaufen. Es hat beinahe das Aussehen, als wenn
jemand eine ausgestreckte Hand zeichnen möchte und an der Stelle der Finger eine
halbe Sonnenscheibe hinmalte mit zehn auslaufenden Strahlen. Solcher
Blumenblätter um eine Knospe gibt es fünf, welche von dieser schon benannten
Kugelknospe gerade vom Gürtel ausgehen, so daß die halbe Kugel im Blütenkelch zu
stehen kommt. In der Mitte dieser Halbkugel laufen zwei Fäden heraus, der eine
in der Dicke eines halben Männerarms, der andere nur in der Dicke eines Zolles
im Durchmesser. Der dünnere ist weiblich, der andere männlich; der weibliche von
weißer Farbe, der männliche von rosenroter. Beide laufen von dem Kelch über eine
halbe Klafter weit hinaus und hängen gewisserart zur Erde hinab, d.h. nicht
dieselbe berührend, sondern nur gegen dieselbe geneigt.
[Sa.01_007,10] Der weibliche Faden endet mit einem zurückgebogenen Trichter,
über welchen der männliche mit seiner Mündung sich hinabbiegt. Der männliche
läßt da immer von Zeit zu Zeit einen Tropfen des allerwohlriechendsten Saftes in
den Trichter des weiblichen Fadens träufen. Das ist die eigentliche
Begattungsweise dieser Blume. Der weibliche Faden saugt diesen Saft in sich und
gebiert dadurch den überaus kräftigen Samen dieser Pflanze – während der
männliche Faden diesen ätherischen Saft aus den Blütenblättern bekommt, wie
diese denselben aus den Stammblättern, deren schon erwähnt wurde.
[Sa.01_007,11] Was die Farbe der Blüte anbelangt, so ist das Blatt vollkommen
weiß, mehr noch als eure Lilie. Die Halsscheibe am Ende der Blumenblätter,
entsprechend der flachen Hand am Arme, sieht aus wie ein polierter, etwas
geäderter Rubin. Die Strahlen aber sind ganz wie durchsichtiges Gold.
[Sa.01_007,12] Diese Blume oder vielmehr Heilpflanze blüht und wächst zu allen
Zeiten gleich fort, so daß daran nie ein Mangel ist; während hie und da eine und
die andere von den Bewohnern weggenommen wird, wächst an ihrer Stelle alsbald
wieder eine junge nach. In voller Blüte verbreitet sie um sich herum einen
solchen Wohlgeruch, daß ihr euch davon auch nicht die allerleiseste Vorstellung
machen könnt, da es auf eurer Erde nichts ähnlich Wohlriechendes gibt, und es
ist eure Rose ein barer Modergestank dagegen.
[Sa.01_007,13] Eine solche vollkommen aufgeblühte Heilpflanze, wenn sie irgend
auf der Erde nur einmal zum Vorschein käme, wäre vermöge der Heftigkeit ihres
außerordentlichen Wohlgeruches imstande, ein ganzes Land, so groß wie eure Mark,
mit dem angenehmsten Duft zu sättigen; denn wäre es nicht so, wie könnte die
aromatische Heilkraft einer solchen Blume sogar in ferne Planetengebiete
hinausreichen. Daß sich dieses aber so verhält – darüber dürft ihr nur eine sehr
nerven-reizbare, seelenkranke Schläferin fragen, und sie wird es euch
unverhohlen sagen, wenn sie sich seelisch in die Wechselwirkung mit diesem
Planeten setzt, daß sie die gute Wirkung einer solchen Heilpflanze dieses fernen
Planeten gar wohltätig empfinde.
[Sa.01_007,14] Von den Bewohnern dieses Planeten wird diese Pflanze auf das
sorgfältigste bewacht und weniger gesammelt; denn sie finden ihre Stärkung
hauptsächlich in der Luft, welche solche Pflanzen umgibt. Nur wenn hie und da
eine solche Pflanze schon sehr alt geworden und dem Aussterben nahe ist, was sie
daran erkennen, wenn die Haare der Blätter anfangen weißlich zu werden, da
geschieht es, daß sie dann den Stamm sorgfältig absägen und an dieser Stelle
alsbald wieder den Samen über den Felsen ausstreuen. Der Same dieser Blume ist
sehr klein und gleicht mehr einem überaus wohlduftenden Staube als irgendeinem
Samen. Dieser „Staub“ wird von den Poren des Felsens eingesogen, und daraus
kommt dann hie und da wieder eine solche Pflanze zum Vorschein.
[Sa.01_007,15] Nur eines ist hier noch zu berühren, das ist, wie eine solche
Pflanze auf blankem Steine wurzelt. – Dieses geschieht so: Über den Felsen
breitet die Pflanze ihre Wurzeln weit und breit aus, nicht unähnlich eurer
sogenannten Steinflechte. Von diesen größeren, weitauslaufenden Flechtenwurzeln
bohren sich allenthalben eine zahllose Menge feinster Haarwurzeln in die
Steinporen hinein und halten den Stamm dieser Pflanze so fest an den blanken
Stein angeklebt, daß keines Menschen Kraft imstande wäre, einen solchen Stamm
vom Felsen zu reißen. – Es fragt sich nun, was saugen denn wohl diese Wurzeln
aus dem trockenen, harten Stein? – Die Antwort ist sehr leicht! Sie saugen
daraus eine Art Steinöl. – Wie aber entbinden sie dieses dem Stein? – Dies
geschieht durch die ihnen innewohnende Kraft, welche ein eigenes Schmelzfeuer
ist und sich kundgibt in kleinen, dem freien Auge unsichtbaren elektrischen
Fünkchen. Diese haben gerade so viel Kraft, um die anliegenden Atome des Steines
in ätherisches Öl aufzulösen, welches dann sogleich von den Wurzeln aufgesaugt
und immer geläuterter in den Stengel, in die Blätter und Blüte und endlich in
den ätherischen Samen geführt wird.
[Sa.01_007,16] Da habt ihr nun alles Wesentliche von dieser höchst merkwürdigen
Heilpflanze dieses Weltkörpers! – Erweckt auch hier ein wenig eure Phantasie,
und ihr werdet diese Blume nach dieser richtigen Darstellung wie mit eigenen
Augen anschauen können und euch so entzücken im Geiste an ihrer heilenden Kraft
und Pracht.
[Sa.01_007,17] Aber es ist das nicht die einzige Heilpflanze, sondern es gibt
deren noch eine große Menge verschiedenartiger, die heilend und wohltuend nicht
nur für diesen Planeten wirken, sondern ihre Wirkung auch ätherisch in andere
Planetengebiete fortpflanzen.
[Sa.01_007,18] Besonders bemerkenswert wären die sogenannten Metallpflanzen, die
dort mit dem Namen Kibri benannt sind. Denn durch diese Pflanzengattung gelangen
die Saturnbewohner ohne alle weitere chemische Feuerschmelz- und
Läuterungsverfahren zu den allergediegensten Metallen, welche auf den
verschiedenen Gebirgsgegenden in den herrlichsten Pflanzenformen hervorkommen.
Es gibt zwar wohl auch bei euch hie und da ganz metallische oder wenigstens
einiges Metall enthaltende Pflanzen; aber nirgends doch dürftet ihr eine Pflanze
antreffen, deren Wurzeln, Stengel und Blätter vollkommen gediegenes Metall
wären. Etwas Ähnliches vermöget ihr künstlich zu bewirken, wenn ihr ein
Stengelchen Zink in aufgelöstes Blei hängt, wodurch sich dann in kurzer Zeit der
sogenannte Saturnbaum bildet, auch Bleibaum genannt. Was ihr jedoch hier nur
mühsam künstlich bewerkstelligen könnt, und das noch dazu in der größten
einförmigen Armseligkeit, das wirkt dort die schöpferische Naturkraft vielfach
reich und großartig, frei ohne das geringste Hinzutun menschlicher Wissenschaft
– aus welchem Grunde die alten Weisen diesen Planeten Saturnus nannten; denn
Saturnus besagt soviel, als einen „gesättigten“ Stern, da „Saturn“ fast in allen
Grundsprachen Sättigung bedeutet.
[Sa.01_007,19] Seht, also gedeihen die Dinge auf diesem Planeten, der in jeder
Hinsicht ein reich gesegneter Weltkörper ist.
[Sa.01_007,20] Was nun ferner noch den eurem Erdkörper entsprechenden Graswuchs
betrifft, so ist dieser hier auch natürlich viel üppiger und großartiger als auf
eurem Planeten. Die Farbe des Grases ist durchaus blau, und zwar mehr ins
Violette übergehend. Die Samenstiele, die oft bei zwei Klafter hoch sich über
den Boden erheben, sind meistenteils blendend weiß, hie und da wohl auch ins
Grünliche übergehend. Und die Samenähren auf den Halmen sind häufig dann von
hellgrüner Farbe. Nach Verschiedenheit der Grasarten gibt es auch eine
außerordentliche Verschiedenheit sowohl in der Ähren-Formierung wie in der Farbe
und der Gestalt ihrer Blätter.
[Sa.01_007,21] Vorzüglich reichhaltig sind die dortigen Triften an den
mannigfaltigsten und prachtvollsten Blumen. Denn auf einer nur eine Quadratmeile
großen Wiese würde ein passionierter Botaniker mit der Zählung der Arten kaum in
fünfzig Jahren fertig werden.
[Sa.01_007,22] Besonders merkwürdig sind die dortigen sogenannten Briden. Das
sind Wiesenblumengattungen, die in einem Jahr ihre Blumengestalt bis zehnmal
wechseln. Denn so oft der höchste Mond des Saturn seinen Lauf vollendet hat und
ebenso die anderen Monde zu öfteren Malen, so oft auch wechseln solche Pflanzen
ihre Gestalt und nehmen erst dann wieder ihre frühere Form an, wenn all die
Monde wieder in eine schon früher einmal gehabte Stellung kommen, welches in
einem Saturnjahr ungefähr zehnmal geschieht; darum sie auch den schon
ausgesprochenen Namen haben, welcher soviel besagt wie Mondblumen.
[Sa.01_007,23] Nach all den Grasarten und Wiesenblumen-Gattungen sind auf dem
Planeten noch bemerkenswert die vielen Alpen-Moosgattungen, alldort Tirbi
genannt. Denn diese vergolden im buchstäblichen Sinne eine baumlose Gebirgshöhe
so herrlich, daß eine solche Gebirgshöhe beim Sonnenlicht kaum anzusehen ist.
Dieses Moos wächst in verschiedener Spielart außerordentlich dicht beieinander,
etwa eine Elle hoch über das steinige Gebirgserdreich, und sieht durchgehend wie
ein mit allen Farben vergoldeter Goldsandteppich aus, begleitet von den
herrlichsten Alpenwohlgerüchen. Der Alpenbesteiger findet sich daher dort
immerwährend in einer Wohlgeruchsluft, als so jemand von euch auf dem Libanon
des Morgenlandes in ein Wäldchen von lauter Balsambäumchen käme, wenn diese
gerade in der Blüte sind, bei welcher Gelegenheit dort auch jedem Sammler dieser
Blüten zu Mute wird, als befände er sich in den Vorhallen des Himmels.
[Sa.01_007,24] Die Gebirge dieses Planeten und ihre Höhe sind schon anfänglich
erwähnt worden. Nur ist dabei noch zu bemerken, daß dort selbst die höchsten
Spitzen noch irgendeiner Vegetation fähig sind, was bei eurer Erde vermöge des
notwendig niederen Luftstandes so gut wie unmöglich ist. Auch erheben sich die
dortigen Gebirge nicht so steil, sondern gleich regelmäßigen Pyramiden. Sie
laufen auch nicht in so ununterbrochenen Kettenreihen fort, sondern stehen über
dem Flachland wie bei euch auf irgendeiner gemähten Wiese die aufgeschichteten
Heuhäuflein und werden immer höher und höher gegen die Mitte des Landes zu, so
daß, wenn jemand den schon besprochenen höchsten Mittelberg des Landes ersteigt,
er über alle anderen Höhen bequem hinwegschauen kann.
[Sa.01_007,25] Die hie und da vorkommenden Felsen dieser Gebirge sehen nicht so
zerrissen aus wie bei euch, sondern steigen an einer oder der andern Seite des
Berges wie aneinandergereihte Zuckerhüte empor, von denen manche nicht selten
eine Höhe von dreißig- bis vierzig- und so weiter bis über hunderttausend Fuß
erreichen. Jedoch beschämt sie irgendein vollkommen ausgewachsener
Pyramiden-Baum, welcher nicht selten seinen Gipfel selbst über bedeutend hohe
Berge treibt. Ihr dürft nur die euch schon bekannte Angabe seiner Höhe mit der
von dem höchsten Berg in Vergleichung bringen, so werdet ihr es gar bald
einsehen, wie dieser Baum eher möchte ein wachsender Berg denn ein Baum genannt
werden.
[Sa.01_007,26] Dieses Land gehört auch zu den allergebirgigsten dieses Planeten.
Dessenungeachtet ist es aber auch gar wohl im Besitz von weitgedehnten Ebenen,
welche nach allen Richtungen von den schönsten, ruhig strömenden Flüssen
durchkreuzt sind und hinausfließen in das große Saturnmeer.
[Sa.01_007,27] Wie diese Ströme benützt werden und was an ihren Ufern noch für
Gewächse vorkommen, wird euch das nächste Mal mitgeteilt. Und darum für heute
Amen.
[Sa.01_008] – Die Schiffs-Pflanze „Chaiaba“. Deren Frucht – ein Schiff.
[Sa.01_008,01] Da wir uns schon über die Pflanzen dieses Landes unterhalten und
dessen mannigfaltige Baum- und Gesträuchgewächse betrachtet haben, so wird es,
bevor wir zu den Flüssen und Seen übergehen, nötig sein, noch eine Uferpflanze
kennenzulernen, welche allenthalben an den Flüssen und Seen, wie bei euch
ungefähr das Schilfrohr und andere Wasserpflanzen, häufig vorkommt. Es ist das
die sogenannte Schiff-Pflanze, Chaiaba genannt.
[Sa.01_008,02] Diese Pflanze gehört dort zu dem Geschlecht der Windgewächse und
somit auch zu dem Geschlecht der Kürbisse – nur mit dem Unterschied, daß, so oft
ihr über die Erdoberfläche fortlaufender Stiel einen gliederartigen Abschnitt
bildet, sich an einer solchen Stelle eine Menge weißlicher Wurzeln in die Erde
schieben und so derselben neue Säfte und Kräfte entsaugen, um sich auf diese
Weise desto lebenskräftiger und desto weiter und weiter nach allen Richtungen,
besonders längs der Ufer über der Erde dieses Planeten auszubreiten.
[Sa.01_008,03] Wie sieht dieses Gewächs denn aus, was bringt es für Früchte und
wozu werden dieselben verwendet? – Dieses Gewächs macht, wenn es aus der Erde
zum Vorschein kommt, zuerst einen hochmächtigen Aufschuß, fast in der Art wie
euer Schilfrohr, welches ihr zum Bau eurer gemauerten Häuser und namentlich für
die sogenannte Stukkatur verwendet. Der Stamm wird nicht selten fünfzehn bis
zwanzig Klafter hoch, wächst ohne irgendein Blatt gleich einer grüngoldnen
Stange in die Höhe. Nur am Ende hat es anfänglich einen blauen Knopf, welcher
nach und nach in eine eigentümliche Art Blüte aufbricht, welche genau das
Aussehen hat, als wenn ihr auf einem runden Obesliken in einem Kreis zehn
Kriegsfahnen von weißer und hellroter Farbe ausstecken möchtet.
[Sa.01_008,04] Diese Fahnen rollen sich von zwei Klafter langen, weißlichgelben,
geraden Stielen auseinander und hängen dann in der Vollreife vier bis fünf
Klafter von denselben flatternd herab. Diese Blüte, von diesem langen Stiele
ausgehend, ist so beschaffen, daß sie an und für sich schon die eine Gattung
Frucht dieser Pflanze ausmacht, welche darum auch nicht leichtlich mehr
verwelkt, sondern jahrelang solid und beständig verbleibt.
[Sa.01_008,05] Die Stange selbst oder eigentlich vielmehr der Stamm, der an der
Erde nicht selten einen Durchmesser von ein, zwei bis drei Ellen hat, ist
inwendig hohl, aber dessenungeachtet von einer metallischen Festigkeit. Wenn
diese Stange einmal zur halben Reife gediehen ist, schießen alsbald an der
Wurzel Auswüchse hervor, die sich behende und üppig an der Erde fortzuschlängeln
anfangen, und zwar ebenfalls auch in einem nur etwas blasseren Goldgrün. Aus dem
fortschlängelnden runden Stamm schießen an jeder Gliederung an hohen Stielen
große und breite Blätter hervor. Der Stiel dieser Blätter ist grünlichblau, rund
und hohl, in einer Länge von nicht selten ein, zwei bis drei Klaftern. Das Blatt
ist stumpf eiförmig und hat der Länge nach eine Ausdehnung von fünf und der
Breite nach von drei Klaftern. Seine Farbe ist so rot wie eure schönsten Rosen;
nur der Rand des Blattes ist bei zwei Ellen breit so gefärbt wie bei euch ein
schöner, heller Regenbogen aussieht. Die Oberfläche dieses Blattes glänzt wie
spiegelblank poliertes Gold, und besonders erglänzen in majestätischer Pracht
dessen Ränder. Die untere Seite oder Unterfläche ist ganz dunkelblau und behängt
von spannenlangen, wie die schönste Seide aussehenden Härchen, welche in der
Farbe eurem allerreinsten Indigo gleichen, nur sind sie etwas heller als diese
Farbe bei euch. Der Stiel dieses Blattes sieht ebenfalls grüngolden aus, d.h.
so, wie wenn ihr poliertes Gold mit einer dünnen grünen Farbe überziehen möchtet
– und ist ganz glatt und hat an dem Stamm nicht selten einen Durchmesser von ein
bis zwei Ellen. Da aber, wo er aus dem Stamm hervorragt, umgibt ihn eine Art
Spitzenkrone, etwa auf die Art, wie ihr bei euch eine sogenannte eiserne Krone
formet; nur sind dieser auslaufenden Spitzen mehrere und alle von vollkommener
Runde und von blendend weißer Farbe. Ungefähr beim dritten Absatz bricht dann
auf einem langen und starken Stiel eine merkwürdige Blüte hervor. Diese Blüte
gleicht ganz einer großen Turmglocke bei euch, die am breiten Rand einen
Durchmesser von vier bis fünf Klaftern und zuunterst (das ist an dem dünneren,
geschlossenen Teil) etwa von ein bis eineinhalb Klaftern hätte.
[Sa.01_008,06] Diese Blume wächst so vollkommen rund in allen ihren Teilen, wie
wenn sie der beste Drechsler gedrechselt hätte. Nur darin unterscheidet sie sich
von einer Glocke, daß ihr breiter Rand nach aufwärts von regelmäßig
aneinandergereihten ellenlangen Spitzen kammartig besetzt ist. Die Blüte ist von
hellgelber Farbe, die Spitzen aber sind hochrot.
[Sa.01_008,07] Aus der Mitte dieses Glockenkelches läuft eine blendendweiße
Säule, zweimal so hoch wie die Glockenblume samt den Spitzen, über den Rand
hinaus. Diese Säule ist der männliche Staubfaden, und die Spitzen am Rand sind
eigentlich die weiblichen Fäden an dieser Blume. Wenn der männliche Staubfaden
seine vollkommene Ausbildung erreicht hat, fängt er an, leuchtende Sternchen
auszustreuen, welche dann von diesen Randspitzen gleich elektrischen Funken
angezogen werden. Und dieser Akt ist die eigentliche Befruchtung dieses
Gewächses.
[Sa.01_008,08] Wenn nun die Befruchtung hinreichend vor sich gegangen ist, welkt
diese massive Blume und fällt ohne Veränderung der Form von dem Blütenstiele
herab und wird dann auch häufig gesammelt; denn da sie eine Polsterweiche
besitzt, wird sie zu allerlei Sitz- und Liegeeinrichtungen benützt. Die Spitzen
aber werden ihr abgelöst und ihrer Festigkeit wegen als Nägel benützt.
[Sa.01_008,09] Was kommt denn da wohl für eine Frucht zum Vorschein? – Ich sage
euch, die merkwürdigste von der Welt. Denn so albern es euch auch immer dünken
möchte, so ist es aber doch so, daß diese Pflanze am Ende ein förmliches Schiff
zum Vorschein bringt. Doch müßt ihr es euch nicht so denken wie etwa eure
Schiffe, welche untergehen können mit Mann und Ware. Bei diesen gewachsenen
Schiffen ist dies eine reine Unmöglichkeit, was ihr bald ersehen werdet, so euch
die Beschaffenheit der Frucht näher dargetan wird. – Nach dem Abfall der Blüte,
welche so wie bei euren Kürbissen eigentlich schon über der ersichtlichen Frucht
steht, fängt die Frucht an, sich sehr schnell und großartig zu entwickeln, und
zwar so, als wenn ihr euch ein großes Ei aus feinerem Blech machen ließet und es
dann von obenher eindrückt, nicht aber etwa einen Pol in den andern, sondern
einen Gürtel in den andern – jedoch so, daß die eingedrückte Wand die untere
nicht berührt, sondern zwischen beiden noch ein verhältnismäßig leerer Raum
bleibt.
[Sa.01_008,10] Nun übertraget diese Form auf unsere Frucht, welche eben auch in
dieser eingedrückten Eiform fortwächst und bei voller Reife nicht selten eine
Länge von dreißig bis vierzig Klaftern und eine Breite von fünfzehn bis zwanzig
Klaftern erreicht. Der Raum zwischen der eingedrückten oberen und unteren Wand
beträgt gewöhnlich ein, zwei bis zweieinhalb Klafter. Wenn die Frucht vollkommen
reif geworden ist, haben diese Wände jede für sich einen Durchmesser von zwei
bis drei Ellen und eine mehr denn metallische Festigkeit. In der Reife lösen sie
sich dann vom Stiele los, in welchem der eigentliche Same dieser Frucht
kreisförmig steckt. In der Frucht selbst ist gar nichts darin als eine sehr
feine Luftgattung, darum ist eine solche große Frucht auch so leicht zu heben,
daß dieselbe ein Kind mit geringer Mühe von der Stelle zu schaffen vermag. Der
Rand dieser Frucht ist mit einem eigens gearbeiteten Gesimse umgeben, welches
sich nicht selten bis zwei Klafter über die eigentliche Frucht hin ausbreitet
und ungefähr das Aussehen hat wie bei euch die Flossen eines Fisches; nur ist es
auf allen Seiten gleich strahlenförmig und elastisch fest, so daß da niemand
leichtlich vom selben etwas abzubrechen vermag.
[Sa.01_008,11] Nun seht, diese Frucht, wie sie ist, wird dann ins Wasser gesetzt
und als nicht leicht zerstörbares Schiff verwendet. Damit die Saturnbewohner
dieses Schiff aber nach Belieben auf der Oberfläche der Gewässer nach allen
Richtungen lenken können, benützen sie dazu die schon vorerwähnte Mittelstange,
vermöge welcher sie das Schiff so lenken wie ungefähr ihr eure Flußkähne. Nur
hat diese Stange den Vorteil, daß sie sehr leicht ist, und weil sie hohl ist,
ist es gar nicht nötig, mit derselben auf den Boden zu stoßen, sondern das
Wasser wird selbst zum gegenwirkenden Grund, denn der kubische Wasserinhalt wird
bald schwerer als der hohle Raum der Stange. Und so widersteht das Wasser selbst
dem Stoße mit einer solchen Stange. – Von dieser werden zuvor die schon
erwähnten Fähnlein abgesägt, welche die Bewohner dann auf eine zierliche Weise
um den Rand dieser Naturschiffe anzubringen wissen.
[Sa.01_008,12] Eine andere Art der Fortbewegung besteht darin: Die
Saturnbewohner nehmen die schon früher erwähnten schönen Blätter dieser Pflanze
und bilden daraus Segel, bei welcher Gelegenheit sie nichts anderes zu tun
haben, als daß sie ein solches Blatt samt dem Stiel und der unten befindlichen
Spitzkrone absägen und es mit einem klebrigen Saft einer anderen Pflanze
zwischen den aufgestellten Fähnlein am Rand des Schiffes so fest ankleben, daß
selbst ein Orkan eures Planeten dasselbe nicht abzubrechen imstande wäre. Auf
diese Weise ist das Schiff fertig und imstande zehn, im höchsten Notfalle bis
zwanzig Saturnmenschen zu tragen.
[Sa.01_008,13] Allein die Saturnmenschen verbinden künstlichermaßen auch mehrere
solche Schiffe miteinander und machen dann ein großes, zusammengesetztes Schiff
daraus, im Vergleich zu dem eure Linienschiffe ein reines Kinderspielzeug wären;
denn auf breiteren Strömen, Seen und Meeren werden nicht selten tausende von
solchen Schiffen miteinander verbunden. Über diesen Schiffen werden dann
leichte, wahrhaft wunderbar schöne Gebäude errichtet, so daß ein solches
schwimmendes Schiff eher einer bedeutenden Stadt gleichsieht als einem
eigentlichen Schiff.
[Sa.01_008,14] Nun habt ihr alles von dieser merkwürdigen Frucht! – Erwecket
auch hier ein wenig Phantasie und ihr werdet dabei sicher auf das angenehmste
überrascht werden. Das einzige ist noch beizufügen, nämlich die Farbe dieser
Frucht. Diese allein ist das Unansehnlichste; denn diese Frucht sieht geschuppt
aus wie die Haut eines Hechtfisches und ist auch von gleicher Farbe. – Und somit
für heute Amen.
[Sa.01_009] – Noch einiges von der Schiff-Pflanze. Die Ströme des Saturn und
deren gleichmäßiger Fall. Vom Kugelschalenbau des Saturn und aller andern
Weltkörper. Formenreichtum der Schöpfung. Die vier Hauptströme des Saturn.
[Sa.01_009,01] Da wir nun letztens die merkwürdige Schiff-Pflanze dieses
Planeten kennengelernt haben, bleibt uns nachträglich nur noch das Wenige zu
erwähnen übrig, wie häufig sie vorkommt und wieviel solcher (Schiff-) Früchte
eine solche Pflanze zum Vorschein bringt.
[Sa.01_009,02] Diese Pflanze kommt an den Flüssen, Seen und hauptsächlich an den
weitgedehnten Ufern des Meeres außerordentlich häufig vor. Und eine solche
Pflanze bringt in einem Saturnjahr zweimal Frucht, und das eine jede für sich
bei vier- bis fünfhundert Stück an der Zahl. Aber niemand hat auf diesem
Planeten oder vielmehr in diesem Land ein verwaltendes Eigentumsrecht auf sie,
sondern hier heißt es, wie bei euch ein alter Rechtsspruch lautet: Primo
occupanti jus! Wer also eine solche Pflanze oder mehrere benötigt, geht hin und
erntet. Und soviel er geerntet hat, ist sein Eigentum. Niemand macht ihm
dasselbe streitig, und zwar aus dem höchst moralischen Grunde, weil sich dort
jeder für den Geringsten und Kleinsten hält, was noch ferner bei der Darstellung
der Menschen näher auseinandergesetzt wird.
[Sa.01_009,03] Und so wollen wir nun einen Blick auf die Gewässer dieses
Planeten und besonders dieses Landes werfen.
[Sa.01_009,04] Es gibt in diesem Land einige tausend sehr große und breite
Ströme, welche fast ohne Ausnahme in der Mitte des Landes von dem schon
besprochenen höchsten Berg ihren gemeinschaftlichen Ursprung nehmen. Um solche
Möglichkeit aber einzusehen, müßt ihr euch den Fuß dieses Berges nicht etwa so
klein denken wie den eines Berges auf eurer Erde; sondern der Fuß dieses Berges
bedeckt nach allen Richtungen beinahe einen größeren Fleck als euer ganzes
Europa. Nun möget ihr allenfalls wohl begreifen, wieviel Quellen ein Riese von
einem solchen Berge in sich fassen möchte.
[Sa.01_009,05] Da dieser Berg bei aller seiner Höhe und Ausdehnung beinahe einen
vollkommenen Kegel bildet, der nur von den euch schon bekanntgegebenen hie und
da hervorragenden Felsen und auch von manchen durch die reichlichen Quellen
gebildeten Gräben verändert wird, so ist es wohl begreiflich, daß von einem
solchen Berg die entspringenden Quellen nach allen möglichen Richtungen ihren
Lauf nehmen, und wenn sie die Tiefe erreicht haben und von den zuströmenden
bedeutenden Quellen anderer Berge vergrößert werden, dann ruhig dem Weltmeere
zuströmen. Der Unterschied zwischen den Flüssen der Erde und denen dieses
Planeten besteht darin, daß sie alle einen gleich schnellen Fluß oder eigentlich
Fall haben, weil es dort nirgends ein sogenanntes Hochland gibt; sondern nur
Berge, mehr oder weniger breite Täler und auch weitgedehnte Ebenen, welche alle
ohne Ausnahme über den Meeresspiegel fast ganz gleich hoch erhoben sind. Und da
die Steigung der Länder vom Meer angefangen bis zum Mittelberg hin überall
gleich nur tausend Klafter ausmacht, so müssen vermöge dieser sanften Erhebung
auch alle Flüsse einen gleich schnellen Fall haben.
[Sa.01_009,06] Von all den vielen Flüssen und Strömen will Ich euch bloß auf
vier aufmerksam machen, weil diese die größten von allen sind und ihren Lauf bis
zum Meere hin so gerade fortführen, wie wenn ihnen das Bett nach der Schnur
gezogen worden wäre.
[Sa.01_009,07] Da, wo sie entspringen, sind sie schon breiter denn eure Donau,
wo diese ins Meer mündet. Und dem entsprechend nehmen sie an Breite ebenso
beständig zu. Wenn sie dann zum Meer gelangen, ist ein jeder dieser Flüsse etwa
zweihundert eurer Meilen breit. Nur darin unterscheiden sie sich von euren
Flüssen und Strömen, daß ihr Bett durchaus eine gleiche Tiefe hat; darum ein
solcher Strom nirgends tiefer oder auch seichter ist als gleich in seinem ersten
Anfang, das heißt da, wo er den Fuß des Berges verläßt. Denn wenn er hernach
auch mehrere andere Quellen aufnimmt, so wird er dafür nur breiter, aber nie
tiefer.
[Sa.01_009,08] Ihr denket euch jetzt freilich, wie ist das wohl möglich? – Und
Ich sage, es gibt keine leichtere Möglichkeit als diese. Denn wenn die Unterlage
ein überall durchaus gleich fortlaufender, unversehrter Steinboden ist, über
welchem eine gleich hohe Erdschicht gelagert ist, welche das Wasser nach und
nach hinwegräumt, wie soll denn bei solchen gleichartigen Verhältnissen
irgendeine Ungleichheit in der Tiefe des Strombettes entstehen?
[Sa.01_009,09] Damit ihr dieses euch jetzt noch unverständliche Verhältnis
(betreffend die gleiche Tiefe der Flüsse) desto aufmerksamer beachtet und
gründlicher versteht, ist es nötig, euch eine kurze Erwähnung von dem zu machen,
daß dieser Planet bei der allgemeinen euch bekanntgegebenen Weltenzerstörung,
welche ihr bei dem Falle Adams kennengelernt habt, insoweit, d.h. hinsichtlich
dessen, was von ihm noch übrig ist, in seiner Urbeschaffenheit unversehrt
geblieben ist – nur daß er vor dieser Zeit um vieles größer war.
[Sa.01_009,10] Wie groß er aber war, zeigt noch sein gegenwärtiger Ring. Denn
des äußeren Ringes Oberfläche war zuvor die Oberfläche dieses Planeten. Allein
in jener Zeit ist er gewisserart links und rechts (oder südlich und nördlich) so
abgeschnitten worden, daß durch solche Abschneidung die nördliche und südliche
Kappe gleich zwei großen Hohlschalen in den unermeßlichen Weltenraum
hinausgeschleudert worden sind, weil auf diesen beiden Teilen die arge Schlange
eine reichliche böse Brut ausgesetzt hatte. Nur der heiße Mittelstrich war noch
rein geblieben, darum er auch erhalten wurde zu einem immerwährenden
Denkzeichen, daß der große Weltenbaumeister einen Weltkörper auch erhalten kann,
wenn derselbe nicht mehr in seiner ersten planetarischen Vollkommenheit dasteht.
[Sa.01_009,11] Ihr möchtet nun wohl wissen, woher der gegenwärtige, viel
kleinere Erdkörper innerhalb des Ringes entstanden ist? – Und Ich sage euch,
machet eure Augen und Ohren weit auf, und ihr werdet dadurch einen starken Blick
nicht allein auf den eben zu besprechenden Planeten, sondern auf alle Weltkörper
werfen können. Dieser gegenwärtige Erdkörper im Ring war schon vor der Abkappung
vorhanden, wie es auch bei eurer Erde, wenn diese so abgekappt werden möchte,
ein und derselbe Fall wäre. Denn auch in eurer Erde steckt noch eine kleinere,
und in dieser kleinen wieder eine noch kleinere, welche miteinander nur durch
Luft, Wasser oder Feuer in Verbindung stehen. Dieser Planet Saturn ist
eigentlich schon die dritte Kugel, weil der Ring schon zwei (Kugeln) darstellt,
da er in zwei sich nicht berührende Teile vollkommen gespalten ist.
[Sa.01_009,12] Und so habt ihr bei dem Saturn also gewisserart die Gelegenheit,
einen Weltkörper anzuschauen, beinahe wie einen Apfel, den ihr in der Mitte
auseinandergeschnitten hättet. Die daselbst ersichtlichen Teile zeigen euch die
innere, mechanische Konstruktion eines Weltkörpers. Nur was den gegenwärtigen
Planeten selbst anlangt, so ist dieser freilich nicht sichtbar bis in sein
Zentrum. Aber es bleibt immer ein und dasselbe Verhältnis. Denn auch dieser
sichtbare Planet ist seinem Inwendigen nach ferner so gebildet, und zwar in
denselben Verhältnissen, wie sie ersichtlich sind von der Oberfläche des
äußersten Ringes bis zum gegenwärtig ersichtlichen Planeten selbst. So derselbe
wieder abgekappt würde, käme auf diese Art wieder ein noch kleinerer Ring unter
dem größeren zum Vorschein, innerhalb dessen sich dann wieder ein vollkommen
runder Erdkörper also frei schwebend befinden würde wie der jetzige im großen
Ring.
[Sa.01_009,13] Wenn ihr ein wenig nur eure Verstandes- und Gefühlskräfte erhöht,
wird euch solches mehr und mehr einleuchtend werden. Zugleich aber werdet ihr
daraus auch erkennen, wie leicht es Meiner Macht ist, einen solchen Weltkörper,
wenn es nötig ist, entweder zu verkleinern oder auch zu vergrößern.
[Sa.01_009,14] Könntet ihr all die Weltkörper in dem unendlichen Schöpfungsraume
besehen, wahrlich ihr würdet da auf Formen gelangen, welche euer Geist im
vollsten Licht aufzufassen nicht fähig wäre. Denn wenn schon ihr Menschen mit
euren beschränkten Geisteskräften euren mühsamen Schöpfungen eine bedeutende
Mannigfaltigkeit zu geben vermöget, so werde solches wohl Ich in Meinen großen
Schöpfungsräumen auch zu tun imstande sein. Und Meine große Phantasie wird doch
in dieser Hinsicht wohl sicherlich nicht, wie einige Gelehrte bei euch meinen,
vonnöten haben, zu euch in die Schule zu gehen und etwa gar einen sogenannten
ästhetischen Lehrkursus mitzumachen für notwendig finden.
[Sa.01_009,15] Wie phantasiereich aber euer Schöpfer ist – dafür mögen euch
schon all die Pflanzen, Tiere und Mineralien auf eurer Erde den freilich nur
allerkleinsten, geringfügigsten und magersten Beweis liefern. Auf unserem Saturn
werdet ihr schon etwas Mannigfaltigeres entdecken, und Ich sage, bei weitem mehr
noch in einer Sonne! Denn sind euch die Dinge im Saturn schon überaus wunderbar,
was werdet ihr erst sagen und was für Augen machen, so Ich euch einmal einen
Blick in die Sonne zu machen gestatten möchte! Jedoch jetzt sind wir noch auf
dem Saturn, und da ist noch sehr viel zu schauen.
[Sa.01_009,16] Denn wohlgemerkt, wir haben beim Saturn bei Nummer eins
angefangen, und ihr wißt, daß Ich immer wieder den besseren Wein zuletzt
auftische; nicht wie die schlechten Wirte bei euch, die mit dem ersten Glas die
Phantasie der durstigen Gäste berauschen und ihnen dann zuletzt, statt eines
besseren Weines, stark gewässerten Essig auftischen. Daher begreifet wohl, was
das von Mir aus bedeuten will, so Ich sage: Wir haben da bei Nummer eins
angefangen! – So wir mit unserem Weltkörper fertig sein werden, wird es in eurer
Phantasie und besseren Vorstellung sich wohl zeigen müssen, ob sie noch eines
höheren Schwunges fähig ist. Denn bei Mir nimmt das Höhere und immer Höhere bis
ins Unendliche kein Ende. Und es gibt da nirgends eine dritte
Vergleichungsstufe, sondern überall nur die zweite; das heißt, es steht immer
eines über dem andern und ist das eine herrlicher als das andere. – Und nirgends
gibt es ein Allerherrlichstes, welches nimmerdar übertroffen werden könnte von
etwas noch Herrlicherem; denn das unerreichbar Allerhöchste bin nur Ich selbst.
Wenn ihr aber schon so manche Herrlichkeiten der Weltkörper werdet betrachtet
haben, dann erst wird euch ein allerschwächster Blick in den Himmel gegönnt
werden. Und dieser Blick wird trotz seiner Schnelle die Herrlichkeiten, die euch
auf den Erdkörpern gezeigt wurden, gänzlich vergessen machen. Denn wenn Meine
Werke schon von unendlicher Erhabenheit sind in der toten, fixierten Materie,
wie werden sie erst sein im Geiste, da alles Licht und Leben ist!
[Sa.01_009,17] Jedoch für jetzt kehren wir wieder zu unserem Weltkörper zurück
und messen dort die Tiefe der Flüsse und Seen und auch die Tiefe der Meere. Und
wir werden mit einer und derselben Meßschnur, welche eine Länge von fünfhundert
eurer Klafter hat, überall zur Genüge auskommen. – Denn sehet, das Meer ist dort
beinahe überall bei fünfhundert Klafter tief, nur wird es regelmäßig gegen das
Land zu etwas seichter und seichter. Was aber die Flüsse betrifft, so ist ihr
Mittelbett überall gleich zehn Klafter tief und wird natürlichermaßen gegen das
Land zu seichter. Nur an den Mündungen fallen die Bette nach und nach so, daß
sie sich allmählich mit dem allgemeinen Bett des Meeres ausgleichen.
[Sa.01_009,18] Zufolge der Gleichförmigkeit und Tiefe der Bette der Flüsse und
Ströme geschieht es dann auch, daß ein jeder Fluß und Strom beinahe eine ganz
glatte Spiegelfläche dem erstaunten Auge darbietet, auf welcher sich die
benachbarten Gegenden, wie bei euch in einem sehr ruhigen See, auf das
Herrlichste abspiegeln, was besonders zur Nachtzeit einen überaus prachtvollen
Anblick gewährt, wenn all die nächtlichen Lichter aus solchen Flüssen einen
beinahe ungeschwächten Schein widerspiegeln.
[Sa.01_009,19] Was die vier genannten Hauptströme noch ferner betrifft, so
teilen sie dieses große Land von dem Mittelberge aus in vier Teile, so daß, wenn
jemand sich auf der Spitze dieses Berges befindet, er nach dem Lauf dieser vier
Hauptströme auch zugleich die Enden dieses großen Landes erschauen kann.
Freilich, ihr mit euren Augen würdet solches nicht vermögen. Aber die
Saturnmenschen können solches gar wohl, da ihr Auge an und für sich schon besser
sieht, als ihr durch eure allerbesten Fernrohre. – Dies ist bei ihnen auch
notwendig, denn so da jemand seinen Grund übersehen will, bedarf er tüchtiger
Augen, welche ungefähr imstande wären, von einem hohen Berg auf eurer Erde bei
allerreinster Luft euer ganzes Land mit Leichtigkeit zu überschauen. Diese
Saturn-Menschen haben ihre größte Sinnen-Stärke im Auge, ungefähr in dem
Verhältnis, wie sie bei euch ein Adler hat, welcher auch von der bedeutendsten
Höhe noch jedes Kleintier mit Leichtigkeit erschauen kann.
[Sa.01_009,20] Was die fernere Beschaffenheit dieser Flüsse und Seen wie auch
der Meere anbelangt, für ein nächstes Mal! Und somit für heute Amen.
[Sa.01_010] – Der Morgenstrom und seine Anwohner. Baumwohnungen der
Saturnmenschen. Deren naturbeherrschende Willenskraft und ihr Verkehr mit der
geistigen Welt. Unnütze Mission von Erdengeistern auf dem Saturn.
[Sa.01_010,01] Der eine der vier Hauptströme, der seine Fallrichtung genau gegen
den Morgen hat, ist der breiteste und am meisten bevölkerte. Ihr müßt aber hier
nicht etwa denken, daß an dessen Ufern so wie an euren Flüssen, Städte und
Festungen erbaut sind; denn auf dem ganzen Planeten ist dergleichen nirgends
anzutreffen.
[Sa.01_010,02] Die vorzüglichste Behausung der Saturnbewohner besteht in dem
euch schon bekannten Baum, unter dessen vielen Ästen und Stämmen eine ganze
Familie wohnt. Es leben aber die Bewohner ebenfalls geteilt, fast so wie bei
euch, da ein Teil in den Ebenen und vorzugsweise an den Ufern der Ströme wohnt;
ein anderer Teil aber wieder nur die Gebirge bewohnt. – So sind auch die Ufer
dieses Morgenstromes links und rechts ganz besonders häufig mit solchen Bäumen
besetzt, unter denen die Familien ihre bleibende Wohnung haben. Ich sage darum
„ihre bleibende Wohnung“, weil ein solcher Baum dort nicht so schnell ausstirbt,
sondern fort und fort wächst und sich vergrößert, so daß unter manchem dieser
Bäume eine Familie lebt, welche durch sich verzweigende Verwandtschaften nicht
selten zehn- bis zwanzigtausend Köpfe stark ist.
[Sa.01_010,03] Die Flüsse, besonders aber dieser Morgenfluß, erfüllen dortigen
Bewohnern ein vielfaches Bedürfnis, und zwar nach folgender Stufenordnung: Fürs
erste sind Saturnbewohner große Freunde vom Waschen. Nicht selten wäscht sich
einer am Tage sieben Mal. – Fürs zweite dient ihnen das Schwimmen zu einer
besonders stärkenden Belustigung; denn sie sind in diesem Fach allesamt große
Künstler auf dem Wasser, indem sie auf der Oberfläche nicht nur umherschwimmen,
sondern gar leicht auch umhergehen können. Darum sind sie auch imstande, alle
andern Schwimmkünste auszuführen – z.B. daß sie sich auf der Oberfläche des
Wassers ganz flach hinlegen, auf der Oberfläche sitzen oder sich auch nach
Belieben darauf herumdrehen können.
[Sa.01_010,04] Wollen sie untertauchen, so können sie solches auch; aber es geht
ihnen nicht viel leichter als den Gänsen bei euch, weil sie im Verhältnis zu dem
Saturnwasser um vierzig Prozent leichter sind als ihr im Verhältnis zu euren
Gewässern. Dieses Verhältnis könnt ihr schon daraus ersehen, daß, wie schon
einmal bemerkt wurde, sich diese Saturnbewohner auch mit Leichtigkeit in der
Luft frei erhalten können, besonders die jungen. Aber selbst die Alten können
von der größten Höhe ohne Beschädigung ihres Leibes herabspringen; doch tun sie
dieses nicht allzu gerne, weil sie nach solchen Luftpartien gewöhnlich von einem
unbehaglichen Schwindel ergriffen werden.
[Sa.01_010,05] Fürs dritte wohnen die Saturnmenschen auch darum gerne bei den
Wassern, weil dieselben, wie schon gesagt wurde, einen besonders herrlichen
Lichtschimmer zur Nachtzeit von sich geben. Und fürs vierte atmen die dortigen
Flüsse eine besonders angenehm kühlende Luft aus, wovon die Saturnbewohner
außerordentlich große Freunde sind. Und fürs fünfte wohnen sie wegen ihrer
Haustiere, die wir erst später kennenlernen werden, an den Ufern der Ströme,
damit dieselben leichter getränkt werden können. Auf den Bergen können die
größeren Haustiere oft kaum gehalten werden wegen Mangel an ausreichendem
Wasser, da die Quellen solcher Flüsse sich mehr in den unteren Teilen der Berge
befinden und die höheren sich dann begnügen müssen mit dem Regenbaum und jener
euch schon bekannten bewässernden Frucht. Das größte Haustier aber braucht oft
an einem Tag, nach eurem Maß gerechnet, nicht selten bei tausend Startinen
Wasser zu seiner Durstlöschung, was euch etwas rätselhaft klingen dürfte. Allein
diese Hauskuh übertrifft eure Elefanten so sehr an Größe, daß diese auf ihrem
Rücken gar leicht als Schmarotzertierchen herumsteigen könnten. Wegen der
außerordentlichen Nützlichkeit dieses Tieres aber bewohnen die Saturnmenschen
gerne die Ufer der Ströme, Flüsse und Seen, damit dieses nützliche Haustier
keinen Schaden leidet; denn es hat das Eigentümliche, daß es fünfmal mehr trinkt
als es frißt; was alles später, wenn wir erst eigentlich zu den Tieren kommen
werden, genau erörtert wird.
[Sa.01_010,06] Obschon diese Menschen hier keine Städte und ebenso keine Häuser
bauen, so wissen sie doch ihren euch schon bekannten Wandbaum so zierlich und
kunstvoll anzubauen, daß, so ihr einen solchen Wohnort ansehen möchtet, er euch
unaussprechlich schöner vorkäme als die größte Stadt bei euch, da ihr meinen
würdet, diese Bewohner führen ihre Mauern von blankem, poliertem Gold auf.
[Sa.01_010,07] Und fürs sechste wohnen die Saturnmenschen noch ihrer überaus
beliebten Schiffahrt wegen gerne an den Ufern der Ströme; denn sie betreiben
ihre Schiffahrt nicht so sehr des Eigennutzes, sondern vielmehr des Vergnügens
und der Gesundheit wegen. Auch wenn einige unter ihnen andere benachbarte,
weitliegende Inseln und Länder besuchen wollen, brauchen sie natürlicherweise
ihre überaus beliebte Schiffahrt.
[Sa.01_010,08] Ihr werdet euch fragen, wozu denn den Saturnbewohnern die
Schiffahrt dient, so sie ohnehin auf der Oberfläche des Wassers einhergehen
können? Da ist eine lösende Antwort nicht schwer. Die Saturnmenschen können wohl
unbelastet auf der Oberfläche des Wassers gehen; aber so sie nur etwas belastet
sind, sinken sie alsbald unter, da das Tragverhältnis des Wassers zum Menschen
gewissermaßen auf ein Haar berechnet ist. Und wenn sie auch auf dem Wasser
wandeln können, so ist solches Wandeln doch nur ein sehr langsames und
eigentlich auch behutsames und ist mit bedeutender Übung verbunden, viel mehr
noch als bei euch der Kunstlauf auf dem Eise. Dagegen können die Saturnbewohner
auf ihren vereinigten Schiffen ungemein schnell über die Oberfläche des Wassers
gleiten, so daß sie in einer eurer Stunden gar leicht einen Weg von dreißig bis
fünfzig Meilen zurücklegen. Und doch haben sie nirgends einen Dampfkessel, keine
Schaufel und auch kein Schaufelrad zur Hand, sondern die bewegende Kraft liegt
allein in ihrem festen Willen und unerschütterlichen Glauben, aus welcher
Ursache sie denn auch die Ränder ihrer Schiffe mit den schon bekannten
Pflanzenspitzen belegen, welche durch ihren Willen gleichsam magnetisiert werden
und demzufolge auch in jener Richtung das Fahrzeug hinziehen, wohin der Wille
der Schiffahrer den zum Ziel gesteckten Willenspol gesetzt hat.
[Sa.01_010,09] Seht, eine solche Triebkraft ist unfehlbar besser als die eurer
schauerlichen Dampfapparate, durch welche allzeit das natürliche Leben des
Menschen in einer immerwährenden Gefahr steht; und würde Ich durch schützende
Engel nicht Sorge tragen, fürwahr es würden durch die aufgelösten Wasserdämpfe
der Unglücke noch mehr geschehen als bis jetzt. Denn es ist nichts törichter,
als daß die Menschen sich der Naturkräfte bedienen, die sie nicht im geringsten
kennen. Denn da ist nicht genug, lediglich durch Erfahrung zu wissen, daß die
aufgelösten Wasserdämpfe eine große Druckkraft besitzen, sondern man muß auch
wissen, was hinter den aufgelösten Wasserdämpfen steckt und was eigentlich diese
große Druckkraft bewirkt.
[Sa.01_010,10] Tote Kräfte sind keine Kräfte; Kräfte aber, die wirken, sind
entbunden lebendig. Wer aber weiß es, wieviel Kraft die entbundenen Geister in
den Wasserdämpfen besitzen? Fürwahr, wenn sie von den besagten Engeln nicht
möchten im Zaume gehalten werden, da würden sich die sich viel einbildenden
Dampfmaschinisten gar bald überzeugen, auf was für hohlem Grund alle ihre
Berechnung ruht. Denn entbundene Geister von auch nur einer Maß Wasser könnten
im ungezügelten Zustand in einem Augenblick ganze Gebirgsketten in Staub und
Asche verwandeln; woraus ihr gar leicht ersehen könnt, wie viel himmlischen
Schutzes es da immerwährend vonnöten hat, daß die Menschen bei ihren törichten
Unternehmungen nicht allzumal verunglückend zugrunde gehen.
[Sa.01_010,11] Von solchen Narrheiten wissen die Saturnbewohner nichts und sind
dessenungeachtet ums Unvergleichliche weiser als alle die übergelehrten
Dampfbrüder und Meeresbezwinger auf eurem Erdkörper. Sie haben neben den vielen
Vorteilen auch noch diesen unschätzbaren, daß sie zu öfteren Malen in ihrem
Leben mit Mir persönlichen Umgang pflegen können, und so auch mit den Engeln des
Himmels, wodurch sie in ihrer Weisheit und Erkenntnissphäre auch nur in einer
kurzen Unterredung mehr gewinnen, als ihr durch all das oft mehr als überdumme
Gelehrtengeschwätz.
[Sa.01_010,12] Bei dieser Gelegenheit erwähne Ich euch auch im Vorübergehen, daß
nicht selten Geister von eurer Erde zu den Bewohnern des Saturns kommen, was
ihnen auch allezeit gestattet wird, besonders wenn es sie danach gelüstet. Da
geschieht dann, daß die Saturnmenschen diese gelehrt sein wollenden Geister gar
weidlich auslachen und ihnen ihren außerordentlich schlechten Glauben vorhalten,
vermöge welchem sie nicht einmal wissen, daß der Herr als Schöpfer des Himmels
und aller Weltkörper vollkommen ein Mensch ist. Denn solches wissen wohl die
wenigsten Menschen und auch die wenigsten Christen auf der Erde und machen sich
von Mir die allerlächerlichsten und unsinnigsten Vorstellungen, weshalb Ich bei
einigen sogar allerlei Gestalten annehmen muß.
[Sa.01_010,13] Bei den einen muß Ich angetan sein wie ein Hierarch, bei andern
wieder fast nackt auf einer Wolke sitzend und das Kreuz in der Hand haltend,
gewöhnlich zur rechten Hand des Hierarchen. Wieder andere stellen Mich in der
Gestalt einer fliegenden Taube dar, wobei Ich dann immer über den zwei untern
Personen, nämlich über dem Hierarchen und über dem nackten, kreuztragenden
Christus schweben muß. – Wieder andere versetzen Mich in alle drei zugleich,
wodurch Ich dann zu einem mathematischen Unsinn werde, da Ich in drei Personen
dargestellt werde, von denen nur zwei mit einer menschlichen Gestalt begabt
sind, die dritte nur mit einer tierischen; und wieder müssen diese drei
ungleichartigen Personen nur eine einzige göttliche darstellen, bestehend aus
einem Hierarchen, einem nackten Christus und einer Taube.
[Sa.01_010,14] Auf dem ganzen Saturn dagegen existiert nicht ein Mensch, der von
Mir irgendeine andere Vorstellung hätte als die, daß Ich ganz vollkommen ein
Mensch bin, wie ein anderer Mensch, nur mit dem Unterschied, daß Ich der
allervollkommenste Mensch bin, das heißt, ein Mensch, in dem die Fülle der
Gottheit wohnt leibhaftig (oder körperlich). Doch, so ihr solches nicht
verstehen möchtet, wendet euch nur zur Materie, die wird es euch sagen, woher
sie ist und was sie ist, und hat es euch schon gesagt. Daher wird euch nicht so
schwer werden zu verstehen, zu erfassen, was es heißt, daß in Mir, als in dem
vollkommensten Menschen, wohnet die Fülle der Gottheit leibhaftig (oder
körperlich).
[Sa.01_010,15] Seht, wenn dann die Bewohner des Saturn manchen aufgeblasenen
Geistern von dieser Erde mit so etwas kommen, werden diese ganz ärgerlich und
zornig und wollen sich rächend über die Saturnbewohner herstürzen und ihnen mit
Gewalt einen andern Glauben beibringen. Allein die Bewohner des Saturn bezeigen
sich dann alsbald so überaus demütig, dabei aber doch überaus fest in ihrem
Glauben, daß darüber den Geistern von dieser Erde vermöge ihres Hochmutes ganz
elend zumute wird, daß sie es nicht mehr aushalten können in der Sphäre der
Saturnbewohner und sich bald freiwillig entfernen.
[Sa.01_010,16] Solche Szenen auf diesem Weltkörper werde Ich euch erst dann
recht anschaulich vorführen, wenn wir die Schnee- und Eisregionen desselben
bereisen werden, wo sich die Geister der verstorbenen Saturnmenschen
hauptsächlich aufzuhalten und zu wirken pflegen. Denn solches müßt ihr wissen,
daß die Geister eines jeden Erdkörpers, besonders wenn sie noch nicht völlig
geläutert sind, sich noch zuallermeist auf dem Gebiet ihres früher im Leibe
bewohnten Planeten aufhalten.
[Sa.01_010,17] Jedoch für jetzt wollen wir davon nichts weiter sprechen, sondern
uns zu unseren Strömen zurückwenden.
[Sa.01_011] – Herrliche Uferlandschaften der Stromgebiete. Der Nordstrom. Der
Abendstrom. Der Mittagstrom.
[Sa.01_011,01] Wenn ihr euch so einen Strom recht vorstellen wollt, dann denkt
euch eine unabsehbare, ruhige Wasseroberfläche, welche sich nach einer geraden
Linie unermeßlich weit für euer Auge bis zum Meere ausdehnt. Denkt euch dazu
einen solchen Fluß noch in einer weitgedehnten Ebene fortfließen, welche nur hie
und da von regelmäßigen, euch schon bekannten Gebirgsgruppen unterbrochen wird.
Denket euch dazu die größte, üppigste Fruchtbarkeit dieser Ufergegenden! Denkt
euch zwischen den Bergen ganze Alleen der sogenannten Pyramidenbäume! Denket
euch noch all die schönen Gärten mit den euch schon bekannten Spiegelbaumalleen
wie auch ganze unabsehbare Wälder längs den Ufern solcher Ströme von dem
Trichterbaum und allen andern üppigsten Baum-, Gesträuch-, Pflanzen-, Kräuter-
und Grasarten; ja denkt euch noch die überaus merkwürdige Tierbevölkerung
solcher Ströme und all die großen, überaus mannigfaltigen, herrlichen
Wasservögel, welche da oft scharenweise über der weiten Oberfläche solcher
Ströme nach allen Richtungen umherfliegen und allesamt dem Willen des Menschen
untertan sind! Und denket euch in eurer Phantasie auch hinzu, daß sich bei den
Familien, besonders denen, die an den Ufern wohnen, nicht selten himmlische
Gestalten einfinden, d.h. Engel des Himmels, und mitunter, wie gesagt, auch Ich
selbst!
[Sa.01_011,02] Wenn ihr dieses alles zusammenfaßt, könnt ihr euch schon einen
annähernden Begriff von der großen Herrlichkeit einer solchen Stromufer-Gegend
machen. Dabei ist, wie schon gesagt, vorzugsweise der gegen Morgen fließende
Strom mit seinen weiten Ufern zu beachten. Nur müßt ihr euch die Sache nicht
etwa, besonders was die Vegetation anlangt, gleichsam „wie Kraut und Rüben“
chaotisch durcheinandergemengt vorstellen, sondern alles in der schönsten,
planmäßigen Ordnung. Denn da ist nicht nur für das tierische Bedürfnis durch
eine sozusagen hingeworfene Vegetation das Nötige getan, sondern es ist hier
auch von Mir aus gar wohl für eine bestens geordnete Zierlichkeit gesorgt, was
ihr schon ein wenig von der Beschreibung der Pflanzen und der sämtlichen
Vegetation habt abnehmen können.
[Sa.01_011,03] Wie aber dieser „Morgenstrom“ beschaffen ist, so sind auch die
übrigen drei Ströme beschaffen; nur haben sie nicht diese Breite, auch sind sie
nicht so stark bevölkert. Dessenungeachtet aber ist im Verhältnis die Pracht
nicht geringer als die am Morgenstrom.
[Sa.01_011,04] Derjenige Strom, der sich gegen den Norden ergießt, ist an seinen
Ufern zuallermeist das, was ihr „romantisch“ nennt. Denn weil sein Tal nicht
selten von Bergen beengt wird, zeigt der Anblick auf der ganzen Gebirgsseite
eine Unzahl von himmelhohen, blendend weißen Felsentürmen, welche nicht selten
mit der schon beschriebenen Heilpflanze geschmückt sind, deren vorzüglicher
Standort hier ist, obschon sie auch anderwärts, nur nicht so häufig, vorkommt.
[Sa.01_011,05] Auch hier stellt euch wieder die belebten Ufer wie am Strom des
Morgens mit allem dort Besagten vor; nur die sogenannten Pyramidenbaum-Alleen
lasset hinweg, weil dieser Baum wegen des etwas steinigeren Bodens hier nicht
gut fortkommt – so habt ihr auch von diesem Strom und dessen Ufern ein
vollkommenes Bild.
[Sa.01_011,06] Der Strom gegen Abend (Westen) aber ist berühmt seiner vielen
harmonisch singenden Vögel wegen. Wenn es euch möglich wäre, einen Abend dort
zuzubringen, so dürftet ihr durch ein solches Konzert so verwöhnt werden, daß
euch darauf eure Musik nicht anders vorkommen möchte, wie bei euch selbst nach
einem herrlichen Konzert oder einer großen Symphonie eines wohlbewährten
Tondichters (z.B. eines Händel) ein Gequak von Fröschen in einer Lache.
[Sa.01_011,07] Seht, folglich bin Ich dort sogar ein Musiklehrer der Vögel! Und
ihr könnt versichert sein, daß eure besten Sänger, wenn sie nur einmal einen
solchen befiederten Sänger dieses Planeten hören könnten, gewiß in ihrem ganzen
Leben sich nicht mehr einen Ton zu singen getrauen würden. – (N.B. Die Musik ist
auch bei den Bewohnern des Saturn ein ganz vorzügliches Eigentum, nur haben sie
überhaupt keine Musik-Instrumente. Aber sie sind desto vortrefflichere Sänger,
mit welcher Gabe sie auch bei ihrem Gottesdienst Mich lobpreisen und Mir danken
– was alles euch bei der eigentlichen Schilderung der Menschen und ihrer
Verhältnisse dargestellt werden wird.)
[Sa.01_011,08] Der Strom gegen Mittag (Süden), ist wieder wegen seines
Wasserglanzes überaus berühmt. Denn die Oberfläche des Wassers schimmert hier
besonders am Tag beständig wie bei euch große, schöne, wohlgeschnittene
Diamanten, was daher rührt, daß dieses Wasser, besonders an der Oberfläche, von
ungemeiner Reinheit ist. Es sind zwar alle Gewässer dort reiner als bei euch das
Wasser aus der reinsten Quelle; aber das Wasser dieses Stromes ist also rein,
daß man jeden Gegenstand auf dem tiefsten Grund desselben wie in ganz
ungeschwächtem Licht erschauen kann. Aus diesem Grund schimmert denn auch die
Oberfläche besonders bei einer kleinen Wellenbewegung so überaus herrlich, daß
ihr euch von dieser großen Pracht durchaus keinen Begriff machen könnt; denn ein
Regenbogen bei euch ist dagegen etwas Allereinfachstes.
[Sa.01_011,09] Aber was die Bevölkerung der Ufer dieses Stromes anlangt, so ist
sie gewisserart die ärmste, und zwar aus dem Grunde, weil da die Vegetation
nicht so gut fortkommt wegen des zu harten Wassers. Obschon das Wasser ungemein
rein ist, so ist es aber doch härter als das Wasser der übrigen Ströme, was auch
auf eurer Erde der Fall ist, da auch hier, je reiner und kälter irgendeine
Quelle ein Wasser zutage fördert, dasselbe auch desto härter und unfruchtbarer
ist. Aber deswegen müßt ihr euch nicht denken, daß die Ufer dieses Stromes darum
etwa wüste aussehen; sie sind dessenungeachtet noch viel üppiger als die
fruchtbarsten auf eurer Erde; nur stehen sie auf diesem Planeten besonders den
Ufergegenden am Morgenstrome nach.
[Sa.01_011,10] Und so hätten wir von unserem Mittelberg die vier Hauptströme
angeschaut. Doch das sind nicht allein die bewohnten und belebten Gegenden
dieses Planeten, sondern es sind die Berge nicht minder bewohnt wie auch die
Ufer all der übrigen Flüsse, welche teils in verschiedenen Krümmungen dem Meere
zuströmen, größtenteils sich aber auch in die schon obengenannten vier
Hauptströme oder in andere Nebenströme ergießen.
[Sa.01_011,11] Nun bleiben uns nur noch die dortigen vielen und großen Landseen
zu schildern übrig. Was ihre Zweckmäßigkeit und ihre Pracht anlangt, wie auch
die Bewohnbarkeit ihrer weitgedehnten ebenen Ufer – dies bei einer nächsten
Gelegenheit! – Für heute Amen.
[Sa.01_012] – Die Landseen des Saturn. Deren herrliche Landschaften und starke
Uferbevölkerung. Verbindungsarme mit Flüssen, Strömen und andern Seen.
Steinkegel-Gruppen als Vergnügungsstätten. Schwanenfahrt.
[Sa.01_012,01] Was die schon gestern erwähnten Landseen betrifft, so sind diese
ganz verschieden von den Landseen auf eurem Erdkörper, welche bei euch
unregelmäßig tiefe, stehende Wasseransammlungen sind. Auch auf dem Saturn
sammelt sich in den etwas vertieften Ebenen das Quellwasser, welches von allen
Seiten den Bergen entströmt. Allein diese Seen haben immer nur ein viel
seichteres Bett als die Flüsse. Selten ist eines Landsees Bett tiefer als
höchstens vier, fünf bis sechs Klafter, was auf dem Saturn soviel als sehr
seicht heißt, da ein jeder Mensch des Saturn einen solchen See vermöge seiner
geringen Tiefe sehr leicht so durchwaten kann, daß ihm das Wasser kaum auf den
halben Schenkel über das Knie heraufreicht, manchmal kaum bis ans Knie. Aber
dessenungeachtet ist es doch wieder tief genug, um die euch schon bekannten
Schiffe vollkommen tragen zu können.
[Sa.01_012,02] Es fragt sich nun, was sind eigentlich die Seen auf diesem
Planeten? – Sie sind im Grunde nichts anderes, als was bei euch künstlich
angelegte Kanäle sind. Und ein solcher Landsee hat nicht selten bis hundert
Ausläufer oder ziemlich breite Abströmungen in verschiedene andere Flüsse, so
daß man auf dem Wege solcher Landseen gar bequem zu Wasser in alle die vier
Hauptströme gelangen kann, und das auf folgende Art: Wenn z.B. zwischen dem
Morgen- und Mittagstrom sich irgendein solcher See befindet, so hat er bestimmt
einen oder auch mehrere Ausläufer in den Morgen- und ebenso auch wieder in den
Mittagstrom. Ebenso befindet sich dann auch wieder irgendein solcher Landsee
zwischen dem Mittag- und Abendstrom und also zwischen dem Abend- und
Mitternachtsstrom und zwischen dem Mitternacht- und Morgenstrom. Und so ist die
Verbindung zu Wasser nicht nur etwa einmal, sondern hundertmal bewerkstelligt.
Wie aber die Verbindung vermittelst solcher Landseen mit den Hauptströmen
bewerkstelligt ist, so ist sie auch bestellt zwischen all den kleineren Flüssen
und Strömen, so daß kein Fluß und auch beinahe kein See auf diesem ganzen großen
Land irgendwo besteht, zu dem man nicht von überall leicht zu Wasser gelangen
könnte.
[Sa.01_012,03] Diese Landseen sind nicht selten von bedeutender Ausdehnung, und
der geringste ist so groß wie auf eurem Erdkörper der sogenannte Kaspische See
in Asien. Es gibt aber noch einige, die von einer viel größeren Ausdehnung sind,
so zwar, daß sie es mit der Fläche des Mittelländischen Meeres aufnehmen
dürften. Allein solcher sehr großen Seen gibt es nicht gar zu viele, und sie
sind vorzugsweise nur auf dem Meere nähergelegenen Gebieten zu finden. Aber
kleinere Landseen, besonders gegen des Landes Mittelpunkt hin, gibt es eine
große Menge; denn es besteht auf diesem ganzen großen Landgebiet keine nur
einigermaßen weitgedehnte Ebene, in deren Mitte sich nicht irgendein bedeutender
Landsee befinden möchte, aus welchem Grunde die überaus herrliche Aussicht von
irgendeiner Höhe nach eurem Ausdruck so malerisch schön wird, daß ihr euch auf
der Erde wohl sehr schwer einen treffenden Begriff machen könnt.
[Sa.01_012,04] Denn gibt es auch hier (auf eurer Erde) Seegegenden, so sind aber
doch die Seen unregelmäßiger und gewisserart zufälliger Form, und ebenso ist
auch ihre Umgebung, da bald irgendein verwitterter Fels oder ein waldiger
Berggrund oder eine schmutzige Ebene und dergleichen andere, nicht vielsagende
Dinge unförmlich die Fläche des Wassers beufern. – Aber nicht also ist es auf
dem Saturn! Denn da haben die Landseen stets mehr oder weniger eine vollkommene
eirunde Form, von welcher sich dann nach allen Seiten noch bedeutend breite
Ausmündungen entweder in andere Landseen oder Flüsse und Ströme gleichsam
ausstrahlen. Nun denkt euch einmal so eine ruhige Wasserfläche im geringsten
Durchschnitt mit einer Oberfläche von wenigstens zehn bis hundert, von hundert
bis tausend und tausend bis nahe dreißigtausend Quadratmeilen nach eurem Feldmaß
– so möget ihr euch schon einen Begriff von der Majestät eines solchen Landsees
machen. Nehmt noch von einem solchen Landsee die vielen breiten Ausströmungen in
meistens gerader Richtung, so werdet ihr die Majestät eines solchen Landsees
noch deutlicher erkennen, besonders wenn ihr annehmt, daß selbst solche
Ausmündungen nicht selten eine, zwei, drei und so fort bis vierzig Meilen breit
sind.
[Sa.01_012,05] Aber nicht nur die Ausdehnung allein ist es, was die Majestät
solcher Seegegenden erhöht; vorzüglich sind es die Ufer, die um diese Landseen
sehr stark bevölkert sind. Denn die Pracht der dortigen Vegetation entwickelt
sich nirgends in so großartiger Entfaltung wie eben an den Ufern solcher Seen.
Besonders sind da die euch schon bekannten Pyramidenbäume zu Hause, welche nicht
selten, wenigstens für euch betrachtet, eine rätselhafte Höhe erlangen und mit
ihren Wipfeln oft über ziemlich bedeutende Berge hinausragen.
[Sa.01_012,06] Zur Verschönerung der Ufer wird natürlicherweise von den
Bewohnern die bekannte „Schiffspflanze“ sehr häufig angebaut. Hinter den großen
Äckern aber, wo die Schiffspflanzen wachsen und gedeihen, werden gerne die
sogenannten „Wandbäume“ angebaut und gezogen, die nicht selten zu einer
bedeutenden, das schon angegebene Maß überragenden Höhe emporwachsen. Denn an
einigen Ufergegenden wird die goldene Wand solcher Bäume oft fünfhundert Klafter
hoch. Dieses bewirken die Einwohner dort durch eine Kunstfertigkeit, die in
einer Art Pfropfen besteht, und zwar darin, daß sie dann, wenn die Wandbäumchen
ungefähr ein paar Klafter aus der Erde gewachsen sind, dieselben abschneiden und
in die gemachten Spalten Reiser von denselben Wandbäumchen hineinpfropfen und
mit Erde verstreichen, wodurch dann bei fortgesetztem Wachstum der Stamm dieses
Baumes schon um die Hälfte verlängert wird. Und solches treiben sie so lange wie
nur möglich fort und bringen als herrlichen Schmuck einer Ufergegend einen
solchen Baumstamm zu der erstaunlichen, seine gewöhnliche Natur bei weitem
überragenden Höhe. Hinter solchen Wänden wird vorzugsweise auch der sogenannte
säulenartige „Allerlei-Baum“ gepflanzt, den ihr schon kennet und welcher vermöge
seiner außerordentlichen Mannigfaltigkeit nicht wenig zur Ausschmückung der sich
immer mehr erhöhenden Ufergegenden beiträgt.
[Sa.01_012,07] Daß es natürlicherweise auch hier beinahe keine anderen Wohnungen
gibt als den bekannten ersten Hauptbaum, ist schon bei der Schilderung der
Bevölkerung am Morgenstrom hinreichend dargetan worden, wo Ich gezeigt habe, daß
es da nirgends eine Stadt noch eine Festung noch andere Wohngebäude gibt als
allein diesen Baum. Nur ist von diesem Baum an den Seeufergegenden noch das zu
bemerken, daß er an Größe und Ausdehnung die andern seinesgleichen, die an den
Flüssen, den Strömen und auch an den Bergen wachsen, um vieles übertrifft und
somit auch einer desto zahlreicheren Familie zum Wohnhause dient.
[Sa.01_012,08] Alle die übrigen Bäume, Kräuter, Pflanzen und Gräser werden hier
nicht minder in guter Ordnung sorgsam gepflegt. Und so sieht eine solche
Uferpartie im eigentlichsten Sinne des Wortes einem vollkommenen Paradiese
gleich. Aber ihr müßt euch nicht vorstellen, daß an solchen Ufergegenden alle
fingerlang ein solcher Hauptbaum steht, der dort nahezu das alleinige Wohnhaus
ist; sondern so ihr von einem solchen „Wohnhause“ bis zum nächsten hinreisen
möchtet, da dürfte euch die Zeit ziemlich lang werden. Denn die geringste
Entfernung von einem bis zum andern Baum beträgt wenigstens zehn bis zwanzig
Meilen, manchmal aber auch fünfzig bis hundert Meilen, da die Gründe, wie schon
anfangs erwähnt, dort nicht selten so groß sind wie euer ganzes Land. Und da
wachsen auf einem solchen Grund selten mehr als nur ein Baum und höchstenfalls
fünf bis zehn solcher Bäume, welche nur dann vermehrt werden, wenn eine Familie
unter einem Baum nicht mehr Platz hat. Aus solchem Grund wird dann zur Bewohnung
der verwandten überzähligen Familie irgendwo in der Nähe ein weiterer Baum
angepflanzt.
[Sa.01_012,09] Durch solche Familienversetzung werden dann auch die Gebirge
bewohnt, was zwar die Saturnbewohner nicht gar zu gerne tun. Denn ehe jemand
seinen Wohnbaum auf einem Berg anpflanzt, wendet er vorher alles Mögliche an, um
irgend an einem Ufer eine Stelle ausfindig zu machen, wo er seinen Wohnbaum
hinpflanzen kann. Nur wenn dergleichen gar nicht mehr möglich ist, wird auf die
Berge gezogen, wobei dann auch diejenigen Gegenden der Berge aufgesucht werden,
die in ihrer Nähe eine oder mehrere Wasserquellen besitzen oder wo wenigstens
der Regenbaum und die Bewässerungspflanze gedeihlich fortkommen. Freilich können
die Bewohner dort auf den Bergen keine große Kuh mehr halten, die ihnen eine
warme Milch gäbe, und müssen sich dafür mit der weniger süßen Milch der dort
häufig vorkommenden zahmen Gebirgsziege begnügen.
[Sa.01_012,10] Wenn sie die Milch von einer großen Kuh genießen wollen, bleibt
ihnen nichts übrig, als sich in die Ebene zu ihren Anverwandten zu begeben und
da entweder durch den Austausch mit heilsamen Gebirgskräutern oder durch
irgendeine hilfreiche Arbeit solche kostbare Milch gewissermaßen durch
Dienstleistung zu gewinnen. Da füllen sie dann die euch schon bekannten Gefäße
und gehen oder fahren damit nach Hause. Ihr werdet euch wohl noch des schon
früher erwähnten Wagens erinnern, der auf eine leichte Art verfertigt wird aus
der euch schon bekannten Bewässerungsfrucht und welcher bei den Bewohnern der
Ebenen auch nicht selten das „Gebirgsschiff“ genannt wird.
[Sa.01_012,11] Obschon aber solche Wohnbäume nach eurem Maß sehr weit
voneinander entfernt liegen, so sind sie für den Saturnmenschen nahe genug
beisammen, da der Saturnmensch seines Nachbars Wohnbaum trotz der großen
Entfernung vermöge seines scharfen Auges noch allezeit sehr gut ausnehmen kann –
und ihm seine langen Beine so zu Diensten stehen, daß er eine Entfernung von
etwa zehn Meilen mit der größten Leichtigkeit im Zeitraum einer Viertelstunde
durchschreiten kann. Und ist irgendein nachbarliches Haus weiter entlegen, da
wird zu Schiffe gewandelt. Wie schnell da eine weite Reise zurückgelegt wird,
ist schon bei der gestrigen Mitteilung erwähnt worden.
[Sa.01_012,12] Es bleibt jetzt nur noch zu erwähnen übrig, ob das Wasser solcher
Landseen steht oder fließt. – Es ist schon gesagt worden, daß das Wasser der
Seen kein stehendes, sondern ein fließendes ist. Aber es ist so strömend, daß es
nach allen möglichen Richtungen fließt; nur ist die Fallbewegung etwas geringer
als auf den Flüssen und Strömen. Jedoch müßt ihr euch das Strömen eines solchen
Sees so vorstellen, daß das Wasser von seinem Mittelpunkt aus nach so vielen
Richtungen strahlenförmig ausfließt, wie es Arm- oder Seitenkanäle hat, durch
welche es sich so mit dem Wasser anderer Landseen, Flüsse oder Ströme verbindet.
– Aber auch hier muß wieder ein Unterschied gemacht werden. In jenen Kanälen,
vermöge welcher es sich mit andern Landseen verbindet, fließt das Wasser so, daß
es z.B. auf dem linken Ufer von dem See A in den See B sich ergießt; dort wie
mit einem langgedehnten Wirbel sich mit dem Wasser des Sees B dadurch
austauschend, macht es am rechten Ufer wieder eine rückgängige Bewegung, so daß
ein Schiffer am linken Ufer von dem See A gegen den Morgen fahren, während ein
anderer am rechten Ufer von dem See B in den See A mit der wiederkehrenden
Strömung des Wassers gelangen kann. Eine solche Wasserbewegung dürften eure
Wasserbaukünstler wohl schwerlich zuwege bringen. – Was jene Ausflüsse
anbelangt, die von einem See in einen Fluß oder Strom laufen, so haben diese
keine Gegenbewegung, sondern fließen entweder von einem See in einen Fluß hinaus
oder aber auch von einem Fluß in einen See hinein. Dies erschwert jedoch die
Schiffahrt auf keinen Fall, weil alle Wasserbewegungen dort nur sehr ruhig sind
und der schnellste Fall in einer Minute nicht mehr als höchstens zehn Klafter
zurücklegt, bei ruhiger Strömung oft nur fünf bis ein Klafter. Auch ist die
Bewegung des Wassers nicht der Schiffahrt wegen bewerkstelligt, sondern allein
der Bewegung selbst willen, damit die Gewässer nicht faul werden und
immerwährend durch solche kleine Bewegung einen wohltätigen Lebensaushauch
bewirken.
[Sa.01_012,13] Was die Majestät solcher Seen noch ums bedeutende erhöht, sind
die vielen weißen Steinkegel, die besonders in der Mitte solcher Seen häufig
vorkommen; das besonders aus dem Grunde, weil das Wasser eines Sees in der Mitte
natürlich am ruhigsten ist und daher auch am leichtesten in die Fäulnis
übergehen könnte. So ist dafür ganz vortrefflich gesorgt durch diese Steinkegel,
an welchen das Wasser immerwährend eine kleine Brandung erregt, sich dadurch
reibt und wieder auffrischt durch die Erweckung der ihm innewohnenden
Elektrizität. Auch sind diese Kegel nicht selten mit der euch schon bekannten
Heilpflanze bewachsen, welche durch ihre außerordentlich wohlduftende,
ätherische Lebensaushauchung die Oberfläche eines solchen Sees unendlich
erquickend machen, darum auch von den Saturnbewohnern sehr häufig zu solchen
Kegeln hingeschifft wird.
[Sa.01_012,14] Besonders herrlich nehmen sich oft ganze Gruppen von Tausenden
solcher Kegel aus. Wenn ihr sie sehen könntet, ihr würdet glauben, eine der
größten Städte auf dem Wasser zu erblicken, gegen die euer Venedig eine wahre
Kinderspielerei wäre; denn ein solcher Steinkegel hat nicht selten einen Umfang
von zwei bis drei Meilen und eine Höhe von zwei-, drei- bis viertausend Klafter.
Da wäre auf einem abgestumpften Kegel hinreichend Platz, um eine große Stadt
darauf zu bauen. Nun denket euch erst eine Gruppe von solchen Kegeln, so könnt
ihr euch schon einen Begriff von der Größe einer solchen See-Kegel-Stadt machen.
[Sa.01_012,15] Die Saturnbewohner verwenden auch recht viel Fleiß darauf, den
einen oder den andern Kegel durch ihren Meißel bewohnbar zu machen, oder hauen
Stufen in denselben bis zur Spitze hinauf und vergnügen sich auf solchen
zubereiteten Kegeln oft tagelang. Sehr große Kegel werden oft so ausgemeißelt,
daß sie dadurch mehrere Stockwerke bekommen, die bewohnbar sind. Den Aufweg zu
den höheren Stockwerken bewerkstelligen die Saturnmenschen durch eine Art nach
außen herum ausgehauener Wendeltreppe, über welche sie dann in ein höheres
Stockwerk gelangen können. Zu solchen Wohnungen aber bearbeiten sie nur die
pflanzenlosen Kegel. Denn einen bepflanzten Kegel halten sie für eine Art
Heiligtum und würden der Meinung sein, sich geradezu zu versündigen, so sie den
Meißel an einen solchen Kegel ansetzen würden, wenn sie nicht dann und wann von
Engelsgeistern darüber belehrt würden, daß es durchaus keine Sünde, wohl aber
eine Unklugheit sei, so sie eine solche edle Pflanze durch ihren Meißel
verderben würden. Und so lassen dann die Bewohner des Saturn solche bepflanzten
Kegel im Wasser aus kluger Bescheidenheit verschont. – Die Spitzen und Kanten
der bewohnbar zugerichteten Kegel aber werden auf das geschmackvollste mit
allerlei Blättern und den euch schon bekannten Fahnen geziert. Und so sieht eine
solche Kegelgruppe in der Mitte eines ruhigen Wasserspiegels selbst für die
Saturnbewohner ungemein herrlich aus. Euch würde ein solcher Anblick auf längere
Zeit ganz verstummen machen.
[Sa.01_012,16] Was die Schönheit einer solchen Wassergegend oder vielmehr
Wasserkegelstadt noch mehr erhöht, sind die vielen Schiffe, die sich hier
aufhalten, und dadurch der lebhafte Familienverkehr; ferner aber auch die Menge
der verschiedenfarbigen, großen Schwimmvögel, welche, den Schwänen gleich, die
Spiegelfläche des Wassers zwischen diesen Steinkegeln beleben und durch ihren
mannigfaltigen Gesang weitgedehnte Wasserpartien beleben. Diese Vögel müßt ihr
euch nicht etwa von der Größe eurer Schwäne vorstellen, sondern da ist ein
solcher Vogel oft so groß wie ein kleines Schiff; darum auch die Saturnbewohner
sich nicht selten des Vergnügens wegen auf den Rücken solcher Schwimmvögel
setzen und sich so eine Zeitlang nach allen Richtungen schnell herumtragen
lassen. – Diese Vögel richten die Saturnbewohner auch nicht selten als
Wasserzugtiere ab und spannen sie vor ihre Schiffe. Und es sieht dann eine
solche Seereise nach eurem Ausdruck ganz märchenhaft aus, wenn vor einem Schiffe
einige hundert solcher Vögel vorausschwimmen und das Schiff nach sich ziehen.
Allein eine solche Schiffahrt gehört doch nur zu den Vergnügungen und wird nicht
im Geschäftsstile angewendet; denn der Saturnbewohner ist zu mitleidig gegen
alle Geschöpfe, als daß er sie zu einem harten Dienst verwenden möchte, da er
ohnedies mit der Kraft seines Willens und seines Glauben überall auslangt.
[Sa.01_012,17] Das ist nun alles von den Landseen – bis auf das Tierreich und
namentlich auch auf die oft wunderbar gestalteten Wassertiere, davon nächstens
angefangen wird. – Erwecket auch hier ein wenig eure Phantasie, und ihr werdet
der Wunder hinreichend erblicken. Und daher für heute Amen.
[Sa.01_013] – Die Meeresufer auf dem Saturn. Gefahr durch Sturmfluten. Monde und
Ring als Fluterzeuger. Die untersten Meertiergattungen. Die blaue Riesenmuschel.
[Sa.01_013,01] Nachdem wir nun das Land so ziemlich kennengelernt haben
hinsichtlich alles dessen, was die Bildung des Landes selbst anbelangt und auch
die reiche Vegetation und die Gewässer und wie alles dies dienlich ist zu seinem
guten Gebrauch – so wollen wir uns nun aus dem Reich der
elementarisch-metallischen Vegetabilien- und Wasser-Sphäre, welche die erste
Unterlage des Tierreiches ist, zum Reiche der Tiere selbst wenden.
[Sa.01_013,02] Bevor wir uns aber zu den eigentlichen Tieren selbst wenden, wird
es noch notwendig sein, ein wenig die Meeresufergegenden, als die Hauptbehausung
des allermannigfaltigsten Tierreiches, zu besichtigen. Auf eurer Erde sind die
Meeresufergegenden mit seltener Ausnahme diejenigen Teile der Ländereien, welche
zumeist bevölkert sind, weil sich über das Wasser und an den Ufern des Wassers
leicht Handel und Verkehr treiben läßt, vorausgesetzt, daß die Meeresufer nicht
etwa weithin aus lauter Klippen bestehen oder voll Sandes und Schlammes sind.
Allein nicht also verhält es sich mit den Meeresufergegenden dieses Planeten, wo
nach Erd-Maß vierzig Meilen landeinwärts kein Mensch mehr wohnt, und das aus dem
Grund, weil in solcher Niederung des Landes bis auf vierzig Meilen landeinwärts
niemand sicher ist vor einer plötzlichen Überflutung. Denn wie das Meer auf
eurer Erde einer periodischen Flut und Ebbe unterworfen ist, um so mehr ist
solches der Fall bei einem so großen Planeten, da die Flut sich in demselben
Verhältnis, ja zuweilen auch höher, erhebt, wie dieser ganze Planet und all die
Dinge zu der Erde und allem, was darauf ist, stehen.
[Sa.01_013,03] Daß auf diesem Planeten die Flut nicht allezeit eine gleiche Höhe
erreicht, hat folgenden Grund: Weil die sieben Monde (des Saturn) einen
bedeutenden Einfluß auf den Planeten selbst haben, so geschieht es in jenen
Zeiten, wo alle sieben Monde zufolge ihrer ungleich schnellen Bewegung auf einer
und derselben Seite des Planeten stehen, daß dadurch das dortige Meerwasser mehr
als gewöhnlich emporgehoben wird. – Wo nur, wie bei euch, ein Mond einen
Planeten umkreist, da wäre es freilich wohl unklug, die Flut und Ebbe dem Monde
zuzuschreiben, obschon er dessenungeachtet einen unbedeutenden Einfluß schon
ausübt. Aber dieser Einfluß beträgt auf der Erde bei sechs Fuß naturgemäßer
Steigerung des Meeres kaum einen Zoll als Mithilfe. Aber bei einem Planeten wie
der Saturn macht das für die naturgemäße Erhöhung des Meeres einen bedeutenden
Ausschlag. Denn nehmet ihr da auch die verhältnismäßigen sieben Zoll (zufolge
dessen, daß da ein jeder Mond, gleich dem der Erde, das Wasser um einen Zoll zu
erheben hilft) – so müßt ihr aber doch diesen Zoll in eben dem Verhältnis
nehmen, in welchem alles Übrige des Saturn zur Erde steht. Und da werdet ihr
alsbald zu dem Ergebnis gelangen, daß die sieben Zoll nach Abzug aller anderen
ordnungsgemäß wirkenden Ursachen gar leicht einen Ausschlag von siebzig Klaftern
geben. Und nehmt ihr dazu noch die gewöhnliche Steigerung des Saturn-Meerwassers
zur Zeit der Flut um sechzig Klafter an, so werdet ihr daraus leicht gewahr
werden, wie hoch das Wasser des Meeres manchmal an den Ufergegenden zu stehen
kommt.
[Sa.01_013,04] Wenn der Ring über dem Meer nicht eine so wohltätige Wirkung über
das Gewässer des Meeres ausüben würde, so wäre bei solcher Hochflut des Meeres
sogar das innere Flach- und Niederland auf tausend und tausend Meilen weit
gefährdet. Allein durch die anziehende Kraft des Ringes ergibt sich hier bei
Gelegenheit der Flut die merkwürdige Erscheinung, daß das Meerwasser selten
weiter als vierzig Meilen landeinwärts dringt; denn es bildet das Meer bei der
Flut unter dem Ringe förmliche Wasserberge. Und so zieht sich das Wasser viel
mehr in diese Berge zusammen, als daß es allzuweit in das Land einzudringen
vermöchte.
[Sa.01_013,05] Diese Wasserberge haben eine große Ähnlichkeit mit den
Wasserhosen bei euch, nur mit dem Unterschied, daß sie eben vermöge der
anziehenden Kraft des Ringes nicht selten zu der schauerlichen Höhe von
einhundert Meilen emporwachsen, weshalb die hohe Flutzeit dann auch für die
Schiffahrt so gut wie vollkommen untauglich ist. Denn wird ein Schiff von einem
solchen wachsenden Wasserberg ergriffen, so wird es mit einer unbeschreiblichen
Heftigkeit und Schnelligkeit in die Höhe gehoben; und hat es den höchsten Gipfel
erreicht, so wird es dann vermöge der Wurfkraft so hinuntergeschleudert, daß von
einer glücklichen oder unversehrten Zurückkunft gar schwerlich mehr die Rede
ist. – Dann und wann wird auf manchen Stellen die Auftürmung so gewaltig, daß
sie beinahe bis an den Ring hinaufreicht. Doch dies geschieht nur äußerst
selten.
[Sa.01_013,06] Dessenungeachtet aber sind selbst die unbedeutendsten
Auftürmungen des Meeres dort den Schiffern schon sehr gefährlich, weil bei
solcher Auftürmung das Wasser des Meeres allezeit einen für euch unbegreiflich
schnellen Wirbel oder Dreher macht. Kommt da jemand mit seinem Fahrzeug in den
Bereich eines solchen tanzenden Wasserberges, so wird er anfangs, wenn der
Wirbel noch langsamer geht, auf die Wasserhöhe hinaufgezogen. Da das Drehen sich
immer verstärkt, je höher und höher das Wasser steigt, so geschieht es dann
auch, daß irgendein mitgerissenes Fahrzeug mächtig weit hinuntergeschleudert
wird, oder es wird auch durch die Gewalt des drehenden Wassers unschwer
zertrümmert. Denn der Durchmesser eines solchen Berges, auch nur von mittlerer
Größe, beträgt auf der (Grund-)Fläche nicht selten zwanzig bis fünfzig Meilen,
in der Mitte oft noch zehn bis zwanzig Meilen und an der Spitze ein bis zwei
Meilen. Die Drehung des Wassers aber in der Mitte eines solchen Berges ist schon
von solcher Schnelligkeit, daß es den Weg herum in vier bis fünf Minuten
zurücklegt und auf der Spitze in ein oder längstens eineinhalb Minuten. Nun
könnt ihr euch schon die Wurfkraft eines solchen Berges denken! Wenn das Schiff
sich irgendwo auf der Meeresfläche befindet, gerade unter ihm sich die Spitze
eines Berges zu bilden anfängt, wird das Schiff in die schauerliche Höhe
hinaufgeworfen. Kommt aber das Schiff an den Wirbelfluß eines solchen Berges, so
wird es zu einer gewissen Wasserschnelle gehoben und von da alsbald weitmächtig
hintangeschleudert.
[Sa.01_013,07] Nun seht, das war vor der Erklärung des Tierreiches notwendig
noch zu beachten; denn daraus wird ersichtlich, warum die Ufergegenden des
Saturn-Meeres unbewohnbar sind. Dann aber wird hier in diesem großen Naturakt
die erste Zeugung (Urzeugung) des Tierreiches gezeigt; denn dadurch geschieht
ein großartiger Begattungsakt vermöge dessen die atomischen Äthertierchen ins
Wasser aufgenommen werden, darin sie sich dann von Klasse zu Klasse
vervielfältigen, bis sie zu jener Stufe gelangen, die ihr auf eurer Erde das
Reich der Amphibien nennt. Diese Tierklasse bildet auch auf diesem Weltkörper
den ordnungsmäßigen Übergang von den Wassertieren zu den Landtieren. So ist all
das Uferland sozusagen die erste Stufe, auf welcher vermöge der stufengerechten
Fortbildung die Seetiere vom Wasser an das Land übergesetzt werden. Wenn wir
also das Tierreich des Saturn betrachten wollen, müssen wir ordnungsgemäß auch
dort anfangen, wo es eigentlich seinen Ursprung nimmt.
[Sa.01_013,08] Das Wasser des Meeres ist demnach die erste Wohnstätte der Tiere.
– Welche Tiere erblicken wir aber zuerst auf diesem Weltkörper, und zwar in
dessen Meeresgewässern? – Auch dort ist die Ordnung dieselbe wie auf der Erde.
[Sa.01_013,09] Die erste Tierklasse besteht in einer zahllosen Menge von
außerordentlich kleinen, weißen Würmchen, welche so klein sind, daß in einem
gewöhnlichen Tropfen Millionen derselben hinreichenden Platz haben. – Die zweite
Klasse ist eine Art größerer Würmer, die schon mit zwei Armen versehen sind.
Diese sind auch dem Auge der Saturnbewohner sichtbar. Ein solches Tierchen der
zweiten Stufe verzehrt in einer Sekunde viele tausende der ersten Gattung und
assimiliert dadurch deren Leben dem seinigen. – Die dritte Stufe ist eine Art
länglicher grauer Würmer, etwa von der Größe wie eure Essig-Aale. Diese
Tierklasse ist sehr gefräßig und nährt sich von den beiden unteren Klassen und
assimiliert dadurch deren Leben dem seinigen. – Die vierte Klasse ist eine
Gattung von Würmern, die zwei Köpfe und schon eine Länge von einer Linie hat und
gegen die Mitte dicker wird, so daß ihre Gestalt einem Kipfel gleicht. Dieses
Tier verzehrt nur seine Vorgänger. Und die nächste Klasse nach ihm fängt schon
an, sich dem Geschlecht nach zu unterscheiden, während bei den vorhergehenden
Klassen noch kein Geschlechtsunterschied vorhanden ist. Dieses Tier ist vermöge
seiner zwei Köpfe so bestellt, daß es gleichsam das männliche und weibliche
Wesen in sich vereinigt, worauf seine zwei Köpfe hindeuten. – Die nächste Klasse
besteht schon in einer Art vierarmiger, rötlicher Käferchen. Dieses Tier hat die
sichtbare Größe von etwa zwei Linien der Länge und einer halben Linie der
Leibesbreite nach und ist ein Vielfraß, denn es frißt alle seine vorhergehenden
Klassen in einer Unzahl auf und assimiliert dadurch ihr Leben. – So gehen bei
tausend Stufen solcher Lebewesen immer eins in das andere über, bis sie in die
Klassen der dortigen Schaltiere aufgenommen werden.
[Sa.01_013,10] Die Klassen der Schaltiere sind ebenso reichhaltig, und es kommt
da zuerst die Muschel und dann erst die Schnecke zum Vorschein.
[Sa.01_013,11] Unter den Muscheltieren ist vorzugsweise die große blaue
Riesenmuschel zu bemerken, welche nicht selten so groß wird, daß wenn sie sich
auf eurer Erde in irgend einem Meere befinden würde, sie mit allem Recht für
eine Insel mit einem Flächenraum von ein bis eineinhalb Quadratmeilen gelten
könnte. Diese Muschel ist aber auch die letzte Stufe der Muscheln. Den Tod
bringen ihr kleine Schnecken, welche, sobald sie dann und wann, um Nahrung zu
nehmen, sich in sie hineinbegeben, unsere arme Muschel von allen Seiten zu
benagen anfangen. Wenn dann die Muschel auf diese Weise aufgezehrt wurde, wird
die Schale nicht selten bei Gelegenheit der Flut und Ebbe auf eine kleinere
Insel oder auch an das uns schon bekannte Festlandufer geworfen, wo des öfteren
die Bewohner des Saturn herbeikommen und solche für sie sehr kostbare Muscheln
sammeln und sie in ihre Gegenden bringen. Diese Muscheln werden dann gewöhnlich
so in die Erde hinein befestigt, daß zwischen den beiden Schalen der Muschel
mehrere schon bekannte Regenbäume eingepflanzt werden, wo dann in diese weiten
Muschel-Basins das Baumregenwasser am allerwirtschaftlichsten angesammelt wird.
[Sa.01_013,12] Die Außenseite einer solchen Riesenmuschel ist nicht besonders
schön, sie hat eine dunkelgrüne Farbe; aber desto imposanter ist die Innenseite.
Diese sieht geradeso aus, wie wenn ihr blankes Gold möchtet mit einer schönen
azurblauen Farbe überziehen. Daher ein solches Muschelwasserbecken, wenn es von
den Regenbäumen angefüllt worden ist, sich auch außerordentlich herrlich
ausnimmt. In solchem Wasser baden sich die Saturnbewohner besonders gerne, weil
dieses Wasser die höchste Reinheit hat, und weil es auch von einem ätherischen
Wohlgeruche gesättigt ist, ungefähr wie bei euch das Nardusöl, welches auf eurer
Erde zu den wohlriechendsten gehört.
[Sa.01_013,13] Ihr werdet wohl fragen, aber wie bringen die Saturnbewohner eine
solche ungeheure Riesenmuschel von der Stelle? – Dieses geschieht auf eine ganz
einfache Art. Die Muschel ist nicht so schwer, wie ihr es euch vorstellt, denn
unter dem Ring sind überhaupt die Gegenstände nicht so schwer wie auf
irgendeinem andern Teil, entweder der südlichen oder der nördlichen Breite
dieses Planeten. Und so geschieht es, daß die Bewohner eine solche Muschel, wenn
sie irgendeine finden, alsbald mit ihren vielseitig angebrachten Keilen und
Hebeln öffnen, sie sorgfältig ausräumen, hierauf wieder zuschließen und am
Schlusse rundherum die Öffnungen mit einer besonderen Art Wasserpaste verkleben.
Alsdann warten sie mit ihren Schiffen eine kleine Flut ab. Diese hebt die
Muschel, welche sie mit einem sehr starken Seil an ihr Schiff befestigen, wonach
dann die Fahrt auf irgendeinem Flusse landeinwärts mit einer solchen
Schnelligkeit beginnt, von der ihr euch kaum einen richtigen Begriff machen
könnt. Denn eben bei solchen Gelegenheiten macht der Saturn-Mensch seine
mächtige Willenskraft voll geltend; daher es euch nicht wundern darf, wenn die
Saturnbewohner nicht selten Gegenstände von einem Orte zum andern befördern, vor
deren Größe und Last euch schaudern würde – was zu seiner Zeit, wie auch bei
mancher Gelegenheit, noch deutlicher gezeigt wird.
[Sa.01_013,14] Nächstens wollen wir das Reich der Tiere näher betrachten, und
daher für heute Amen.
[Sa.01_014] – Die Stangenschnecke. Die Pyramidenschnecke. Die wunderbare
Scheibenschnecke liefert Mantel, Salbe und Gartenschmuck der Patriarchen auf dem
Saturn.
[Sa.01_014,01] Nach dieser hier beschriebenen und erklärten Riesenmuschel
kommen, wie schon gesagt worden ist, die Schnecken, und zwar fürs erste
diejenigen, welche in den Gewässern vorkommen, und dann erst jene, dem
eigentlichen Leibeswesen nach mehr ausgebildeten, die auf dem Land leben.
[Sa.01_014,02] Es gibt aber in den Wässern tausende Arten der Schnecken, die so
nacheinander geordnet sind, daß nach eurem Fachausdruck in biologischer
Beziehung die eine aus der andern hervorgeht. Besser wäre zu sagen: in Hinsicht
der Lebensvermehrung.
[Sa.01_014,03] Was die vorhergehenden Arten der Schnecken betrifft, so sind
diese für euer schaulustiges Auge zu wenig von Interesse, obschon sich über jede
Bände von Büchern schreiben ließen. Ihr würdet bei einer auch nur einigermaßen
ausführlicher Einzelbeschreibung mit der Menge nicht fertig. Daher wollen wir
auch nur die letzten Arten von diesen Schaltieren hervorheben, die für euch von
besonders hervorragendem Interesse sein können. So sind die fünf letzten Arten
wegen ihrer wunderbaren Gestalt näher zu erörtern.
[Sa.01_014,04] Die erste der fünf letzten Schneckenarten ist die sogenannte
Stangenschnecke. Sie ist darum besonders merkwürdig, weil das Gewinde dieser
Schnecke einer langgedehnten Schraube ähnelt und aussieht, wie wenn ihr eine
zehn Klafter lange Stange zu einer Schraube umwandeln ließet, oder, noch besser
beschrieben, wie wenn ihr um diese Stange ein langes Seil so gewunden hättet,
daß ein Gewinde sich an das andere von unten bis oben fest anschließen möchte.
Nur müßt ihr euch die Stange nicht etwa allzudünn vorstellen, sondern so, daß
sie zuunterst an der dicksten Seite einen Durchmesser von fünf Fuß hat und dann
gespitzt zuläuft, und auch die Gewinde in diesem Verhältnis immer dünner werden.
Auf eurer Erde könntet ihr eine solche Schnecke eher eine Art gewundenen
Obelisken nennen. Allein die Benennung Stangenschnecke ist hier darum gegeben,
weil dieses Tier von den Saturnbewohnern so benannt wird.
[Sa.01_014,05] Ihre Außenfarbe ist von wahrhaft wunderbarer Schönheit; denn an
der dicksten Seite ist sie vollkommen rosenrot, wie wenn ihr fein poliertes
Silber mit eben dieser Farbe überziehen möchtet. Gegen die Spitze wird sie immer
dunkler rot, mit demselben metallischen Schimmer, so daß sie alle Rosenfärbungen
vom blassesten bis zum dunkelsten Rot durchmacht. Aber diese Farbe ist nicht die
alleinige Pracht dieser Schnecke, sondern da ist auch noch die Verzierung des
Gewindes. Der langgewundene Bauchgürtel dieser Schnecke ist durchgehend in der
schönsten Ordnung noch mit immer größeren und größten Perlen verziert. Und der
Graben zwischen den Bauchgewinden ist mit einem goldenen Bande geziert, welches
noch die schönsten Arabesken-Figurationen (nach eurem Ausdruck) enthält. – Also
ist das Haus dieser Schnecke beschaffen!
[Sa.01_014,06] Das innewohnende Tier ist weniger interessant, denn es besteht
bloß in einem polypenartigen Wurme, versehen mit vier Freß- oder Saugrüsseln.
Seine Nahrung sind kleine Schnecken wie auch kleinere Muscheln, welche dieses
Tier mit dem untersten seiner Fangrüssel erhascht, zerdrückt und sodann solche
zerquetschte Speise in den sogenannten Freßrüssel steckt. Mit den andern zwei
Rüsseln fühlt dieses Tier nur um sich herum, ob es nicht irgend etwas zu fressen
gibt und auch ob sich ihm nicht etwa einige feindselig gesinnte Nachbarn nähern.
Wenn letzteres der Fall ist, zieht sich dieses Tier alsbald in sein schönes Haus
zurück und verschließt den Ausgang mit einer weißlichen Kruste. Jedoch häufig
nützt ihm diese Vorsicht nichts; denn seine Feinde bestehen in einer später zu
beschreibenden Art Schwertkrebsen, welche diese Kruste bald durchstoßen, als
Räuber in das Haus dieses Tieres dringen und das arme Tier nach und nach bis auf
den letzten Tropfen aufzehren, welche Krebse aber dann doch wieder selbst ein
Raub einer andern, größeren Schnecke werden, von der alsbald die Rede sein wird.
[Sa.01_014,07] Die Bewohner des Saturn sammeln die Schalen dieser
Stangenschnecken und verzieren nicht selten damit ihre Gärten. Manchesmal aber
benutzen sie solche Schnecken zu Wasserleitungen. Wo das Wasser auf irgendeiner
bedeutenden Höhe entspringt, fangen sie mit der Mündung der Schnecke das Wasser
auf, schlagen auf dem dünnen Teile die Spitze ab, und so strömt hier das Wasser
natürlicherweise mit bedeutender Heftigkeit heraus. Unter dieser Mündung setzen
sie wieder eine zweite Schnecke mit der breiten Mündung an und also fort, und
leiten auf diese Weise dann nicht selten das Wasser viele Meilen nach Belieben
irgendwohin bergabwärts. Daß eine solche Wasserleitung nicht uninteressant
anzusehen ist, möget ihr euch wohl vorstellen.
[Sa.01_014,08] Die nächste Schneckenart ist die sogenannte Pyramidenschnecke.
Ihre Farbe ist ganz einförmig grasgoldgrün, und der Bauchgürtel ist mit
verhältnismäßig großen, schneeweißen, eiförmigen Flächen geziert, deren Rand so
verbrämt ist, als ob ihr eine alabasterne Tafel möchtet in einen blank
polierten, goldenen Rahmen fassen. Die Schnecke ist sehr groß, und wenn ihr sie
hier auf der Erde irgendwo auf der breiten Seite aufstellen möchtet, so dürfte
sie mit ihrer Höhe wohl um ein Bedeutendes euren Stadtschloßberg beschämen. Das
in diesem Hause wohnende Tier sieht der Farbe nach ganz dunkelgrau aus und hat
gleich einem ungeheuer großen Elefanten einen weit um sich greifenden, überaus
starken Rüssel, zu dessen beiden Seiten zwei andere, schwächere Rüssel
hinausgeschoben werden, auf deren äußersten Enden je ein scharfsehendes Auge
sitzt. Zuunterst hängt im Falle einer Bereisung der Meeresfläche diese Schnecke
auch ein Paar weißliche, starke Ruder hinaus, vermöge welcher sie auf der
Oberfläche des Meeres eine ziemlich schnelle Bewegung zu machen imstande ist.
Wenn sie also auf dem Meere fährt, hat sie ihr Haus nach oben gekehrt, so daß
eine solche fahrende Schnecke in einiger Entfernung sich ausnimmt wie eine auf
der Oberfläche des Meeres schwimmende Pyramide.
[Sa.01_014,09] Diese Schnecke ist ziemlich bösartiger Natur und fällt auch
Menschen an, die sie mit ihrem Rüssel umwindet, zerdrückt und alsbald in ihren
weiten Rachen steckt. Jedoch die Saturnbewohner kennen ihre Art gar wohl und
sind daher allezeit gut gerüstet, wenn sie auf ihren Fang ausgehen. Mit einer
Schlinge fangen sie den weit hervorstehenden Rüssel ein, ziehen sie schnell
zusammen und die Schnecke ist so gut wie gefangen. Denn da diese Schnecke schon
ein atmendes Tier ist und den Atem durch den Rüssel einzieht, so verstirbt sie
auch sehr bald, wenn sie nicht mehr zu atmen vermag. Die Bewohner merken ihren
vollkommenen Tod dadurch, daß sie aus ihrem Rachen anfängt einen weißlichen Saft
zu lassen; denn solcher Saft ist dann schon ein Zeichen der inneren, alsbald
begonnenen Verwesung.
[Sa.01_014,10] Die Bewohner des Saturn sammeln diesen Saft sehr emsig seines
außerordentlichen Wohlgeruches wegen, welcher ums Unvergleichliche eure Ambra
übertrifft. Hat nun eine solche Schnecke aufgehört ihren Saft von sich zu
lassen, dann geben sie die tote Schnecke wieder frei. Alsbald findet sich eine
Menge Meeresungeziefer, welches eine solche Schnecke in wenigen Tagen ganz
verzehrt, d.h. bis auf die harte Schale, welche bei dieser Schnecke sehr fest
und massiv ist, und zwar so, daß an der breiten Ausmündung die Schale nicht
selten vier bis fünf Klafter dick ist. Wenn nun auf diese Weise die Schale
geräumt ist, wird sie von den Saturnbewohnern aus dem Meer herausgeholt, und
zwar zur Zeit der Ebbe, der Meeresniederung, und wird dann auf dieselbe Weise
wie die große „Riesenmuschel“ an Ort und Stelle geschafft.
[Sa.01_014,11] Diese Schnecke nährt sich vornehmlich von der schon früher
erwähnten Art der Schwertkrebse, deren es eine Menge in den verschiedensten
Größen gibt. Jedoch größer ist keiner als der sogenannte Meerkrebs bei euch.
Aber kleiner wird dieses Tier häufig angetroffen, oft so klein wie bei euch
ungefähr eine Heuschrecke. – Wann macht aber diese zweite oder Pyramidenschnecke
einen solchen Haupt-Schwertkrebsen-Fang? – Solcher Fang geschieht, wenn diese
Krebse oft gerade am unermüdlichsten beschäftigt sind, um eine schon früher
bekanntgemachte Stangenschnecke aufzuzehren. Wenn da die Pyramidenschnecke ein
mit solchen Krebsen gefülltes Stangenschneckenhaus antrifft, umwindet sie
dasselbe mit ihrem Rüssel, begibt sich damit an ein Ufer, und legt das
Stangenschneckenhaus mit der breiten Seite aus dem Wasser. Wenn so die Krebse
sich außer Wasser befinden, dann fängt einer nach dem andern an, aus der
Schnecke zu kriechen, bei welcher Gelegenheit auch einer nach dem andern
unfehlbar aufgezehrt wird. Und so sind diese Krebse gleichsam eine
lebensammelnde Mittel-Tierklasse, vermöge welcher das Leben einer Schnecke
potenziert in das Leben einer andern übergeht. So gibt es zwischen zwei größeren
Tierklassen immer eine kleinere, welche gegen die vorhergehende große Klasse
sich feindselig verhält, aber von einer nachfolgenden größeren Klasse alsbald
wieder als eine wohlschmeckende Speise verzehrt wird.
[Sa.01_014,12] Die dritte Art der hier vorkommenden Meeres-Schnecken ist die
sogenannte Scheibenschnecke. Diese Schnecke hat viel Ähnlichkeit mit eurer
bekannten Nautiliusschnecke; nur ist natürlicherweise eure Nautiliusschnecke ums
unvergleichliche kleiner und im Verhältnis zu ihrer beiderseitigen Plattform
viel dicker als diese Scheibenschnecke auf unserem Planeten Saturn zu ihrer
Plattform. Die Scheibe dieser Schnecke hat nicht selten einen Durchmesser von
hundert bis hundertundzwanzig Klaftern. Ihre Dicke aber beträgt kaum etwas über
drei Klafter. Diese Schnecke befindet sich besonders zur Zeit der Flut auf dem
Grunde des Meeres, zur Zeit der Ebbe aber schwimmt sie allezeit auf der
Oberfläche.
[Sa.01_014,13] Wenn sie auf dem Grunde des Meeres liegt, schiebt sie einen
langen Rüssel weit über die Oberfläche des Wassers hinaus, um Atem zu holen.
Dadurch wird ihr Stand sehr leicht ermittelt, bei welcher Gelegenheit sie dann
auch gewöhnlich gefangen wird – es versteht sich von selbst nur in einer
mittleren Flutzeit; denn in einer Sturmflut wagt sich kein Saturnbewohner auf
das Meer. Ihr möchtet vielleicht denken, warum diese Schnecke nicht vielmehr zur
Zeit der Ebbe, wenn sie auf der Oberfläche des Meeres schwimmt, gefangengenommen
wird. Allein da ist dieses Tier durchaus nicht zu fangen, weil es
außerordentlich schnell über die Oberfläche des Meeres dahinfährt und somit
nicht leichtlich eingeholt werden kann. Und wenn es auch eingeholt werden
könnte, so kann niemand diese Scheibe ergreifen, weil die an und für sich sanfte
Schnecke bei der leisesten Berührung alle ihre Extremitäten sogleich einzieht
und sich vermöge eines ins Wasser hineingehenden Ruders so schnell zu drehen
anfängt, daß niemand wagt, dieses große, schnelldrehende Rad anzugreifen.
[Sa.01_014,14] Wie sieht denn eigentlich diese für euch gewiß überaus
merkwürdige Schnecke aus? – Fürwahr, Ich sage euch: Ihr möget euch in alle
möglichen noch so wunderbare Phantasien versenken, so wird es euch doch nicht
gelingen, euch die Schönheit dieser Schnecke recht vorzustellen, aus welchem
Grunde die Saturnbewohner auch nicht selten, mit vielen Gefahren kämpfend, sich
einer solchen Wunderschnecke zu bemächtigen suchen.
[Sa.01_014,15] Diese Schnecke bildet, was ihr Haus betrifft, einen vollkommenen
Kreis; denn die Mündung ist lang angrenzend an die flachen Vorgewinde
angebracht, daß sie ungefähr ein Drittel des ganzen Kreises einnimmt. Die
Öffnung, bei welcher diese Scheibenschnecke mit ihrem Leib und ihren wunderbaren
Extremitäten nach Willkür hinausragt, ist kaum etwas über eine halbe Klafter
weit. Und der trichterförmige Rand dieser länglichen Mündung ist überall so gut
und fein eingerundet, daß er dem ganzen Hause nicht nur kein zerrüttetes oder
unvollständiges, sondern ein überaus prachterhöhendes Aussehen gibt.
[Sa.01_014,16] Wie sieht denn nun dieses Haus aus? Sehet und erstaunet in eurem
Innern! Dieses Haus hat dem Äußern nach das wunderbare Aussehen, als hätte
dasselbe der allerkunstfertigste Juwelier überaus mannigfaltig wohlgeordnet mit
den verschiedensten Sorten der edelsten Steine besetzt. Da läuft eine Reihe
herum, als wären es lauter Diamanten von einem Gewicht zu je einem Pfund. Eine
andere, an diese sich anschließende Reihe besteht aus lauter Rubinen, von
gleichem Gewicht; eine andere wieder aus lauter Smaragden, und so weiter durch
alle zwölf Arten der Hauptedelsteine durch. Zwischen einer jeden solchen
Stein-Bordüre ist ein freier Raum, der aussieht wie ein breites, goldenes Band.
In diesem Band sind in erhabener Form die wunderschönsten Zeichnungen
angebracht, welche die ganze vorhergehende Gruppe der Tiergattungen getreulich
abbilden, deren Leben in dieser Schnecke vereinigt ist.
[Sa.01_014,17] Das Ende des Schneckenhauses schließt eine aufrechtstehende, aus
klafterhohen kleinen Goldsäulen bestehende Galerie, welche aussieht, als hätte
um ein solches Rad oder um einen solchen Rundgrund ein geschickter Bildhauer ein
Geländer angefertigt, dessen Stäbe künstlerisch gestaltete kleine
Stangenschnecken wären, welche zuoberst mit lauter fein gewundenen Bögen
verbunden sind. Die Stäbe sind nach der Art goldgefärbt, wie die Stangenschnecke
selbst. Die gewundenen Bögen aber sind so gut und, Ich sage hier, besser als
blankes, überaus fein poliertes Gold. Über einem jeden Bogen ist noch
künstlerisch angebracht die Form einer Pyramidenschnecke in kleiner Gestalt mit
der ihr ureigentümlichen Farbe. Das Geländer wird nur an der Stelle der
Ausmündung der Schnecke allmählich niedriger und hört dort ganz auf, wo dieses
Tier seine Hauptextremitäten von sich hinausschiebt, ungefähr eine Strecke von
fünf Klaftern.
[Sa.01_014,18] Also sieht nun einmal die obere Fläche dieser Schnecke aus. – Die
Seitenwand, die etwa, wie schon bemerkt wurde, bei drei Klafter dick, breit oder
hoch ist, sieht geradeso aus wie eine rundgeführte Kolonnade von Säulen zu zwei
Klaftern Länge. Die Säulen sind durchgehend blendend weiß und haben nicht etwa
Postamente und Kapitäler, sondern sie gehen gerade von der untern,
vorspringenden Fläche zu der obern empor. Der Hintergrund aber hinter den weißen
Säulen ist ebenfalls hell gefärbt und gleicht vollkommen einem Regenbogen. Der
längliche Kanal oder vielmehr die längliche Mündung der Schnecke ist so
vollkommen rot, wie bei euch manchesmal die Wolken im Abendrot, und hat auch
zugleich ein eigenes phosphorisches Leuchten, welches besonders zur Nachtzeit
sich nicht minder hell ausnimmt wie ein von der späten Sonne beleuchtetes
Wölkchen.
[Sa.01_014,19] Wie sehen denn die Extremitäten aus? – Diese Schnecke spannt,
einem schönen Pfaufedern-Rade gleich, eine Art rundes Segel aus, welches ihr
dazu dient, wenn auf der Meeresfläche Winde wehen, daß sich diese darin wie in
einem Segeltuch fangen und dann die Schnecke außerordentlich schnell über die
Oberfläche des Wassers hintreiben. Ist aber Windstille, so fächert sie mit
diesem großen Radsegeltuch so behende die Luft, daß sie sich dann auf diese Art
ebenfalls sehr schnell über die Oberfläche des Meeres bewegen kann, welche
Bewegung durch Hilfe der untern, ins Wasser hinabreichenden Extremitäten noch
beschleunigt wird.
[Sa.01_014,20] Dieses ausgespannte Rad sieht gar wunderbar schön aus. Seine
Farbe ist blaßviolett. Seine Verbrämung ringsherum ist glänzendrot und
selbstleuchtend, wie Wölkchen in der Abendröte. Das ganze Rad ist regelmäßig in
Fächer abgeteilt, davon ein jeder Fächer mit einer überaus wohlgelungenen
Zeichnung einer Stangenschnecke geziert ist, jedoch mit der Spitze nach unten.
Auf der rückwärtigen Seite aber ist dieser Fächer ganz ordnungsmäßig vom
kleinsten bis zum größten geschmückt mit den schon früher erwähnten
Schwertkrebsen, welche da allesamt in der schönsten Goldkarminfarbe aufgetragen
sind. Jeder Fächer bildet am Rand einen eigenen Bogen. Dieser Bogen ist nach
vorne geziert mit einer getreuen Abzeichnung dieser Scheibenschnecke selbst und
nach rückwärts auf einem hellblauen Grunde mit der Pyramidenschnecke. Der äußere
Rand ist rückwärts glänzendweiß und hat ebenfalls, wie der nach vorne, ein
eigenes, abendwölkchenrotes Leuchten.
[Sa.01_014,21] Der lange Rüssel zum Atemholen ist ebenfalls vollkommen weiß,
jedoch umwunden mit einem roten Band, in dessen Mitte kleine, blaßgrüngoldene
Sterne angebracht sind. Der Rüssel dient dieser Schnecke auch als ein Arm zum
Fang ihrer Nahrung. Sie lebt von einer Art Meergras, welches sehr häufig nahe an
den Ufern im Meere vorkommt. Auf diesem Grase kleben eine Menge kleiner
Goldwürmchen, welche dieser Schnecke zu einer Mitnahrung dienen. Durch solche
Nahrung eignet sie sich dann schon auf eine mehr übernatürliche Weise das Leben
aller vorhergehenden Tiergattungen an.
[Sa.01_014,22] Diese Schnecke hat auch schon einen eigenen, starken Instinkt,
aus welchem nicht selten so viel Klugheit heraussieht, daß es schon in manchen
andern Ländern geschehen ist, daß ihr einige Menschen göttliche Verehrung
erwiesen – was besonders daher rührt, weil eben diese Schnecke, wenn sie nicht
gereizt oder verfolgt wird, zufällig ins Meer gefallene Gegenstände, seien es
Tiere oder Menschen oder was immer, vor dem Untergang rettet. Was sie da hilflos
auf der Oberfläche des Wassers findet, ergreift sie alsbald mit ihrem starken
Rüssel, setzt es auf seine schöne und geräumige Scheibenfläche, segelt damit an
irgendein Ufer und setzt es dort mit ihrem Rüssel ans trockene Land. Aus diesem
Grund hat dieses überaus schöne Wassertier von den Saturnbewohnern in den
verschiedenen Ländern auch ebenso verschiedene Namen. Einige nennen es den
Meereskehrer, weil es nichts Schwimmendes auf der Meeresoberfläche vertragen
kann, andere nennen es den Lebensretter, andere wieder die Meeresleuchte, andere
wieder das lebendige Schiff oder das Wunderrad – und so hat dieses Tier weiter
noch eine Menge verschiedenartiger Benennungen.
[Sa.01_014,23] Dieses Tier hat außer dem Menschen beinahe keine Feinde und
stirbt von selbst, wenn es sein gehöriges Alter erreicht hat. Allein wenn es
stirbt, verliert das schöne Haus dann viel von seiner Pracht. Daher suchen die
Saturnbewohner die Schnecke lebendig zu fangen und zu töten, damit die Pracht
des schönen Hauses erhalten bleiben kann. Wenn das Tier getötet ist, schwimmt es
alsbald auf der Oberfläche des Meeres, und die Bewohner fahren dann auf ihren
Schiffen damit schnell nach irgendeinem Flusse ihrer Heimat zu. Da angelangt,
wird das Fleisch der Schnecke auf eine geschickte Art behutsam herausgezogen, so
daß der Fächer nicht beschädigt wird. Diesen spannen sie dann, nachdem sie ihn
vorher behutsam von dem festen Körper der Schnecke abgelöst haben, sorgfältig
aus. Und wenn er genügend ausgetrocknet ist, wird er mit überaus wohlriechenden
Ölen eingerieben, da er dadurch wieder sehr sanft und biegsam wird.
[Sa.01_014,24] Aus einem solchen Schneckenfächer machen sie dann eine Art Mantel
– welche Mäntel jedoch nur jene Menschen auf diesem Planeten und vorzugsweise in
diesem Lande zu tragen pflegen, welche ein gewisses patriarchalisches, d.h.
familienväterliches Ansehen genießen. Ein solcher Fächer behält zwar alle seine
Farben und Zeichnungen lebendig, nur das Selbstleuchten geht zugrunde.
[Sa.01_014,25] Das übrige Fleisch dieser Schnecke aber wird, da es beinahe aus
lauter Fett besteht, ganz ausgesotten. Das Fett wird mit wohlriechenden Kräutern
vermengt, woraus diese Saturnmenschen eine außerordentlich köstliche Salbe
bereiten, mit welcher sich nur der Patriarch zu salben pflegt.
[Sa.01_014,26] Was geschieht denn aber mit dem schönen Haus? – Dieses wird von
den Saturnbewohnern sehr behutsam ans Land gebracht und dort auf einem eigens
dazu aufgeworfenen Erdwall auf dessen Oberfläche, wie ihr zu sagen pflegt,
horizontal befestigt, vorzugsweise in einem Garten eines oder des andern
Familienvaters, wo dann die Menschen sehr gerne darauf schauen oder manchesmal
bei außerordentlichen Gelegenheiten sogar auf demselben umhergehen. Das zweite
jedoch geschieht, wie schon gesagt, zu äußerst seltenen Zeiten; denn ein solcher
Patriarch hält große Stücke auf eine solche Verzierung seines Gartens, da hier
der allfällige Reichtum nach nichts als nach der Pracht des Gartens bestimmt
wird. Um diese Pracht zu erhöhen, wird gewöhnlich auf einer Seite dieser
Scheibenschnecke die schon früher beschriebene Pyramidenschnecke aufgestellt.
Und es geschieht da nicht selten, daß ein solcher Stammvater in seinem Garten in
einer geraden Linie bis hundert solcher Verzierungen aufzuweisen hat, d. h. von
beiden Gattungen gleich viel.
[Sa.01_014,27] Hierzu brauche Ich hernach euch nichts weiteres mehr zu sagen
als: Auch hier erweckt wieder ein wenig eure innere Phantasie und macht einen
kleinen Spaziergang in einen solchen Garten, und ihr könnt überzeugt sein, daß
auf eurer Erde alle Kaiser und Könige zusammen nicht imstande wären, einen
solchen Garten also prachtvoll zu verzieren und auszuschmücken. Denn da dürfte
schon eine Diamantenreihe, mit welcher die Oberfläche dieses Schneckenhauses
geziert ist, teurer zu stehen kommen als bei euch der ganze Kaiserschatz. Die
andern Edelsteine und das viele blanke Gold gar nicht gerechnet, wie auch die
andern vielen Herrlichkeiten dieser Gärten der Patriarchen auf dem Saturn!
[Sa.01_014,28] Die zwei übrigen Schnecken für das nächste Mal! Und daher für
heute Amen.
[Sa.01_015] – Die Siebenschnecke. Praktische Verwendung ihres Gehäuses.
Gewichtsverhältnisse auf dem Saturn.
[Sa.01_015,01] Was die vierte Schnecke anlangt, so steht sie in der Pracht der
schon bekannten Scheibenschnecke nach. Jedoch was ihre Größe betrifft, ist sie
der Scheibenschnecke um vieles voraus. Von den Bewohnern dieses Landes wird sie
gewöhnlich die große Siebenschnecke genannt – nicht etwa, als wenn in diesem
Gehäuse sich sieben einzelne Schnecken aufhalten möchten, sondern weil das
Gehäuse dieser Schnecke aus sieben nach aufwärts gerichteten turmhohen Spitzen
besteht, welche von einem eirunden Gehäuse als Auswüchse auslaufen. Das
Hauptgehäuse der Schnecke ist vollkommen oval wie ein Ei; davon die spitzigere
Seite allzeit nach unten ins Wasser gekehrt ist, die stumpfere nach oben. Das
Gewinde dieser Schnecke ist nicht sichtbar und ist nur im Inwendigen des
Gehäuses vorhanden. Jedoch bei jedem Gewinde, wenn dasselbe den Kreis vollendet
hat, ist ein solcher Turmauswuchs, so daß demnach der obere Teil des Gehäuses
mit diesen Türmen so bestellt ist, daß aus der Mitte der höchste emporsteigt und
die andern dann in abnehmender Ordnung um denselben herumstehen. Ein jeder
dieser Auswüchse gleicht einer großen, euch schon bekannten Stangenschnecke, nur
mit dem Unterschied, daß er um vieles länger und zuunterst an der Schale im
Durchmesser auch um vieles dicker ist.
[Sa.01_015,02] Die Mündung dieser Schnecke ist vollkommen rund und steht in
gutem Verhältnis mit der ganzen riesenhaften Größe dieses Schaltieres. Der Leib
füllt natürlicherweise das große Gehäuse so aus, daß die Auswüchse nach Belieben
ausgefüllt werden können. Will die Schnecke sich ins Wasser versenken, füllt sie
die Auswüchse aus, und will sie sich über dem Wasser erhalten, dann zieht sie
sich mit ihren Auswüchsen ins Zentrum zusammen und erhebt sich dadurch über die
Fläche des Wassers. – Ihr Leib, den sie auf der Oberfläche des Wassers aus der
Mündung hinausschiebt, ist ganz weiß und sieht übrigens einer Schnecke bei euch
nicht unähnlich – nur daß auch diese Schnecke vorne zwischen ihren großen vier
Fühlarmen ebenfalls mit einem großen und langen Rüssel versehen ist, den sie zum
Fang ihrer Nahrung äußerst behende gebrauchen kann.
[Sa.01_015,03] Ihre Nahrung besteht in allerlei Seekräutern, aber auch mitunter
in den großen Seepolypen, welche sie aus dem Grunde des Meeres gewaltsam
losreißt und dann in ihren Rachen steckt. An den obern zwei Fühlarmen hat sie
auch zwei scharfsehende Augen und kann dieselben nach Belieben bald da, bald
dorthin richten. Wenn sie nun irgendeine Beute entdeckt, fährt sie pfeilschnell
an den Ort hin und fängt sie sogleich, sei es nun ein Seekraut oder irgendein
Polyp. Damit sie aber ihre Reise machen kann, hat sie zuunterst der Mündung zwei
starke Ruderarme, vermöge welcher sie das Wasser fängt und sich so
vorwärtsbewegt.
[Sa.01_015,04] Nun, wie groß ist denn diese Schnecke? – Sie hat einen
Durchmesser von fünfhundert Klaftern nach eurem Maß. Der mittlere Auswuchs ist
höher als bei euch der höchste Turm. Er hat unten nicht selten einen Durchmesser
von zwanzig bis dreißig Klaftern und läuft oben pyramidenartig in eine Spitze
zusammen. Die Farbe der Schale ist ein Mittelding zwischen grün und blau. Von
dem Mittelauswuchs laufen weißlichblaue Streifen, so daß die Schale auf diese
Art ein großartig tigerhaftes Aussehen hat. Weiter hat sie keine Verzierungen.
Was aber die Auswüchse anbelangt, so sehen sie, wie schon anfangs bemerkt,
geradeso aus wie eine Stangenschnecke, nur die Mündung an der Schnecke ist
purpurrot.
[Sa.01_015,05] Auch diese Schnecke wird von den Einwohnern als ein guter Fang
betrachtet. Denn wenn das Fleisch aus dieser Schnecke entfernt ist, wird das
Gehäuse, wie schon bei den andern Schnecken erwähnt, auf dem Wasser landeinwärts
gebracht und da der spitzigere Teil der Schale bis zur Mündung in trockenes
Erdreich versenkt, wo dann ein solches Gefäß zu einer Art Magazin für
Samenfrüchte verwendet wird.
[Sa.01_015,06] Manchmal werden in einem solchen Schneckenhaus auch an allen
Seiten Öffnungen angebracht und im Innern des Gehäuses ein Boden gelegt. Auf
diese Art wird dann ein solches Schneckenhaus als eine Prachtwohnung für Kinder
verwendet, und zwar besonders darum, weil ein solches Wohnhaus vermöge seiner
innern außerordentlichen Glätte am reinlichsten erhalten werden kann. Der Boden
besteht in einer Art Aussandung. Es wird vollkommen trockener Sand bis nahe an
die Mündung hineingeschüttet. Über den Sand werden in diesem Lande häufig
vorkommende weiße Flachsteine gelegt, und zwar allzeit in der schönsten Ordnung.
Wenn der Boden gelegt ist, so ist das Gebäude auch fertig und sieht dann einer
weitläufigen gewölbten Halle gleich, über welche sich die bekannten Türme
erheben. Deren Spitzen werden abgesägt, damit durch dieselben Licht hineinfällt,
aber auch, damit die im Innern eines solchen Hauses sich sammelnden Dünste und
der Feuerrauch emporsteigen können.
[Sa.01_015,07] Jedoch diese Gattung Schnecken wird dort nicht gar zu häufig
angetroffen. Daher haben solche Häuser auch gewöhnlich nur die Patriarchen, die
zunächst an den Meeresküsten wohnen. Eine solche Schneckenschale ist selbst für
die riesenhaft starken Saturnbewohner wegen ihrer Größe und außergewöhnlichen
Massivität zu schwer, um sie weit ins Land hinein verbringen zu können; denn was
die Massivität anbelangt, so sind die Wände fast allenthalben vier bis fünf
Klafter dick. Wenn ihr das beachtet, könnt ihr euch schon von der Schwere dieser
Schnecke einen Begriff machen.
[Sa.01_015,08] Wären auf diesem Planeten die Schwerkraftverhältnisse so wie auf
der Erde, dann wäre die Überbringung einer solchen Schnecke wohl eine reine
Unmöglichkeit selbst für noch bedeutendere Kräfte als die der Saturnbewohner.
Allein was bei euch einen Zentner wiegt, hat dort unter dem Ring oft kaum ein
Gewicht von einem Pfund. Und es kann selbst ein solches Gewicht noch verringert
werden durch die innern, von den Saturnbewohnern weislich veranstalteten
Luftverdünnungen. Dies ist besonders bei Verbringung dieser Schnecke der Fall,
wobei die Saturnbewohner dürre Äste vom euch schon bekannten harzreichen
Pyramidenbaum anzünden und zur Mündung dieser Schnecke brennend hineinschieben.
Durch dieses Verbrennen wird die Luft in einem solchen leeren Gehäuse so
verdünnt, daß es dann mit bedeutender Leichtigkeit weitergeschafft werden kann.
Denn was die Aerostatik anbelangt, so sind eben darin die Saturnbewohner die
vorzüglichsten Meister – was alles noch zu seiner Zeit näher erwähnt wird.
[Sa.01_015,09] Das ist nun alles von dieser Siebenschnecke! – Erwecket auch hier
wieder ein wenig eure innere Phantasie und ihr werdet mit großer Verwunderung
dieses Tier selbst wie auch die Verwendung seines Hauses von seiten der Bewohner
betrachten und werdet darüber um so mehr erstaunen, so Ich euch noch hinzusetze,
daß ein solches Gebäude von unzerstörbarer Festigkeit ist. Es werden darunter
einige angetroffen, die schon älter sind, als bei euch die Erdbevölkerung; denn
ein solches Gebäude wird je älter, desto fester. Und darum werden auch die
ältesten in besonderen Ehren gehalten. So ihr euch aber schon darüber wundert,
so bedenket dabei doch, daß selbst die riesenhaften Tiergestalten dieses
Planeten nur kleine Miniatur-Arbeiten sind gegen manche andere Tiergattungen,
welche sowohl in diesem Planeten, größere aber noch im Jupiter und
unvergleichlich größere in den Sonnen vorkommen. – Betrachtet dieses heute
Gesagte und erwartet fürs nächste das Nachkommende! Und darum für heute Amen.
[Sa.01_016] – Die riesenhafte, leuchtende Strahlenschnecke. Ihr Auftauchen bei
Meeresstürmen.
[Sa.01_016,01] Was die Schnecke Nummer fünf betrifft, so ist das die letzte der
Schneckenordnung nach, zugleich auch die größte und in einer Hinsicht die
merkwürdigste. Diese Schnecke hat den Namen: die Strahlenschnecke. Sie wird von
den Bewohnern dieses Planeten nur vor den größten, euch schon bekanntgegebenen
Seestürmen gesehen. Ihre Gestalt ist das Großartigste, was ihr euch denken
könnt. Auf eurem Erdkörper gibt es nichts Ähnliches, um damit einen annähernden
Vergleich machen zu können.
[Sa.01_016,02] Um euch aber doch einen Begriff davon zu geben, so denket euch
einen großen geschliffenen Brillanten; denn so kantig ist diese Schnecke, auf
der Oberfläche flacher und an dem untern Teile zugespitzter. Die Kanten, deren
die Oberfläche allein mehrere Tausende in der schönsten Ordnung sich in lauter
Dreiecken durchziehend besitzt, sehen aus wie halbklafterbreite, polierte,
goldene Streifen, welche überall eine vollkommen regelmäßig dreieckige Fläche
einschließen oder vielmehr einfassen. Die dreieckige Tafel ist so groß, daß eine
jede Seite bei drei Klaftern mißt, und keine ist größer und keine kleiner. Nur
zuoberst der Schnecke befindet sich eine größere Fläche, welche aber nicht mehr
dreieckig, sondern zweiunddreißigeckig ist (und vollkommen ähnlich sieht einer
sogenannten Windrose bei euch), welche in ihren äußeren Enden ebenfalls mit den
breiten Goldstreifen umfaßt ist. Diese Tafeln sind so durchsichtig wie ein
geschliffener Diamant und auch nicht minder fest. Der Unterschied besteht nur
darin, daß alle diese Flächen das Vermögen haben, das Licht der Sonne und der
Gestirne einzusaugen und es dann in den verschiedensten Strahlenbrechungen zur
dunkler gewordenen Nachtzeit wieder ausstrahlen zu lassen.
[Sa.01_016,03] Wie groß ist denn eigentlich diese Schnecke? – Wenn sie auf dem
Meer daherschwimmt, wäre auf ihrer Oberfläche wohl Raum genug, um alle Häuser
eurer Hauptstadt auf diese zu setzen, unter dem Beibehalt der Gassen und Plätze.
Die Schale ist durchgehend bei zehn Klafter dick und hat von der Oberfläche bis
zur untern Spitze einen Durchmesser von dreihundert Klaftern. Was aber den
Durchmesser der Breite dieser Schnecke anbelangt, so beträgt derselbe nicht
selten über eine deutsche Meile. Die Mündung dieser Schnecke, welche etwas
länglich-rund ist, hat einen Durchmesser von siebzig Klaftern. Durch die Öffnung
streckt diese Schnecke ihren massiven Kopf, der dem Kopf eines Walrosses nicht
unähnlich ist, oft so weit über die Meeresoberfläche heraus, und zwar meistens
bei Stürmen schnurgerade in die Höhe, daß sie auf eurer Erde mit großer
Leichtigkeit über hohe Berge hinwegsehen könnte.
[Sa.01_016,04] Aber bei aller riesenhaften Größe ist diese Schnecke
dessenungeachtet sehr sanfter Natur und tut niemandem etwas zuleide. – Ihre
Nahrung besteht in drei verschiedenen Arten von Speisen. Die erste Art sind
ebenfalls sehr große und sehr häufig im Meer vorkommende Kräuter. Die zweite Art
ihrer Nahrung sind große Seewürmer. Und die dritte Art ihrer Nahrung sind
mitunter auch Seevögel, welche zugleich ein Leckerbissen für sie sind. Diese
letztere Nahrung nimmt sie jedoch nur bei großen Stürmen zu sich, denn bei
ruhigem Wetter befindet sich dieses Riesentier gewöhnlich in der Tiefe des
Meeres.
[Sa.01_016,05] In einer dunklen Sturmesnacht verbreitet eine solche auftauchende
Schnecke nicht selten ein so starkes Licht, daß davon eine ganze Meeresgegend in
einem Bereiche von hundert Quadratmeilen ganz stark erleuchtet wird. Nehmt jetzt
bei einem solchen Meeressturm die vielen himmelanragenden Wasserberge und denkt
euch von einer Höhe die Aussicht von mehreren tausend Quadratmeilen über die
Oberfläche des Meeres, auf welcher hie und da solche Strahlenschnecken
auftauchen – so könnet ihr euch einen kleinen Begriff machen, welches
Wunderschauspiel das auf diesem Planeten gewährt. Besonders imposant wird es
dann, wenn mehrere solcher Schnecken gruppenweise auftauchen, ihre langen Hälse
über die Oberfläche des Meeres erheben und mit denselben nach den häufig
herumfliegenden Sturmvögeln jagen. Alsdann wird ein solcher Anblick für euch –
nach eurer Weise zu reden – grausig, fürchterlich schön.
[Sa.01_016,06] Diese Schnecke wird von den Saturnbewohnern nicht gefangen. Fürs
erste, weil sie bei ruhiger Zeit nie an die Oberfläche des Meeres kommt. Fürs
zweite aber auch, weil die Schale zu schwer wäre, sie irgendwohin zu einem Zweck
aufs Land bringen zu können. Diese Schnecke erlangt auch gewöhnlich ein hohes
Alter und lebt nicht selten dreißig Jahre, d. h. Saturnjahre. Wenn sie stirbt,
geht bald auch ihr ganzes Gehäuse aus den Fugen und zerfällt und verwest mit der
Zeit alles zusammen. Das Fleisch verzehren gewöhnlich eine Art Fische, die den
Haifischen in euren Meeren nicht unähnlich sind, aber noch größere Ähnlichkeit
haben mit euren Krokodilen.
[Sa.01_016,07] Das ist nun alles von dieser Schnecke. – Erweckt auch hier wieder
ein wenig eure innere Phantasie, und ihr werdet mit Hilfe dieser getreuen
Bekanntgebung euch in eine ziemlich lebhafte Anschauung versetzen können.
[Sa.01_016,08] Für ein nächstes Mal wollen wir dann zu der dritten Gruppe der
Schaltiere übergehen, und zunächst zu den Schildkröten, wobei ihr euch noch viel
mehr verwundern werdet als bei der Darstellung und Beschreibung der Muscheln und
Schnecken. Und darum für diesmal Amen.
[Sa.01_017] – Weiteres von den Wassertieren. Der walfischartige Saturnfisch
Bisorhiohiohio – ein Umgestalter des Geistig-Seelischen der Wassertiere in das
der Lufttiere.
[Sa.01_017,01] Da in der bisherigen Mitteilung über diesen Planeten schon so
manches, was seine planetarische Beschaffenheit betrifft, sowie über dessen
Ländereien und Pflanzen und so manche Tiere kundgegeben worden ist und bei den
Tieren dort eine Unterbrechung geschah, als im kurzen Durchlauf die
vorzüglichste Gattung der Schnecken geschildert wurde – so wollen wir nun so
kurz und faßlich wie möglich von diesem Standpunkt aus unsere Erläuterung
fortsetzen. Wir werden uns hier bei den einzelnen Geschöpfgattungen nicht so
lange aufhalten, sondern überall nur das Vorzüglichste herausheben, alles andere
aber nur einem allgemeinen Überblick überlassen.
[Sa.01_017,02] Demzufolge wollen wir die Tiere, die im Wasser leben, nur
vorübergehend im allgemeinen berühren und uns dann zu den Bewohnern der Luft
wenden, bei denen wir uns ebenfalls nicht lange aufhalten werden; ebenso auch
bei den Landtieren, um dadurch desto eher zu den Menschen dieses Weltkörpers zu
gelangen. – Und sonach wenden wir uns zurück zu unseren Wassertieren.
[Sa.01_017,03] Ihr hörtet, wie große Gewässer und Meere dieser Planet innehat
und wisset auch, daß auf Erden die größten und mächtigsten Tiere sich in den
Gewässern aufhalten. Derselbe Umstand findet sich auch auf dem Saturn vor; nur
sind natürlicherweise die Arten und Klassen sehr verschieden und haben da
entweder gar keine oder nur eine sehr geringe Ähnlichkeit mit denen auf eurem
Erdkörper. Wir wollen nur einige erwähnen, und zwar zuerst diejenigen, die ins
ungeheuer zahlreiche Artenreich der Fische gehören.
[Sa.01_017,04] Der größte aller Fische dieses Weltkörpers ist der sogenannte
Bisorhiohiohio. – Dieser Fisch befindet sich ungefähr auf derselben Stufe wie
euer Erd-Walfisch, ist aber, was seine Form betrifft, außerordentlich
verschieden von eurem Walfisch. Er hat einen bei hundert Klafter hohen,
vollkommen runden Kopf, und sieht somit einer Kugel gleich, welche hundert
Klafter im Durchmesser hat und sich in der Mitte bis ganz nach rückwärts öffnen
läßt. Dieser Kopf hat weder Zähne noch Finnen, sondern sowohl der untere als der
obere Teil dieses großen Rundrachens ist eine vollkommen flache und harte
Scheibe. An deren hinterstem Teile oder an der Vormündung des weiten Schlundes
befindet sich eine lange, dehnbare Doppelzunge, welche dieser Fisch gebraucht,
um die zwischen den zwei Rachenscheiben zerquetschte Nahrung in den Schlund zu
ziehen. – An den Kopf schließt sich der eigentliche Mittel- oder Hauptleib des
Fisches. Dieser ist bei einem gut ausgewachsenen Fisch nicht selten nahe
dreitausend Klafter lang und bei eintausendfünfhundert Klafter vom Bauche bis
auf den Rücken hoch. Da, wo er am dicksten ist, hat er nicht selten einen
Durchmesser von nahezu tausend Klafter. An dem Leib ist ein etwa tausend Klafter
langer Schweif, welchen dieser Fisch vorzugsweise zu seinen Bewegungen und
Wendungen im Wasser benützt. Auf dem Rücken dieses Fisches sind äußerst starke
und nicht selten über hundert Klafter im Durchmesser habende Flossen angebracht.
Am Bauch hat er zwei förmliche Schwimmarme, ungefähr wie bei euch die Seehunde
oder Walrosse sie haben.
[Sa.01_017,05] Wenn ihr den Bisorhiohiohio ein wenig vor die Augen eurer
Gefühlsphantasie führt, dürfte es euch wohl klar werden, daß dieser Fisch, wenn
er auf irgendeinem Land eurer Erde zu liegen käme und noch dazu seine
Rückenflossen ausspannen möchte, da mit den höchsten Bergen der Erde wetteifern
dürfte. Er wird aber selbst von den Saturnbewohnern bald ein schwimmender Berg,
bald eine schwimmende Insel, bald auch ein schwimmendes Land genannt; einige
nennen ihn auch den Wasserplaneten.
[Sa.01_017,06] Wird der Bisorhiohiohio auf diesem Planeten auch gefangen? –
Nein, vor diesem Fisch hat ein jeder Saturnbewohner einen außerordentlich großen
Respekt. Denn wenn sich irgend etwas auf der Oberfläche des Wassers ihm naht,
macht er alsbald seinen großen Kugelkopf auf, schießt mit großer Schnelligkeit
auf den im Wasser schwimmenden Gegenstand zu und zerquetscht durch die große
Schwere und Kraft des Kopfes denselben, sobald er in seinen Rachen geraten ist,
und verzehrt ihn. – Zum größten Glück aber bewohnt dieser Fisch zumeist nur die
Polargegenden unseres Planeten, welche vermöge ihres immerwährenden Schnees und
Eises für die Saturnbewohner noch viel unzugänglicher sind als für die Bewohner
der Erde die Polargebiete. Daher geschieht es auch äußerst selten, daß irgendwo
ein solcher Fisch von den Bewohnern des Saturn gesehen wird. Wenn er aber in den
nördlicheren Teilen der Saturnländereien, wo er sich zumeist aufhält, von einem
oder dem andern Saturnbewohner gesehen wird, so gilt das allezeit für eine
schlimme Vorbedeutung. Diese Menschen flüchten da auch alsbald in die innersten
Teile der Länder; denn sie sind der Meinung, dieser Fisch sei von den schlimmen
Geistern des Eises zu ihrem Untergang dahingesandt worden. An eine Stelle, wo
ein solcher Fisch gesehen wurde, getraut sich dann lange Zeit kein Saturnmensch
mehr seinen Fuß zu setzen. Aus diesem Grund geschieht es auch, daß die
nördlichen Teile des Saturn, das heißt seine dortigen Ländereien, entweder gar
selten oder zumeist gar nicht bewohnt werden.
[Sa.01_017,07] Ihr werdet hier nun fragen: Was hat denn eigentlich dieser Fisch
für eine Bestimmung? – Dieser Fisch ist das letzte Aufnahmeorgan alles
Geistig-Seelischen des Wassergetiers, und aus ihm verteilt es sich dann wieder
in allerlei Getier der Luft. Denn in diesem Organ bildet sich dem
geistig-substantiellen Teile nach nicht nur eine künftige Lufttierart aus,
sondern die gesamte Lufttiergattung dieses Weltkörpers geht aus ihm hervor, ohne
daß er darum zu sterben braucht. In dieser Hinsicht ist er, mehr als einem Tier
einem kleinen Planeten ähnlich, welcher auch ein bleibendes Organ ist, durch
welches zahllose geistige Gattungen, sich wohl unterscheidbar ausbildend,
hindurchgehen können. Es ist zwar mit eurem Walfisch beinahe derselbe Fall; doch
was die Allgemeinwirkung betrifft, so steht er dem Bisorhiohiohio bedeutend
nach. Denn der Walfisch der Erde progeneriert nur die Gefiedertiergattungen der
Polarländer, während unser Saturnwalfisch den ganzen Planeten mit den
gefiederten Einwohnern der Luft versieht, das heißt, es werden in ihm die Seelen
aus den Wassertieren in die verschiedensten Seelenarten der gefiederten Bewohner
der Luft übertragen.
[Sa.01_017,08] Dieser Fisch ist demnach der größte und zugleich auch
allerbeachtenswerteste dieses ganzen Planeten. Ihm zur Seite steht aber noch
eine zahllose Klasse von Fischen und Amphibien aller erdenklichen Art, welche
sich wohl unterscheiden in der Größe, Form und Tauglichkeit. So gibt es neben
diesem Riesenfisch noch etwa hundert weitere Arten, welche sich, was die Größe
betrifft, mit eurem Walfisch gar wohl messen könnten. Sie aber alle besonders
aufzuführen und näher zu beschreiben, wäre für den Zweck, um deswillen Ich euch
diesen Planeten enthülle, viel zu weitläufig und eben darum auch gar nicht
dienlich. Wenn ihr aber selbst geweckteren Geistes werdet, dann wird es euch
ohnedies ein leichtes sein, euch selbst in die kleinste Einzelheit nicht nur auf
diesem, sondern auch auf anderen Planeten umzusehen.
[Sa.01_017,09] Und somit lassen wir die Tiere der Gewässer dieses Planeten ruhen
und gehen über auf die Bewohner der Saturnluft, welche euch schon bedeutend mehr
interessieren werden als alle Wassertiergattungen, die wir bisher kennengelernt
haben.
[Sa.01_018] – Die kleinen Flügeltiere. Die Saturnfliege. Der Fliegende Stern.
Der Riesenschmetterling Com und die Verwendung seines Federschmucks.
[Sa.01_018,01] Wenn ihr euch auf eurer Erde ein wenig umseht, werdet ihr neben
den vielen Gattungen der Vögel noch eine bei weitem größere Wesen- und
Gattungszahl jener kleinen beflügelten Tierchen finden, welche euch unter dem
allgemeinen Namen der fliegenden Insekten bekannt sind. Solcher Wesen gibt es
auch auf dem Saturn die verschiedensten Gattungen und Arten in großer Menge.
Unter ihnen spielt, ebensogut wie auf der Erde, die Fliege eine Hauptrolle.
Diese ist auch das einzige Tierchen auf dem Saturn, welches der Fliege auf der
Erde in allem vollkommen gleich ist. Nur an den Seen und Flüssen hält sich hie
und da eine größere Gattung oft zahlreich auf. – Diese Fliege ist am Tage von
bläulichweißer Farbe. Nach dem Untergang der Sonne, da die Fliege gewöhnlich am
tätigsten wird, leuchtet sie wie ein heller Stern, ungefähr auf die Weise (nur
viel stärker) wie bei euch die sogenannte Sumpfastel oder das Sonnwendkäferchen
oder wie in Amerika und auch in anderen südlichen Tropenländern der sogenannte
Laternenträger. Unsere Saturnfliege würde aber dennoch diese alle an Helle ihres
Lichtes übertreffen, weil ihr Licht vollkommen weiß ist und sie auch größer ist
als jedes fliegende Insekt auf der Erde. Die Saturnbewohner ergötzen sich gar
oft zur Nachtzeit an dem munteren Fluge dieser Tierchen, wenn sie so zu
Tausenden die Luft kreuz und quer durchzucken.
[Sa.01_018,02] Das wäre ein bemerkenswertes Tierchen, welches zu den
Luftbewohnern gezählt werden kann. – Eine andere Insektenart, welche hier und
auf keinem andern Planeten wieder vorkommt, ist der sogenannte Fliegende Stern.
Dieses Tierchen hat seine besondere Lebenstätigkeit auch nur zur Nachtzeit.
Seine Wohnung während der Tageszeit ist der euch schon bekannte Pyramidenbaum.
Zur Nachtzeit, und zwar schon bald nach dem Untergang der Sonne, bildet es für
die Saturnbewohner ein erhebendes Schauspiel, wenn in der Abenddämmerung
Tausende solcher leuchtender Sterne dem Pyramidenbaum entfliegen.
[Sa.01_018,03] Warum wird denn dieses Tier ein „Fliegender Stern“ genannt? –
Dieser Name wird ihm darum beigelegt, weil es auf jeder Seite seines
länglichrunden Körpers drei pyramidenförmig zugespitzte, ziemlich stark
leuchtende Flügel besitzt, welche bei ihrer Ausbreitung diesem Tierchen die
Gestalt eines sechsstrahligen Sternes geben. Wenn das Tierchen vollkommen
ausgewachsen ist, hat es etwa eine Spanne im Durchmesser, und seine Flügel
leuchten im Fluge besonders stark. Da dieses Tierchen sich dabei nicht gar zu
weit von seiner Wohnung begibt, bekommen diese riesigen Bäume für den
Saturnbewohner nicht selten ein sehr erhebendes Aussehen, wenn sie die Nacht
hindurch von vielen Tausenden solcher Sterne nach allen Richtungen umschwirrt
werden.
[Sa.01_018,04] Neben diesem leuchtenden Insekt gibt es aber noch eine Menge, die
ebenfalls in den verschiedensten Farben zur Nachtzeit leuchten; aber ihr Licht
ist nicht so stark, und die Tierchen sind bei weitem kleiner. So werden sie von
den Saturnbewohnern auch gar wenig beachtet, da es mehrere große Vogelgattungen
gibt, deren Gefieder bei Nacht ein sehr helles Licht von sich wirft, besonders
wenn sie fliegen.
[Sa.01_018,05] Da demnach im Reich der Insekten nicht so viel Erhebliches mehr
zu finden ist, wollen wir sogleich einen Übergang zu dem Reich der Vögel machen.
Und auf dieser Übergangsbrücke wollen wir noch einigen Schmetterlingen unsere
Aufmerksamkeit widmen.
[Sa.01_018,06] Wie die Schmetterlinge auf der Erde auf ihren Flügeln die
schönsten Farben und Zeichnungen tragen, so ist es auf diesem Planeten noch um
so mehr der Fall. – Ein Schmetterling, unter dem Namen Com bekannt, ist der
größte und prachtvollste aller Schmetterlinge dieses Weltkörpers. Wenn er seine
Flügel ausgespannt hat, dürfte er auf der Erde so ziemlich ein Vierteljoch
Grundes bedecken. Sein Leib ist nicht selten bei zwanzig Klafter lang und hat
nahe eine Klafter im Durchmesser. Seine Füße sind stärker als auf der Erde die
eines Elefanten. Ein jeder Fuß hat sechs Glieder und ist so eingerichtet, daß er
im Falle der Not bedeutend verlängert werden kann. Seine Fühlhörner sehen fast
aus, als stünden an seinem Kopf zwei hohe Pappelbäume; nur sind die Zweige links
und rechts ganz gerade regelmäßig eingeteilt, ungefähr so wie die Nadeln an
einem Tannenzweig. Sein Saugrüssel ist länger und stärker als der eines
Elefanten auf der Erde. Und so sieht dieser Schmetterling seinem Körper nach
einem äußerst robusten Tiere ähnlich, was er aber dessenungeachtet nicht im
geringsten ist. Dieses Tier ist außerordentlich menschenscheu und es gehört sehr
viel dazu, irgendwo eines zu fangen. Diese Schwierigkeit wird durch seinen
schnellen Flug noch ums Bedeutende vermehrt.
[Sa.01_018,07] Junge Mädchen sind dort zumeist am geschicktesten, dieses Tier zu
fangen, weil sie sich leichter in der freien Luft erhalten können als das
männliche Geschlecht. Zu diesem Zweck bedienen sich solche Mädchen nicht selten
eines künstlichen Flügelpaares und fliegen unserem Schmetterling oft mit großer
Eile nach. Wenn sie ihn dann in der Luft fangen, gilt das als ein förmliches
Jubelfest unter ihnen; denn alles von diesem Schmetterling wird zur
Ausschmückung ihrer Kleider verwendet, weil fast auf keinem Planeten das
weibliche Geschlecht, besonders in den jungen Jahren, so viel auf ein zierliches
Gewand hält wie auf diesem. Damit ihr aber seht, warum dieser Schmetterling
einen so großen Wert hat, wird es wohl nötig sein, seine Pracht euch ein wenig
zu zeigen. Es wird aber zugleich auch ziemlich schwer halten, euch von der
beinahe übersinnlichen Schönheit dieses Tieres einen richtigen Begriff zu
machen. Seine Flügel sind vollkommen viereckig und haben nur beiderseits an den
Enden gegen den Kopf zu eine auslaufende Spitze, die ungefähr anderthalb Klafter
lang ist und eine ziemliche Ähnlichkeit hat mit einem sehr breiten Schwert.
[Sa.01_018,08] Die Farbe des oberen Teiles der Flügel sieht aus als wäre die
Fläche von poliertem, hochrosenfarbenem Gold. Auf dieser Goldfläche hängen oder
stecken vielmehr eine große Menge der allerschönsten Federn, alle möglichen
Farben in sich enthaltend. Diese Farben spielen in poliert-metallischem Glanz
und verändern sich bei der geringsten Wendung so, daß man auf einem Punkt bei
den verschiedenen Wendungen alle erdenklichen Farben zu Gesicht bekommen kann.
Diese Federn sind in solcher Ordnung auf der Oberfläche des Flügels angebracht,
daß dadurch die schönsten Zeichnungen und Formen herauskommen. Die Zeichnungen
und Formen sind aber nicht so beständig wie auf den Flügeln eurer
Schmetterlinge; sondern die Anordnung ist so, daß bei den verschiedenen
Wendungen, durch welche die Farben verändert werden, auch allzeit ganz andere,
wunderbare Formen zum Vorschein kommen. Die Ränder der Flügel sind ungefähr mit
solchen Federn geziert, wie sie bei euch die Pfauen an ihrem Schweif haben; nur
sind sie größer und viel lebhafter glänzend in ihrer Farbenpracht. – Die untere
Fläche der Flügel ist ähnlich einer polierten Goldfläche, so sie mit einer
feinen, grünen Farbe überzogen werden möchte. – Die Füße dieses Tieres sind
ebenfalls mit den herrlichsten Federn bekleidet; wie auch der ganze übrige Leib.
Die Fühlhörner sind aber doch das Allerprächtigste bei diesem Tiere. Ihr
Hauptstamm ist äußerst leicht und vollkommen aussehend wie durchsichtiges Gold.
Er spielt, wenn ihr euch solches vorstellen könnet, ebenfalls bei jeder Wendung
in den verschiedensten Farben, ungefähr so, als wäre er eine geschliffene
Diamantstange, an welcher zu beiden Seiten ebensolche Federn angebracht wären,
mit denen die Ränder der Flügel geziert sind. Der Saugrüssel ist von blendend
weißer Farbe und sparsam unterwunden mit Bändern, die einen Regenbogen an
Farbenpracht übertreffen.
[Sa.01_018,09] Das allerwunderbarste aber sind die Augen des Tieres. Diese
möchtet ihr vor lauter Spiegelglanz so wenig anzuschauen imstande sein wie die
Sonne bei ihrem Aufgang oder Untergang. Wenn aber das Tier getötet wird, vergeht
diese Augenpracht. Daher werden dessen Augen eben nicht in großem Wert gehalten,
dessenungeachtet aber sorgfältig ausgelöst und von ihrer Feuchtigkeit entleert.
Durch geschickte Verwendung machen dann die Frauen daraus eine Art Hausbeutel
oder Taschen, welche wegen ihrer ziemlichen Durchsichtigkeit und ihrer
Dauerhaftigkeit bei den eleganten Frauen dieses Planeten ungefähr die Stelle der
sogenannten „Ridiküls“ vertreten. Weggeworfen wird von diesem Tiere nichts als
allein der nackte innere Leib; alles andere wird zum Schmuck der
außerordentlichsten Art verwendet.
[Sa.01_018,10] Warum hat denn aber dieser Schmuck einen so außerordentlichen
Wert? – Das hat drei Ursachen. Die erste ist, weil dieses Tier selten und bei
seiner Seltenheit äußerst schwer zu bekommen ist; zweitens, weil alle diese
Federn sehr dauerhaft sind, ja die Saturnweiber halten sie für unzerstörbar; und
fürs dritte, weil eben diese Federn von der größten Leichtigkeit und von
fortwährend gleichmäßig anhaltender Pracht sind.
[Sa.01_018,11] Es gibt hier auch eine Vogelgattung, deren Federn diesen
Schmetterlingsfedern ähnlich sind. Diese Vogelfedern werden nicht selten von so
manchen Saturnspekulanten als echte Ware zum Verkauf ausgeboten. Allein da gibt
es dann ganz wohlausgebildete Schmuckfedernkenner, welche die echten von den
falschen ungefähr so unterscheiden, wie bei euch die Juweliere falsche
Edelsteine von den echten. Wehe aber dort einem solchen Schmuggler, wenn er in
die Hände solcher mit falschen Federn betrogener Weiber gerät. Da wird er mit
eben diesen falschen Federn, welche sie zuvor an den sehr dichten Kielen
abspitzen, so kreuz und quer zerkratzt, daß ihm für die Zukunft alle Lust
vergeht, mit falscher Ware irgend jemand wieder zu hintergehen; auch kauft einem
also zugerichteten Handelsmann niemand mehr etwas ab.
[Sa.01_018,12] Seht, das ist nun unser berühmter Schmetterling; und ihr hörtet,
wie er gefangen und benutzt wird. Es ist fast unnötig, noch zu erwähnen, wie
sich die Saturnfrauen dieses Schmuckes bedienen. Aber im Vorübergehen kann ja
wohl bemerkt werden, daß sich manche sehr eitle fast den ganzen Leib mit diesen
Schmetterlingsflügeln so überziehen, daß man sie am Ende schon nahe für solche
Schmetterlinge selbst halten könnte. Das ist genug, denn ein mehreres ist nicht
nötig von dem zu erfahren, was Mir im Saturn so wenig gefällt wie auf der Erde.
[Sa.01_018,13] Daß es aber außer diesem Schmetterling noch eine fast zahllose
Menge solcher Tiere in allen Farben, Arten, Gattungen und Größen gibt, könnt ihr
daraus schon sehr leicht entnehmen, wenn ihr euch dieses Planeten
Mannigfaltigkeit in all dem, was auf ihm ist, vor Augen stellt.
[Sa.01_019] – Fledermausarten. Die fliegende Kuh. Das fliegende Band.
Schmuckhandel auf dem Saturn.
[Sa.01_019,01] Bevor wir nun zu den eigentlichen Vögeln übergehen, wollen wir
noch diejenige Gattung geflügelter Tiere ein wenig zu Gesicht nehmen, welche auf
der Erde in den Bereich der sogenannten Flattermäuse und noch anderer
dergleichen, mit ähnlichen Spannflügeln versehener Tiere gehören. – Gibt es auf
unserem Planeten solche Tiere? – Allerdings, und dazu bei weitem mehr als auf
eurem Erdkörper. Es gibt zwar durchaus keine Fledermäuse im eigentlichen Sinne;
aber es gibt andere Tiere in großer Menge, welche mit ähnlichen Spannflügeln
versehen sind. Wenn wir jedes dieser Tiere sonderheitlich betrachten wollten,
würdet ihr dazu mehr als zehntausend Bogen Papier brauchen. Dieses wäre aber
doch sicher etwas Unnützes. Daher wollen wir von dieser Gattung der Tiere dieses
Planeten ebenfalls nur ein paar herausheben, auf die anderen aber dann nur einen
allgemeinen Blick werfen.
[Sa.01_019,02] Ein besonders merkwürdiges Exemplar dieser Tiere wird von den
Saturnbewohnern die Fliegende Kuh genannt. Dieses Tier ist von ausnehmender
Schönheit und dürfte ungefähr so groß sein wie bei euch ein wohlausgewachsener
Ochse, nur ist es ungefähr um eine halbe Klafter länger gegen den Schweif zu als
ein Ochse bei euch. Dieses Tier hat auch vier Füße, die mit schönen,
blendendweißen Klauen versehen sind. Auf dem Rücken ist es rot und am Bauche
lichtgrün. Die Haut aber sieht so klein-wollicht glänzend aus wie bei euch der
allerfeinste Seidensamt. Der Kopf dieses Tieres hat ziemliche Ähnlichkeit mit
dem Kopf eines Windhundes, nur die Farbe ist ganz anders. Vom Halse angefangen
ist der Kopf lichtblau und vom Rücken angefangen bis an die Nasenschnauze mit
einem roten Streifen versehen. Der untere Teil des Kopfes aber geht nach und
nach ins Dunkelblaue über.
[Sa.01_019,03] In der Gegend der Vorderfüße laufen links und rechts zwei lange
Arme aus, welche, wenn sie ausgespannt sind, ungefähr sechs Klafter im
Durchmesser haben. Von diesen Armen aus spannt sich in Verbindung mit den
hinteren Füßen eine starke Haut aus, versteht sich von selbst, nur dann, wenn
das Tier fliegen will; denn fliegt das Tier nicht, so legt es die Arme zusammen,
und zwar jeden in drei Glieder. Diese Arme schmiegen sich so geschickt an den
übrigen Leib an, daß man in einer geringen Entfernung ihrer kaum gewahr wird.
Wenn aber dieses Tier die Arme zum Fliegen ausspannt, sieht es am schönsten aus;
denn die Haut dieser Arme ist ebenfalls blendendweiß. Und ein jeder Arm ist am
Ende mit vier wohlgestalteten Fingern versehen, die zum Festhalten zugleich noch
mit starken Spitznägeln versehen sind. Die Flügelhaut aber sieht aus wie ein
allerfeinst poliertes Gold, welches mit regelmäßig ineinanderlaufenden Punkten
und Streifen von hellroter Farbe geziert wäre. Die Ränder dieser Flügelhaut sind
verbrämt wie mit einem leuchtenden Regenbogen und laufen überall in mehr als
eine Elle lange, ganz blendend weiße Fäden aus, welche ungefähr glänzen wie
Glasfäden, die mehr Glanz als die allerfeinste Seide haben.
[Sa.01_019,04] Die Augen der Fliegenden Kuh sind äußerst scharf und lebhaft und
funkeln bei Abenddämmerung wie Diamanten. Die Schnauze dieses Tieres ist
dunkelrot, und sein Mund hat eine frische, rote Farbe wie Rosen. Seine
zahlreichen Zähne sehen aus wie ein reiner Kristall. Die Zunge ist ebenfalls
hochrot und verhältnismäßig lang, so daß sich dieses Tier derselben zu allerlei
bedienen kann, so zum Waschen seines Gesichtes und zum Reinigen seines ganzen
übrigen Leibes; denn dieses Tier hat einen äußerst biegsamen Leib. Es kann sich
seiner langen Zunge ähnlich wie bei euch ein Hund zum Trinken bedienen. Und wenn
dieses Tier die Zunge zusammenrollt, und zwar der Länge nach, so bringt es durch
diese Zungenröhre einen äußerst starken Pfiff zuwege, welcher weit und breit
gehört wird; solches tut dieses Tier allezeit, wenn es auffliegen will.
[Sa.01_019,05] Warum aber wird denn dieses Tier dort die Fliegende Kuh genannt?
– Dieses Tier besitzt zwischen den beiden Hinterbeinen ein ganz vollkommenes,
mit vier Zitzen versehenes Euter, welches zur Zeit, wenn es Junge zur Welt
gebracht hat, mit einer überaus wohlschmeckenden Milch vollgefüllt ist. Es wird
daher auch von den Saturnbewohnern häufig gefangen, ja an manchen Orten sogar
als ein nützliches Haustier gezähmt; und solches um so leichter, weil es
überdies ein äußerst sanftmütiges Tier ist. Wenn ein solches Tier Junge wirft,
ist bei sechs geborenen Kälbern nur ein männliches darunter, welches, wenn es
vollkommen ausgewachsen ist, sich von den weiblichen dadurch unterscheidet, daß
es an der Stelle des weiblichen Euters, wie ungefähr bei euch die Schafe, den
sogenannten Geschlechtsbeutel hat und am Kopf zwischen den beiden herabhängenden
weißen Ohren ein ebenfalls ganz weißes, kleines, etwas nach rückwärts gebogenes
Hörnchen.
[Sa.01_019,06] Wenn ihr eure Gefühlsphantasie nur einigermaßen handhaben könnt,
wird es nicht schwer werden, euch die Schönheit dieses Tieres vorzustellen.
Freilich werdet ihr denken und sagen: Ja warum ist denn dieses Tier dort gar so
schön, und welcher Zweck ist denn damit verbunden? – Ich aber sage euch: Richtet
nur einen Blick auf so manche Schönheit eurer Blumen und auf deren mannigfache
schöne Form – könntet ihr hier nicht auch fragen: „Warum muß denn die Blüte gar
so schön sein? Wäre zur Hervorbringung eines höchst einfachen Samenkörnchens
nicht eine bedeutend weniger ansehnliche Blüte tauglich?“ – Seht, für solche
Fragen sind die Antworten noch nicht reif; denn was die Schönheit solcher Wesen
betrifft, so könnt ihr den Grund noch unmöglich erfassen, da er im Bereich
Meines Lichtes oder Meiner Weisheit liegt. – Daher begnügen wir uns nur mit der
alleinigen Anschauung und nehmen als den allgemein gültigen Grund aller solcher
Erscheinungen an, daß Ich, der übergute und höchst weise Schöpfer aller Dinge,
schon gar wohl wissen werde, wozu Ich die Dinge und Wesen so gestaltet habe.
[Sa.01_019,07] Nachdem wir also dieses Tier beschaut haben, wollen wir noch den
Blick auf ein anderes solches fliegendes Tier werfen. – Dieses nennen die
Saturnbewohner das Fliegende Band oder manchmal auch den Fliegenden Strick. –
Auf welche Weise kommt denn dieses Tier zu diesem Namen? – Wenn wir es erst ein
wenig beschaut haben werden, wird die Erklärung von selbst folgen. Seht, dieses
Tier hat seinem Leibe nach eine ziemliche Ähnlichkeit mit einem wohlgebildeten
Affen der Erde. Wenn es auf der Erde umhergeht, bedient es sich der Hinterbeine
gleich einem Menschen. Der vorderen Pfoten, welche sehr lang und gegen den Leib
zu bis zur Hälfte der Hinterbeine mit einer Flughaut versehen sind, bedient sich
dieses Tier ebenso wie sich der Affe seiner Vorderpfoten bedient. Wenn es
aufrecht steht, hat es eine Länge von drei Klaftern; wenn es sich aber
zusammenkauert, dann ist es mehr als um die Hälfte kürzer. Der Leib dieses
Tieres hat an und für sich gar nichts Ausgezeichnetes, außer daß er am Bauch
sehr lichtbläulich aussieht und zu Ende des Rückens dunkelrote Wolle hat.
[Sa.01_019,08] Was ist demnach aber das eigentliche Auszeichnende dieses Tieres?
– Solches ist sein Schweif, den es nur dann ausrollt oder vielmehr ausbreitet,
wenn es fliegt. Wenn es auf der Erde umhergeht, rollt es den Schweif so
geschickt zusammen, daß derselbe ihm über dem Steiß zu liegen kommt, als hätte
ihm jemand eine runde Rolle irgendeines Überzeuges angebunden. Dieser Schweif
hat bei einem ausgewachsenen Tier nicht selten eine Länge von neunzig bis
einhundert Klaftern eures Erdmaßes und ungefähr eine Breite von einer Elle und
ist bei alldem so fein, daß er im zusammengerollten Zustand kaum eine Rolle von
zwei Spannen Durchmesser bildet. – Das Aufrollen geschieht durch innere, durch
den ganzen Schweif gezogene Gefühlsfäden; denn der Schweif hat keine Glieder,
sondern ist nur eine Hautverlängerung des Rückens. Er zeigt die Farbe eines
allerhellsten Regenbogens und ist oben und unten mit kleiner und äußerst kurzer
Wolle also versehen, wie ein unaufgeschnittener Seidensamt, so daß diese Wolle
lauter kleine, sehr hellschimmernde Wollwärzchen bildet. Nun könnt ihr euch
schon von selbst die Frage beantworten, warum dieses Tier das „Fliegende Band“
genannt wird.
[Sa.01_019,09] Nur sehr selten findet man aber, besonders in den volkreicheren
Ländern, dieses Tierchen noch im Besitz seines Schweifes; denn die
Saturnbewohner gehen sehr häufig auf die Jagd dieses Tieres aus, welches sich am
Tage sehr leicht fangen läßt, da es zu dieser Zeit niemals auffliegt. Sobald ein
solches nun gefangen wird, geschieht ihm sonst zwar nichts, aber mit dem Schweif
kommt es auf keinen Fall mehr davon; denn dieser wird ihm alsbald knapp am
Rücken abgeschnitten und von den Saturnbewohnern, besonders den Vornehmsten des
Landes, als Kleiderschmuck benützt. Hauptsächlich sind wieder die Weiber große
Freundinnen dieses Schmuckes, nachdem sie ihn zuvor mit einem wohlriechenden
Blumenöle vollkommen biegsam und gleich eurem Leder zäh und haltbar gemacht
haben. Gewöhnlich wird dann dieser Schweif entweder als ein Stirnband getragen;
von manchen aber wird er auch um die Lenden geschlungen. Dieses Tier ist demnach
den Saturnbewohnern ein stets willkommener Gast. Und weil dem Tiere nach und
nach der abgeschnittene Schweif wieder nachwächst, wird auch dieses Tier in
einigen Ländern gezähmt und gleichsam im Hause aufgezogen.
[Sa.01_019,10] Mit dieser Zucht geben sich vorzugsweise die euch schon etwas
bekannten Saturnjuwelenhändler ab. Und da der Preis des Schweifes vornehmlich
nach der Länge bestimmt wird, so geschieht es nicht selten, daß sie zwei,
manchmal auch drei kürzere Schweife zusammenheften und sie dann als einen ganzen
verkaufen. Wenn dieser Betrug aber entdeckt wird, wird ein solcher
Saturnkaufmann von den Weibern ebenfalls sehr empfindlich gezüchtigt.
[Sa.01_019,11] Auf diesem Planeten ist es nämlich sehr häufig der Fall, daß die
Weiber über das männliche Geschlecht sozusagen die Jurisdiktion ausüben; denn
das männliche Geschlecht im Saturn ist gewöhnlich, wie bei euch zulande, äußerst
verliebt. Aus diesem Grunde ist es dann auch zu nachgiebig und läßt sich nicht
selten aus lauter Liebe zu den Weibern an der Nase herumführen, wie es den
Weibern nur immer beliebt. Jedoch sind anderseits die Weiber im Verhältnis zu
denen der Erde ums Unvergleichliche züchtiger und häuslicher; was dann auch sehr
bedeutend dazu beiträgt, daß ihnen die Männer höchst geneigt sind und ihnen auch
gerne so manche auszeichnende Vorrechte einräumen. Jedoch in der Folge, wenn wir
zu den Saturnbewohnern kommen, wird davon ohnehin alles gehörig beleuchtet
werden. Und so wenden wir uns wieder zu unserem Tierreich.
[Sa.01_020] – Unzahl fliegender Tiere ohne Gefieder. Vom Reich der Vögel. Die
Wasserhenne. Der Behor, eine große Reiherart. Der Himmelsbote, ein guter Sänger.
Der Flugtonakkord dieser Vögel. Gesang und Musik der Saturnmenschen.
[Sa.01_020,01] Wie schon anfangs bei der Kundgabe der fliegenden Tiere erwähnt
wurde, so ist deren Menge nach der Zahl der Gattungen und Arten für diesen
Planeten so übergroß, daß ihr, wie gesagt, kaum auf zehntausend Bogen ihre Namen
unterbringen würdet. Aber dennoch ist ihre verschiedenartige Gestaltung
bewunderungswürdiger als ihre große Anzahl selbst. Denn fast alle vierfüßigen
Tiere dieses Planeten wie auch sehr viele Fischarten finden in diesen fliegenden
Wesen auch eine Abartung. Und es verhält sich die Sache geradeso, als wenn ihr
auf eurer Erde sämtliche zahmen und wilden Tiere nebst allen Amphibien und den
meisten Fischgattungen möchtet wie eine Flattermaus beflügelt haben und hättet
dadurch beflügelte Elefanten, Pferde, Ochsen, Löwen, Tiger, Hyänen und so fort
die ganze Tierreihe hindurch. Was hier für die Erde nur beispielsweise angeführt
ist, das findet sich im Saturn buchstäblich vor – nur sind die fliegenden Tiere
viel kleiner als diejenigen, denen sie in der Form entsprechen, und die
unbeflügelten, die den festen Boden oder die Gewässer dieses Planeten bewohnen,
sind bei weitem größer, stärker und mächtiger.
[Sa.01_020,02] Nun könnt ihr euch schon einen Begriff machen, wie lebhaft es
hier aussehen muß. Und ihr könnt euch noch dazu das Angenehme denken, daß diese
Wesen zumeist gutmütiger Art sind und daß die Saturnmenschen durch die Stärke
ihres Willens fortwährende Meister sowohl der Elemente wie auch der allermeisten
Tiere sind (mit Ausnahme nur sehr weniger, welche ungefähr in dem Ansehen
unseres schon bekannten Fisches stehen).
[Sa.01_020,03] Nachdem wir nun unsere fliegenden Tiere im Saturn betrachtet
haben, und zwar diejenige Klasse, welche sich ohne Gefieder in die Luft erheben
und in derselben umherfliegen können, und dabei gesehen haben, wie groß ihre
Zahl und Mannigfaltigkeit ist, so dürfte sich euch wohl sicher der Gedanke in
einer bescheidenen Frage aufwerfen: „Wenn es so viel solcher fliegender Gäste in
diesem Planeten gibt, wer mag da noch bestehen? Da muß ja die Luft ganz voll von
ihnen sein, wenn alle Tiere auffliegen.“ Doch diese Sorge von eurer Seite ist
für diesen großen Planeten so gut wie vollkommen eitel. Denn bedenket nur, daß
dieser Planet über tausendmal so groß ist wie die Erde und daß er, wie ihr schon
wißt, über siebzig große Kontinente besitzt, von denen einige so viel
Flächenraum haben wie die ganze Erdoberfläche, wenn das Meer und die anderen
Gewässer festes Land wären. Es kann aber jedermann auf der Erde noch gar wohl
umhergehen, obwohl in der Luft, auf der Erde, in der Erde und im Wasser
Millionen Wesen aller Art leben. Wie aber der Mensch auf der Erde von den Tieren
nicht zu sehr belästigt wird, ebenso werden auch die Bewohner des Saturn von den
Tieren nicht bedrängt. Und ungeachtet dessen, daß es so viele und seltsame
Tiergattungen auf diesem Planeten gibt, werden diese im freien Zustand doch viel
weniger gesehen als so manche Tiere bei euch auf eurem Planeten, auf welchem
sich überhaupt alles in engeren Kreisen bewegt als auf dem Saturn.
[Sa.01_020,04] Damit ihr euch von der weiteren Ausdehnung in allem einen kleinen
Begriff machen könnt, mache Ich euch auf das aufmerksam, was Ich schon bei einer
früheren Gelegenheit erwähnt habe, und zwar gleich anfangs der Eröffnungen über
diesen Weltkörper, daß die Wohnungen der Saturnmenschen, für eure Füße
berechnet, weit voneinander entfernt liegen. Wie es aber mit den Behausungen der
Saturnbewohner steht, ebenso ist es auch mit allen andern Verhältnissen, da
alles seinen vollkommen hinreichenden Platz hat; aus welchem Grunde auf diesem
Weltkörper die Grenzstreitigkeiten so gut wie ganz unbekannt sind.
[Sa.01_020,05] Solches mußte hier vorangeschickt werden, damit ihr bei der noch
folgenden Aufzählung der gefiederten Luftbewohner und dann der Tiere des festen
Bodens nicht von einem schwindelnden Unglauben befallen werdet, so ihr die
folgende Unzahl der Tiere noch werdet kennenlernen.
[Sa.01_020,06] Und somit wenden wir uns nun zu unsern Vögeln! – Ihr wißt, wie
mannigfaltig diese Tiergattung schon auf eurem kleinen Planeten ist, wenn ihr
dieselbe vom riesigen Strauß bis zum kleinen Kolibri zu zählen anfangt. Was aber
ist diese Kleinigkeit gegen die Ausdehnung in unserem Planeten. Denn daselbst
gibt es noch ums Tausendfache mehr Gattungen dieses Getiers als auf eurer Erde.
Wenn ihr die Zahl der Gattungen bestimmt wissen wollt, so sage Ich euch, wenn im
Saturn von jeder Gattung nur ein Männlein und ein Weiblein vorhanden wären, so
gäbe das schon zweihundertundvierzig Millionen Vögel. Freilich wohl leben nicht
alle Gattungen in einem und demselben Land, sondern in einem jeden Land kommen
auch wieder andere Gattungen vor. So sehen diejenigen Gattungen, welche den
südlichen Teil eines Landes bewohnen, denen, welche den nördlichen Teil
bewohnen, durchaus nicht ähnlich, wenn sie auch einer und derselben Art sind.
Zum Beispiel eine Wasserhenne, welcher Vogel auf diesem Planeten sehr berühmt
ist, sieht in den südlichen Gewässern bei weitem anders aus als in den
nördlichen. Und so sind alle Vogelgattungen, sowohl zahme als nicht zahme, in
ihrer Gestalt und Farbe und auch in ihrer Tauglichkeit verschieden – vom Süd bis
zum Nord und vom Ost bis zum West eines und desselben Landes.
[Sa.01_020,07] Da ihr aus dem bereits Gesagten sicher entnehmen könnt, daß es
eine reine Unmöglichkeit für euch wäre, euer ganzes Leben hindurch nur mit der
Niederschreibung der Namen dieser Tiere fertig zu werden, so wird es euch auch
ersichtlich sein, daß es noch unmöglicher wäre, euch jeden einzelnen Vogel der
Gattung nach zu beschreiben nach allen seinen Verrichtungen, nach seiner Form
und nach seiner Bestimmung. Und so wollen wir aus dem befiederten Reich der
Tiere nur einige der merkwürdigsten kurz darstellend herausheben und nehmen
sogleich den ersten und größten Vogel dieses Planeten vor und werden ihn mit
einigen flüchtigen Blicken beschauen.
[Sa.01_020,08] Behor oder das Luftschiff heißt unser Vogel. Ihr könnt es
glauben, daß er, so er sich auf der Erde befinden würde, mehr Raum einnehmen
möchte als das allergrößte Linienschiff, ohne daß er dabei nötig hätte, seine
Flügel auszuspannen. Wenn dieser Vogel fliegt oder wenn er seine Flügel
ausspannt, so sind nach eurem Maß die Spitzen der beiden äußersten Flügelfedern
eine gute Stunde Weges voneinander entfernt. Die Kiele der Flügelfedern haben
einen größeren Durchmesser als die dicksten Eichbäume auf eurer Erde. Und eine
jede Feder am Flügel ist vom Kiele bis zur äußersten Spitze nicht selten bei
achthundert Klafter lang. Dieser Vogel hat ebenfalls sehr lange und starke Füße,
so zwar, daß wenn er auf seinen Füßen steht, dieselben für ihn fast ebenso etwas
zu lang herauskommen wie bei einem Fischreiher auf eurer Erde. Warum hat denn
aber dieser Vogel so unverhältnismäßig lange Beine? – Weil er ein Wasservogel
ist und sich somit beständig in den Meeresgegenden aufhält, wo er sich von den
Fischen nährt. Am Lande wird er niemals gesehen, sondern stets nur auf dem
Wasser schwimmend oder nicht gar zu hoch über der Meeresfläche dahinfliegend,
aus welchem Grunde er auch das „Fliegende Schiff“ genannt wird.
[Sa.01_020,09] Ist dieser Vogel etwa schön? – Nein, dieses Tier plagt die
Schönheit nicht. Wenn ihr in eurer Phantasie euch einen Fischreiher vergrößern
wollt, dann dürftet ihr so ziemlich die Gestalt unseres Fliegenden Schiffes euch
vor Augen gestellt haben. Er ist durchgehend von aschgrauer und mitunter
dunkelbrauner Farbe, hat einen Schnabel wie ungefähr eine Gans bei euch und so
ziemlich auch einen ihr ähnlichen Kopf, nur natürlich verhältnismäßig größer.
Denn einen Fisch, der in den Gewässern des Saturn so groß ist wie ein
ausgewachsener Haifisch in einem eurer Meere, verschlingt dieser Vogel mit
derselben Leichtigkeit wie ihr eine Erdbeere. Sonach hättet ihr die Gestalt
dieses Vogels so kurz und so gut wie möglich dargestellt.
[Sa.01_020,10] Nur dürfte vielleicht hier und da einer fragen, ob dieser riesige
Vogel den Saturnbewohnern etwa ein gefährlicher Gast ist? – Nein, das ist er
durchaus nicht, da er von sehr furchtsamer Natur ist und jede Annäherung des
Menschen, sogar die eines Kindes, flieht. Seine Größe ist mehr eine Scheingröße
als eine wirkliche Kraftgröße; denn nur seine reichlichen und viele Klafter
langen Federn machen ihn so groß aussehend. Wäre er dieser beraubt, so dürfte er
bei weitem nicht so viel wiegen wie die schwächste Frau dieses Planeten.
[Sa.01_020,11] Somit hätten wir nun einen, und zwar den größten Vogel dieses
Planeten, schon kennengelernt. – Auch dieser Vogel ist in den einzelnen Meeren
sehr verschieden an Größe wie auch an Farbe und Gestalt.
[Sa.01_020,12] Nach diesem Großvogel kommt als merkwürdigster Vogel des Saturn
einer unter dem Namen der Himmelsbote. Dieser Vogel hat die Gestalt und Farbe
einer weißen Taube bei euch; nur ist er natürlicherweise um nahe fünfhundertmal
so groß. Von diesem Vogel glauben die Saturnbewohner, daß er sich beständig in
der Luft herumfliegend aufhalte, da ihn noch nie jemand irgendwo hat aufsitzen
gesehen. In einer Hinsicht haben die Saturnbewohner wohl recht. Denn auf dem
Lande sitzt der „Himmelsbote“ auch wirklich nirgends auf, sondern fliegt bald
hoch bald nieder ganz gemächlich in der Luft umher. Aber wenn er also des
Fliegens müde geworden ist, fliegt er mit großer Schnelligkeit den
Meeresgegenden zu, wo er sich dann in den allerabseitigsten Winkeln der
Meeresufer verbirgt und daselbst seine Nahrung sucht, welche in einer Art
fetten, weißen Klippenmooses besteht.
[Sa.01_020,13] Hat er sich nach kurzer Zeit gesättigt und gestärkt, dann fliegt
er wieder auf, und zwar zu einer außerordentlichen Höhe, von wo aus er wieder
seine Luftpromenade landeinwärts macht. Besonders pflegt er solches gerne am
Morgen vor dem Aufgang der Sonne zu tun, aus welchem Grunde er auch in manchen
Gegenden den Namen der Sonnenbote führt.
[Sa.01_020,14] Dieser Vogel singt bei seinem Fluge allerlei Vogellieder, und das
in viel vollkommenerer Weise als bei euch eine Nachtigall. Daher wird er auch
nicht selten, besonders von den Weibern, der muntere Morgensänger genannt.
[Sa.01_020,15] Obschon dieser weiße Vogel besonders in den dem Meere näher
gelegenen Länderteilen sehr häufig gesehen und gehört wird, so bleibt dennoch
ein jeder Saturnbewohner gern stehen und sieht diesem Vogel so lange nach, bis
er ihn der Ferne halber verloren hat. Denn die Saturnbewohner sind manchmal so
erbaut vom Anblick dieses Vogels, daß sie sehr geneigt wären, ihm eine göttlich
Verehrung zu erweisen, wenn das von den Geisterengeln dieses Planeten zugelassen
würde.
[Sa.01_020,16] Damit solches nicht geschieht, haben diese Vögel den angeborenen
Instinkt, daß sie nichts so sehr meiden wie die Blicke der Menschen. Es darf
daher ein Saturnmensch einen solchen Vogel nur ins Auge fassen, so kann er auch
fest darauf rechnen, daß dieser Vogel sich bald seiner Schaulust entziehen wird.
Aus eben diesem Grunde bewohnt dieser Vogel auch allezeit solche Stellen, die
den Blicken der Saturnmenschen unzugänglich sind.
[Sa.01_020,17] Das Beachtenswerteste dieses Vogels ist sein zuweilen
außerordentlich schneller Flug, von dem ihr euch nicht mühelos einen Begriff
machen könnt. Denn wenn er so recht im Zuge ist, da ist es ihm ein leichtes, in
einer Stunde tausend eurer Erdmeilen zurückzulegen. – Wenn dieser Vogel bei der
Nacht fliegt, ist er durchaus weißglänzend zu sehen, so zwar, daß er in seinem
Schnellfluge fast dieselbe Erscheinung darbietet, wie bei euch auf der Erde ein
sogenannter fliegender Drache. Über das Land fliegt er besonders gerne bei
Nachtzeit, wo es dann für die Bewohner des Saturn ein Hauptschauspiel gibt. Ja
manche Saturnmenschen sind so eingenommen für diese Lichterscheinungen, daß sie
sich an jenen Orten, wo dieser Vogel häufig zu Hause ist, auf irgendeinem
baumfreien Hügel mit dem Rücken niederlegen, um sich nur desto ungehinderter am
Fluge solcher Vögel so recht sattgaffen zu können.
[Sa.01_020,18] Noch eine Merkwürdigkeit dieses Vogels besteht darin, daß, wenn
zwei, drei oder mehrere Vögel in gerader Linie ihren Schnellflug ausführen,
durch die schnelle Durchschneidung der Saturnluft ein ziemlich reiner Ton
erzeugt wird. Wenn dann mehrere Vögel dieser Art nach einer und derselben
Richtung hinschießen, bildet fast ein jeder Vogel einen anderen Ton. Und diese
Töne bilden zusammen dann nicht selten (nach eurer Kunstsprache) einen Akkord,
welcher vom pianissimo bis zum fortissimo und von da wieder ins pianissimo
verschwindet, wie ein angeschlagener Ton oder Akkord auf einem Klavier.
[Sa.01_020,19] Sehet, so hat dieser Vogel für die Saturnbewohner außerordentlich
viel Anziehendes, da sie große Freunde des Gesanges und ganz besonders von
harmonischen Tönen sind, aber dessenungeachtet sind sie eben nicht zu sehr
musikalisch. Sie haben auch nur höchst elende und dürftige Musik-Instrumente,
aber desto reinere Kehlen zum Gesang, wobei dann die Weiber gewöhnlich die
Melodien, die Männer aber nur Akkorde dazu singen. Die Sänger können sich mit
einem glücklich erfundenen Akkord oft tagelang unterhalten. Denn sie haben nach
einer Unterbrechung manchmal sehr viel Mühe, wieder einen guten Akkord zu
finden. – Doch was dergleichen fernere saturnmenschliche Verhältnisse betrifft,
wird alles am rechten Ort zudem noch deutlicher dargeboten werden. Da wir somit
von unserem Himmelsboten, Sonnenvogel und Morgensänger nichts Erhebliches mehr
berichten können, so wollen wir uns wieder zu einem anderen gefiederten
Luftbewohner wenden.
[Sa.01_021] – Die „Sänger über den Flüssen und Seen” Meister des Fugensatzes.
Die nördlichen Luftsänger. – Über die wirksamste Musik.
[Sa.01_021,01] Sänger über den Flüssen und Seen heißt die Gattung der Vögel, die
wir jetzt näher betrachten wollen. – Es ist dieser Vögel schon einmal Erwähnung
geschehen, ihres reizenden Gesanges wegen. Dessenungeachtet wollen wir ihnen
hier noch eine kleine Aufmerksamkeit widmen und vorerst sehen, welche Gestalt
ihnen eigen ist. Diese Vögel sehen so ziemlich euren Schwänen ähnlich; nur sind
sie gut ums Zwanzig- bis Dreißigfache größer als diese und ist im Verhältnis ihr
Hals nicht so lang, aber dafür viel dicker. Und was den Kopf betrifft, so ist
dieser ebenfalls im Verhältnis größer als bei euren Schwänen.
[Sa.01_021,02] Diese Vögel haben einen recht biegsamen Kehlkopf, mit welchem
eine sehr bewegliche Zunge in Verbindung steht, und haben auch im Verhältnis zu
ihrem übrigen Körpermaß eine große, sehr elastische und viel Luft fassende
Lunge. Sie sind die eigentlichen Musiker auf diesem Planeten und sind in
musikalischer Hinsicht Variationskünstler. Denn ein solcher Vogel hat das
Eigentümliche, daß er sich in seiner Gesangsweise nie wiederholt. Und so er
jahrelang singt, kommt dennoch nie wieder irgendeine schon gesungene Melodie zum
Vorschein.
[Sa.01_021,03] Das aber ist nicht das eigentlich Überraschende der Tonkunst
dieser Wassersänger; sondern daß, wenn mehrere Vögel, was gewöhnlich zu
geschehen pflegt, in Gesellschaft ihre Lieder singen, nie ein disharmonischer
Akkord zum Vorschein kommt. Denn wenn da ein Vogel zu singen anfängt, so singt
auch alsbald ein zweiter, dritter und vierter usw. mit, jedoch niemals eine und
dieselbe Melodie. Es wird aber dennoch ein jeder Vogel durch sein sehr zartes
Gefühl von dem Gesang eines andern Kameraden so gehalten, daß er seine ganz
eigentümliche Melodie stets also führt, daß sie mit der seines Vorsängers
niemals in einen unharmonischen Kontrast gerät. Solches ist auch der Fall, wenn
dreißig oder noch mehr solcher Vögel beteiligt sind.
[Sa.01_021,04] Wer ein Freund des strengsten und gelungensten sogenannten
Fugensatzes ist, dessen Ohren hätten da jahraus jahrein keine Rast. Denn nicht
allein daß hier stets neue Ideen sich begegnen, sondern diese Ideen werden da
also moduliert und wechseln die Grundtonarten so überraschend, daß sich davon
der größte Tondichter auf der Erde nicht den leisesten Begriff machen kann.
Denkt euch noch dazu die allerreinsten Stimmen, gegen die der Ton eines der
besten Sänger auf eurem Erdkörper ein barstes Gekreisch ist, so könnt ihr euch
schon eine kleine Vorstellung machen, welchen fröhlichen Genuß dies für einen
Saturnbewohner abgibt, der schon von seiner Geburt aus ein so großer Tonfreund
ist. Ich sage euch, wenn es euch möglich wäre, nur drei Töne aus der Kehle eines
solchen Wassersängers aus dem Saturn zu hören, alle eure Musik auf der Erde
würde euch bald für alle Zeiten unerträglich werden.
[Sa.01_021,05] Diese Wassersänger aber sind auch zugleich Schuld daran, daß die
Saturnbewohner, obschon sie so große Freunde der Musik sind, sich dennoch
äußerst wenig auf dieselbe verlegen. Sie sagen: „Unsere Kehlen sind gegen diese
Sänger nur aus plumpem Holze. Und die Töne, die wir jemals erfinden, sind
dagegen nicht anzuhören. Solange uns der große Geist der Geister diese Sänger
läßt, haben wir der herrlichsten Musik in großer Fülle“. – Und so wird auch
besonders von jenen Saturnbewohnern, die an den Ufern solcher Seen leben, die
Musik gar nicht betrieben, wohl aber von denjenigen, welche entfernter von
solchen Gewässern leben, darunter zumeist die Gebirgsbewohner.
[Sa.01_021,06] Können diese Vögel nicht gefangen und zahm gemacht werden? O ja,
das können sie recht wohl; aber wenn ein solcher Vogel gefangen ist, dann singt
er nicht mehr, und wenn da auch eine ganze Gesellschaft beisammen wäre. Sobald
er aber wieder freigegeben wird und auf dem Wasserspiegel herumschwimmt, da ist
auch der Virtuose schon wieder bei seiner Kunst.
[Sa.01_021,07] Seht, das sind demnach diese singenden Vögel, deren schon früher
einmal erwähnt wurde. – Es dürfte auch hier mit der Zeit sich die Frage
aufwerfen, ob diese Sänger in allen den vielen und großen Ländern dieses
Planeten zu Hause sind und wo sie sich in einem Lande vornehmlich aufhalten, ob
mehr im südlichen, nördlichen, östlichen oder westlichen Teile? – Da sage Ich
euch, daß diese Vogelgattung in den meisten großen Festländern dieses Planeten
zu Hause ist. Aber in den Ländern selbst hält sie sich dennoch zumeist in den
südlichen Regionen auf.
[Sa.01_021,08] Die nördlichen Teile sind nur sehr dürftig damit versehen, dafür
besitzen sie aber dann eine andere Vogelgattung, die ihnen diese
allerausgezeichnetste Sängergesellschaft entbehrlich macht. Jedoch sind diese
nördlichen Luftsänger keine Melodiensänger, sondern da singen mehrere so
zusammen, wie ein Wind durch die Saiten einer Harfe, Töne herauslockend, bläst.
Hier kommt's freilich nur selten vor, daß diese viel schwächeren Tonkünstler auf
einen wohlklingenden Akkord treffen. Aber für den Saturnbewohner, der nie
Gelegenheit hatte, die besseren Sänger zu hören, ist das dennoch etwas sehr
Erhebendes. Wenn diese Vögel auch nicht so wohlkonditionierte Wundersänger sind,
so sind sie aber anderseits desto heimischer. Und was ihre Gestalt betrifft, da
sind sie die bei weitem allerschönste und herrlichste Vogelgattung dieses
Planeten. Was aber diese betrifft, davon wollen wir in der nächsten Mitteilung
etwas Näheres kennenlernen. Und somit sei für heute mit unseren berühmten
Sängern die Mitteilung beschlossen!
[Sa.01_021,09] Wie sehen denn diese nördlichen Luftsänger aus? – Hier wird es
ein wenig schwer halten, eine gelungene Beschreibung zu geben, da auf der Erde
überhaupt kein ähnlicher Vogel anzutreffen ist. Dessenungeachtet wollen wir ihn
dennoch so darstellen, daß ihr euch zum wenigsten einen kleinen Begriff machen
könnt, wie derselbe gestaltet ist. Und so höret denn:
[Sa.01_021,10] Dieser Vogel ist so groß wie ein wohlausgewachsener Ochse bei
euch. Auf dem Leibe hat er durchweg grünlichgoldne Federn, welche mehr wollig
als glatt sind. Die kleineren Federn am oberen Flügelrand, vom Leibe angefangen
bis zum Ende des Flügels, sehen aus wie poliertes Gold, über welche man eine
hochrote Karminfarbe aufgetragen hätte. Die Schwungfedern der Flügel selbst sind
hellblau; die Ränder derselben aber sehen aus wie mattes Gold. Die Kiele der
Federn sind blendendweiß und schillern in verschiedenen Farben wie eine
Goldperlmuschel bei euch. Der Schweif besteht aus sehr langen Federn, die in
zwei Teile abgeteilt sind, wie ungefähr bei einer Schwalbe; nur sind diese
Federn nicht mit steifen, sondern mit weichen, langen und fliehenden Flaumen
bekleidet. Diese fliehenden Flaume haben ungefähr die Farben wie die Flaume an
der Schweiffeder eines Pfaues. An den äußersten Rändern oder Spitzen hängt ein
richtiger Mähnenbusch von solchen fliehenden Flaumen, welcher manchesmal bei
drei Ellen lang von den Federn herabhängt, aber bei allem so leicht ist, daß
sein ganzes Gewicht nach eurer Waage berechnet kaum ein halbes Quintel wiegen
dürfte. Diese Flaum-Mähnen sind mit allen Farben so gefärbt, daß sie bei jeder
Wendung in eine andere Farbe spielen.
[Sa.01_021,11] Die Füße dieses Vogels sind vollkommen weiß und wohl gebildet,
das heißt, nicht etwa nach der Art der Füße eurer Vögel. Der Unterschied besteht
darin, daß die Füße eurer Vögel gewöhnlich nackt und höchst mager sind, während
die Füße der Vögel im Saturn viel fleischiger und bis zur Kralle noch bekleidet
sind mit dem schönsten Gefieder, welches genau so aussieht wie das Gefieder des
Bauches, nur gewöhnlich etwas heller in der Farbe. Die sogenannten Vogelkrallen
oder, verständlicher gesprochen, die Finger oder Zehen am Fuße, sind bei den
Vögeln des Saturn zumeist gestaltet wie auf der Erde die Pfoten eines
wohlgebildeten Affen. Bei diesem unserem Vogel aber haben sie die Gestalt einer
richtigen Menschenhand, nur daß da auch die Finger bis an die Spitznägel mit
schönen leichten Federchen versehen sind.
[Sa.01_021,12] Also sähe dieser Vogel dem Leibe nach aus bis zum Kopfe. Allein
der Kopf ist zugleich auch das Merkwürdigste an diesem Vogel. Warum denn? Seht,
dieser Vogel hat im Ernst zwei Köpfe, aber nicht etwa so, wie ihr euch einen
Adler mit zwei Köpfen vorstellt, sondern diese zwei Köpfe stehen übereinander,
ungefähr wie wenn irgendein Frauenzimmer vom Scheitel ihres Hauptes aufsteigend
noch einen Aufsatz von einem Schwanenhalse hätte samt dessen Kopfe.
[Sa.01_021,13] Der untere Kopf ist ziemlich rund und hat der Länge nach von
unten nach oben einen Durchmesser von nahe zwei Fuß eures Maßes, der Breite nach
aber anderthalb Fuß. Dieser Kopf hat ein richtiges weibliches Menschengesicht,
nahezu wie bei euch auf der Erde die etwas seltenen sogenannten Meerjungfern,
und ist mit den reichsten, ins Dunkelblaue übergehenden langen Haaren versehen.
Über den Haaren befindet sich dann noch ein drei Ellen langer Hals mit einem
euren Schwänen nicht unähnlichen zweiten Kopfe, welcher diesem Vogel dieselben
Dienste tut, wie der Rüssel einem Elefanten.
[Sa.01_021,14] Durch diesen zweiten Kopf nimmt dieser Vogel keine Nahrung und
kann er auch keine nehmen, da dessen Hals mit keinem Schlund versehen ist.
Dessenungeachtet hat auch dieser Kopf seine zwei Augen, und da er sehr beweglich
ist, kann sich dieser Vogel mit den Augen dieses oberen Kopfes überall
umschauen, wohin er mit den Augen des untern Kopfes nicht hingelangen kann. Mit
den Augen des untern Kopfes, welche sehr scharf sind, kann er aber wieder über
weiteste Entfernungen alles sehr genau ausnehmen. Das Gesicht des untern Kopfes
ist aber nicht etwa nackt, sondern ebenfalls mit sehr kleinen, blaßroten
Federchen besetzt; nur die Lippen sind frei, ebenso die Mündungen der etwas
plattgedrückten Nase. Alles andere aber ist befiedert. Die Augen des untern
Kopfes sind groß und hellblau, und die Stirne geht gegen den oberen Hals ins
Blendendweiße über. Der Hals des oberen Kopfes aber ist hellviolett und der Kopf
ganz feuerrot. Der Schnabel ist bläulichweiß und sehr fest zum Halten
ergriffener Gegenstände.
[Sa.01_021,15] Wie nimmt dieser Vogel eigentlich seine Nahrung zu sich? Und wie
trinkt er? – Dieses geschieht auf eine sehr einfache Art. Er löst mit dem oberen
Kopf die Früchte vom Baume ab und hält sie vor den Mund des untern Kopfes,
welcher dann natürlicherweise mit seinen scharfen Zähnen, gleich den Affen bei
euch, sehr hurtig und munter hineinbeißt und dieselben auch bald verzehrt. Will
nun der Vogel trinken, so bedient er sich des oberen Kopfes statt eines
Trinkglases. Er schöpft nämlich in den ziemlich großen hohlen Raum des oberen
Kopfes das Wasser, führt es dann an den untern Mund und trinkt das Wasser aus
dem oberen Kopfe heraus.
[Sa.01_021,16] Das ist also unser zweiter, freilich wohl etwas unvollkommener
Sänger, indem er nur einen Ton singen kann. Aber dieser Ton ist dennoch so schön
und wohlklingend, daß er auf eure Ohren noch immer eindrucksvoller wirken dürfte
als ein vollkommenes irdisches Konzert.
[Sa.01_021,17] Denn ihr könnt es sicher glauben, daß selbst die Musik der
Himmel, wenn sie am reizendsten ist, nicht in einem Konflikt von vielen Tönen
besteht, sondern in einem ganz einfachen Ton. Diese Musik ist die ergreifendste
und die wirksamste. Denn prüfet es nur bei euch, was euch im Grunde lieber ist:
ein allerschönster Ton eines Sängers oder einer Sängerin – oder ein greller
Instrumentalakkord? Wenn aber jemand eine überaus reine und höchst wohlklingende
Stimme hat, ist's da nicht schade um jeden Ton, der verdeckt wird durch die
anderen überlagernden Töne? Es liegt also nicht in der Vielheit der Töne,
sondern in der Qualität des einzelnen Tones die ergreifende Wirkung der Musik.
Denn ein vollkommener Ton ist ja in sich selbst schon die allerreinste Harmonie,
da er nicht einzeln für sich zur vernehmbaren Erscheinung gelangt; sondern, wenn
er als Grundton auftritt, sind in ihm schon die ihm entsprechenden und von ihm
abgeleiteten Töne in gerechtem Klangverhältnis da, wie ungefähr bei einer reinen
Glocke.
[Sa.01_021,18] Also müßt ihr euch auch den Ton dieses unseres nun bekannten
Sängers im Saturn vorstellen; aber nur in einer ziemlich tiefen Oktave, so wie
z.B. das g, a und h in der großen Oktave bei euch. So könnt ihr euch eine
ungefähre Vorstellung vom Gesang dieses Vogels machen. Wenn er singt, so fängt
er höchst pianissimo an, steigert dann den Ton, ohne nur im geringsten höher
oder tiefer zu werden, bis zu einer solchen Stärke, als wäret ihr mit euren
Ohren knapp an einer Glocke, wenn sie geläutet wird. In dieser Kraft hält er den
Ton einige Sekunden lang. Dann läßt er ihn wieder schwächer und schwächer werden
bis zum gänzlichen Verschwinden. Wenn dann zwei, drei oder vier solcher Vögel
beisammen sind, und haben, wie ihr zu sagen pflegt, zufällig gutgestimmte
Kehlen, so gibt das einen überraschend wundervoll klingenden Akkord, welcher die
Saturnbewohner allezeit ergötzt.
[Sa.01_021,19] Freilich bleibt es dann nur immer bei einem und demselben Akkord
und steht diese Art Musik auch bei weitem der unserer bekannten Hauptsänger
nach; aber dennoch verfehlt diese einfache Musik nie ihren Zweck. Es möchten
zwei Saturnbewohner noch so erbittert gegeneinander rücken, was auf diesem
Planeten hier und da der Fall ist, so braucht's dann nichts mehr als eines
solchen einfachen Gesanges und die zwei Feinde werden im Augenblick zu den
innigsten Freunden. Aus diesem Grunde werden auch diese Vögel sehr häufig
„Ruhestifter“ genannt.
[Sa.01_021,20] Sie lassen sich auch zähmen und vertreten dann die Stelle eurer
Pfauen und werden als Ziervögel angesehen. Die gezähmten haben einen stärkeren,
aber dafür gewöhnlich etwas rauheren Ton in ihrer Kehle, während die ungezähmten
höchst reine Töne von sich hören lassen. Die gezähmten werden manchesmal auch
als Seltenheit in die südlichen Gegenden gebracht. Dort verlieren sie aber bald
ihre Stimme, zufolge anderer Kost, werden traurig und krank und gehen dann
gewöhnlich bald zugrunde, weshalb die nördlichen Bewohner, welche diesen Vögeln
sehr zugetan sind, nicht leicht zu bewegen sind, einen oder den andern Vogel
dorthin zu geben.
[Sa.01_021,21] Was die Geburt dieser Vögel betrifft, so bringt das Weibchen
lebendige Junge zur Welt und säugt sie mit einer sehr vollen Brust unter dem
Halse des untern Kopfes, fast wie bei einem Weibe; nur ist die Brust nicht
nackt, sondern mit leichten Federchen bekleidet.
[Sa.01_021,22] Jetzt kennt ihr alles von diesem Vogel. Nach ihm wollen wir nun
noch einiges Hausgeflügel betrachten und uns dann sogleich zu den Landtieren und
danach zum Menschen selbst wenden.
[Sa.01_022] – Die Haushenne, die Goldene Kugel und die Riesengans.
Beschaffenheit und Nutzen dieser Hausvögel.
[Sa.01_022,01] Wie bei euch auf der Erde, so spielt auch auf diesem Planeten die
Haushenne die vorzüglichste Rolle der Hausvögel. Nur sieht diese Henne im Saturn
bei weitem anders aus als die bei euch. Es gibt ja aber schon auf eurer Erde in
den verschiedenen Ländern und Weltgegenden auch verschiedene Arten und Gattungen
dieses Geflügels. Solches ist auch im Saturn der Fall. Doch es gibt dort dennoch
einen Vogel, der als die fast überall gleichartig vorkommende Henne bekannt ist.
[Sa.01_022,02] Wie seht denn diese Henne aus? – Sie ist wenigstens um hundert
Mal größer als die auf eurer Erde. Dann ist eine jede Henne gleichfarbig. Die
Flügel sind hochblau; der Rücken ganz weiß; der Schweif geht ins hochrote über;
der Bauch der Henne ist gefärbt wie eine Muschel, welche euch unter dem Namen
„Perlmutter“ bekannt ist; die Füße sind lichtrot; der Hals, vom Kopf angefangen,
ist lichtgrün bis in die Gegend der Füße, welche bei dieser Henne nahe an dem
Kopfe sich befinden, so daß der bei weitem größere Teil des Leibes sich hinter
den Füßen erstreckt.
[Sa.01_022,03] Wie sieht er denn bezüglich der Form aus? – Hier wird es wieder
ein wenig schwer halten, euch ein richtges Bild zu geben, da auf der
Erdoberfläche fast kein Vogel existiert, der dieser Henne im Saturn gliche. –
Sonach müssen wir uns schon mehr ins Sonderheitliche einlassen. Kennt ihr dann
solches, so wird es euch nicht zu schwer werden, den ganzen Vogel euch
vorzustellen.
[Sa.01_022,04] Der Kopf ist sehr groß, im Verhältnis noch größer als der einer
großen Nachteule bei euch zu ihrem sonstigen Leibe. Zu beiden Seiten des Kopfes
stehen zwei weiße Ohren in der Gestalt, wie sie ein Elefant bei euch auf der
Erde hat, aber nicht so herabhängend. Vor den Ohren sind zwei verhältnismäßig
große und sehr scharfe Augen, welche durch einen dunkelgrünen Federkamm
geschieden sind. Ein wenig unter den Augen sitzt ein starker, etwas stumpfer,
grauer Schnabel, auf welchen zwischen den Nasenlöchern, wie bei euch bei den
indianischen Hühnern, eine Art Rüssel herabhängt, welcher jedoch von diesem
Vogel mehr in eigenwilliger Gewalt gehalten wird als der bei den indianischen
Hühnern. Seine Farbe ist blutrot. Dieser also gestaltete Kopf ist mittelst eines
ziemlich langen, aber verhältnismäßig dicken Halses mit dem übrigen Leibe
verbunden.
[Sa.01_022,05] Der Leib der Henne aber hat an und für sich ohne die Flügel und
Füße eine vollkommen eiförmige Gestalt. Die Flügel sind verhältnismäßig kurz und
haben statt der festen Schwungfedern nur lange und mit weichen Flaumen versehene
Stiele. Derjenige Teil der Flügel aber, welcher dem Kopfe zugewendet ist, oder
wenn ihr es leichter versteht, der obere Flügelrand, ist durchweg mit solchen
Federn besetzt, wie sie auf der Erde die Strauße haben.
[Sa.01_022,06] Vermöge dieser etwas stiefmütterlichen Behandlung der Flügel sind
diese Vögel auch nicht geschickt zu einem Fluge. Da sie aber sehr lange und
feste Beine haben, können sie am Boden so schnell laufen, daß sie allein mit
natürlicher Laufkraft von den Saturnbewohnern nicht leichtlich eingeholt werden
können. Wenn daher die Saturnbewohner sich eine solche Henne fangen wollen, tun
sie dieses allzeit durch die Kraft ihres festen Willens, wovon zu seiner Zeit
schon noch mehr erzählt werden wird. Der Schweif dieses Vogels ist ein
Radschweif, aber nicht etwa auf die Art wie bei den indianischen Hühnern,
sondern so wie bei den Pfauen; nur ist er im Verhältnis größer und viel dichter.
[Sa.01_022,07] Nun setzt euch den Vogel zusammen, wie euch dessen Einzelteile
gezeigt worden sind, so könnt ihr euch einen ziemlich guten Begriff von seinem
Aussehen machen. Nur müßt ihr den angegebenen Federfarben einen schönen
metallischen Glanz hinzufügen, dann habt ihr das richtige Bild vor euch.
[Sa.01_022,08] Das Männchen unterscheidet sich nur durch die Größe von dem
Weibchen und durch seinen oft lästig gellenden Gesang, während die Henne nur
kurz abgebrochene Töne von sich stößt, welche eben auch nichts Angenehmes an
sich haben – darum auch bei den Saturnbewohnern, wenn sie einen recht schlechten
Gesang bezeichnen wollen, ein allgemeines Sprichwort lautet: „Höre auf mit
Singen, denn deine Stimme ist schlechter als die einer Henne!“
[Sa.01_022,09] Welchen Nutzen gewährt aber den Saturnbewohnern dieses Tier? –
Fast denselben, welchen euch eure Haushühner gewähren. Diese Hühner legen
nämlich sehr viele und sehr große Eier, welche von den Saturnbewohnern sogleich,
also roh, ausgetrunken werden, weil sie so auch am allerbesten schmecken; denn
die Substanz dieser Eier schmeckt so süß wie bei euch eine recht gute Kuhmilch
und ist auch viel schmackhafter als die Milch der großen Hauskühe im Saturn. Die
Schale des Eies, da sie sehr fest ist, wird beim schmäleren Teil glatt
abgenommen und sodann als besseres Trinkgefäß gebraucht, gewöhnlich für edle
Säfte, von denen der Saturnbewohner nur, wie er zu sagen pflegt, tropfenweise
Kost nimmt, obschon ein so ausgehöhltes Ei ganz gut fünf Eimer nach eurem Maße
faßt.
[Sa.01_022,10] Für dieses Hausgeflügel bauen die Saturnbewohner gewöhnlich einen
lebendigen Stall, das heißt sie pflanzen für sie den euch schon bekannten
Wandbaum an und machen dadurch einen länglichrunden Garten, der nicht selten
eine halbe Quadratmeile Raum faßt. In diesem ziemlich großen Stall werden dann
allerlei Grasarten und andere Pflanzen angesät und mitunter auch einige euch
schon bekannte Regenbäume gesetzt. Darin halten sich bei einem vermögenderen
Saturnbewohner manchmal einige tausend solcher Vögel auf, welche dann auch einen
bedeutenden Reichtum des sie besitzenden Saturnbewohners ausmachen. Da aber
diese Vögel nur unter sich verträglich sind und keinen fremden Gast in ihrer
Nähe dulden, so ist ein solcher Stall gewöhnlich allein für diese Vogelgattung
errichtet. Dieser Stall wird aber stets ziemlich entfernt von der Hauptwohnung
der Menschen erbaut. Warum, könnt ihr euch leicht vorstellen, so ihr euch an den
eben nicht sehr angenehmen Gesang dieses Vogels erinnert.
[Sa.01_022,11] Es gibt neben diesem Vogel noch mehrere Gattungen anderer
Hausvögel, welche weniger nützlich sind als dieser. Denn von diesem wird alles
gar wohl und nützlich verwendet auch sein Fleisch wird gegessen, und aus seinen
Federn werden, so wie bei euch, nicht selten weiche Lager bereitet. – Von den
anderen Hausvögeln dagegen wird sehr wenig gebraucht; daher sie auch mehr der
Unterhaltung und der Zierde wegen gehalten werden. Mancher wohlhabende
Saturnbewohner hat nicht selten alle möglichen Gattungen solcher zahmer Vögel
bei seiner Haushaltung. Mancher beschränkt sich aber nur allein auf die
Haushühner. – Von den übrigen zahmen Vögeln wollen wir aber nur noch ein paar
flüchtig betrachten.
[Sa.01_022,12] Einer, die sogenannte Goldene Kugel, wird von den Saturnbewohnern
wegen des großen Glanzes seiner Federn als eine Hauptpracht ihres Geflügels
gerne gehalten. Dieser Vogel sieht geradeso aus, als wenn ihr eine Kugel nehmen
würdet, welche wenigstens zwölf Klafter im Durchmesser hat. Unter dieser Kugel
aber denkt euch zwei starke Säulenfüße, mit strahlenartig ausgehenden Zehen
versehen. Diese Darstellung beschreibt schon die ganze Form dieses Vogels (es
versteht sich von selbst, wenn er seine Flügel geschlossen hat).
[Sa.01_022,13] Er hat beinahe gar keinen Kopf, sondern auf der vorderen Seite
nur einen breiten, aber sehr kurzen Schnabel, welcher nach eurem Maß kaum eine
halbe Elle lang, aber wohl bei vier Ellen breit und dunkelrot ist. Über dem
Schnabel hat er zwei ovale Augen, wovon ein jedes über eine Klafter lang und
dreiviertel Klafter breit ist. Die Farbe des Gefieders dieses Vogels ist ganz
vollkommen goldgelb, die Füße aber gehen anfangs ins Grüne und verlieren sich
endlich ins Rote. Das ganze Gefieder des Leibes wie auch der Flügel ist
vollkommen gleich groß und ganz flach, ohne weichen Nebenflaum, und glänzt wie
eine allerfeinst polierte Goldfläche. Am Tage sind diese Vögel für den
Saturnbewohner oft kaum anzuschauen und nehmen sich da aus, als wenn ihr eine
Menge vergoldeter Turmknöpfe auf eurer Erde herumwandeln sähet.
[Sa.01_022,14] Von diesem Vogel wird, wenn er stirbt, nichts benutzt als seine
Haut, welche ihm die Saturnbewohner ganz geschickt abziehen können. – Diese
Häute samt den Federn dienen bei feierlichen Gelegenheiten den Weibern als
Schulterschmuck, welcher sich auf ihren vollen und runden Armen sehr gut und
reich ausnimmt. Die Eier dieses Vogels werden aufbewahrt für die Nachbrut, bei
welcher Gelegenheit aber gewöhnlich unter zwanzig Eiern kaum eines eine
lebendige Frucht gibt.
[Sa.01_022,15] Das ist das Wesentliche von diesem beliebten Prachtvogel in der
Haushaltung der Saturnbewohner. Dann aber haben sie noch einen Vogel, der
ziemlich häufig angetroffen wird. Dieser kommt dem Leibe nach, was die Form
betrifft, einer Riesengans gleich. Das ist aber eben seine Auszeichnung nicht,
sondern diese besteht in seinem ungewöhnlich langen Halse, welcher vom Leib aus
nicht selten eine Länge von dreißig oder vierzig Klaftern hat. – Die sonstige
Leibfarbe ist bläulichgrau; die Füße aber sind, was auf diesem Planeten zu einer
großen Seltenheit gehört, ganz kohlschwarz. Die Farbe des Halses ist
zinnoberrot, aber dabei nicht matt, sondern sehr stark metallisch glänzend. Der
Kopf ist ebenfalls dem Kopf einer Gans bei euch ähnlich, nur natürlich im
Verhältnis zur übrigen Größe des Vogels, dessen Leib ungefähr die dreimalige
Größe eines Elefanten hat. Der Schweif dieses Vogels gleicht durchaus keinem
Vogelschweif, sondern vom Hinterteil seines Leibes hängt eine Art Pferdeschweif,
dessen Haare nicht selten bei fünf Klafter lang sind. Was die Füße betrifft, so
sind diese ebenfalls im Verhältnis mehr lang als kurz und sind, wie ihr zu sagen
pfleget, baumstark.
[Sa.01_022,16] Das ist nun die ganze Eigenart dieses Vogels. – Warum wird er
denn gehalten? – Wie schon früher erwähnt wurde, gewöhnlich nur aus Prachtliebe.
Sonst hat dieser Vogel gar nichts, was der Saturnbewohner gebrauchen möchte. Hie
und da werden wohl die Haare des Schweifes gesammelt und werden daraus Schnüre
und Stricke geflochten, welche aber eben nicht gar zu fest sind. Das übrige
Gefieder wird nicht benutzt.
[Sa.01_022,17] Dieser Vogel wird jedoch nur von den Bewohnern gehalten, welche
an den Seen oder Flüssen wohnen; denn er ist ein Wasservogel und nährt sich
zumeist vom Gewürme der Gewässer, darum er auch einen so langen Hals hat, mit
welchem er sehr leicht bis zum Boden reicht, da seine ihm zusagende Nahrung
sucht und sie auch alsbald verzehrt. Das Männchen zeichnet sich nur durch eine
reichhaltigere Schweifmähne vor dem Weibchen aus.
[Sa.01_022,18] Dieser Vogel legt seine Eier ins Wasser und läßt sie dann eine
Zeitlang umherschwimmen, bis ihm sein Instinkt sagt, daß sie vollkommen
abgekühlt sind. Dann breitet er seine Flügel über ein oder mehrere gelegte Eier
aus und rudert mit denselben einer ruhigen Wasserstelle zu, bei welcher
Gelegenheit sie dann unter seiner Beobachtung bald und sicher von selbst
ausgebrütet werden.
[Sa.01_022,19] Wenn dieser Vogel seine Eier bewacht, dann ist es nicht ratsam,
sich einer solchen Stelle zu nähern; denn da schwingt er alsbald seinen langen
Hals pfeilschnell gegen einen solchen Frevler und versetzt ihm mit seinem festen
Schnabel einen so derben Hieb, daß sich jeder für allezeit den Appetit vergehen
läßt, diesen Wasservogel noch einmal bei seinem allerwichtigsten Geschäft zu
stören.
[Sa.01_022,20] Das ist nun das Wichtigste und Denkwürdigste aus dem Geschlecht
der gefiederten Bewohner dieses Planeten! – Daß aber alle diese jetzt
vorgeführten Gattungen und noch tausend andere in den verschiedenen Ländern und
Saturnweltteilen auch in der mannigfaltigsten Abartung vorhanden sind, könnt ihr
euch sehr leicht vorstellen. – Und so wollen wir uns zu den Landtieren wilder
und zahmer Art wenden.
[Sa.01_023] – Die wichtigsten Landtiere. – Deren größtes, das Mud. Lehren der
Weisen über das Mud. Sein Schöpfungszweck.
[Sa.01_023,01] Auch bei den Landtieren wollen wir ihrer gattungsmäßigen und
artenmäßigen Vielheit wegen nur diejenigen betrachten, welche besonders
bemerkenswert sind und nirgend anders als nur auf diesem Planeten vorkommen.
[Sa.01_023,02] Das größte lebende Landtier dieses Planeten heißt Mud. Es findet
sich jedoch nur in wenigen Saturnweltteilen vor, und da nicht häufig, so daß
zusammengenommen auf dem ganzen großen Planeten kaum zehntausend solcher Tiere
vorhanden sein dürften. Die Länder, wo dieses Tier zu Hause ist, sind sehr wenig
bevölkert. Denn wegen der Größe und starken Gefräßigkeit des Mud haben nicht
viele andere Wesen neben demselben Platz. Und um mit diesem Riesentier zu
kämpfen – dazu besitzt kein Saturnbewohner den Mut. Daher überlassen sie das
Land, welches von solchen Tieren bewohnt wird, auch ohne weiteres Bedenken
denselben ganz und nennen es ein unbewohnbares „Mudland“. Auf den
Hauptkontinenten kommt es zwar nicht vor; aber es gibt sowohl südlich wie
nördlich von diesen Hauptkontinentländern noch andere große Eilande, und diese
Länder sind zumeist allerlei Gattungen solcher und anderer Tiere überlassen.
Jedoch keines wird von den Saturnbewohnern so sorgfältig gemieden wie eben ein
solches „Mudland“.
[Sa.01_023,03] Wie sieht denn dieses Tier aus? – Gibt es etwas ähnliches auf
dieser Erde? – Ja, es gibt auch hier ein ähnliches Tier; jedoch auf der Erde
spielt dieses Tier eine sehr untergeordnete Rolle, während es auf diesem
Planeten den ersten und fürchterlichsten Rang in jeder Hinsicht einnimmt, sowohl
was seine Riesengröße wie auch seine Wildheit und Gefräßigkeit betrifft.
[Sa.01_023,04] Welchem Tier auf eurer Erde sieht denn dieses große Tier ähnlich?
– Einem euch sehr wohlbekannten, nämlich einem Schwein. Aber was die Größe
betrifft, so wäre euer Erdschwein kaum groß genug, um auf dieses Saturnschweines
Leib ein Schmarotzertier zu machen. Ja selbst die großen Saturnmenschen kommen
sich beim Anblick dieses Riesentieres wie kleinwinzige Zwerglein vor. Ich sage
euch, wenn das Mud auf der Erde hinter einer hohen Alpe stünde, zum Beispiel
hinter der euch schon bekannten Choralpe, so müßtet ihr eure Blicke noch
ziemlich aufwärts richten, um den Scheitel des Rückens dieses Tieres zu
erschauen.
[Sa.01_023,05] Dieses für eure Begriffe ungeheuer große Tier ist ebenso gefräßig
wie euer kleines Schwein und hält durchaus nichts auf Leckereien, sondern was
ihm zunächst unterkommt, sei es Gras oder auch so manche Bäume oder Tiere
anderer Art oder auch Menschen wie auch Wassertiere, verzehrt es alsogleich mit
demselben Appetit.
[Sa.01_023,06] Weil aber dieses Tier mit seiner Größe auch eine verhältnismäßige
Kraft besitzt, so ist vergeblich, sich mit demselben in irgendeinen Kampf
einzulassen. Es haben schon wirklich einmal einige kühne Saturnbewohner einen
Versuch gemacht, mittels sehr langer, scharfer Spitzen, die sie auf über hundert
Klafter langen Stangen befestigt hatten, eines oder das andere solcher Tiere zu
bemeistern und strengten dabei ihre volle Willenskraft an. Allein sie sind ganz
übel zugerichtet worden. Das Mud war zwar an manchen Stellen verwundet, da aber
diese Verwundungen ihm nicht das Leben nehmen konnte, so wurde es durch den
Schmerz der Wunden wild und wütend und stürzte alsbald in einen sehr breiten
Fluß, um daselbst seine Wunden zu kühlen. Als sein Schmerz dort etwas gelindert
war, stand das Tier in dem Flusse wieder auf, schöpfte in seinen weiten Rachen
eine übergroße Menge Wassers und mitunter auch riesig große Steine aus dem
Grunde des Flusses und überspie mit diesem Inhalt seines großen Rachens seine
schon siegesfrohen Verfolger so, daß diese übel zugerichtet wurden und nur
wenige wieder in ihre Heimat zurückgelangen konnten. Einige Getötete aber wurden
von dem Tier, welches dann bald wieder ans Land stieg, mit wenigen Bissen
aufgezehrt.
[Sa.01_023,07] Damit ihr euch aber einen kleinen Begriff machen könnt, wieviel
ein solcher Rachen faßt, so sage Ich euch: Wenn es daselbst Nüsse gäbe, die noch
etwas größer wären als euer Schloßberg, so wäre eine solche Nuß eben für einen
Zahn dieses Tieres nicht zu groß, um mit derselben mit einem Druck fertig zu
werden. Wenn das Mud demnach einen vollen Rachen Wasser und Steine nimmt und
speite den Inhalt auf der Erde in eures Vaterlandes oberem Teil aus, so würde
ein solcher einmaliger Ausspeier für den unteren Teil eures Vaterlandes eine
Überschwemmung verursachen, die ihre Wellen über die höchsten Türme eurer Stadt
treiben würde.
[Sa.01_023,08] Wenn ihr das ein wenig beachtet, wird euch die Antwort auf die
Frage, ob die Saturnbewohner einen solchen Kampf wiederholen, von selbst klar
werden. Ja, aus diesem Grunde sind von den Saturnbewohnern seit allen Zeiten nur
drei solche verunglückte Versuche gemacht worden. Für jetzt aber ist ihnen alle
Unternehmungslust vergangen. Und ihre Weisen sagen auch:
[Sa.01_023,09] „Der Mensch kann mit seiner Kraft sehr viel vermögen, allein die
Monde, den großen lichten Ring, die Ströme, die Stürme des Meeres, den großen
Fisch und das Mud kann der Mensch mit seiner Kraft nicht bändigen. Darum wolle
er seine Kraft da anwenden, wozu sie angemessen ist. Übermächtiges aber soll der
Mensch nicht versuchen mit seiner begrenzten Kraft.“
[Sa.01_023,10] Und noch eine andere Lehre der Weisen dieses Planeten lautet
also: „Höret, ihr Menschen! Der Große Geist hat uns eine große Welt zu bewohnen
gegeben, und wir wissen nicht, wo sie anfängt und wo sie endet. In dem Lande
aber, wo wir geboren sind, kennen wir die Dinge, wie sie sind im Wasser, auf dem
Lande und in der Luft, und wir wissen und haben es allezeit erfahren, daß sie
unserer Kraft untertan sind. Hätte der Große Geist das Mud für uns bestimmt, so
müßte es auch unserer Kraft gehorchen. Wir wissen aber, daß es derselben mit
großer Leichtigkeit gespottet hat, da wir dasselbe uns untertänig machen
wollten. Also ist es ja so hell und klar wie die Sonne, die uns scheint den Tag
hindurch, daß der Große Geist außer uns noch andere Kräfte gesetzt hat, die
unserer Kraft nicht dienen sollen. Und wir sollen sie uns nicht dienstbar
machen. Daher bleiben wir in den gewiesenen Grenzen unserer Kraft und lassen
andere große Kräfte walten daselbst, wo sie der Große Geist hingesetzt hat.
Ferne sei daher von uns, wissen zu wollen, was der große lichte Kreis über uns
ist und was die Monde sind. Und ein Mudland bleibe von uns für alle Zeiten der
Zeiten unbetreten!“
[Sa.01_023,11] Wenn ihr diesen Weisheitsspruch ein wenig beachtet, wird es euch
sicher noch einleuchtender werden, welch eine Bewandtnis es mit der riesigen
Größe und großen Kraft dieses Tieres hat. Es wäre unnötig, euch weiter die
Gestalt desselben zu beschreiben, sondern eines jedweden eigener Phantasie und
Einbildung sei es überlassen, sich dieses besagte Tier, so gut es nur immer
geht, vorzustellen.
[Sa.01_023,12] Wird das Mud von den Saturnbewohnern zu öfteren Malen beobachtet?
O nein, solches geschieht äußerst selten. Und wenn je, dann nur so, daß es
entweder bei der Gelegenheit einer weiten Schiffahrt oder von irgendeinem,
solchem Mudlande nicht gar zu ferne gelegenen Vorgebirge eines
Hauptkontinentlandes aus gesehen wird. Denn gar zu sehr dem Ufer eines solchen
Mudlandes nahezukommen, ist nicht ratsam. Wenn dieses Tier eben nicht zu ferne
von seinem Land etwas auf dem Wasserspiegel Schwimmendes ersieht, macht es
einige Riesenschritte in das Meer hinein, und wenn dasselbe nicht gar zu tief
ist, gelingt es ihm auch, mit wenigen Schritten so etwas auf dem Meere
Schwimmendes einzuholen und es mit seinem ungeheuren Rachen zu begrüßen.
[Sa.01_023,13] Etwas für den Saturnbewohner ganz eigentümlich Abschreckendes und
Schauerliches ist das Gegrunze dieses Tieres; davon könnet ihr euch wahrlich
keinen Begriff machen. Ich kann euch davon nur so viel sagen, daß, so sich
dieses Tier z.B. im tiefen Ungarland befinden würde, richtete da seinen Rachen
gegen euer Land herauf und möchte einige Male grunzen, so würde dadurch die Erde
bis zu euch und noch ziemlich weiter in eine Mitbebung versetzt werden. Vor
lauter Erdbeben möchte nicht nur kein Gebäude eurer Stadt stehen bleiben,
sondern es würden auch einige benachbarte Alpen ihre nur einigermaßen lockeren
Felsenspitzen einbüßen. Aus dieser kleinen Schilderung kann auch schon ein wenig
klar sein, warum die Saturnbewohner eben nicht die größten Freunde dieses sehr
stark „bewegenden“ Gesanges von seiten des besagten Tieres sind.
[Sa.01_023,14] Übrigens hat dieses Tier trotz seiner ungeheuren Größe sehr
scharfe Sinne. Vorzugsweise ist sein Geruch- und Gehörsinn scharf, daher es auch
schon von weiter Ferne empfindet, ob sich auf dem Wasserspiegel etwas für seinen
Rachen Taugliches nähert. – Im übrigen aber ist es bei weitem nicht so
unreinlich wie das Erdschwein. Besonders was das Unrat-von-sich-Lassen betrifft,
da übertrifft das Mud an Reinlichkeit fast jedes euch bekannte Tier der Erde.
Bevor es seinen Unrat von sich läßt, wühlt es in das Erdreich ein sehr tiefes
Loch oder, nach euren Begriffen, einen Krater ungefähr im Umfang von einer
kleinen Stunde und nicht selten mehrere hundert Klafter tief. Ist ein solches
Loch gegraben, kehrt es sich an dieses Loch, läßt seinen Unrat hinein, und
scharrt dann sogleich wieder die vorher aufgegrabene Erde über denselben.
Dadurch hält dieses Tier sein von ihm bewohntes Land rein und düngt es auch ganz
zweckmäßig für einen folgenden Graswuchs, welcher gewöhnlich in diesen
Mudländern weit dichter und größer ist als die dichtesten Urwälder auf eurer
Erde.
[Sa.01_023,15] Nun bleibt uns nur noch eine kleine Frage übrig, nämlich: wozu
ist ein so kolossales Tier auf diesem oder auch auf einem andern Planeten wohl
nütze? – Die Antwort auf diese Frage werdet ihr schon bei der Erklärung des
großen Fisches finden. Wie jener einen allgemeinen Übergang des Wassertiers zum
Luftgetier bildet, so bildet auch das Mud einen ähnlichen allgemeinen Übergang
aus allen Tier- und Pflanzenstufen in eine edlere, dem Menschen näherstehende
Tiergattung. – Nun wißt ihr alles, was dieses Tier betrifft. Nächstens wollen
wir in kürzerem Durchflug unsere Betrachtungen über die Landtiere weiter
ausdehnen.
[Sa.01_024] – Der Saturn-Elefant Sisterkihi. Seine Beschaffenheit und
Lebensweise. Jagd auf dieses Tier. Schöpfungszweck desselben.
[Sa.01_024,01] Sisterkihi heißt das Tier, welches wir nun nächst dem Mud
betrachten wollen. – In welcher Rangordnung steht denn dieses Tier auf unserem
Planeten? – Dieses Tier ist der eigentliche Elefant dieses Weltkörpers, steht
aber dennoch in allem dem Mud bei weitem nach. Seine Größe beträgt kaum den
hundertsten Teil des euch schon bekannten großen Landtieres. Was aber seine
Gestalt betrifft, so ist es dem Mud völlig unähnlich. Der Sisterkihi hat eine
ziemliche Ähnlichkeit mit dem Elefanten eurer Erde; aber dennoch nicht ganz so
wie manche andere Tiere, von denen ihr noch hören werdet.
[Sa.01_024,02] Wie sieht er denn demnach aus? – Dieses Tier hat vier überaus
feste Füße, nahezu wie ein Elefant bei euch, nur natürlich im Verhältnis zu
seiner Größe. Aber es hat die Beine nicht gestaltet wie der Elefant, sondern
ungefähr wie ein Bär, mit starken Krallen versehen. Sein Leib ist
außerordentlich umfangreich, so zwar, daß ein solches Tier, wenn es ausgewachsen
ist, von der unteren Bauchgegend bis zu seinem Rückgrat siebzig bis achtzig
Klafter mißt. Sein Schweif ist, im Verhältnis zu diesem Tier, so lang wie der
Schweif eines Löwen. An seinem Ende hat der Schweif einen überaus starken
Mähnenbusch, wovon die Haare nicht selten sechs bis zehn Klafter lang sind. Der
Kopf dieses Tieres sitzt auf einem langen, aber im Verhältnis dennoch ziemlich
massiven Hals, dessen Kamm bis in die Gegend der Vorderfüße mit sehr starken
Mähnen versehen ist.
[Sa.01_024,03] Der Kopf gleicht einem Pferdekopf; nur ist im Verhältnis die
Stirne viel breiter. Über der Stirne zwischen den zwei Ohren sitzt ein langer,
beweglicher Rüssel, welcher bis zu einer Länge von vierzig Klaftern ausgedehnt,
im Gegenteil aber wieder bis zu einem Drittel seiner Länge zusammengezogen
werden kann. In diesem Rüssel besitzt dieses Tier eine außerordentliche
Hebekraft, so daß es mit diesem seinem dehnbaren Arme Bäume von bedeutender
Größe zu entwurzeln vermag.
[Sa.01_024,04] Mittels dieses Rüssels reißt das Tier auch Äste von den Bäumen
und verzehrt dieselben oft samt den Früchten, besonders wenn es so recht
heißhungrig ist. Seine Farbe ist lichtgrau, sein Rüssel aber dunkelgrau. Seine
Halsmähnen spielen ins Blaue und sein Schweifbusch ins Lichtgraue. Die Augen
sind düster und von sehr dunkelbrauner Farbe. Auch dieses Tier hat einen sehr
großen Rachen, welcher mit überaus starken, weißen Hauzähnen versehen ist. Im
Hintergrund des Rachens aber besitzt es überaus starke Quetschknochen, welche
nicht als Zähne, sondern als wirkliche, sowohl vom Ober- als Unterkiefer weit
hervorstehende und zusammenhängende Knochen dastehen. Mit diesen hervorstehenden
Quetschknochen kann das Tier selbst bedeutend harte Steine mit Leichtigkeit
zermalmen, dicke Äste also zerquetschen, daß sie in seinem Munde zu einem Brei
werden.
[Sa.01_024,05] Dieses Tier ist zwar ein Pflanzenfresser, wenn es aber vom Hunger
zu sehr geplagt wird, schont es auch andere Tiere und im höchsten Notfalle
selbst den Menschen nicht; aus welchem Grunde die Saturnbewohner auch von diesem
Tiere nicht eben die größten Freunde sind. Allein dieses Tieres können sich die
Saturnbewohner, wo es sich vorfindet, wohl bemächtigen, obschon mit sehr großen
und gefährlichen Schwierigkeiten.
[Sa.01_024,06] Auf welche Weise aber geschieht solches, und wie machen die
Menschen Jagd auf den Sisterkihi? – Mit der bloßen Kraft geht es durchaus nicht.
Denn auch dieses Tier hat in seinem Rüssel allein so viel Kraft wie tausend der
stärksten Saturnmenschen zusammengenommen. Daher nehmen diese Menschen zur List
ihre Zuflucht. Zuvor aber müßt ihr wissen, daß sich dieses Tier vorzugsweise da
aufhält, wo sich große Wälder des euch schon bekannten Pyramidenbaumes befinden,
welchem Baume dieses Tier nicht geringen Schaden zufügt, indem es demselben so
weit die Äste wegreißt, als es nur immer dieselben mit seinem Rüssel erlangen
kann.
[Sa.01_024,07] Wenn nun die Saturnbewohner in irgendeinem Land bemerken, daß
dieser fast in allen Saturnländern vorkommende Riesenbaum nacktstämmig dasteht,
so gilt ihnen das für ein sicheres Zeichen, daß sich in einem solchen Wald ein
oder mehrere dieser Tiere aufhalten. Was tun nun die Saturnbewohner? Sie
umzingeln den Wald von allen Seiten, versehen sich mit Feuerbränden und zünden
den Wald ringsherum an. Da das Tier nichts so sehr scheut wie das Feuer und den
Rauch, so flüchtet es sich alsbald aus diesem Wald oder vielmehr es sucht
ringsherum einen feuerlosen Ausweg, welcher aber gewöhnlich nur auf einer
solchen Seite offensteht, an welche irgendein breiter Strom, ein See oder wohl
gar das Meer selbst stößt. Findet der Sisterkihi eine solche Stelle, so geht er
alsbald ins Wasser.
[Sa.01_024,08] Sobald aber dieses Tier ins Wasser kommt, wird es außerordentlich
unbehilflich und plump und hält seinen sonst geschäftigen Rüssel kerzengerade in
die Höhe. Die Saturnbewohner lassen es nun tiefer und tiefer ins Wasser steigen,
indem sie es auf Kähnen mit auf langen Stangen befestigten Feuerbränden
verfolgen. Hat dieses Tier einmal im Wasser die Tiefe erreicht, daß es sich nur
noch mit seinem Kopf über der Oberfläche des Wassers befindet, so eilen sie mit
großer Schnelligkeit dahin und hacken dem Tier mit ihren riesigen und scharfen
Beilen den fürchterlichen Rüssel ab. Wenn es aber diesen seinen Arm verloren
hat, dann ist es auch um sein Leben geschehen. Bei dieser Gelegenheit sinkt es
dann im Wasser alsbald zusammen und verwest im selben, und sein Fleisch wird zur
Speise sehr vieler im Wasser vorhandener hungriger Tiere.
[Sa.01_024,09] Was geschieht aber dann, wenn unglücklicherweise ein solcher Wald
auf kein bedeutendes Gewässer stößt? Da ist diese Operation freilich wohl etwas
gefährlicher und bedenklicher. Greift das Feuer von allen Seiten gut zusammen,
so daß das Tier oder auch mehrere seinesgleichen in der Mitte eines solchen
zusammenbrennenden Waldes überrascht werden, und sehen die Tiere auf keiner
Seite einen feuerlosen Ausweg, so werden sie hier unter großem Toben und Wüten
erstickt, und wenn das Feuer sehr heftig ist, auch zum größten Teil verbrannt.
Hat aber das Feuer nicht gut zusammengegriffen, so rennen sie der weniger
befeuerten Stelle zu und brechen daselbst mit großer Heftigkeit ins Freie
hinaus.
[Sa.01_024,10] Dann wehe denen, die diesem Tier irgendwo begegnen. Da nimmt es
mit seinem Rüssel Menschen oder Tiere und schleudert sie mit einer solchen
Heftigkeit in die Höhe oder auf den Boden der Erde, daß von dem also
Geschleuderten kaum eine Spur seines Daseins übrigbleibt. Denn die Heftigkeit
des Wurfes, welches dieses Tier in seiner Wut mittels seines Rüssels ausführt,
übertrifft die Heftigkeit einer aus dem Rohr einer Kanone geschossenen Kugel.
Würde dies Tier auf eurer Erde einen solchen Wurf ausführen, so wäre es ihm ein
leichtes, einen hundert Zentner schweren Stein über zwanzig Meilen weit zu
schleudern, und zwar mit solcher Heftigkeit, daß der Stein diesen Weg in wenigen
Sekunden zurücklegen müßte. Möchte es ihn aber zur Erde niederschleudern, dann
dürftet ihr versichert sein, daß es denselben über hundert Klafter tief in das
Erdreich treiben würde.
[Sa.01_024,11] Aus dieser kurzen Schilderung könnt ihr leicht entnehmen, welchen
Respekt daher die Saturnbewohner vor diesem Tier haben und welche Sensation es
nicht selten auf einem ganzen, großen Kontinente macht, wenn ein oder gar
mehrere solcher Tiere einer Feuerjagd entronnen sind. Daher wird ein solcher
Wald allzeit gehörig überschaut, ob er allein dasteht oder ob er an irgendein
bedeutendes Wasser stößt. Steht er allein da, so werden sehr viele Beratungen
gemacht, ob und wann es zu wagen wäre, den Wald anzuzünden.
[Sa.01_024,12] Ist der Wald in einem gut brennbaren Zustand und ist er zugleich
von bedeutender Ausdehnung, so wird das Feuer gelegt. Wenn aber solches nicht
der Fall ist, überläßt man dem Tier lieber den Wald, trägt aber sorgfältig von
allen Seiten her dürres Holz und macht damit einen förmlichen Wall um den Wald,
welcher erst dann angezündet wird, wenn die Bäume des Waldes selbst brennbarer
werden. Dies pflegt gewöhnlich zu geschehen, wenn eine Gegend unter den ziemlich
lang anhaltenden Schatten des Ringes zu stehen kommt, was nach eurer
Zeitrechnung stets mehrere Jahre dauert. Zu dieser Zeit stehen die Bäume
zumeist, so wie die eurigen des Winters, ohne Saft. Alsdann wird dieser Wall von
allen Seiten zu gleicher Zeit angezündet, danach aber von den Menschen so
schnell wie möglich verlassen.
[Sa.01_024,13] Seht, das ist alles, was dieses denkwürdige Tier dieses Planeten
betrifft. Es dürften aber im Saturn kaum zehn Kontinente von dem Sisterkihi sehr
sparsam bewohnt sein.
[Sa.01_024,14] Was die Nützlichkeit dieses Tieres betrifft, so ist sie in
psychischer Hinsicht dieselbe, nur in geringerem Umfang, wie die des Mud und des
euch bekannten großen Fisches. Es hat aber dieses Tier, wie alle anderen Tiere,
auch noch einen anderen natürlichen Zweck. Und es ist keines solcher Tiere als
unumgängliche Bedingung der Erhaltung anderer Wesenheiten auf einen Planeten
gesetzt, sondern die Übergänge können auch ebensogut durch andere Stufen gehen.
Aus diesem Grunde verliert auch kein Land etwas, wenn in demselben solche große,
starke und dem Menschen gefährliche Gäste aussterben.
[Sa.01_025] – Der Blaue Bär Ihur. Dessen Beschaffenheit, Charakter und Nahrung.
Seine Nützlichkeit als Ackerer des Erdreiches.
[Sa.01_025,01] Nachdem wir sonach diese zwei Riesentiere unseres großen Planeten
kennengelernt haben, wollen wir uns noch zu einigen anderen Tieren wenden,
welche, wenn auch nicht mehr so großartig, doch aber von bedeutender
Denkwürdigkeit sind.
[Sa.01_025,02] Auf der Stufe dieser Tiere nimmt der sogenannte Ihur oder nach
eurer Sprache der „Blaue Bär“ den ersten Rang ein. Wenn dieses Tier vollkommen
ausgewachsen ist, ist es beinahe so groß wie ein Saturnmensch, d.h. wenn es
sich, was es meistens zu tun pflegt, auf seine Hinterbeine stellt und gleich
einem Menschen aufrecht einhergeht. Der Name dieses Tieres sagt schon, wie es
gefärbt ist, nämlich ganz durchgehend hellblau.
[Sa.01_025,03] Wie sieht er denn sonst aus? – Er ist im allgemeinen so ziemlich
einem Goldbären bei euch ähnlich; nur der Kopf ist bei diesem Tier ganz anders
gestaltet.
[Sa.01_025,04] Wie sieht denn demnach sein Kopf aus? – Das wird wieder ein wenig
schwer halten, euch davon eine rechte bildhafte Vorstellung zu geben, weil ihr
die Tiere der Erde nicht kennt, die einen ähnlichen Kopf haben wie unser
Saturnbär. Dessenungeachtet wollen wir eine Form entwerfen, in welcher ihr den
Kopf dieses Tieres beschauen sollt.
[Sa.01_025,05] Denkt euch einen ziemlich runden, bei anderthalb Klafter im
Durchmesser habenden Knaul, von dem zu beiden Seiten ziemlich in der Mitte zwei
sehr lange Ohrlöffel hintanstehen, von denen ein jeder eine Länge von dritthalb
und einer Breite von einer guten Klafter mißt. Dann denkt euch ferner am
obersten Teil dieses Knauls zwei ungefähr eine halbe Klafter voneinander
entfernte, bei drei Klafter lange, gewundene, wie mattpoliertes Gold aussehende
Hörner; ungefähr 5/6 Klafter unter den Hörnern zwei verhältnismäßig große, ganz
nach menschlicher Art gebildete Augen. Unter diesen aber denkt euch ein
verhältnismäßig großes Löwengebiß oder, wie ihr sagt, eine Löwenschnauze. Und
denkt euch ferner noch, daß dieser Kopf mittels eines verhältnismäßig dicken,
langen und starken Halses mit dem übrigen Leib verbunden ist.
[Sa.01_025,06] Denkt euch dann schließlich noch hinzu, daß hinter den Hörnern zu
beiden Seiten des Halses zwei bis drei Klafter lange, mehr dunkelblaue Mähnen
hinabfallen, so habt ihr die ganze Gestalt dieses Tieres. – Schweif aber hat der
Ihur gar keinen, sondern an dessen Stelle nur ein etwas längeres und dunkleres
Haar.
[Sa.01_025,07] Wenn ihr nun das alles zusammennehmet und euch noch dazu die
Vorstellung macht, daß dieses Tier von den Hörnern angefangen bis zum Schluß der
Hinterbeine nicht selten einige fünfzig Klafter euren Maßes lang ist; wenn es
aber auf allen Vieren steht, bis zum obersten Rückenscheitel nahe zwanzig
Klafter mißt und ein jeder seiner Füße für sich bei sechs Klaftern und ihre
Dicke ein Zehneimerfaß übertrifft, so habt ihr das Tier ganz vollkommen vor
euch. Was die Tatzen dieses Tieres betrifft, so seht nur die eines Bären an,
dann habt ihr die gleiche Form bis auf die Größe und Farbe, welche natürlich mit
der übrigen Größe und Farbe des Tieres im genauen Verhältnis steht.
[Sa.01_025,08] Näher wird es hoffentlich nicht nötig sein, dieses Tier
darzustellen. Und so wollen wir sogleich den Charakter und die Lebensweise sowie
seine Tauglichkeit noch ein wenig durchgehen.
[Sa.01_025,09] Dieses Tier ist gewöhnlich gutmütiger Art; nur darf es nicht
gereizt und verfolgt werden. Wenn es gereizt wird, läßt es bald seinen
gutmütigen Charakter fahren und wird sehr grausam und wütend, in welchem Zustand
dann nichts von ihm geschont wird. Was ihm da unterkommt, wird sogleich
angefallen und gänzlich zugrunde gerichtet. Dieses Tier hat, obschon es eben
nicht größer ist als ein Saturnmensch, dennoch eine Kraft von zehn Menschen in
seinem festen Körper; aus welchem Grunde es einem mutwilligen Saturnbewohner
allezeit ganz übel ergeht, wenn er allein mit einem solchen Tier, so es sich in
einem gereizten Zustand befindet, in einen Konflikt gerät.
[Sa.01_025,10] Da die Saturnbewohner das Tier bei aller seiner sonstigen
Gutmütigkeit dennoch scheuen, so suchen sie dasselbe durch allerlei Mittel auch
gar emsig zu verscheuchen und aus den von Menschen bewohnten Gegenden zu
vertreiben. Aus diesem Grunde kommt das Tier auch äußerst selten vor das
Angesicht unserer Saturnmenschen.
[Sa.01_025,11] Wovon nährt sich dieses Tier? – Es nährt sich von Gras, Wurzeln
und jungen Ästen der Bäume und Gesträuche. Fleisch verzehrt es nicht, auch nicht
einmal im äußersten Notfall. Wenn es aber gereizt ist, zerreißt es Menschen und
Tiere, läßt die so zugrunde Gerichteten unverzehrt liegen und begibt sich
alsbald von seinem Kampfplatz.
[Sa.01_025,12] Das Merkwürdige dieses Saturnbären ist, daß er eine ganz
eigentümliche Furcht vor seinem eigenen Zorn hat. Aus diesem Grunde vermeidet er
auch soviel nur immer möglich, durch seinen eigenen Instinkt geleitet, jede
Gelegenheit sorgfältig, bei welcher er in einen gereizten Zustand geraten
könnte. Ein solcher Instinkt wäre auch so manchen Menschen auf eurer Erde nicht
überflüssig; besonders für jene ehrsüchtigen Zänker und kriegslustigen Patrone,
welche jede Gelegenheit aufsuchen, bei der es etwas zu kämpfen gibt. Jedoch
wollen wir uns nicht länger hier verweilen, sondern noch einen Blick auf unser
Tier werfen und sehen, wozu es denn taugt.
[Sa.01_025,13] Dieses Tier kann mit allem Recht der Urbarmacher wilder Gegenden
genannt werden; denn es lockert in kurzer Zeit mit seinen außerordentlich
starken Krallen eine weite Strecke des Saturnerdreichs so gut auf, daß die
Saturnmenschen solches mit allen ihren guten Werkzeugen kaum zu bewirken
imstande sind. Was tut das Tier aber danach, wenn es das Erdreich so
aufgelockert hat? – Da geht es auf fruchtbare Stellen, sucht dort allerlei ihm
genießbare Wurzelgewächse und bringt dieselben in die aufgelockerten Furchen.
Geschieht solches von dem Tier auch nicht in der Absicht, als wolle es einen
Acker bestellen, sondern nur, um sich auf einer solchen Stelle einen
Nahrungsvorrat zu sammeln, so bleiben aber dennoch oft die hineingelegten
Wurzeln liegen, treiben dann aus und wachsen sehr üppig fort. Und so wird
dadurch fast allzeit ein ganz wüster, unfruchtbarer Ort fruchtbar gemacht, und
das um so mehr, weil dieses Tier, wenn es seine Vorratskammer gehörig angefüllt
hat, nicht leichtlich eher eine solche Stelle verläßt als bis es gewahrt, daß
sein Vorrat nahezu aufgezehrt sein dürfte.
[Sa.01_025,14] Weil es aber immer auf dieser Stelle, solange da noch etwas
Genießbares vorhanden ist, herumwandelt, so läßt es auch kreuz und quer seinen
Unrat und düngt somit unbeabsichtigt diese Stelle auf mehrere Jahre.
[Sa.01_025,15] Wenn dann Menschen bei ihren häufigen Wanderungen in so manchen
großen Ländern auf solche Stellen treffen, wissen sie, daß sie sich in der
Nachbarschaft eines solchen Tieres befinden. Sie warten dann längere Zeit ab und
sehen, ob ein solcher Einwohner etwa nicht mehr Gebrauch von seinem Acker macht.
Entdecken sie nichts, so gilt das für einen Beweis, daß das Tier den Ort
verlassen hat; und alsbald wird dann eine solche Stelle von ihnen in Besitz
genommen.
[Sa.01_025,16] Geschieht es dann und wann aber dennoch, daß ein solcher
Saturnbär von irgendwoher der Wurzeln wegen einen solchen Platz wieder aufsucht,
so müssen die Saturnbewohner entweder ruhig zusehen, wie dieser Ackersmann ihren
Grund von neuem auffurcht und bei solcher Gelegenheit nicht selten ihre eigenen
Anpflanzungen verdirbt – oder sie müssen diesen ungebetenen Gast mit Gewalt
angreifen, wobei es dann immer zu einem bedenklichen Gefecht kommt. Denn das
Tier will hier seine angewohnten Vorrechte geltend machen und sich nicht gerne
abweisen lassen. Und den Menschen kommt es ebenfalls nicht gar zu leicht vor,
ein neues fruchtbares Land so bald wieder räumen zu müssen.
[Sa.01_025,17] Ist aber ein solches Tier dennoch besiegt worden, so sind die
Einwohner vor jedem künftigen Besuch sicher. Können sie auch das Tier nicht
völlig töten, so bringen sie es durch ihre Verfolgung dennoch dahin, daß es sich
merkt, wo es gejagt worden ist. Da aber dieses Tier in seinem ruhigen Zustand
seinen eigenen Zorn fürchtet, kehrt es zu dieser Stelle nicht wieder zurück, wo
es gereizt wurde.
[Sa.01_025,18] Das ist alles, was bei diesem Tier als denkwürdig zu beachten
ist, und so wollen wir wieder auf ein anderes übergehen.
[Sa.01_026] – Der Saturn-Löwe Horud – dient zur Jagd und zum Holzfällen. Fang
der Jungen.
[Sa.01_026,01] Horud heißt dasjenige Tier, welches wir nunmehr flüchtig
betrachten wollen. – Welchen Rang nimmt dieser Horud im Saturn ein? Blicket auf
euren Löwen; was dieser auf der Erde ist, dasselbe ist auch der Horud im Saturn.
Sieht er aber auch so aus wie euer Erd-Löwe? Auf diese Frage kann weder eine
gänzlich bejahende noch eine verneinende Antwort gegeben werden. Dieses Tier hat
so manches Ähnliche mit dem Löwen der Erde, so manches aber auch wieder gar
nicht. Die nähere Darstellung wird es schon ohnehin zeigen, inwieweit er
bezüglich seiner Gestalt von der des Erd-Löwen verschieden ist.
[Sa.01_026,02] Wie sieht dieses Tier demnach aus? – Was seine Größe betrifft, so
ist es ebensogroß wie der euch schon bekannte Blaue Bär. Was aber die Farbe
betrifft, so ist diese mehrfacher Art, je nach der Verschiedenheit seiner
Leibesteile. So ist sein Rücken hochrot bis nahe in die Mitte des Bauches. Die
Schulterblätter und die Füße, sowohl die vordern als hintern, sind blaßgrün. Der
Bauch aber ist mehr dunkelgrün oder, wie ihr zu sagen pflegt, üppig grasgrün.
Sein Schweif ist weiß, zu Ende desselben aber prangt ein hellroter Mähnenbusch.
Die weiße Farbe des Schwanzes ist auf der oberen Seite durch regelmäßige rote
Flecken verziert. Die Krallen an seinen Füßen sind ebenfalls weiß, an ihrem
Rücken aber mit einem roten Streifchen verbrämt.
[Sa.01_026,03] Abgesehen von der Farbe, die wir jetzt beschrieben haben, sieht
der Horud der übrigen Form nach völlig einem Löwen eurer Erde gleich. Aber was
den Hals und den Kopf des Tieres betrifft, so sind sie der Form nach von eurem
Löwen sehr verschieden. Es gibt auf der Erde schon wieder kein Tier, das einen
ähnlichen Kopf hat. – Dieses Tier hat einen nahe viereckigen Kopf, ungefähr so
wie ein an den Kanten etwas abgerundeter Würfel. Dieser Kopfwürfel sitzt mit der
einen Fläche am Halse, so zwar, daß der Hals die hintere Fläche aufnimmt, aber
nicht die vordere, welche gleich einer Kinnlade über den Hals um ein Drittel
ihres Durchmessers hervorragt. An den beiden Seitenflächen dieses Kopfwürfels
sind zwei halbkreisförmige Ohrtrichter angebracht, welche von der Fläche aus auf
jeder Seite des Kopfes über eine Klafter hintanstehen und so gefärbt sind wie
ein Regenbogen in sehr hellen Farben.
[Sa.01_026,04] Auf der oberen Fläche dieses Kopfwürfels befindet sich ein nahe
eine halbe Klafter langes, kegelartiges, ganz schwarzes Horn. Das heißt, in der
Grundfarbe ist dieses Horn ganz vollkommen schwarz; auf seiner schwarzen Fläche
aber befinden sich in einer schneckenartigen Windung regelmäßig runde, rötliche
Scheibchen, welche einen sehr starken metallischen Glanz haben. Um den Fuß
dieses Horns ist ein längerer Haar- oder Mähnenkranz von hellblauer Farbe so
angebracht, daß das Horn gleichsam wie in einem Becken zu sitzen scheint. Gegen
das Hinterhaupt und den hinteren Teil, der sich an den Hals anschließt, werden
diese Haare stets länger und dichter, vorwärts gegen die Stirne aber werden sie
kürzer und gekrauster.
[Sa.01_026,05] An der Vorderfläche des Kopfes sitzen in einer Vertiefung zwei im
Verhältnis zum Tier sehr große Augen, wovon jedes einen Durchmesser von einer
halben Klafter nach eurem Maße hat, das heißt, nur das eigentliche Auge
gerechnet; denn mit der Höhlung und den Augenwinkeln dürfte jedes Auge wohl nahe
eine ganze Klafter im Durchmesser haben. Die Augendeckel sind von sehr
dunkelroter Farbe, darüber sind, wie bei einem Menschen, verhältnismäßig große
und starke Brauen angebracht, die ebenfalls so gekraust sind wie die Haare um
das schon beschriebene Horn, namentlich auf der vorderen Stirnseite.
[Sa.01_026,06] Jetzt aber kommt das eigentlich Merkwürdigste von diesem Tier,
und das ist sein Mund. – Ihr werdet schon sicher öfter von einem sogenannten
Vogel „Greif“ gehört haben. Seht, das ist unser Tier (bis auf das Fehlen der
Flügel) so ziemlich. Denn statt eines gewöhnlichen Rachens hat es einen ungemein
starken Habichtschnabel, welcher von ähnlicher Farbe ist wie das Horn auf dem
Haupte; nur sind die runden Flecken nicht schneckenartig, sondern reihenförmig
von der Wurzel bis zur Spitze des Schnabels in abnehmender Größe angebracht. Der
obere Teil des Schnabels ist so wie bei jedem Vogel, den ihr auf eurer Erde
kennt, unbeweglich. Der untere Teil des Schnabels aber ist samt der unteren
Würfelfläche bis über die Gegend des Halses beweglich. Da, wo der Schnabel
aufhört, hat dieses Tier sehr mächtige Quetschzähne in seinem Rachen. Statt der
Hau- und Schneidezähne aber bedient es sich überaus vorteilhaft seines mächtig
starken Schnabels, welcher nahe anderthalb Klafter über die vordere Hauptfläche
hervorragt, an der Wurzel aber nahe so breit ist wie die Hauptfläche selbst.
[Sa.01_026,07] Der Horud hat auch eine in die Länge überaus dehnbare Zunge,
welche ungefähr die Eigenschaft eines Rüssels hat. Und daher kann das Tier mit
dieser seiner Zunge verschiedene Sachen machtvoll ergreifen und in seinen Rachen
hineinziehen. Die Wurzel des Schnabels ist ebenfalls mit gekrausten lichtblauen
Haaren versehen, welche gegen den Hals zu mehr ins Grünliche übergehen.
[Sa.01_026,08] Was ist aber die gewöhnliche Farbe des Kopfes? – Der Kopf ist
licht-aschfarben und unter den Augen wie auch auf der Stirne mit drei
übereinanderstehenden Kreisen von hochroter Farbe geziert. Was die andern Teile
betrifft, so sind nur die beiden mit den Ohren versehenen Seitenflächen sichtbar
und ebenfalls von aschgrauer Farbe, aber ohne weitere Verzierung. Die hintere
Fläche aber ist, wie ihr schon wißt, von der oberen Fläche angefangen, mit
langen Haaren geschmückt, deren blaue Farbe immer lebhafter wird, je mehr sie
sich dem Halse nähert. – Der Hals ist verhältnismäßig stark und bis zum Kopf
gerade so lang wie der hintere Leib (d.h. von den Schultern der Vorderfüße
angefangen bis zum Schweife hin) und ist durchaus mit reichlichen Mähnen von
leuchtendblauer Farbe bedeckt. – So sieht unser Tier also aus.
[Sa.01_026,09] Was ist denn seine Tauglichkeit? Und was hat es für einen
Charakter? Wo ist es zu Hause? Und in welchem Verhältnis steht es zu den
Saturnbewohnern? – Diese viergliedrige Frage wollen wir ganz kurz beantworten.
Da der Horud gewöhnlich ganz sanfter Natur ist, wird er von den Saturnbewohnern
häufig zahm gehalten und dient ihnen durch seine Pracht sowie durch seine
Arbeitsamkeit, wenn er dazu gehörig abgerichtet worden ist.
[Sa.01_026,10] Zu welchen Arbeiten wird er denn verwendet? – Gewöhnlich zur Jagd
auf verschiedene andere Tiere, welche kleiner und manchmal sehr schädlicher Art
sind. Auch wird dieses Tier zur Schattenzeit zum Holzfällen verwendet; denn mit
seinem Schnabel beißt es dicke Äste, namentlich vom Pyramidenbaum, den es mit
großer Leichtigkeit bis zum Gipfel erklettert, mit einem Bisse ab, und ihr müßt
euch die Äste nicht selten in einer Dicke vorstellen, daß sie bei euch fünf
Männer kaum umfassen dürften. Ein solcher Ast ist diesem Tiere geradeso, wie
wenn ihr in einen mürben Apfel beißen würdet.
[Sa.01_026,11] Wenn es von einem Baum in hinreichender Menge Äste herabgebissen
hat, dann zieht es auf ein gegebenes Zeichen, dieselben mit seinem Schnabel
erfassend, auch zu den Wohnungen der Menschen und zerbeißt sie da in angegebener
Stücke, welche dann unsere Saturnbewohner alsbald zur Feuerung benützen können.
Und so wird dieses Tier noch zu allerlei andern Arbeiten des Zerbeißens und
Tragens verwendet.
[Sa.01_026,12] Nur muß dieses Tier jung gefangen werden, wenn es so abgerichtet
werden soll. Denn wenn die Alte sich fangen ließe, würde es sich nicht an solche
Arbeiten gewöhnen. Allein es ist da mit dem Fangen eines alten Tieres überhaupt
so viel wie nichts zu machen; denn in ungereiztem Zustand flieht es jede
menschliche Annäherung, wird es aber umzingelt, so ist ihm für die Länge der
Zeit nicht zu trauen. Denn sobald es einmal anfängt mit seinen starken Krallen
in den Boden zu graben, ist das ein Zeichen, daß für die Jäger höchste Zeit ist,
sich zu entfernen. Tun sie solches nicht, so macht das Tier gar bald einen
mächtigen Sprung um den andern, brüllt dabei, und auf wen es da stößt, den läßt
es die Kraft seines Schnabels fühlen wie sonst einen Baumast. Daher ziehen sich
die Jäger auch alsbald zurück, wenn sie das Tier in einem solch bedenklichen
Zustand erblicken.
[Sa.01_026,13] Wie werden aber bei dieser Gefährlichkeit des Horud seine Jungen
gefangen? – Das geschieht durch eine List. Denn die Saturnbewohner derjenigen
Gegenden, wo dieses Tier zu Hause ist, wissen gar wohl, daß dasselbe ein großer
Freund von berauschenden geistigen Getränken ist. Dies aber nur zu der Zeit,
wenn es Junge hat, und zwar sowohl das Männlein als auch das Weiblein, die sich
nur durch die Geschlechtermerkmale unterscheiden. Bei der Gelegenheit bringen
die Saturnjäger in ziemlich geräumigen Gefäßen solche Getränke in die Nähe, wo
sich ein solches Tier aufhält. Da braucht man dann nicht lange zu warten und das
Tier ist schon mit vollem Appetit bei dem Köder. Wenn es die Gefäße geleert hat,
kehrt es ganz sanft wieder um und geht zur Stelle, wo seine Jungen sind, deren
dieses Tier gewöhnlich zwei, drei bis vier zur Welt bringt. Hat es diese Stelle
erreicht, legt es sich alsbald nieder und schläft so fest ein, daß es vom Raube
seiner Kinder nichts merkt. Die Jungen werden dann in die Wohnungen der Menschen
gebracht und zu ihrer Verwendbarkeit abgerichtet. Die alten aber werden zur
ferneren Fortpflanzung am Leben gelassen.
[Sa.01_026,14] Seht, das ist das Ganze unseres nun bekanntgemachten Tieres, nur
wißt ihr noch nicht, wo es zu Hause ist. – Es wohnt allein in den südlichen
Gegenden des Saturn und daselbst nur in denjenigen Kontinentländern, welche sich
nicht über den 45. Grad der südlichen Breite ausdehnen. Da dieses Tier die
Meeresgegenden liebt, ist es auch nur da zu Hause, wo das Land den besagten Grad
nicht übersteigt, wo es die diesem Tiere zusagende hinreichende Wärme gibt.
Überragt das Land bedeutend den genannten Grad, so wird es natürlich auch
kälter, besonders wo es mit dem Meer zusammenstößt, aus welchem Grunde es dann
für dieses Tier durchaus nicht mehr taugt.
[Sa.01_026,15] Unser Tier hat den besonderen Instinkt, daß es weder den Westen
noch den Osten eines Landes bewohnen will, sondern nur allein die südliche
Mitte. Befindet sich diese in ausreichender Größe, so lebt es auch in einem
solchen Land. Ist aber dieses Verhältnis nicht da, so kommt es in einem solchen
Land nicht fort und läßt sich dort auch nicht erhalten. Daher wird dieses Tier
auch nie im Innern eines Landes gesehen. Und wird es manchmal als Seltenheit
dahin gebracht, so geht es in kurzer Zeit sicher zugrunde.
[Sa.01_026,16] Nun habt ihr alles Denkwürdige von diesem Tier. Und somit wollen
wir uns wieder zu einem anderem, nur diesem Planeten allein eigentümlichen Tier
wenden.
[Sa.01_027] – Die Saturn-Antilope Zigst oder Spitzfuß. Deren Daseinszweck –
Schöpfungswinke. Jagd auf das Zigst – wozu? Geheimmittelschwindel.
[Sa.01_027,01] Zigst, oder nach eurer Erdsprache der Spitz- oder Stechfuß, heißt
das Tier, das wir nunmehr betrachten wollen und das nur diesem Planeten ganz
allein eigentümlich ist. Dieses Tier steht in dem Planeten Saturn ungefähr auf
derselben Stufe wie die Antilope auf eurer Erde. Es bewohnt im Saturn nur die
höchsten Gebirge.
[Sa.01_027,02] Warum wird es eigentlich der „Spitzfuß“ genannt? – Ihr müßt euch
nicht denken, als hätte dieses Tier etwa vier spitzige Spieße an der Stelle der
eigentlichen gegliederten Füße. Es wird darum der „Spitzfuß“ genannt, weil die
Vorderfüße in der Gegend des gewöhnlichen Gliedes über den Klauen gar kein Glied
haben, sondern ein geradeausgehendes Horn, welches nach unten zu ziemlich
zugespitzt ist. Dieses geht sogleich als eine ganz feste Klaue von der
Kniegegend aus. Die Hinterbeine aber hat das Zigst regelmäßig gleich einem
andern Tier; nur sind die Klauen nicht gespalten sondern ebenfalls ziemlich
spitzig.
[Sa.01_027,03] Das wäre nun der Grund des Namens dieses Tieres. – Wie sieht es
denn sonst aus? – Auf eurer Erde gibt es unter den größeren Tieren durchaus kein
ähnliches Exemplar, wohl aber unter den kleineren. So ist der Mittelleib
vollkommen dem Leibe einer euch wohlbekannten Fischotter ähnlich; der Schweif
dieses Tieres aber dem Schweif eines Ochsen. Der Hals und der Kopf haben eine
ziemliche Ähnlichkeit mit dem eines Tigers; nur ist das Gebiß nicht dem Gebiß
eines Tigers, sondern dem der grasfressenden Tiere ähnlich.
[Sa.01_027,04] Auf dem Scheitel des Kopfes hat es ein einzelnes, etwas nach
rückwärts gebogenes Horn. – Und so wäre die Gestalt dieses Tieres bis auf seine
Größe und Farbe beschrieben.
[Sa.01_027,05] Wie groß ist aber dieses Tier? – Wenn ihr dessen Größe nach
irdischem Maßstab bemessen würdet, dann hätte die Erde wirklich kein Beispiel
eines Tieres aufzuweisen, das diesem Spitzfuß gleich käme. Aber auf unserem
Saturn, wo alle Verhältnisse ums Hundertfache und manchmal um sehr vieles
darüber gesteigert sind, gehört unser Spitzfuß nur zu den kleineren Tieren
dieses Planeten; denn es hat in allem kaum ein Drittel der Größe des
vorhergehenden Tieres, das wir als den Löwen dieses Planeten kennengelernt
haben. Aus diesem Grunde ist es auch jedem Saturnbewohner ein leichtes, ein
solches Tier, wenn er es gefangen hat, auf seinem Rücken nach Hause zu tragen.
[Sa.01_027,06] Was hat es denn für eine Farbe? – Die Hauptfarbe ist blendend
weiß, aber vom Kopf angefangen bis zum Schweif hin zieht sich ein hellblauer,
verhältnismäßig breiter Streifen. Gegen den Bauch hin ist dieses Tier goldgelb,
die Füße gehen nahe ins Rötliche über – bis auf die Spitzklauen, welche ganz
vollkommen schwarz sind, so wie auch das Horn auf dem Kopf. Der Hals, das heißt
der untere Teil desselben, ist vom Unterkiefer angefangen bis zur Brust hin
gestreift, und zwar mit Streifen von dunkelroter Farbe.
[Sa.01_027,07] Jetzt habt ihr die ganze Gestalt dieses Tieres, welches in dieser
Art und Form auf keinem Planeten wieder vorkommt. – Was ist aber die
Tauglichkeit dieses Tieres? Was ist dessen Nahrung? Und wird es auch häufig
gefangen von den Saturnbewohnern?
[Sa.01_027,08] Was die Tauglichkeit betrifft, so ist diese für den
Saturnbewohner ebensowenig von Belang wie die einer Gemse oder einer Antilope
bei euch Erdbewohnern. Dessenungeachtet aber hat es dennoch in der Ordnung der
Dinge seinen gehörigen Platz, den es unbewußt nutzwirkend ausfüllt. Wer sieht
die Tauglichkeit einer Gemse bei euch ein; wer kann einen Grund aufzeigen, warum
dieses Tier auf den Felsenspitzen herumsteigt? Wer es aber glauben will, dem
will Ich den Grund kundgeben.
[Sa.01_027,09] Ihr wisset, daß auf den hohen Gebirgen eurer Erde zur Auflösung
des Gesteins allerlei Moos und Pflanzen wachsen. Ihr wisset auch, daß sowohl die
Moos- als die Pflanzengattungen nichts als Produkte geistiger Potenzen und
geistiger Intelligenzen sind. Wenn sie aber solche Produkte sind, so ist es ja
auch ersichtlich klar, daß sich in ihnen irgendein intelligentes Leben zu äußern
angefangen hat. Wenn sich aber ein Leben einmal äußert, so äußert es sich nicht,
um wieder in den Tod zurückzusinken, sondern nur darum, daß es sich in einer
Form ausbildend kräftige, um dann die Form zu verlassen und in eine höhere
überzugehen.
[Sa.01_027,10] Welche lebenäußernde Form aber steht da auf einer Alpe über den
kleinbelebten Formen des Mooses, des Grases und der sonstigen Alpenpflanzen? –
Hier seht unsere Alpentiere an! Das sind die höheren lebendigen Formen, in
welche das Pflanzenleben solcher Hochgebirge übergeht.
[Sa.01_027,11] Daß dieses seine vollkommene Richtigkeit hat, könnt ihr ja daraus
leicht ersehen, daß das Leben dieser Tiere eben dadurch erhalten wird, daß sie
das Leben der Pflanzen in sich aufnehmen. Und demnach heißt: Sich nähren von
einer dem Wesen des Tieres zusagenden Kost nichts anderes, als das zerstreute
Leben der kleineren, unteren Potenzen in sich aufnehmen und es vereinigen zu
einem vollkommeneren Leben. Oder für euch noch verständlicher gesprochen:
[Sa.01_027,12] Sich nähren heißt, das von Mir immerwährend ausgehende Leben in
ein Gefäß ansammeln und aufnehmen, damit es von Stufe zu Stufe kräftiger und
vollkommener werde auf dem Rückweg zur Urquelle, von da es dereinst ausgegangen
ist.
[Sa.01_027,13] Wenn ihr nun dieses Gesagte nur einigermaßen begreifet, so geht
mit diesem Begriff auch ganz ungehindert auf unser Saturntier über! Übertraget
auf diesen „Spitzfuß“ dieselbe Tauglichkeit und ihr habt dann alles, was ihr
über diesen Punkt zu wissen braucht.
[Sa.01_027,14] Nun hätten wir noch eine Frage zu beantworten, nämlich ob dieses
Tier von den Saturnbewohnern auch gefangen wird? – Darauf sage Ich, daß sehr
kühne Saturnbewohner wohl des öfteren auf die Jagd dieses Tieres ausgehen, aber
nur höchst selten eines fangen. Denn dieses Tier ist so geschickt in der
Erklimmung der höchsten Felsenspitzen dieses Planeten, daß kein Saturnbewohner
einem solchen Tier nachzukommen imstande ist. Vermöge seiner zugespitzten Klauen
kann es auf einer handgroßen Fläche vollkommen stehen. Wo aber einmal die Felsen
in solche zu schroffe Spitzen zusammenlaufen, da hört für unsere großen
Saturnmenschen auch alle Möglichkeit auf, ihre Jagd auf ein solches Tier weiter
fortzusetzen.
[Sa.01_027,15] Wenn ein solches Tier, was höchst selten der Fall ist, von einer
hohen und steilen Felsenspitze herabstürzt und einen unglücklichen Fall macht
auf einen Platz, den noch ein Saturnbewohner erreichen kann, so ist der Fang
eines solchen Tieres, aber natürlicherweise nur im toten Zustand, möglich.
Lebend aber hat noch nie ein Saturnbewohner einen solchen „Spitzfuß“ gefangen.
[Sa.01_027,16] Ihr werdet da wohl fragen: Ja, wenn dieses Tier so schwer zu
fangen ist, warum geben sich denn die Saturnbewohner so viele Mühe, eines
solchen habhaft zu werden? – Seht, dazu treibt die Saturnbewohner eine Art
Aberglaube. Aber dieser Aberglaube gehört nach euren Begriffen in das sogenannte
quacksalberische medizinische Fach. Die Saturnbewohner sind der Meinung: Weil
dieses Tier die allerkräftigsten und wohlriechendsten Kräuter genießt, so ist
dessen Fleisch etwas so Gesundes, daß derjenige, der davon nur etwas weniges
genossen hat, nimmermehr zu sterben vermöchte. Das also ist der Grund, warum
dieses Tier so fleißig gejagt, aber nur höchst selten gefangen wird.
[Sa.01_027,17] Es geht aber den Saturnbewohnern mit diesem medizinischen Glauben
nicht viel besser als so manchen Menschen auf dieser Erde, welche auch allerlei
Mittel kennen, wodurch sie das Leben des Leibes zu verewigen glauben; die
Erfahrung aber belehrt sie doch tagtäglich, daß der Tod des Körpers durchaus
nicht aufgehalten werden kann.
[Sa.01_027,18] Was tun aber solche Menschen trotz der täglichen Erfahrung, die
ihre Mittel fortwährend zuschanden macht? Sie tun ein solches Mittel in ein
außerordentlich geheimnisvolles Fach ihrer belebenden Wissenschaft und sagen:
Dieses Mittel muß genau um Mitternacht eingenommen werden, und zwar in der
höchst genau vorgeschriebenen Portion. Ein tausendstel Gran darunter oder
darüber macht das Mittel unwirksam.
[Sa.01_027,19] Reicht dieser pfiffige medizinische Weisheitskniff nicht aus, so
wird, um die Sache noch verwickelter zu machen, zum Einfluß der Gestirne die
Zuflucht genommen. Da tut dann ein solcher mystischer Lebensmediziner mit
großer, höchst unverständlicher Beredsamkeit dar, wie dabei der Mond stehen, in
welchem Viertel, in welches Zeichen die Sonne übergehen muß, und das zwar gerade
um die Mitternacht. Wenn z.B. die Sonne gerade um Mitternacht nicht in das
Zeichen des Löwen und der Mond nicht in das Zeichen des Steinbocks, ein anderer
Planet nicht in dieses oder wieder ein anderer Planet nicht in ein anderes
Zeichen zur nämlichen Zeit übergeht, so ist das „Ewige Lebens-Mittel“ ohne Kraft
und Wirkung.
[Sa.01_027,20] Leichtgläubige Menschen glauben dann solchen mystischen
Weisheitspredigern und kaufen sich stets zu einem hohen Preis ein solches ewiges
Lebensmittel. Im Besitz dieses Mittels schauen sie sich hernach in den Kalendern
fast zu Tode, wann der Mond, die Sonne und alle übrigen Planeten gerade um die
Mitternacht in die vorbestimmten Zeichen übergehen würden. Da aber, was ihr auch
ohne tiefe mathematische Kenntnisse leicht einsehet, diese astronomischen und
astrologischen Zeichenstands- und Übergangsverhältnisse wohl entweder gar nie
oder vielleicht höchstens nur in einer oder mehreren Millionen von Jahren einmal
annähernd eintreffen können, so hebt sich nach der mystisch-klugen Spekulation
eines solchen ewigen Lebensbringers die Wirkung solcher außerordentlicher Mittel
so gut wie von selbst auf. Der Verkäufer aber bleibt unverantwortlich, weil er
immer sagen kann, es sind ja nicht alle Umstände eingetroffen.
[Sa.01_027,21] Gerade also wird in unserem Saturn das Fleisch dieses Tieres
benützt. Nur sagen da die Saturn-Lebensärzte, wenn ein solches Mittel nicht die
bedungene Wirkung hervorgebracht hat, daß von dem Menschen, der ein solches
Mittel gebraucht hat, eine große Unvorsichtigkeit dadurch begangen worden sei,
daß er das Mittel etwa nicht in der Schattenzeit des Ringes, sondern im
Sonnenlichte eingenommen habe, bei welchem Umstand es ohne Wirkung sein müsse.
[Sa.01_027,22] Sagt aber ein Verwandter des Verstorbenen einem solchen
Lebensbringer, daß der Verstorbene das Mittel wohl unter dem Schatten des Ringes
eingenommen habe, so fragt ihn der Mediziner gleich, wie bei dieser Gelegenheit
die Monde gestanden sind? Kann der Befragte darüber die Auskunft erteilen, so
wird natürlich der Stand der Monde vom Lebensbringer allzeit als seinem Mittel
höchst nachteilig mit großer Beredsamkeit erklärt. Weiß aber der Befragte
darüber keinen Bescheid zu geben, so ist das ohnehin das beste Wasser auf die
Mühle unseres „Ewiges Lebens“ Bringers.
[Sa.01_027,23] Manchmal geschieht es aber auch, daß ein Verwandter eines solchen
an einem ewigen Lebensmittel verstorbenen Menschen zu einem andern ewigen
Lebensbringer fragen geht, warum dieses Mittel schon wieder fehlgeschlagen habe?
Da könnt ihr euch schon von selbst denken, welche Auskunft ihm dieser andere
Lebensbringer über das untaugliche Heilmittel seines Kollegen erteilen wird;
nämlich keine andere, als daß er sagt: „Warum seid ihr nicht zu mir gekommen?
Denn es ist ja bekannt, daß sich dieser Mensch mit falschen Mitteln abgibt!“ Und
um den andern zu überzeugen, daß das Mittel sicher falsch gewesen sein muß,
zeigt er ihm sogleich ein anders gefärbtes Mittel, und das ist für den
Fragesteller genug, um einzusehen, warum das Mittel des andern nichts gefruchtet
habe.
[Sa.01_027,24] Bei diesen Gelegenheiten geht dann ein solcher Verwandter des
Verstorbenen nicht selten auch wieder zu demjenigen Lebensbringer zurück, den er
nun als einen Betrüger ansieht. Wie zieht sich aber dann dieser aus der
Schlinge? Der führt unseren Rechenschaftsforderer sogleich zu einem
gleichgesinnten und gleichunterrichteten Nachbarn und sagt zu dem
Rechenschaftsforderer: „Siehe, dieser und dieser haben mein Mittel gerecht
gebraucht, frage sie, wie alt sie schon sind!“ Wenn nun der also Aufgeforderte
einen oder den andern um sein Alter fragt, so bekommt er gewöhnlich eine so „hochalterliche“
Antwort, daß ihm darob das Hören und Sehen vergeht. Gewöhnlich aber sagen solche
nach dem Alter Gefragte nie die Zahl der Jahre, sondern sie führen
außerordentliche Fakta, die sie alle schon erlebt haben, als Beweis ihres Alters
an. So sagt z.B. einer, er wisse noch gar gut, daß dieser oder jener hohe Berg
noch gar nicht bestanden habe. Ein anderer zeigt wieder auf den lichten weißen
Streifen über dem Himmel und sagt, er habe gesehen, wie dieser Ring von dem
Großen Geist über das Firmament gespannt worden sei. Ein Dritter weiß noch die
Zeit gar gut, wo noch kein Mond sich am Firmament befand. Und so weiß einer um
den andern einen bessern Grund seines Alters als sein Vorgänger anzugeben. Wenn
dann unser Rechenschaftsforderer mehrere solche Aussagen vernommen hat, dann
gibt er sich gewöhnlich zufrieden und kauft noch obendrauf vom Doktor, der nicht
jünger ist als seine Nachbarn, ein solches Mittel und geht damit vergnügt nach
Hause.
[Sa.01_027,25] Sehet, das ist nun alles, was sich bei Gelegenheit der
Betrachtung dieses Tieres kundgeben läßt. Daher wollen wir uns auch von diesem
Tier noch zu einem andern nicht-zahmen Tier dieses Weltkörpers wenden und sodann
auf einige zahme Haustiere übergehen.
[Sa.01_028] – Bauor, das Einauge, mit Schweifarm und Waffenauge. Jagd auf dieses
Tier. Seine Haut als Patriarchenmantel.
[Sa.01_028,01] Das Tier, welches wir noch betrachten wollen, kommt nur äußerst
selten vor. Auf den Kontinent-Ländern ist es ein vollkommener Fremdling. Nur auf
einigen bedeutenden südlichen Inseln ist es zu Hause. Wo aber dieses Tier haust,
dorthin machen die Saturnbewohner ebenso selten Besuche wie auf die Inseln, da
das Mud zu Hause ist. Warum – solches wird die Folge zeigen.
[Sa.01_028,02] Bauor heißt dieses Tier; nach eurer Sprache würde das ungefähr so
viel heißen wie das „Einauge“. – Zuerst wollen wir darauf einen Blick tun, warum
dieses Tier das Einauge heißt. Hat es denn wirklich nur ein Auge? Nein, es hat
ebenso zwei Augen zum Schauen wie jedes andere Tier. Aber auf der breiten Stirne
über den zwei Augen, gerade in der Mitte, besitzt es noch ein Waffenauge. Und
von diesem sehr gefährlichen Auge hat dieses Tier auch seinen Namen.
[Sa.01_028,03] Bevor wir jedoch dieses Auge näher betrachten wollen, werden wir
das ganze Tier seiner Gestalt nach beschauen und sodann erst auf das sonderbare
Auge übergehen.
[Sa.01_028,04] Wie sieht also das Bauor aus? Wie groß ist es und wie gefärbt? –
Bis auf den Hals und den Schweif sieht dieses Tier einem Pferd bei euch sehr
ähnlich. Nur müßt ihr euch den Leib des Pferdes ums Hundertfache größer denken.
[Sa.01_028,05] Was aber den Schweif anbelangt, so sieht dieser einer Schlange
ähnlich, wenn ihr der Kopf abgeschlagen wäre, und hat nicht selten eine Länge
von 120-130 Klaftern, und in der Gegend des Afters, da er anfängt, einen
Dicke-Durchmesser von anderthalb Klaftern eures Maßes. Am Ende des Schweifes
sind, wie bei einem Schiffsanker, drei starke Widerhaken. In dem Schweife hat
dieses Tier die meiste Kraft. Es sucht sich mittelst desselben die Nahrung im
Wasser, darum es sich auch beständig an den Meeresufern aufhält und da seinen
langen Schweif fast ununterbrochen im Wasser herumschwärmen läßt, um sich
irgendeinen tüchtigen Fisch oder ein anderes bedeutendes Wassertier mit den
Schweifangeln zur wohlschmeckenden Nahrung zu fangen, wozu dieses Tier auch eine
große Fertigkeit besitzt. Denn sowie es nur in irgendeinem Wasserwinkel etwas
ihm zusagendes Lebendiges wittert, fährt es mit seinem Schweife unter dem Wasser
pfeilschnell dahin und macht diesen seinen Schweifwurf so sicher, daß es seine
Beute nie verfehlt. – Das wäre somit sein Schweif.
[Sa.01_028,06] Wie aber sieht denn der Kopf des Bauor aus? – Der Kopf dieses
Tieres ist äußerst merkwürdig. Er sitzt auf einem langen und starken Halse und
hat fast ganz die Gestalt eines Seekalbkopfes auf eurer Erde. Nur ist auch der
Kopf in eben dem Verhältnis größer als der Kopf eines Erd-Seekalbs, wie sein
Leib größer ist als der eines Erd-Pferdes. Also bis auf das Waffenauge sieht
sein Kopf dem Kopfe eines Seekalbes gleich!
[Sa.01_028,07] Was hat es denn hernach mit dem sogenannten Waffenauge für eine
Bewandtnis? – Seht, dieses Auge ist an und für sich kein Auge zum Schauen; aber
es ist ein Auge zum Fühlen und zum Festhalten. Dieses Auge ist gewöhnlich
geschlossen; wenn sich aber dem Tier irgend etwas Feindseliges naht, öffnet es
dieses Auge. Sobald es geöffnet wird, bricht ein so intensiv roter Lichtstrahl
aus ihm hervor, daß es ein leichteres ist, frei in die Mittagssonne zu schauen
als in dieses Auge.
[Sa.01_028,08] Wenn dieser Strahl auf irgendein lebendes Wesen gerichtet ist,
wird dieses alsbald von einer Art Unbehilflichkeit so gefangengenommen, daß es
sich wie gebannt empfindet und die Stelle nicht verlassen kann, auf welcher es
von diesem Blendlicht unseres Tieres getroffen wurde. Wenn das Tier dann sieht,
daß der also beleuchtete Feind gehörig gefestet oder gebannt ist, nähert es sich
demselben langsamen Schrittes so weit als sein mächtiger Schweif reicht, in
welcher Entfernungsberechnung sich dieses Tier nie verrechnet. Sodann wirft das
Bauor mit Blitzesschnelle seinen Schweif auf den Feind hin, angelt ihn und trägt
ihn mit dem Schweife, der diesem Tier auch als ein Arm dient, sogleich in seinen
überaus weiten Rachen, zermalmt ihn mit seinen starken Zähnen und verschlingt
ihn zu seiner Sättigung. Es macht da gar keinen Unterschied, ob es ein Tier oder
Mensch ist; denn seiner großen Gefräßigkeit zufolge schont es kein einziges
lebendes Wesen, sei es ein Bewohner der Luft oder ein Bewohner der Erde oder des
Wassers.
[Sa.01_028,09] Das wäre somit bis auf die Farbe alles Denkwürdige dieses Tieres!
[Sa.01_028,10] Was hat es denn für eine Farbe? – Am Bauch ist es hellblau; durch
die Mitte des Bauches aber zieht sich der Länge nach ein dunkler, ziemlich
breiter Streifen. Der Rücken ist von hellroter Farbe mit kleinen zebraartigen,
gelben Streifen durchzogen. Die Füße sind pomeranzengelb von da angefangen, wo
sie den Leib verlassen. Die Hufe aber sind vollkommen schwarz. Die Haare des
Leibes sind im Verhältnis durchaus sehr kurz, darum auch schon einige
Saturnbewohner der Meinung waren, als sei dieses Tier ganz nackt. Nur durch
einige gefangene Exemplare wurden sie eines andern belehrt.
[Sa.01_028,11] Aber dieser Fang kam und kommt den Saturnbewohnern allezeit
ziemlich teuer zu stehen. Denn wenn sie es fangen wollen, müssen sie demselben
zuvor bedeutende Opfer bringen, als da sind eine ziemliche Menge großer
Haustiere. Erst wenn sich das Bauor durch den Genuß vieler solcher Haustiere
übersättigt hat, wird es schläfrig und matt, legt sich irgend auf einem Platze
neben dem Wasser nieder, ringelt seinen Schweif zusammen und verdaut seine
reichlich zu sich genommene Kost. Wenn die Saturnbewohner sehen, daß sich dieses
Tier zur Ruhe begeben hat, dann müssen sie auch so schnell nur immer möglich
eilen, damit sie Meister des Schweifes werden, welchen sie gewöhnlich mit einem
Hiebe vom Leibe trennen. Wenn diese Operation vollbracht ist, müssen sie ebenso
geschwinde die Stelle wieder verlassen. Denn da der Schweif, auch getrennt von
seinem Tiere, noch lange fortlebt und sich mit den schauerlichsten Krümmungen
hin- und herwirft, das Tier aber vor Schmerz ebenfalls wütend wird und mit
seinen Hufen umherschlägt, so ist es durchaus nicht ratsam, sich nach der
Operation in der Nähe dieses Tieres aufzuhalten. Solches wissen die
Saturnbewohner, daher entfernen sie sich sogleich und warten auf ihren Schiffen
auf der Oberfläche des Wassers die Zeit ab, wann dieses Tier regungslos
zusammenstürzt und der Schweif sich krampfhaft ausgestreckt hat.
[Sa.01_028,12] Ist solches einmal vor sich gegangen, dann nähern sich unsre
Schiffer wieder dem Ufer, hauen den Schweif noch auf mehrere Stücke entzwei, bei
welcher Gelegenheit die zerhauenen Stücke eine ziemliche Zeitlang hin und her
springen, nähern sich dann dem Tiere selbst und versuchen durch Stiche an der
Rückengegend, ob im selben sich noch irgendein verborgenes Leben vorfindet.
Macht das Tier bei solchen Stichen keine Bewegung mehr, so wird demselben
alsbald die schöne Haut abgezogen, der Kopf aber wird ihm zuvor abgehauen und
sehr schnell ins Wasser geworfen. Denn diese Jäger sind der Meinung, es möchte
das Tier während der Hautabziehung das schreckliche Auge zufällig öffnen, und
dann würden sie alle vergiftet; was aber natürlich nie der Fall sein könnte –
weil dieses Auge durchaus kein Gift enthält und weil das heftige rote Licht des
Auges vollkommen erlischt, sobald das Tier alle Lebenskräfte verloren hat.
[Sa.01_028,13] Ist die Haut von dem Tiere abgezogen und auf die Fahrzeuge
gebracht, dann lassen die Jäger alles andere liegen und verwesen. Damit aber
diese Verwesung desto schneller vor sich gehe, so gibt es da an einer solchen
Ufergegend auch schon sehr bald allerlei hungrige Gäste, welche sich da ihren
Hunger stillen, manche aber auch an ihrem wohlbekannten Feinde ihre Rache
kühlen.
[Sa.01_028,14] Wozu aber benutzen dann die Saturnbewohner eine solche mühsam
erlangte Haut? – Sie wird mit Öl gut eingerieben, daß sie nimmermehr steif
werden kann. Ist solche Bearbeitung gut genug zu Ende gebracht, so wird die Haut
zubereitet oder vielmehr gut beschnitten und danach zu einem Halbmantel
verwendet. Ein solcher Mantel gilt auf dem Rücken eines Mannes mehr als bei euch
ein ganzes Kaisertum. Denn da heißt es dann sprichwörtlich: Das Bauor macht den
Fürsten oder den vorzüglichsten Patriarchen des Landes erst vollkommen
ansehnlich als das, was er sein soll.
[Sa.01_028,15] Es gehört für die Saturnbewohner aber auch im Ernst die
Bezwingung des Bauor zu einer der größten Wagetaten, die sie ausführen. Wer
demnach sich einem solchen Mantel gefangen hat, der zeigt allen seinen
Mitmenschen, von welch großem Mut er beseelt ist. Dieses Zeugnis aber gilt bei
dem Saturnbewohner am meisten. Denn mit einem mutlosen Anführer und Leiter ist
ihnen nicht gedient. Dann aber bezeugt ein solcher Mantel auch noch die großen
Opfer, die der Erringer eines solchen Mantels gebracht hat. Daraus schließen
dann die Saturnbewohner, daß ein solcher Bauor-Mantelinhaber auch bei seiner
großen Tapferkeit ein sehr freigebiger Mensch ist, da er zum Wohle seiner Brüder
solch große Unkosten nicht gescheut hat. Und endlich schließen sie aus dem
Besitz eines solchen Mantels noch auf die große Klugheit eines solchen Menschen,
da er es so weise angestellt hat, Meister dieses Ungeheuers zu werden, welches
bei den Saturnbewohner in einem noch viel entsetzlicheren Ansehen steht als bei
euch der sogenannte Drache oder Lindwurm.
[Sa.01_028,16] Wenn demnach ein Mensch ein solches Tier besiegt hat, so wird er
auch bei jeder anderen Gelegenheit jedes Unternehmen mit großer Klugheit zu
leiten imstande sein. Daher macht dieser Bauor-Mantel einen Saturnmenschen
unfehlbar allezeit zu einem Großpatriarchen, wenn er auch sonst noch ums Drei-
bis Vierfache jünger wäre als irgendein anderer Kleinpatriarch. Solange aber
hernach dieser Mantel sich erhält, so lange auch dauert das Großpatriarchentum.
[Sa.01_028,17] Da dieser Mantel sonach stets die Großpatriarchenwürde verbürgt,
wird auch mit nichts so sparend und schonend umgegangen, wie mit einem solchen
Mantel; aus welchem Grunde ein solcher Mantel von einem Großpatriarchen nur bei
höchst außerordentlichen Gelegenheiten umgehängt wird. Wie es aber überall auf
unserem Planeten kleine Betrügereien gibt, so gibt es solche auch namentlich mit
der dort fast allgemein für ewig gehaltenen Dauer eines solchen Mantels. Denn
wenn er auch schon lange morsch geworden ist, wird er dennoch zuweilen durch
einen falschen Mantel von anderen Tierhäuten als ein echter Bauor-Mantel
forterhalten.
[Sa.01_028,18] Ein solches, zufolge dieses Bauor-Mantels errungenes
Großpatriarchat vererbt sich so lange auf alle Kinder und Kindeskinder des
Großpatriarchen, solange der Mantel noch als daseiend vorgewiesen werden kann.
Nur so jemand zufolge einer frischen Unternehmung sich zum Besitze eines neuen
Mantels verhilft und weiset solchen im ganzen Lande auf, dann ist es mit dem
alten Patriarchat zu Ende. Jedoch bleibt der alte Patriarch dessenungeachtet
noch immer ein angesehener Mann im Volke. In diesem Falle gilt selbst noch der
letzte Fleck eines solchen Bauor-Mantels als ein vollkommen gültiges
Adelsdiplom, durch welches der Inhaber so lange Bauormantel-Vorrechte genießt,
als er nur noch ein Stückchen von einem solchen Mantel als Diplom aufzuweisen
hat. Haben aber einmal einige gutgesinnte Motten das letzte Fleckchen zernagt,
so haben sie auch die Würde eines solchen Urpatriarchen also zerstört, daß ihm
am Ende nichts mehr davon übrigbleibt als allein die leere Erinnerung.
[Sa.01_028,19] Jedoch wir wollen diese saturnpolitischen Verhältnisse vorderhand
nicht weiter verfolgen, da wir noch nicht beim Menschen sind – sondern werden
uns dafür wieder sogleich zu den Tieren wenden. Bevor wir jedoch die Haustiere
vornehmen wollen, werden wir einen allgemeinen Überblick über das gesamte
nicht-zahme Saturn-Tiervolk werfen.
[Sa.01_029] – Harmonie der Weltkörper. Beispiele der Tonkunst. Geheimnisse der
Tonlehre und der Schöpfung. Übereinstimmung der wilden Tierwelt von Saturn und
Erde.
[Sa.01_029,01] Da wir, wie ihr wißt, nur die außerordentlichen Tiere jeder
Gattung sonderheitlich betrachten, so ist es euch aus dem bereits Enthüllten
schon bekannt, welche eigenartigen Tiere alle diesem Planeten eigen sind. Bei
der Darstellung dieser Tiere werdet ihr bemerkt haben, daß sie zuallermeist von
solcher Art sind, daß ihnen im ganzen kein Tier sowohl eurer Erde als
irgendeines andern Planeten völlig ähnlich ist.
[Sa.01_029,02] Es besteht aber zwischen einem und dem andern Planeten eine
immerwährende Harmonie in allem, ohne welche zwei Weltkörper, in einer noch so
unendlichen Entfernung voneinander befindlich, nicht bestehen könnten. – Damit
ihr dieses so viel als möglich richtig auffasset, muß Ich euch vorerst darauf
aufmerksam machen, daß Harmonie nur da ist und sein kann, wo eine und dieselbe
Ursache die Wirkung hervorbringt.
[Sa.01_029,03] Wenn ihr z.B. über ein flach gehobeltes Brett eine Saite spannt
und schlagt dieselbe an, so wird die Saite allzeit einen Ton von bestimmbarer
Höhe oder Tiefe geben. Spannt ihr die Saite mehr und mehr, so wird der Ton
intensiver oder, wie ihr zu sagen pflegt, höher. Je weniger aber die Saite
gespannt wird, desto tiefer wird auch der Ton. Was ist da wohl die Ursache der
tönenden Wirkung? Ihr könnt durchaus keine andere finden und angeben, als das
Brett und die über demselben gespannte Saite. So oft ihr nun diese Ursache
erneuert, so oft auch werdet ihr immer dieselbe Wirkung haben. Die Änderungen in
der Höhe und der Tiefe machen hier durchaus keinen Unterschied. Denn Ton bleibt
Ton, ob er ein hoher oder ein tiefer ist. Ihr werdet hier freilich wohl fragen,
was da eigentlich den Ton bewirkt – ob das glattgehobelte Brett oder ob die
Saite? – Und Ich sage euch, weder das Brett allein für sich, noch die Saite
allein für sich, sondern beide also gemeinschaftlich, daß das gehobelte Brett
als ein zusammenhängendes Ganzes alle nur denkbaren Formen zur Bildung des Tones
in der allzeitigen Bereitschaft hat. Die über demselben sich schwingende Saite
aber ruft diese Formen voneinander wohl unterscheidbar hervor. Und so ist das
gehobelte Brett der Inhalt aller denkbaren Tonformen. Die darüber gespannte
Saite aber ist da, um dieselben zu wecken und sie dann in die vernehmbare
Erscheinlichkeit überzuführen. Damit aber solches möglich ist, muß zwischen dem
gehobelten Brett und der Saite eine unleugbare Harmonie obwalten.
[Sa.01_029,04] Wenn etwa jemand auch die Luft als ein Mittel zur Bildung des
Tones betrachten wollte, dann muß gezeigt werden, daß bei der Hervorbringung
irgendeiner Wirkung nie und unmöglich mehr denn zwei polarische Ursachen in
einen gegenseitig produzierenden Konflikt treten können. Das Mittel aber kann
nie als eine Ursache angesehen werden, sondern nur als ein Weg, auf welchem die
von den zwei Polaritäten hervorgebrachte Wirkung zur Erscheinung kommt.
[Sa.01_029,05] Nehmet z.B. das magnetische Fluidum! Kann sich dieses denn nur,
wenn es von irgendeiner Eisenstange aufgenommen wurde, polarisch vorfinden, oder
ist es nicht vielmehr in sich selbst polarisch freiwirkend durch die ganze
Unendlichkeit da? Seht, somit ist eine Eisenstange nur ein Weg, auf welchem
dieses Fluidum sich euren Sinnen fühlbar äußern kann. Die Stange an und für sich
aber kann doch unmöglich als das angesehen werden, welches das magnetische
Fluidum selbst hervorbringt.
[Sa.01_029,06] Oder sind die Luft und der Äther zwischen der Sonne und einem
Planeten dasjenige, was das Licht bewirkt? Sind sie nicht vielmehr nur der Weg,
durch welchen das Licht, von einer Sonne ausgehend, zu einem Planeten gelangt,
wenn der Planet so gestaltet ist, daß er fähig ist, das auf ihn überkommende
Licht aufzunehmen?
[Sa.01_029,07] Sonach wollen wir auf diese Weise auch die Luft bei unserer
Tonbildung nicht als ein tonbewirkendes Mittel ansehen, sondern nur als den Weg,
auf welchem die Tonformen, wie sie zwischen der Saite und dem gehobelten Brett
gebildet werden, von dem Ohre wahrgenommen werden können.
[Sa.01_029,08] Ihr müßt euch unter „Ton“ überhaupt nicht den Klang denken,
sondern nur eine Form, welche durch einen gewissen Grad von Schwingungen
irgendeiner glatten und elastischen Fläche entlockt wird. Der Klang an und für
sich ist nur ein Zeuge, daß da durch regelmäßige Schwingungen irgendeines
schwingbaren Körpers die Formen eines andern ihm zugrundeliegenden Körpers
entwickelt worden sind. Ich sage: Obschon ihr euch in der Tonkunst bewandert
glaubt, so seid ihr aber nahe in keinem Fache so schlecht bewandert als eben in
der Tonkunst. Denn da versteht ihr nichts mehr, als was die Würmer verstehen,
die an der toten Rinde eines Baumes nagen. Demnach stellt ihr zwar wohl einzelne
verschiedene hohe oder tiefe Töne zusammen und ergötzt euch an dieser Musik
also, wie sich die Würmer ergötzen, wenn sie die tote Rinde eines Baumes
benagen. Welcher von euch aber hat es sich noch je beifallen lassen, daß der Ton
eine der allerwunderbarsten Formen ist?
[Sa.01_029,09] Seht, so ihr irgendeinen Ton singt oder mit einem Klanginstrument
hervorbringt, so wißt ihr dabei nichts mehr zu sagen als: Dieser Ton heißt
entweder c oder a und ist entweder in einer oder der andern Oktave, und daß ihr
dabei auch noch bestimmt, durch welches Klanginstrument irgendein solcher Ton
bewirkt worden ist. Gestehet, ob ihr von dem Ton viel mehr wisset – außer daß
ihr noch die Qualität des Tones bewertet und seine Verhältnisse gegenseitig mit
eurem Ohr bemesset, so seid ihr auch mit dem Ton vollkommen fertig.
[Sa.01_029,10] Damit ihr aber desto gründlicher einsehet, wie wenig ihr in der
Tonkunst bewandert seid, so will Ich euch nur im Vorübergehen etwas Weniges über
den Ton selbst sagen.
[Sa.01_029,11] Ihr wisset, daß über ein und dasselbe Brett eine Menge Saiten
gespannt werden können, und eine jede Saite wird nach dem Grad der Spannung
einen verschieden hohen oder tiefen Ton von sich geben, und das alles auf einem
und demselben Brett. Wenn aber auf einem und demselben Brett alle nur denkbaren
Unterschiede der Töne hervorgebracht werden können, so müssen ja auch in eben
und demselben Brett unendlich viele Formen vorhanden sein, damit sie durch jeden
möglichen Grad der Spannung einer Saite vollkommen vernehmbar in die
Erscheinlichkeit treten können.
[Sa.01_029,12] Wenn ihr nun das Brett an und für sich betrachtet, was findet ihr
daran? Nichts als ein leeres, gehobeltes Brett! Und wenn ihr darauf die eine
oder andere Saite betrachtet, was findet ihr an ihr? Nichts als einen
gleichförmig elastischen Faden, entweder aus Metall oder aus den Gedärmen der
Tiere. Und so habt ihr nichts als zwei platte Einförmigkeiten, aus denen sich
nichts herabphilosophieren läßt vor euch. Und dennoch liegt in diesen zwei
platten Einförmigkeiten eine solche Mannigfaltigkeit, daß davon alle Tondichter
von Davids Zeiten her noch nicht den milliardsten Teil in allen ihren
Kompositionen aufgegriffen haben – da doch diese äußeren Töne in Hinsicht des
eigentlichen wahren Tones an und für sich nichts anderes sind, als was da ist
die tote Rinde eines Baumes gegen dessen inneres, unsichtbares geistiges Leben.
[Sa.01_029,13] Was ist also demnach der Ton? – Der Ton ist nichts anderes als
ein Sichkundgeben der endlos vielen harmonischen geistigen Formen, wie dieselben
der Materie innewohnen oder wenigstens in diese hineinragen. Und demnach ist das
mitschwingende Brett eines Klanginstrumentes eine unendliche Welt voll geistiger
Formen. Und wenn ihr z.B. einen Ton unter dem Namen c oder a angeschlagen habt,
so hat sich durch den einfachen Klang nichts mehr oder weniger als eine ganze
Schöpfung mit einer ewig unzählbaren Zahl der Wesen aller Art für euer Ohr
einförmig vernehmbar gemeldet.
[Sa.01_029,14] Ihr klebt dann nur an dem, was ihr vernehmt. Was aber hinter dem
Vernommenen steckt, das beachtet ihr nicht. Und wenn euch bei mehreren
nacheinander folgenden harmonischen Klängen auch eine große Ahnung ergreift und
euch die geistig lebendigen Formen förmlich am Genick packen, so seid ihr doch
blind und naget an der Rinde, ohne bei jedem einfachen Ton zu bedenken, daß eben
durch den vernehmbaren Ton eines alleinigen Wortes alle Dinge, welche die ganze
Unendlichkeit erfüllen, hervorgegangen sind. – Nun könnt ihr euch wohl einen
kleinen Begriff machen, was ein Ton ist und wie unterschieden seine große
Bedeutung ist vom einförmigen Klang, den ihr Ton nennt.
[Sa.01_029,15] Da wir aber zuvor von den harmonischen Verhältnissen ausgegangen
sind und dargetan haben, wie zwischen einem glatten Brett und einer darüber
gespannten Saite eine stetige Harmonie obwaltet und daß eben aus dieser Harmonie
dem Äußern nach dieselben Wirkungen entstammen, so können wir auch unserem
ersten Satz volle Geltung verschaffen, in welchem gesagt wird, daß zwischen zwei
noch so entfernten Weltkörpern eine stetige Harmonie sich vorfinden muß.
[Sa.01_029,16] Warum denn? – Denkt euch die Sonne als das mitschwingende Brett,
die Planeten aber als Saiten über das Brett gespannt. Wenn nun diese um das
mitschwingende Brett der Sonne schwebenden Planetensaiten durch das ausgehende
Licht von der Sonne angeschlagen werden, so nehmen sie auf diese Weise alle die
in der Sonne schon zugrunde liegenden Formen auf, nachdem sie dieselben auf dem
Weg des Lichtes überkommen haben, und setzen sie dann in die äußere
Erscheinlichkeit.
[Sa.01_029,17] Wenn ihr nun darauf einen Blick richtet, daß die Saite des
Saturnplaneten über dieselbe Sonne gespannt ist, wie die Saite der Erde, die ihr
bewohnt, so muß es euch ja auch einleuchtend sein, daß dieselbe Ursache, welche
auf eurer Erde wirkt und ihre Formen auf derselben in die Erscheinlichkeit
treten läßt, auch auf dem Saturn dasselbe bewirken wird.
[Sa.01_029,18] Wenn ihr z.B. ein siebenoktaviges und zugleich ein fünfoktaviges
Klavier nehmen möchtet, so wird da niemand in Abrede stellen, daß das
mehroktavige Klavier noch tiefere und höhere Töne haben wird als das
fünfoktavige. Wenn aber das mehroktavige Klavier mit seiner Skala da eintritt,
wo des fünfoktavigen Instrumentes tiefster oder höchster Ton liegt, so wird es
hernach mit demselben gleichtönend die Skala so lange harmonisch fortsteigen
oder fallen lassen, wie das fünfoktavige; nur werden natürlich die Töne des
größeren Instruments sicher stärker, größer und ausgebildeter klingen als die
auf dem kleineren Instrument.
[Sa.01_029,19] Nun seht, jetzt haben wir eigentlich schon alles. – Ich sagte
gleich anfangs, daß wir zuvor noch einen allgemeinen Überblick über das
sämtliche unzahme Saturntiervolk werfen wollen, bevor wir zur sonderheitlichen
Darstellung des zahmen Getiers übergehen werden. Und Ich sage euch, einen
solchen allgemeinen Überblick haben wir nun schon gemacht. Denn diese
Darstellung der produktiven Kraft der Sonne war zuvor notwendig, damit das noch
zu Sagende nicht als eine Faselei oder als eine nötigende Darstellung der Dinge
auf diesem Planeten so erscheint, als wäre demjenigen, der solches kundgibt, der
Phantasiefaden ausgegangen und er demzufolge zu dem die Zuflucht nehmen müßte,
was die Erde als Planet an formellen Erscheinlichkeiten bietet. Daß er sagen
müßte: Alles Getier der Erde findet sich auch auf diesem Planeten mit wenigen
Abweichungen vor; nur daß es im Verhältnis größer und stärker ist und zufolge
des schon mehr geteilten Lichtes der Sonne auch buntfarbiger.
[Sa.01_029,20] Da aber solche anatomisch zergliederte Darstellung der
harmonischen Verhältnisse vorangegangen ist, so wird niemand, der gläubigen
Herzens ist, dagegen etwas einzuwenden haben, so Ich nun sage: Von eurem größten
Urelefanten angefangen bis zur allerkleinsten Maus hat auch der Saturn alle
diese Tiere der Erde vollständig auf seiner Oberfläche, nur sind sie im
Verhältnis größer und stärker und wechseln ihre Farben zwischen blau, grün, rot,
weiß und schwarz, während die Farben der Tiere eures Erdkörpers darum nur selten
vollkommen ausgebildet sind, weil die Strahlen der Sonne noch zu intensiv und
daher wenig gesondert auf den Boden fallen Die Färbung ist ja allezeit eine
Folge des Lichts. Eure Blumen sind zwar ebenfalls mit allerlei vollkommenen
Farben gefärbt, aber es geht der Farbe dennoch der gewisse lebendige Glanz ab,
durch welchen alle Blumen unseres Saturn so lebendig werden, und auch alle
anderen Färbungen sowohl der Tiere als auch der Menschen dieses Planeten.
[Sa.01_029,21] Dieses genügt somit für den allgemeinen Überblick der vierfüßigen
und auch der anderen Tierwelt dieses Planeten. Demnach werden wir auch von den
zahmen Tieren nur diejenigen wenigen einer kurzen näheren Betrachtung
unterziehen, welche das fünfoktavige Erdklavier nicht enthält.
[Sa.01_030] – Die zahmen Tiere des Saturn. Die Kuh Buka, das nützlichste
Saturntier.
[Sa.01_030,01] Das erste zahme Tier, das wir betrachten wollen, ist die große,
zahme Kuh der Saturnbewohner, von ihnen „Buka“ genannt. – Ihr werdet euch
vielleicht denken: Warum muß denn gerade von der Kuh zuerst die Rede sein und
warum nicht zuerst vom Stier? Es ist aber hier nicht eine zoologische Aufzählung
des Tierreiches, wo nach der gelehrten Ordnung der sogenannten Zoologen nahe
allezeit das Männlein vor dem Weiblein einhergehen muß, sondern hier ist eine
Aufzählung der Tiere des Planeten nach dem Range ihrer Tauglichkeit und sonach
auch ihrer Denkwürdigkeit. Da aber die Kuh auf diesem Planeten ein viel
tauglicheres Tier ist und also auch viel denkwürdiger, so lassen wir es auch
wohlgeordnetermaßen vor dem Männlein, das heißt vor dem Stiere einhergehen.
[Sa.01_030,02] Was ist also unsere Buka für ein Tier? Wie sieht sie aus, wie
groß ist sie und wo ist sie zu Hause?
[Sa.01_030,03] Die Buka oder Saturn-Kuh ist ein riesenhaft großes Tier, aber
dennoch ungemein zahm. Und im Verhältnis zu seiner riesenhaften Größe verzehrt
es sehr wenig Futter, trinkt aber desto mehr Wasser.
[Sa.01_030,04] Dieses Tier ist unter den Geschöpfen dieses Planeten das
allernützlichste und macht mit seiner sehr reichlichen und überaus
wohlschmeckenden, etwas gelblich aussehenden Milch den vorzüglichsten
Nahrungsquell der Saturnbewohner aus. Ihr möchtet wissen, wieviel nach eurem Maß
eine solche Kuh in einem Saturntage (Milch) gibt. Da der Saturntag ohnehin nicht
viel unterschieden ist von einem Erdtage, so muß es euch nicht gar zu übermäßig
wundernehmen, wenn Ich euch sage, daß diese Kuh bei regelmäßig guter Melke des
Tages nicht selten eintausend Eimer Milch nach eurem Maße gibt.
[Sa.01_030,05] (NB! Eine solche Kuh dürfte hier auf eurem Erdkörper manchen
wirtschaftlichen Industrierittern nicht unerwünscht sein, vorausgesetzt, daß sie
eben nicht viel mehr des Futters bedürfe als eine gewöhnliche Erdkuh, des
Wassers aber dazu trinken könnte, so viel sie nur wollte und möchte. Allein da
sich solche sehr ökonomische Menschen bei einer solchen Kuh im Geiste allzusehr
verwirtschaften möchten, so lassen wir sie nur im Saturn – ungeachtet dessen es
uns nicht gerade unmöglich wäre, auch auf der Erde eine Saturnkuh zu
erschaffen.)
[Sa.01_030,06] Wie sieht denn eigentlich im Saturn eine solche Kuh aus? – Was
die Form betrifft, so hat sie eine ziemliche Ähnlichkeit mit der sogenannten
Auerkuh. Was aber dann deren Größe betrifft, da ist der Unterschied freilich
wohl unvergleichbar; ja so groß ist er, daß eine gewöhnliche Kuh eurer Erde auf
dem Rücken einer Saturnkuh sich kaum größer ausnehmen dürfte als eine Fliege auf
dem Rücken einer eurer Kühe. Das Männlein oder der Stier ist nach dem Mud
beinahe das größte Tier dieses Planeten. Die Kuh jedoch ist bedeutend kleiner
als das Männlein. Wenn eine solche Saturnkuh hier auf eurer Erde stünde, so
würdet ihr von ihrem Rücken aus eine bei weitem größere Aussicht haben, als so
ihr euch auf eurem Plabutschberge befindet, obschon die Größe der Kühe auf
diesem Planeten selbst sehr verschieden ist.
[Sa.01_030,07] Die größere Gattung dieser Kühe befindet sich vor allem in jenem
großen Kontinentland, welches gleich anfangs der Enthüllung dieses Planeten
gezeigt wurde. In diesem Kontinentland ist eine solche Kuh nicht selten bei
vierhundert Klafter hoch und vom Kopf bis zum Schweif doppelt so lang. Ihr Leib
befindet sich auf vier verhältnismäßig festen Füßen, welche jedoch, verglichen
mit dem übrigen Leib, kürzer sind als die Füße einer Erd-Kuh im Verhältnis zu
ihrem Leib. Zwischen den beiden Hinterfüßen hängt ein außerordentlich großes
Euter, welches mit acht verhältnismäßig langen Zitzen versehen ist. Die Zitzen
hängen aber, wenn eine solche Kuh steht, dennoch über vierzig Klafter hoch über
dem Boden.
[Sa.01_030,08] Wie wird denn dann eine solche Kuh gemolken? – Nicht so wie bei
euch; sondern eine solche Kuh gibt die Milch von selbst. Vermöge ihres
Organismus steht das Geben oder das Verhalten der Milch bei dem Instinktwillen
dieses Tieres. – Wie merken aber die Saturnbewohner, wenn die Kuh die Milch
geben will? – Solches merken sie fürs erste aus der aufgedunsenen Völle des
Euters und fürs zweite wenn das Tier sich selbst zur Ruhe stellt, nachdem es
zuvor gewöhnlich ein großes Quantum Wasser getrunken hat.
[Sa.01_030,09] Wenn eine solche Kuh sich sonach ruhig gestellt hat, da eilen die
Saturnbewohner alsbald mit ihren großen, euch schon bekannten Kürbisgewächsen
her, halten deren weite Öffnungen unter die Zitzen der Kuh und fangen dann
sorgsam in denselben die Milch auf, welche die Kuh freiwillig von sich gibt. Hat
sich die Kuh ihrer Milch entledigt, so gibt sie das allezeit durch einen
donnerartigen Murrer zu verstehen.
[Sa.01_030,10] Nach einem solchen Murrer eilen die Milchsammler mit ihren vollen
Gefäßen sogleich unter dem Bauch der Kuh hinweg, damit, wenn die Kuh sich wieder
zu bewegen anfängt, niemand zertreten werden möchte durch den überaus riesigen
und schweren Fuß unserer Buka. Bei einer mehrere Jahre alten Kuh ist zwar
dergleichen nie zu befürchten; diese setzt so lange keinen Fuß von der Stelle,
als sich ein Mensch noch unter ihrem Bauche befindet. Aber bei einer jungen Kuh,
die natürlicherweise viel lebhafter ist, muß da viel vorsichtiger zu Werke
gegangen werden.
[Sa.01_030,11] Sonst aber machen die Saturnbewohner ebenfalls viel Butter,
Schmalz und Käse aus dieser Milch, welches alles sie vorzugsweise gerne
genießen, besonders den Käse mit Butter und mit Honig bestrichen. Der Honig
rührt aber auf diesem Planeten nicht von den Bienen her, sondern von einer Art
großkelchiger, überaus wohlriechender Blumen, deren ziemlich weite Kelche nahe
über die Hälfte mit Honig gefüllt sind.
[Sa.01_030,12] Wie genießen denn die Saturnbewohner die äußerst wohlschmeckende
Milch dieser Kuh? – Nahe gerade also, wie ihr die Milch eurer Kühe genießt. Nur
zu keinem Kaffee gebrauchen sie dieselbe, denn dergleichen extra närrische
Speisen kennen die Saturnbewohner nicht. Sie kochen zwar wohl auch einige ihrer
Speisen, aber den Saft einer verkohlten Frucht fliehen sie wie die Pest, weil
sie es wohl wissen, daß die Speisen samt und sämtlich also am gesündesten und
nahrhaftesten sind, wie Ich sie in der Natur zubereitet und am reinen Feuer
meiner Sonne gekocht habe.
[Sa.01_030,13] Also wüßten wir auch in aller Kürze, wie die Saturnbewohner ihre
Milch genießen. – Demnach bleibt uns nichts mehr übrig, als allein nur noch zu
sagen, was diese Kuh für eine Farbe hat. – Der Leib dieser Kuh ist bis zur
unteren Bauchgegend, welche vollkommen weiß ist, blaugrau. Die Beine aber, wo
sie den Leib verlassen, gehen nach und nach ins Dunkelblaue über, sowohl die
vorderen als auch die hinteren. – Der Schweif dieses Tieres ist ebenfalls
dunkler als der Leib und ist an seinem Ende mit einem überaus starken,
zinnoberroten Mähnenbusch verziert. – Der Hals ist im Verhältnis zu dem Körper
mehr schlank als massiv und ist, vom Kopf angefangen bis zu den Vorderfüßen,
nach jeder Seite hin mit starken und langen, ebenfalls zinnoberroten Mähnen
behangen, wovon ein Haar nicht selten bei fünfhundert Klafter lang ist. Auch der
Kopf ist im Verhältnis zu dem übrigen Leib des Tieres mehr klein – und hornlos.
Das Männlein aber hat doch zwei aufrechtstehende kleine Hörner, die nach
rückwärts gebogen sind wie bei einer Gemse.
[Sa.01_030,14] Etwas Auszeichnendes am Kopf der Kuh sind ihre Ohren, davon ein
jedes nicht selten eine Länge von dreißig bis vierzig Klaftern und ungefähr ein
Drittel dieses Maßes in der Breite hat. Die Ohren sind von blendendweißer Farbe.
Die Stirne dieses Tieres ist lichtblaugrau, um die Gegend der verhältnismäßig
großen Augen aber etwas dunkler. Die Schnauze ist geradeso gebaut, wie die einer
Kuh bei euch. Sie ist ebenfalls nackt und von dunkelgrauer Farbe. – Alles übrige
ist vollkommen ebenmäßig und ähnlich einer schon bekannten Auerkuh auf der Erde.
[Sa.01_030,15] Wird diese Kuh etwa in einem Stall gehalten? – O nein; diese ist
zu groß, als daß man über ihr einen zweckmäßigen Stall bauen könnte. Wohl aber
wird sie in einem lebenden Garten gehalten. Bei den Saturnbewohnern ist dies
nichts anderes als die Umzäunung einer bedeutend großen Wiesenfläche mit dem
sogenannten Wandbaum, über welchen unsere Kuh trotz ihrer Größe dennoch nicht
kommen kann, da sie, wie ihr schon wißt, im Verhältnis zu ihrem Leib nur kurze
Füße hat und diese Füße bei ihrem Fortschreiten nie höher als nur fünf Klafter
eures Maßes vom Boden des Saturnerdreichs erheben kann. Das ist somit der Stall
für eine solche Kuh! Freilich ist eine solche umzäunte Wiese nicht selten so
groß wie der dreifache Flächenraum eures Vaterlandes.
[Sa.01_030,16] Wie viele Kühe hat denn hernach ein Saturnbewohner? – Ich sage
euch, der Inhaber von zehn solchen Kühen und zwei Stieren daneben wird schon für
den allerreichsten gehalten; sonst aber bleibt es gewöhnlich bei der
Einfachheit.
[Sa.01_030,17] Das ist nun alles, was ihr von diesem Tier als denkwürdig zu
betrachten habt. Und somit wollen wir uns auch wieder zu einem andern, ebenfalls
sehr nützlichen Haustier wenden, und das zur sogenannten Blauen Hausziege,
welche wir bei der nächsten Gelegenheit näher betrachten wollen.
[Sa.01_031] – Die Blaue Ziege. Tauschhandel mit ihrer Milch. Das Ziegendankfest.
Verbundenheit der Saturnbewohner mit der geistigen Welt. Die Wolle der blauen
Ziege und deren Verwendung.
[Sa.01_031,01] Was ist unsere schon benannte „Blaue Ziege“ für ein Tier? – Sie
ist besonders für den wenig bemittelten Teil der Menschen dieses Planeten ein
überaus nützliches und unentbehrliches Tier; besonders bei den Bewohnern der
Gebirge, auf denen unsere große Kuh nicht gut fortkommt, da dort zu wenig Futter
für sie wächst, hauptsächlich aber viel zu wenig Wasser vorhanden ist, womit
diese Kuh sich ihren großen Durst löschen könnte.
[Sa.01_031,02] Wie sieht denn dieses Tier, die Blaue Ziege, aus? Etwa so wie
irgendeine Ziege auf dieser Erde? – O nein, das mitnichten! Wohl aber fast so
wie ein Elentier, welches bei euch die nördlichsten Teile der Kontinente
bewohnt; nur ist es natürlicherweise wohl ums Hundertfache größer, das heißt
kubischen Maßes, als ein Elentier auf der Erde. Diese Blaue Ziege hat zwischen
ihren beiden Hinterbeinen ein ihrer Größe nach verhältnismäßig sehr starkes
Euter, welches mit sechs Zitzen versehen ist, aus welchen bei guter Melkzeit die
Saturnbewohner sehr leicht zehn bis zwanzig Eimer Milch, nach eurem Maß,
bekommen.
[Sa.01_031,03] Diese Milch ist zwar nicht so süß wie die der großen Kuh, aber
sie ist dafür desto wohlriechender und, wie ihr zu sagen pflegt, gehaltvoller.
Daher geschieht es auch häufig, daß die Gebirgsbewohner ihre guten Milchprodukte
in die Täler und Ebenen bringen, um manche andere für sie unentbehrliche Sachen
einzutauschen. Denn auf diesem Planeten gibt es durchaus keinen anderen als nur
den Tauschhandel. Und es kommt zu eben diesem Tauschhandel den Gebirgsbewohnern
sehr zustatten, daß diese Ziege in den Tälern und Ebenen nicht fortkommt, aber
desto üppiger auf den Höhen, allda sie sich nicht selten ihr Futter unter dem
Schnee mit ihren schaufelartigen, nach vorwärts gebogenen Hörnern sucht. Denn
solches müßt ihr wohl verstehen, daß auch auf dem Planeten Saturn, ebenso wie
auf der Erde, die höchsten Gebirgsspitzen, besonders zur Zeit des Ringschattens,
mit Schnee und Eis bedeckt sind.
[Sa.01_031,04] Dieses Tier ist an und für sich zwar etwas scheuer Natur; wenn es
aber von dem Menschen gut behandelt wird, wird es so zahm und einheimisch, daß
es ihnen beinahe überall gleich euren treuen Hunden nachläuft. Darum müssen die
Saturnbewohner es auch zur Zeit, da sie sich von ihrer Heimat entfernen wollen,
mittelst eines langen und starken Grasstrickes an irgendeinem Baume anbinden,
damit es dadurch daheimgehalten wird. Bei den Saturnbewohnern, namentlich bei
denjenigen, welche die Gebirge bewohnen, gibt es sogar im Jahr ein Fest, welches
sie zur Danksagung für dieses nützliche Tier dem Großen Geiste darbringen.
[Sa.01_031,05] Zu diesem Fest werden eine Menge der schönsten solcher Ziegen
hinzugeführt, und zwar mit vollem Euter. Auf einer bestimmten Stelle werden sie
in einen Kreis gestellt und sodann in die schönsten und reinsten Geschirre
gemolken. Ist diese Arbeit nach kurzer Zeitfrist verrichtet, werden die Tiere zu
einem allezeit in der Nähe befindlichen Regenbaum-Teich geführt und da gleichsam
zur schuldigen Danksagung mit diesem äußerst wohlschmeckenden und reinen Wasser
getränkt. Sodann werden sie freigelassen, damit sie sich weiden können an den
sehr üppigen Grastriften, welche um einen solchen Regenbaumteich liegen. Die
Menschen aber gehen zu jener Stelle zurück, wo in den schönen Gefäßen die frisch
gemolkene Milch ihrer harrt.
[Sa.01_031,06] Ein jeder nimmt sein Gefäß und trägt dasselbe in einen zu diesem
Fest schon eigens errichteten Tempel, welcher gewöhnlich aus den Strahlenbäumen
oder, wenn der Spiegelbaum fortkommt, auch aus den Spiegelbäumen angepflanzt
ist. Ich sage darum „angepflanzt“, weil auf diesem Planeten alle
gottesdienstlichen Tempel aus den schönsten Bäumen bestehen, welche aber nicht
übereinander gezimmert sind wie bei euch, sondern lebendig aus dem Erdboden
wachsen. Sie werden nahezu auf die Art wie bei euch in den Gärten die
sogenannten Spalieralleen in bestimmter Ordnung gesetzt und dann künstlich und
regelmäßig beschnitten. Ein solcher fertig ausgewachsener Tempel sieht so
wunderherrlich aus, besonders zur Zeit, wenn die Bäume blühen, daß ihr euch
davon auf der Erde unmöglich einen Begriff machen könnt. Er ist auch gewöhnlich
so groß, daß ihr vom heiligen Eingang bis zum entgegengesetzten Ausgang bald
eine kleine Tagreise brauchen würdet, um diese Strecke zu durchwandern.
[Sa.01_031,07] Wenn die Menschen ihre mit Milch gefüllten Kürbisgefäße sämtlich
in einen solchen Tempel gebracht haben, danken sie zuerst daselbst dem Großen
Geiste für die Gabe dieses nützlichen Haustieres und sodann auch für die von
diesem Tier genommene Milch. Nach dieser Handlung erhebt sich der Älteste aus
ihrer Mitte und heißt die also andächtig Versammelten sich auf den Boden
niederlegen, und zwar mit dem Gesicht zur Erde gekehrt.
[Sa.01_031,08] Er aber blickt auf und fleht den Großen Geist an, daß Er es nun
zulassen möge, daß über ihn käme ein Geist des Lichtes und ihm kundgebe, was da
wohlgefällig wäre dem Großen Geiste, das sie tun möchten in dem Heiligtum. Und
weil die Saturnbewohner, vorzugsweise aber die Höhenbewohner, im fast
ununterbrochenen Verband mit den Geistern ihres Himmels stehen, so geschieht es
auch allzeit, daß nach einer solchen Bitte eines Ältesten ein leuchtender Geist
in menschlicher Gestalt zu ihm kommt und ihm kundgibt, wie sich das Volk zu
betragen habe.
[Sa.01_031,09] Ist solche Kundgebung geschehen, dann stehen die Menschen wieder
auf und der Älteste gibt ihnen bekannt, was er vernommen hat. Nach einer solchen
Predigt wird dem Großen Geiste wieder ein Dank dargebracht. Ist auch dieses mit
wirklich allzeit großer Andacht geschehen, so begeben sich die Menschen
beiderlei Geschlechts wieder zu ihren Milchgefäßen, tragen sie zum Ältesten,
damit er darüber den Segen des Großen Geistes spreche. Alsdann gehen sie mit
ihren Gefäßen zurück, umarmen sich und einer ladet den andern zu seinem
Milchgefäß ein, neben welches ein jeder auch noch eine gehörige Menge anderer
eßbarer Dinge gestellt hat. Nach solcher Einladung wird sodann in dem Tempel
gespeist und mit allerlei gegenseitigen Belehrungen unterhalten.
[Sa.01_031,10] Ist bei dieser Gelegenheit den Tag hindurch fast alles vom
Mitgebrachten aufgezehrt worden, so wird wieder dem Großen Geiste ein Dank
dargebracht, welchen die Saturnbewohner nicht selten durch den Gesang der euch
schon bekannten Vögel (wo dieselben zu haben sind) zu erhöhen suchen – aber
nicht durch die Hauptsänger, sondern durch die euch schon bekannten Sänger der
zweiten Art.
[Sa.01_031,11] Nach dieser Danksagung geht dann wieder alles aus dem Tempel;
aber wohlgemerkt, nie beim vordern heiligen Ausgang, sondern beim rückwärtigen,
der für das Volk bestimmt ist, während der heilige nur für den Ältesten und für
die Geister des Lichts bestimmt ist. Wenn die Menschen nun wieder außer dem
Tempel sind, so rufen sie ihre noch behaglich um den Regenbaumteich weidenden
Ziegen, welche dann auch alsbald dem Rufe ihrer Herrn und Inhaber folgen.
[Sa.01_031,12] Seht, das ist das einfachste Fest, das diese Saturnmenschen
begehen! Was aber die Hauptfeste und den Hauptgottesdienst betrifft, das wird
euch erst bei Gelegenheit der Darstellung der Saturnmenschen bekanntgegeben
werden.
[Sa.01_031,13] Wenn die Saturnbewohner mit ihren Ziegen nach Hause kommen,
werden die Tiere wieder gemolken und dann freigelassen. Denn für diese Tiere
errichten die Saturnbewohner keinen Stall. Und es eignet sich auch nie einer
dieses oder jenes Tier vollkommen an; sondern wenn das Tier mit einem vollen
Euter zur Wohnung des Menschen kommt, wird es gemolken und sodann wieder
freigelassen. Es muß sich auch da niemals einer für die Fütterung dieser Ziegen
sorgen und braucht ihnen nie einen Wächter zu halten; denn die Tiere versorgen
sich selbst und sind so zahm, gutmütig und anhänglich, daß sie immer zur rechten
Zeit zu den Wohnungen der Menschen kommen. Und sie brauchen auch keinen Wächter
und Wärter, weil es im Saturn, besonders auf den Bergen, überhaupt keine
sogenannten reißenden Tiere gibt.
[Sa.01_031,14] Was die euch schon bekanntgegebenen, etwas feindselig gesinnten
wilden, unzahmen Tiere betrifft, so leben diese, wie ihr wißt, gewöhnlich nur in
solchen Gegenden, die von den von Menschen bewohnten großen Kontinentländern
ganz entfernt und durch das Wasser getrennt sind. Auf den Kontinentländern
bewohnen sie nur jene Teile, welche von den Menschen entweder gar nicht oder nur
bei gewissen Gelegenheiten, aus Wißbegierde, Fürwitz und nicht selten auch aus
einer Art Habsucht betreten werden. Auf den Höhen aber lebt, wie ihr wißt, nur
höchst selten ein anderes wildes oder unzahmes Tier als allein unser schon
bekannter scheuer „Spitzfuß“.
[Sa.01_031,15] Aus diesem nun Gesagten könnt ihr selbst entnehmen, wie leicht es
einem Saturnbewohner ist, dieses Tier zu halten, und wie nützlich es dem
Menschen dieses Planeten ist. Und so hätten wir auch alles Denkwürdige dieses
Tieres damit erfahren.
[Sa.01_031,16] Es wird wohl nicht notwendig sein, euch noch einmal zu sagen
warum dieses Tier die „Blaue Ziege“ heißt. Denn wie der Name, so ist auch die
Farbe des Tieres. Wohl aber könnt ihr euch noch hinzumerken, daß dieses Tier
eine überaus feine und reichliche Wolle gleich euren Schafen gibt, aus welcher
sich die Saturnbewohner, namentlich die der Berge, allerlei nützliche und für
die kältere Schattenzeit warmhaltende Kleider verfertigen, indem sie zuvor die
Wolle reinigen, in schöne, gleichförmig dicke Fäden spinnen und aus diesen dann
mit ganz eigenartigen, geschickt bereiteten Werkzeugen allerlei verschieden
gemusterte Stoffe weben.
[Sa.01_031,17] Was geschieht denn aber mit dem Tier, so es stirbt? – Da wird
demselben das Fell abgezogen. Das Fleisch aber wird in eine tiefe Grube
versenkt, denn die Saturnbewohner essen fast überhaupt kein Fleisch.
[Sa.01_031,18] Das ist nun alles von diesem Tier, und so wollen wir das nächste
Mal noch zu einem andern, sehr beachtenswerten Haustier übergehen.
[Sa.01_032] – Der Saturn-Hausknecht Fur, eine zahme Affenart. Vom Saturn-Hund,
von Pferden, Schafen und anderen Tierarten.
[Sa.01_032,01] Was dieses Tier betrifft, so trägt es seine Nutzwirkung, so wie
das frühere Tier seine Farbe, in seinem Namen, d.h. es liegt in dem Namen das,
was dieses Tier tut und wie es durch dieses Tun den Bewohnern unseres Planeten
nützt. Was hat denn hernach dieses Tier für einen Namen und wie lautet derselbe?
- Ihr werdet diesen Namen selbst finden, wenn ihr erst werdet dieses nützliche
Haustier ein wenig in seinem Wirken beschaut haben.
[Sa.01_032,02] Was tut sonach dieses Tier? Es leistet den Saturnbewohnern nahe
dieselben Dienste, welche auf der Erde ein recht treuer und fleißiger Hausknecht
seiner Herrschaft leistet. Dieses Tier verrichtet mit großer Genauigkeit beinahe
alle jene Arbeiten, welche ihr auf eurem Erdkörper zu den schweren rechnet.
Dergleichen Arbeiten sind folgende: den Acker bestellen, das Wasser nach Hause
tragen, das Holz sammeln und es ebenfalls zum Gebrauch der Menschen ihrer
Wohnung zutragen, Felder reinigen, auch schädliche wilde Tiere jagen, zur
Nachtzeit das ganze Hauswesen treu bewachen und dergleichen Arbeiten noch in der
Menge. –
[Sa.01_032,03] Also seht, nach solcher Nützlichkeit wird diesem Tier von den
Saturnbewohnern der Name Fur, oder nach eurer Sprache „Der treue Hausknecht“,
gegeben.
[Sa.01_032,04] Was somit dieses Tier wirkt und tut und wie es heißt, wüßten wir
bereits. – Wie sieht aber dieses nützliche Haustier aus? – Das ist nun eine ganz
andere Frage. Gibt es auf dieser Erde wohl auch ein der Form nach ähnliches
Wesen? O ja, auch die Erde hat ähnliche Tiere in ziemlich großer Menge in
allerlei Abstufungen. Allein auf der Erde sind diese Tiere durchweg wild, was
auf dem Saturn wieder gerade der umgekehrte Fall ist, da eben diese Tiergattung
zu den am meisten zahmen Tieren gehört und so gelehrig ist, daß sie sich in
kurzer Zeit zu allerlei menschlichen Verrichtungen abrichten und gebrauchen läßt.
Wie heißt denn auf eurer Erde dieses Tier, welches vermöge seiner natürlichen
Anlage und körperlichen Beschaffenheit ebenfalls zu den meisten Verrichtungen
verwendet werden könnte, so die Menschen es verstünden, dasselbe zum Haustier zu
machen und es dann zu den verschiedensten menschlichen Arbeiten abzurichten.
Seht, das sind auf eurer Erde die Affen; besonders diejenigen, die ihr unter dem
Namen Orang-Utan kennt.
[Sa.01_032,05] Diese Tiere sind, wie schon bemerkt, auf dem Saturn gerade die
allernützlichsten und zu allerlei Arbeiten brauchbarsten aus der ganzen Reihe
der Tierwelt dieses Planeten. – Kostet den Saturnmenschen etwa ihre Erhaltung
sehr viel? – O nein, diese Tiere sind die wohlfeilsten Diener der
Saturnmenschen, denn sie verlangen von ihnen nichts anderes als eine gute
Behandlung und manchmal eine Frucht aus der Hand eines Menschen. Das ist aber
auch alles, was diese Arbeiter von ihrer Herrschaft verlangen.
[Sa.01_032,06] Nur wenn sie von einem Menschen roh behandelt wurden, rächen sie
sich gewöhnlich dadurch, daß sie ihm untreu werden und sein Haus für immer
verlassen. Will er sie aber mit Gewalt aufhalten, so hat er mit ihnen einen
ziemlich schweren Kampf zu bestehen, aus welchem allzeit diese Tiere als Sieger
davonrennen. – Hat aber irgendein Saturn-Einwohner ein solches Tier wohl
irgendwann beleidigt, gibt demselben aber, wenn es fortziehen will, durch
mehrere in seiner Hand vorgehaltene Früchte kund, daß er seinen Fehler bereut
und dadurch wiedergutmachen will, so kehrt ein oder das andere beleidigte Tier
auch alsbald wieder um und wird, wie zuvor, ein treuer Diener seines Herrn.
[Sa.01_032,07] Was ist denn die Nahrung dieses nützlichen Haustieres? – Die
gewöhnliche Nahrung besteht in allerlei niederen Baum- und Gesträuch-Früchten,
welche von den Menschen nur selten, von den bemittelteren gar nicht genossen
werden. Aus dem könnt ihr leicht entnehmen, wie wenig diese Hausdienerschaft
ihre Herrschaft kostet. Wenn ihr euch noch dazu denkt, daß es solcher für den
Saturnmenschen nicht genießbarer Früchte in großer Menge gibt und daß für die
unzerreißbare Kleidung dieser Arbeiter Ich sorge, so müßt ihr das vorher
Erwähnte noch desto klarer einsehen, nämlich wie überaus billig diese Arbeiter
den Saturnbewohnern zu stehen kommen.
[Sa.01_032,08] Da wir jetzt schon so vieles über ihre Nützlichkeit gesprochen
haben, so wollen wir auch sehen, wie diese Tiere geformt sind. – Ich habe zwar
schon vorher erwähnt, daß diese Tiere eine große Ähnlichkeit mit den Affen eurer
Erde haben. Jedoch, da auf diesem großen Planeten gleichsam alles der Gestalt
nach ausgebildeter und vollkommener ist, sind auch unsere treuen Hausdiener viel
vollkommener und ausgebildeter als ein sogenannter Orang-Utan eurer Erde. Diese
Tiere sehen demnach einem Saturnmenschen fast so ähnlich, wie auf eurer Erde die
sogenannten Buschmenschen einem wohlgebildeten Bewohner Europas oder des
westlichen Teiles von Asien ähnlich sehen.
[Sa.01_032,09] Nur was die Haut betrifft, so ist diese auch bei diesen
Saturn-Orang-Utans bis auf die Handflächen und bis auf einen kleinen Teil des
Gesichtes dicht mit Haaren besetzt. Auch sind die Hände und die Füße in der
Regel bedeutend schlanker und somit weniger fleischig als bei den (Saturn-)Menschen,
welche meistens sämtlich sehr vollkommen und wohlgebildet und, bis auf das Haupt
und auf die Geschlechtsteile, auch durchaus ohne Haare sind. Und was die Farbe
betrifft, so ist dieselbe (bei den Saturnmenschen) nicht selten blendend weiß
und nur hie und da in den Ebenen etwas ins leise Braunrötliche übergehend,
während die Farbe der Haare dieses Tieres entweder lichtblau, hie und da aber
auch mitunter grau ist. Seine haarlosen Teile aber sind allzeit von blaßroter
Farbe.
[Sa.01_032,10] Wie groß ist eigentlich ein solches Tier? – Es hat nahe die Größe
eines Saturnweibes; aber so groß wie ein wohlgewachsener Mann hat man noch nie
eines gesehen.
[Sa.01_032,11] Wo ist dieses Tier auf diesem Planeten denn hauptsächlich zu
Hause? – Wenn ihr bedenket, daß sich auf diesem Planeten alle Kontinentländer
unter einem und demselben Himmelsstrich befinden, so wird es euch nicht
unbegreiflich sein, wenn Ich euch sage, daß dieses Tier beinahe in allen
Kontinentländern und da vorzugsweise bei den Gebirgsbewohnern gerne zu Hause
ist, und das auf dem ganzen Planeten mit sehr geringer Verschiedenheit der Form
und der Farbe.
[Sa.01_032,12] Doch ist diese Affengattung nicht die einzige, welche diesen
Planeten bewohnt, sondern es gibt auch dort eine für euch nahezu unabsehbare
Abartungsreihe der Gattungen dieses Tieres, welche aber sämtlich wild sind. In
manchen Kontinenten ist dieses Tiervolk so zahlreich, daß es nicht selten
herdenweise auf die Gebirge zieht und da so manche edlen Früchte der
Saturnbewohner nicht sehr schont.
[Sa.01_032,13] Aber gerade bei solchen Gelegenheiten verrichten unsere treuen
Hauswächter den Saturnbewohnern einen sehr guten Dienst. Denn sobald sie eine
solche Herde von irgendwoher sich den Fruchtbäumen der Saturnbewohner nahend
erblicken, dann lassen sie augenblicklich alles im Stich und rennen, von Zorn
und Wut entbrannt, auf diese ungeladenen Schmarotzer los. Wehe da demjenigen
Individuum, welches saumseligerweise in ihre außerordentlich starken Hände
gerät! Denn das kommt ganz sicher nicht mehr mit dem Leben davon, sondern es
wird sofort in kleine Stücke zerrissen.
[Sa.01_032,14] Da aber die sämtlichen kleineren Gattungen dieses Getiers
instinktmäßig wissen, wie sehr unfreundlich sie von ihren großen
Gattungsgenossen empfangen werden, so geschehen solche Annäherungen auch nur
äußerst selten und dann nur, wenn sie die größte Lebensnot dazu zwingt. Daher
wird am Tage ein solcher Schritt nie unternommen, sondern immer nur zur
Nachtzeit, wenn die betreffende Gegend noch obendrein unter dem Schatten des
Ringes steht (was bei den Saturnbewohnern ungefähr so viel bedeutet, wie bei
euch der Winter).
[Sa.01_032,15] Somit wüßten wir auch alles Denkwürdige, was dieses Tier
betrifft, und wollen uns aus dem Grunde nun noch zu einem andern Haustier
wenden, welches bei den Saturnbewohnern, welche die Ebenen und Täler bewohnen,
in großem Ansehen steht.
[Sa.01_032,16] Was ist das für ein Tier? – Es ist kein anderes, als ein eurem
Haushunde vollkommen ähliches Tier. Was aber dessen Nützlichkeit betrifft, so
wird es vermöge seiner Stärke und Gewandtheit zu allem gebraucht, wozu ihr eure
Pferde gebraucht, mit Ausnahme des Reitens, was bei Saturnmenschen durchaus
nicht vorkommt. Ein Saturnbewohner würde es weit unter seiner menschlichen Würde
halten, mit seiner edlen Gestalt die unedle eines Tieres zu besteigen; und er
kommt mit keiner andern Gelegenheit so schnell weiter wie mit seinen eigenen
Füßen.
[Sa.01_032,17] Auch von diesem Tier gibt es auf dem Saturn sehr verschiedene
Abstufungen (oder Rassen, wie ihr zu sagen pflegt), welche in den verschiedenen
Kontinenten auch verschiedenartig vorkommen und bis auf einige gar kleine
Gattungen fast alle und überall zu einem und demselben Zwecke verwendet werden.
[Sa.01_032,18] Schön sind diese Tiere am allerwenigsten. Ihre Farben sind zwar
zumeist den Saturntierfarben ähnlich, aber etwas schmutziger und weniger
lebhaft. Zwischen euren Erd-Hunden und diesen ist daher fast kein anderer
Unterschied als der der Größe, derzufolge eine der größten Gattungen dieser
Tiere im Saturn wohl ums Fünfhundertfache die Größe eurer Hunde übertrifft. Im
übrigen aber sind sie, wie schon gesagt, euren Hunden ähnlich und üben auch auf
dem Saturn neben ihrer übrigen Beschäftigung die Hauswächterschaft aus. – Nur
ist ihre Stimme nicht ein Bellen, sondern besteht in einem donnerartigen
Knurren. Dieses Geknurre ist natürlicherweise bei den größeren Rassen stärker
und, wie ihr zu sagen pflegt, imposanter als bei den kleinen.
[Sa.01_032,19] Das ist nun auch schon wieder alles, was von diesem Tier
bemerkenswert ist. – So ihr etwa fragen würdet: Gibt es denn auf dem Saturn kein
Tier, das unserem edlen Pferde gliche? Da sage Ich euch, es gibt auch auf dem
Saturn eine Art Pferde, diese werden aber nirgends gezähmt, sondern gehören dort
zu den wilden Tieren.
[Sa.01_032,20] Gibt es auf dem Saturn keine Schafe? – O ja, aber auch diese
werden dort nicht zahm gehalten, sondern als wild betrachtet. Und nicht selten
wird auf sie der schönen und weichen Felle wegen Jagd gemacht.
[Sa.01_032,21] So gibt es auf diesem Planeten noch eine Menge Tiergattungen in
ähnlicher Form, die bei euch gezähmt vorkommen, jedoch dort im wilden und
ungezähmten Zustand leben.
[Sa.01_032,22] Und somit hätten wir auch das gesamte Tierreich in möglichster
Kürze dargetan. – Wenn ihr eure Gefühlsphantasie nur ein wenig erwecken wollet,
so dürfte es euch ein leichtes sein, zufolge dieser sehr bildhaften Darstellung
euch nahezu jedes besonders geschilderte Tier so vorzustellen, wie es im
natürlichen Zustand auf diesem Planeten vorkommt. Die große Mannigfaltigkeit
wird euch einen neuen Beweis geben, wie wunderbar reichhaltig Meine endlos
vielen Werke sind. Und da diese schon auf einem Planeten in solcher großen
Mannigfaltigkeit und Schönheit vorhanden sind, um wieviel mehr des Wunderbaren
und Großartigen wird da erst eine Sonne auf ihrem weiten Boden bergen – und wie
unaussprechlich Wunderbares, Größeres und Mannigfaltigeres erst dann eine
geistige Welt, in deren Vergleich eine materielle, natürliche nur kaum die
äußere, tote Rinde eines Baumes zur Anschauung darstellt.
[Sa.01_032,23] Jedoch solches und so manches mehreres will Ich euch
vergleichungsweise erst bei der Darstellung des Menschen dieses Planeten
kundgeben, und somit lassen wir es für heute bei dem bewendet sein.
[Sa.01_033] – Die Saturnmenschen. Deren Abstammung, Bevölkerungsdichte und
Wohnweise.
[Sa.01_033,01] So manches habt ihr schon vernommen, was den Menschen im Planeten
Saturn anbelangt, dessenungeachtet aber bleibt noch so manches über den Herrn
dieses Weltkörpers darzutun, damit ihr daraus ersehen könnt, in welcher Ordnung
sich dieser Planet befindet und wessen Geistes Kind er ist.
[Sa.01_033,02] Da aber eine gute Ordnung noch allzeit und überall aller Weisheit
Grund ist, so wollen wir auch hier den Menschen in einer guten Ordnung
betrachten, und zwar zunächst in seiner äußeren, geformten Wesenheit, dann erst
sein Geistiges und alles, was in den Bereich des Geistigen greift, als da ist
seine Landesverfassung, seine Gewerbe und endlich auch sein Gottesdienst. – Und
so gehen wir zur Gestalt unseres Saturnmenschen über.
[Sa.01_033,03] Ist im Saturn auch nur ein Menschenpaar, oder sind etwa zu
gleicher Zeit an verschiedenen Orten mehrere Menschenpaare erschaffen worden? –
Solches gilt für alle Planeten gleich wie für den Planeten Erde. – Sonach
stammen alle jetzt noch im Saturn lebenden Menschen auch nur von einem
Menschenpaare ab. – Nur ist die Geschichte des Menschen im Saturn um mehr als
eine Million von Erdenjahren älter als die Geschichte des Menschen auf eurem
Erdkörper.
[Sa.01_033,04] Da jedoch ein Saturnmensch sein ganzes Leben hindurch mit seinem
Weibe selten mehr als vier Nachkommen zeugt, so ist es auch begreiflich, wenn
Ich euch sage, daß dieser Planet im Verhältnis zum Erdkörper, den ihr bewohnt,
ums vielfache geringer bevölkert ist. Und sonach wohnen auf den großen
Kontinentländern, von denen nicht selten eines oder das andere größer ist als
Asien, Afrika und Europa zusammengenommen, dennoch die Menschen so selten
nachbarschaftlich nebeneinander, daß ein Verhältnis, wie bei euch das eines
Dorfes ist, im Saturn zu den größten Seltenheiten gehört.
[Sa.01_033,05] Zuallermeist sind die Wohnungen der Menschen so entfernt
voneinander, daß ihr, so ihr mit eurem Leibe in eines dieser Kontinentländer zu
gelangen vermöchtet, von einer Wohnung zur Wohnung eines nächsten Nachbarn zehn
bis zwölf Tage zu reisen hättet. Auf den Gebirgen sind solche weit voneinander
entfernte Wohnungen fast das gewöhnliche Wohnverhältnis dieses Planeten; nur in
den tiefer liegenden Gegenden, die an großen Seen oder Strömen ausgebreitet
liegen, sind die Wohnungen der Menschen etwas näher aneinandergerückt.
[Sa.01_033,06] Wo aber dann irgendeine Wohnung der Saturnmenschen aufgerichtet
ist, da wohnen nicht etliche Menschen, sondern eine ganze zahlreiche Familie von
nicht selten tausend bis fünftausend Köpfen.
[Sa.01_033,07] Wie sehen hernach die Wohnungen aus, in denen so viele und so
große Menschen hinreichend Platz haben? – Hier muß vorerst bemerkt werden, daß
der Saturnmensch ein großer Freund von recht viel Platzhaben ist. Was aber diese
Wohnung betrifft, so ist deren Beschaffenheit schon gleich anfangs bei der
Darstellung des ersten Hauptbaumes dieses Planeten kundgegeben worden. Und es
wurde gesagt, daß eben dieser Baum den Saturnmenschen das Haus, welches sie am
liebsten bewohnen, abgibt. Ich brauche euch daher nicht noch einmal die
denkwürdige Gestalt dieses Baumes zu beschreiben – wie er ein außerordentlich
vielstämmiger Baum ist und wie sich auf dessen breiten und fast allzeit
horizontal auslaufenden Ästen die Menschen ihre Wohnungen errichten.
[Sa.01_033,08] Ja, ein solcher Baum zählt auf diesem Planeten ebensoviel wie bei
euch eine nicht unbedeutende Stadt. Es werden dort die einzelnen Äste und
Nebenstämme von dem Hauptstammvater jeder Familie als Eigentum zugeteilt, wie
bei euch in einer Stadt die Häuser. Der Unterschied besteht nur darin, daß eine
solche Baumstadt nur lauter Blutsverwandte bewohnen, während sich in euren
Städten irgendein bemittelter Fremdling ein Haus um das andere anschaffen kann.
[Sa.01_033,09] Ihr werdet euch vielleicht denken und sagen: Wie können denn die
Menschen auf den Ästen schlafen, damit sie allenfalls bei einer Umdrehung im
Schlafe nicht vom Baum herabfallen? – Seht, solches ist dort viel weniger
möglich, als daß ihr von eurem Bette herausfallen könnt, so ihr euch im Schlafe
umwendet. Denn diese horizontal auslaufenden Äste sind so dick und breit, daß
ihr auf einem einzelnen solchen vom Baum auslaufenden Ast sämtliche Häuser eurer
Hauptstadt aufstellen könntet; und es wäre daneben für euch noch Raum genug,
umherzufahren und zu reiten.
[Sa.01_033,10] Zudem laufen aber noch von jedem Ast an dessen breiten Kanten in
horizontal parallelen Richtungen eine Menge Zweige aus, welche die eigentlichen
Fruchtträger dieses Baumes sind. Sie sind besonders nahe am Stamm von
bedeutender Stärke, so zwar, daß ein Mensch, wenn er auch über den Rand des
Astes zu gehen, stehen oder liegen käme, dennoch nicht hinabzufallen vermöchte.
Setzen wir aber den Fall, es geschähe jemandem dennoch das Unglück, daß er
unvorsichtigerweise sich sogar über die Seitenzweige hinausbegäbe und dann auf
den Boden oder von einem oberen Ast auf einen untern hinabfiele, so würde ihn
dieser Fall dennoch nicht im geringsten verwunden, und das aus der euch schon
bekannten Ursache. Auf dem Saturn ist durch die wechselseitige Anziehung
zwischen dem eigentlichen Planeten und dem Ring das spezifische Gewicht eines
jeden Körpers, somit auch das des Körpers eines Menschen, ums bedeutende
verringert, daher ist auf diesem Planeten niemand so schwer und stark zu fallen
imstande wie auf eurem Erdkörper.
[Sa.01_033,11] Da ihr nun solches wisset, so könnt ihr in dieser Hinsicht schon
vollkommen ruhig sein. Auf diesem Planeten hat während der langen Zeit seiner
Bewohnbarkeit noch kein Mensch einen Fuß oder Arm gebrochen und auch keiner sich
noch durch einen Fall ein Loch in den Kopf gestoßen, was eben bei euch auf der
Erde nichts Seltenes ist.
[Sa.01_033,12] Es fragt sich aber nun, ob dieser Baum die einzige Wohnung oder
das eigentliche Wohnhaus bei den Saturnbewohnern ausmacht? – O nein, auch die
Saturnbewohner haben neben einem solchen Hauptwohnbaume noch eine Menge
Wohnhäuser, welche sie zur kühlen Schattenzeit bewohnen.
[Sa.01_033,13] Diese Häuser sind unterschiedlich gebaut. Zum Teil sind dieselben
aus starken Ästen des euch schon bekannten starken Pyramidenbaumes gezimmert,
zum Teil sind sie auch aus den schlanken Baumgattungen gewachsen. Die
gewachsenen oder lebendigen sind vorzüglicher als die gezimmerten. Jedoch werden
zwischen die lebendigen auch stets gezimmerte Häuser gesetzt, weil sie den
Saturnbewohnern als Vorratskammern ihrer Eßwaren dienen müssen.
[Sa.01_033,14] Auch wird nur in diesen gezimmerten Häusern Feuer gemacht, bei
welchem sie ihre mannigfachen Speisen kochen, sieden und braten; jedoch nicht
auf eine solch raffiniert künstliche Art, wie solches bei euch der Fall ist,
sondern wie ihr manchesmal einen Apfel bratet oder einige Birnen siedet oder so
manches Kraut und so manche wohlschmeckenden Erdwurzeln kochet. Seht, darin
besteht die ganze Kochkunst der Saturnbewohner. – In eben diesen gezimmerten
Häusern werden auch ihre Milchprodukte und so manche edle Beerensäfte in den
euch schon bekannten Gefäßen aufbewahrt.
[Sa.01_033,15] Gegessen und geschlafen wird jedoch nie in den gezimmerten
Häusern, sondern allzeit in den lebendigen. Denn den Saturnbewohnern ist es
unerträglich, daß sie sich für bleibend bei einem toten Dinge aufhalten, sei es
jetzt ein Baum, ein Tier oder ein Mensch ihresgleichen. Daher gebrauchen sie
auch solche gezimmerte Häuser gewisserart nur als Gerätschaften. Ihre Wohnungen
aber müssen durchaus lebendig sein.
[Sa.01_033,16] Ihr möchtet vielleicht erfahren, wie groß ein solches gezimmertes
Haus ist und wie es allenfalls aussieht? – Solchen Wunsch kann Ich euch sogleich
befriedigen. Diese Häuser sind ebenso kranzweise gezimmert wie ungefähr die
Häuser eures Landvolkes, nur haben sie keine Dächer, sondern sind gegen den
Himmel zu vollkommen offen. Ein durch ein Dach vom Himmel abgesondertes Haus
würde ein Saturnbewohner als einen der größten Greuel ansehen. Sie sagen, alles,
was von oben herabkommt auf den Boden, ist ein Segen des Himmels, der dem Boden
der Erde wohltut. Sie aber seien ebenfalls aus dieser Erde; warum sollen sie
sich demnach absondern und verbergen vor dem Segen des Himmels? Er werde ihnen
sicher noch mehr frommen, da sie lebendig seien und somit mehr des himmlischen
Segens bedürfen als ihrer Erde Boden, der an und für sich tot ist in ihren
Augen.
[Sa.01_033,17] Also wüßten wir, wie diese Häuser gebaut sind. Nun geht uns nur
noch die Form und die Größe ab. – Was die Form betrifft, so sind die Häuser
gewöhnlich sternartig gebaut, ungefähr so, wie ihr nicht selten eine sogenannte
Windrose zeichnet; manchesmal mit acht, manchesmal mit sechzehn und manchesmal
mit zweiunddreißig spitzigen Ausläufen – wobei eine jede solche Sternspitze ein
eigenes Behältnis für ihre Speisewaren und Getränke abgibt. In der Mitte des
runden, weiten Raumes aber ist ein runder Herd errichtet, auf welchem gefeuert
wird. Daß ein solcher Herd im Verhältnis zu der Größe der Saturnbewohner erbaut
ist, versteht sich von selbst.
[Sa.01_033,18] Ein solches Sternhaus hat nicht selten nach eurem Maß eine solche
Ausdehnung, daß ihr von einer Sternspitze zur entgegengesetzten guten Fußes eine
gute Stunde zu gehen hättet. Und es ist zu dieser Weite so hoch, daß jeder
Saturnbewohner, das heißt ein Mann, so er aufrecht steht, ganz bequem über die
Wände zu schauen vermag.
[Sa.01_033,19] Sind diese Häuser auch verziert gebaut? – Das eben nicht, außer
daß die Menschen die behauenen Bäume mit allerlei schönem Laubwerk behängen. –
Das ist das Ganze, was diese Häuser betrifft.
[Sa.01_033,20] Da wir somit diese gezimmerten Häuser als die eigentlichen
Wirtschaftsgebäude unserer Saturnbewohner etwas näher kennengelernt haben,
wollen wir nun auch noch ihre lebendigen Wohngebäude ein wenig beschauen.
[Sa.01_033,21] Wie sehen denn die lebendigen Wohngebäude der Form nach aus? –
Ihre äußere Form ist vollkommen rund, mit einem einzigen Eingang vom Morgen her
versehen. – Zur Erbauung dieser Häuser werden nur zwei Baumarten des Saturn
verwendet. Die schöneren und prachtvolleren Häuser bestehen aus fest
aneinandergereihten, euch schon bekannten Spiegelbäumen; die weniger verzierten
und prachtvollen aber aus einer veredelten Art des euch schon bekannten
Wandbaumes.
[Sa.01_033,22] Der inwendige Boden dieser Häuser wird ganz flach und vollkommen
eben gemacht, auf welche Ebene dann ein Grassame ausgestreut wird, von dem ein
äußerst dichtes, aber sehr kurzes Gras hervorwächst. Dieses Gras hat das
Aussehen wie ein Samt und ist an und für sich so elastisch, daß es nach jedem
Tritt der Saturnmenschen wieder frisch aufsteht, wie wenn nie jemand dasselbe
mit seinem Fuß zu Boden niedergedrückt hätte.
[Sa.01_033,23] Auch in der Mitte der Wohnhäuser ist ein großer, runder,
verhältnismäßig hoher Herd aufgeführt, welcher aber ebenfalls auf allen Seiten
mit ähnlichem Gras bewachsen ist. Damit ihr euch ungefähr einen Begriff von
seiner Größe, dem Umfang nach, und von seiner Höhe machen könnt, so sage Ich
euch, daß dieser Herd überall einen vierfachen Durchmesser von der Größe eines
Saturnmannes hat und so hoch ist, daß er einem Mann bis etwas über seine Knie,
ungefähr bis zum halben Schenkel, reicht, einem Weibe aber bis zum halben Leib.
–
[Sa.01_033,24] Wozu dient denn den Saturnbewohnern dieser Herd? Gerade dazu,
wozu euch eure Tische dienen, nämlich zur Aufsetzung der Speisen und Getränke.
[Sa.01_033,25] Bei diesem Herdtische aber, ungefähr in einer Entfernung von
einer zweifachen Manneslänge, ist eine ebenfalls ganz runde und oben
abgestumpfte Pyramide aufgeführt, deren unterer Fuß wohl den dreifachen
Durchmesser des Herdes hat. Die obere Fläche ist nicht größer, als daß ein Mann
auf derselben bequem stehen kann. Diese Pyramide hat vollkommen die Höhe der
Größe eines Mannes, ist ebenfalls mit demselben Gras (wie der Boden und der Herd
des Hauses) überwachsen und dient als ein patriarchalischer
Familien-Predigerstuhl. Dieser wird alle Tage vor dem Sonnenuntergang von dem
Ältesten der Familie bestiegen, worauf sich dann die ganze Familie um denselben
versammelt, um aus dem Munde des Ältesten den Willen des Großen Geistes für die
Nacht und für den nächstfolgenden ganzen Tag zu vernehmen.
[Sa.01_033,26] Was gibt es sonst noch für Einrichtungen in einem solchen
Wohnhause? – Vollkommen im Hintergrund, dem Aufgang der Sonne gerade gegenüber,
ist noch ein anderer, dieser Pyramide ähnlicher Rundwall aufgeführt und vom
gleichen Gras bewachsen. Er ist nur bei weitem nicht so hoch wie der mittlere
Predigerstuhl, aber dafür desto umfangreicher und zugleich mit mäßigen
Einbiegungen versehen. Was hat denn dieser dritte Rundwall für eine Bestimmung?
– Seht, das ist das allgemeine Bett oder der Ruheplatz für unsere großen
Saturnmenschen.
[Sa.01_033,27] Wenn sie sich schlafen legen, so legen sie zuvor die Einbiegung
auf der oberen Seite mit weichen Polstern aus und lehnen sich dann – ein jeder
für sich allein – in eine solche Einbiegung dieses großen Rundwalles. Die Männer
nehmen diejenige Stelle ein, welche gegen den Sonnenaufgang gerichtet ist, die
Weiber aber die dem Untergang der Sonne zugewandte. Alle haben sich so gelagert,
daß sie nach eurer Bemessung mit ihrem Leib gegen den flachen Boden einen Winkel
von dreißig Grad einnehmen, sodann schlafen sie ein und ruhen in dieser Stellung
bis nahe zum Aufgang der Sonne. Trotz des Ringschattens bemerken sie diesen
recht wohl, weil der Ring die Sonne nie so ganz verdeckt, daß von derselben gar
nichts zu sehen wäre. Wenn auch schon hier und da, wo der Ring manchmal etwas
breiter ist, die Sonne von demselben ganz bedeckt wird, so dauert eine solche
Totalbedeckung nicht länger als im höchsten Falle einen halben Tag hindurch;
nach Verlauf dieser Zeit wird alsbald wieder ein kleiner Rand der Sonne
sichtbar.
[Sa.01_033,28] Nun seht, das ist die ganze Einrichtung eines solchen Hauses,
welches zur Schattenzeit von den Saturnmenschen bewohnt wird. – Wie groß ist
denn eigentlich ein solches Haus dem Umfang nach? – Es ist dem Durchmesser nach
gut noch um die Hälfte größer als das uns schon bekannte sternartige
Wirtschaftsgebäude.
[Sa.01_033,29] Wohnen alle Einwohner eines uns schon bekannten großen Wohnbaumes
in einem solchen Hause? – O nein, sondern nur eine Familie, das heißt ein Vater
und eine Mutter mit den Kindern und Kindeskindern, so wie sie zur Lichtzeit auf
einem Ast des Baumes beisammen sind. Wieviel Äste sonach ein solcher Baum hat,
ebensoviel solcher Wohnhäuser sind um denselben errichtet.
[Sa.01_033,30] Eine solche allgemeine Familienwohnstätte um einen solchen Baum
faßt nicht selten mehr Flächenraum in sich als euer Vaterland. Diese Wohnstätten
sind aber dann auch, wie ihr schon wißt, außerordentlich weit voneinander
entfernt, so zwar, daß ihr von einer solchen allgemeinen Wohnstätte bis zu einer
andern viele Tagreisen zu tun hättet, um sie zu erreichen. Denn natürlicherweise
liegen um solche allgemeine Wohnstätten erst die Gründe und Weideplätze für die
euch schon bekannten Haustiere, welche einen verhältnismäßigen großen Raum haben
müssen, damit auf ihrem Boden so viel geerntet werden kann, als zur Erhaltung
des Lebens unseres Saturnmenschen wie auch zur Erhaltung des Lebens so vieler
Tiere notwendig ist. Dazu kommen noch, besonders an den Grenzgebieten der
allgemeinen Familiengründe, die oft sehr weitgedehnten Trichterbaumwälder und in
den großen Ebenen, besonders an der nördlichen Seite großer Seen nicht selten
zwei bis dreitausend Quadratmeilen weit gedehnte Pyramidenbaumwälder und noch
andere große Gesträuchwälder. Wenn ihr nun dieses alles mit in die Berechnung
zieht, so wird euch die oft starke Entfernung zweier allgemeiner
Familienwohnstätten nicht zu sehr wundernehmen.
[Sa.01_033,31] Nun wüßten wir, wie unsere Saturnmenschen zuallermeist wohnen,
vorzugsweise auf den höherliegenden Gegenden; nur wissen wir noch nicht ihre
häusliche Verfassung. Da wir aber schon bei der Beschauung der Wohnungen zuerst
denjenigen Teil vorgenommen haben, der mehr die Gebirge bewohnt, so wollen wir
auch, bevor wir zu den Ebenenbewohnern übergehen, die häusliche Verfassung
unserer Hochlandsbewohner fürs nächste Mal in den Augenschein nehmen. Und somit
genüge das für heute!
[Sa.01_034] – Häusliche Verfassung der Saturnmenschen. Anpflanzung eines
Tempels. Das größte Gesetz. Auswanderungen. Nächstenliebe.
[Sa.01_034,01] Wer ist denn auf dem Hochland der Vorstand oder das Oberhaupt
einer solchen oft sehr zahlreichen, allgemeinen Familie?
[Sa.01_034,02] Hier und da findet es sich vor, daß noch ein Urstammvater lebt;
dann ist dieser, solange er lebt, das Oberhaupt und zugleich auch der
Oberpriester einer solchen Familie. – Stirbt er und es sind zwei oder mehrere
Söhne von ihm da, so wird der älteste zum Oberhaupte sowohl in häuslichen als in
kirchlichen Sachen erwählt. – Stirbt auch dieser und ein oder der andere Bruder
von ihm ist noch am Leben, so überkommt da allzeit der älteste Bruder die
Oberleitung. – Stirbt aber auch dieser, so kommt dann die Oberleitung auf den
erstgeborenen Sohn desjenigen Bruders, der nach dem Urstammvater als Ältester
der Familie die Oberleitung übernommen hatte. Auf diese Weise geht solche
Oberleitung immer auf den Ältesten der Familie über.
[Sa.01_034,03] Ist eine Familie weniger zahlreich, so setzt sich die Übernahme
solches Oberleitungsamtes bis ins siebente, manchmal auch bis ins zehnte Glied
fort. Wenn aber die Familie nur sehr zahlreich ist bis ins fünfte Glied? Sodann
geschieht eine Teilung, und zwar dadurch, daß zwei oder drei der Ältesten
demjenigen von ihnen die allgemeinen Familienwirtschaft überlassen, welcher der
älteste ist. Die jüngeren zwei aber nehmen ihre angehörigen Familienglieder zu
sich, lassen sich von dem bleibenden Bruder aussteuern, ziehen mit ihrer Habe
ergeben von dannen und suchen sich irgendeinen solchen, noch unbewohnten Baum
auf. Daselbst verrichten sie ihre Dankgebete und bitten unter dem Vorstand des
Ältesten den Großen Geist, daß Er ihnen dieses lebendige Wohnhaus segnen und sie
erhalten möchte samt dem Wohnhause.
[Sa.01_034,04] Nach solchem Gebet geht dann der Älteste mehrere Schritte fürbaß
und betet da allein, daß der Große Geist ihm möchte, so wie Er es seinen Vätern
getan hatte, einen Geist des Lichtes zukommen lassen, der ihm zu allen Zeiten
den Willen des Großen Geistes kundgeben möchte. Bei solcher Begebenheit fallen
dann alle anderen Familienmitglieder auf ihre Angesichter. Der Älteste hört
nicht eher mit seinen Anrufungen auf, als bis der Große Geist ihm den
erwünschten Geist des Lichtes gesandt hat.
[Sa.01_034,05] Wenn der Geist des Lichtes zu unserem Ältesten gekommen ist, dann
bittet der Älteste den Geist, daß er im Namen des Großen Geistes den neuen, noch
unbewohnten Baum segnen solle, ihn selbst aber zuerst auf diesen Baum führen und
ihm die Stelle anzeigen möchte, die er als leitendes Oberhaupt zu bewohnen habe.
– Ist solches geschehen, so dankt der Älteste in Gegenwart des Lichten dem
Großen Geiste für solche große Gnade. Sodann läßt er sich vom Geiste wieder
hinabführen bis zu der Stelle, wo der Geist des Lichtes ihm erschienen ist. Auf
dieser Stelle nun verläßt derselbe den Ältesten wieder, nachdem er ihm zuvor
seinen Willen gestärkt hatte.
[Sa.01_034,06] So gestärkt in seinem Innern, kehrt der Älteste zur noch am Boden
liegenden Familie zurück und tut einen starken Ruf, auf welchen sobald alle
aufstehen und den Großen Geist loben und preisen, daß Er sie einer solchen Gnade
gewürdigt und ihnen einen eigenen erweckten Patriarchen gegeben hat.
[Sa.01_034,07] Wenn auch dieses vollbracht ist, dann teilt der Älteste die Äste
an die Familienväter aus, und diese werden dankbar in Besitz genommen. Sie
werden alsbald gereinigt und vollkommen zur Wohnung tauglich gemacht.
[Sa.01_034,08] Bei solcher Gelegenheit, welche auf unserem Planeten freilich nur
selten vorkommt, geht es dann allzeit ganz fröhlich und bunt zu. Der Baum wäre
zwar da und auch vollkommen bewohnt; aber im weiten Kreise um den Baum gibt es
noch keine lebendigen Wohnhäuser und keine erbauten Vorratskammern. Darum wird
auch nur der erste Tag müßig zugebracht und wird da alles gehörig überdacht,
überlegt und beraten, natürlich unter dem immerwährenden Vorstand des Ältesten;
denn ohne seine Zustimmung macht niemand einen Schritt.
[Sa.01_034,09] Wenn dann der nächste Tag angebrochen ist, wird sogleich zum
Ausmessen für die noch fehlenden Häuser geschritten. Sodann werden die
ausgemessenen Plätze vom Vorstand gesegnet und die Samenkörner derjenigen Bäume,
welche tauglich sind für die Errichtung der lebendigen Häuser, in gerechter
Ordnung in das Erdreich gesteckt.
[Sa.01_034,10] Ist diese Arbeit verrichtet worden, wozu im allgemeinen selten
mehr als ein einziger Tag verwendet wird, dann wird am nächsten Tag in einem
benachbarten Wald das taugliche Holz für die Vorratskammern gefällt, bei welcher
Arbeit die euch schon bekannten nützlichen Haustiere keinen unbedeutenden Dienst
leisten. Beim Fällen der Bäume ist es das euch schon beschriebene halb wilde und
halb zahme Schnabeltier, welches mit seinem überaus kräftigen Schnabel von den
Pyramidenbäumen die dicksten Äste herabbeißt, welche dann unsere bekannten
„Saturn-Hausknechte“ ergreifen und behende an Ort und Stelle schaffen, wie es
ihnen die Saturnbewohner anzeigen.
[Sa.01_034,11] Sind auf diese Weise die Bauhölzer im Verlaufe von wenigen Tagen
allerorts herbeigeschafft, dann werden sie auch alsbald behauen und sodann aus
ihnen die schon beschriebenen Vorratskammern gezimmert.
[Sa.01_034,12] Wenn solches geschehen ist, werden die euch schon bekannten
Tierstallungen und Gärten angepflanzt und wird irgendein Regenbaum aufgesucht,
um welchen ein ziemlich weiter Damm aufgerichtet wird, damit sich innerhalb
eines solchen Dammes das Wasser sammle und einen Teich bilde.
[Sa.01_034,13] Sind irgend Gebirgsquellen vorhanden, werden auch da die so
einfachen Wasserleitungen angelegt, durch welche das Wasser in die Gegend der
Hauptwohnung geleitet wird. Solche Wasserleitungen entstehen mittelst der euch
schon bekannten Stangenschnecken. In Ermangelung dieser werden aber auch jene
Früchte des Trichterbaumes dazu verwendet, die ihr schon kennt.
[Sa.01_034,14] Ist solches geschehen, dann wird zu der Ausmessung und Bestimmung
anderer Grundstücke geschritten. Stoßen sie bei solcher Aufteilung an etwa zu
nahe liegende Wälder von Trichterbäumen, so werden solche so weit hin gefällt,
bis der Grund das rechte Maß hat. Auch bei dieser Arbeit bekommen unsere
bekannten Tiere wieder recht viel zu tun. Das Holz solcher gefällten Bäume wird
am Ende eines jeder Familie gehörigen Grundanteiles zum Trocknen aufgeschichtet,
damit es tauglich werde zur Feuerung.
[Sa.01_034,15] Ist auch diese Arbeit getan, so werden die Gründe vom Ältesten
gesegnet und dann mit allerlei Früchten besät, welche Ansaat auf diesem Planeten
gewöhnlich nur alle zehn Jahre einmal geschieht. Wo aber die Gründe fetter sind,
da ist eine einmalige Ansaat für alle Zeiten hinreichend; denn die Wurzeln
sämtlicher Saturnpflanzen sterben nicht so leicht ab, sondern erhalten sich
alsofort lebend im Erdreich, wie bei euch die Wurzeln so mancher Gesträuche und
Zwiebelgewächse.
[Sa.01_034,16] Ist dann diese Arbeit als die letzte wirtschaftliche verrichtet,
so wird dem Großen Geiste wieder ein allgemeines Dankgebet dargebracht und am
Ende auch die inständige Bitte hinzugefügt, daß Er allen diesen Früchten und
aller ihrer Arbeit das Ihm allein wohlgefällige Gedeihen möchte hinzukommen
lassen.
[Sa.01_034,17] Nach der Verrichtung eines solchen Dank- und Bittgebetes wird von
den Saturnbewohnern erst zu der allerwichtigsten Arbeit geschritten, nämlich zur
Anpflanzung eines Tempels, darin dem Großen Gott allein nur ein Ihm
wohlgefälliges Opfer dargebracht werden darf. Bei dieser Arbeit aber werden nur
der eigentliche Älteste und seine zwei Mitältesten beschäftigt und darf niemand
anders an ein solches geheiligtes Werk Hand anlegen.
[Sa.01_034,18] Wie geschieht denn dieses? – Auch bei dieser Gelegenheit begibt
sich der Älteste auf die Stelle, wo ihm der Geist des Lichtes zum ersten Mal
erschien, und bittet den Großen Geist wieder inständigst, daß Er ihm durch den
Geist des Lichtes allergnädigst anzeigen möchte, wo es Ihm wohlgefiele, daß ihm
ein Tempel errichtet würde. Wenn da der Älteste lange genug gefleht hat und ist
ihm kein Geist erschienen, so wird diejenige Stelle, wo ihm der Geist zuerst
erschienen ist, zum gerechten Anbau des Tempels verwendet. Wenn aber der Geist,
was gewöhnlich zu geschehen pflegt, erscheint, so führt er den Ältesten entweder
auf eine Stelle hin, wo der Tempel errichtet werden soll, oder der Älteste
ersieht den Geist schon auf einer solchen Stelle. Alsdann begibt sich der
Älteste zu jener Stelle hin, da der Geist seiner harrt und ihm den wahren Umriß
zeigt.
[Sa.01_034,19] Wo aber der Geist harrt, wird ein Zeichen gelegt, damit auf der
Stelle jene Erhöhung im Tempel gemacht werden soll, von welcher der Älteste
seine Familie zu belehren hat. Zugleich wird ihm auch in der Richtung des
rückwärtigen geheiligten Ausgangs eine Stelle gezeigt, auf welcher der Älteste
nach der gerechten Anrufung des Großen Geistes allzeit dessen Willen erfährt
mittelst des Geistes, der ihm solche Stelle in dem Tempel anzeigt.
[Sa.01_034,20] Wenn dies alles geschehen ist, wird der Geist wieder unsichtbar.
Der Älteste gibt dann ein Zeichen, gewissermaßen von Mann zu Mann durch eine
Reihe von Boten, welche in bestimmten Entfernungen voneinander abstehen bis zum
Wohnbaume hin – daß er die Bewilligung vom Großen Geiste empfangen habe, auf
dieser Stelle einen Tempel zu erbauen. Er fordert sie dann auf, mit ihm dem
Großen Geiste für solche Gnade zu danken und Ihn auch zu bitten um das
baldmögliche Gedeihen der Ansaat des Tempels und daß der Große Geist sie allzeit
in diesem Tempel für würdig befinden möchte, ihnen Seinen heiligen Willen
kundzutun.
[Sa.01_034,21] Wenn solches alles mit großem Ernste verrichtet worden ist,
beruft der Älteste die zwei oder drei Nachältesten und teilt ihnen die vom
Geiste angehauchten Samenkörner zur Ansaat des Tempels aus. Dann gehen sie auch
sogleich an das Werk und stecken mit großer Andacht und großem Vertrauen die
Samenkörner der edelsten und schönsten Baumgattungen in das Erdreich.
[Sa.01_034,22] Die zwei oder drei pflanzen den Vorderteil des Tempels an, der
fürs Volk bestimmt ist; der Älteste aber pflanzt das Heiligtum des Tempels an,
und das zumeist lauter Strahlenbäume – während der andere Teil des Tempels
zuallermeist mit Spiegelbäumen bepflanzt wird.
[Sa.01_034,23] Außer der elliptischen Eiform des Tempels wird auch noch in
gerechter Entfernung, statt einer Ringmauer ein Kreis der edelsten Art des
Wandbaumes gesetzt. – Diese edelste Art des Wandbaumes unterscheidet sich von
der gemeinen Art darin, daß, wie ihr wißt, die Rinde des gewöhnlichen Wandbaumes
aussieht wie blankes Gold; die Rinde der edelsten Art dieses Baumes aber sieht
aus als möchtet ihr einen vielfachen Regenbogen übereinander stellen, die Farben
aber hätten dabei den lebhaftesten metallischen Glanz. Die Blätter, die er an
der obersten Kante treibt, haben nahezu die Form der Aloeblätter bei euch, nur
sind sie natürlich im gerechten Verhältnis zu allem, was auf diesem Planeten
ist, überaus groß, ja manches Blatt ist nicht selten so groß, daß ihr nach eurem
Maße ganz gequem ein ganzes Regiment Krieger hinaufstellen könntet. Die Farbe
der Blätter ist ganz blendend weiß. Die Blüte ist gerade so wie bei dem gemeinen
Wandbaum, nur ist sie zarter und hat einen überaus lieblichen Geruch.
[Sa.01_034,24] Wenn unsere Tempelbauer solche Arbeit vollzogen haben, danken sie
dem Großen Geiste abermals für die Kraft und für die Einsicht, daß sie den
Tempel also errichten durften, und bitten Ihn dann, Er möchte wunderbar dieser
Ansaat zu Hilfe kommen, damit der Tempel wohlbereitet aus den gelegten
Samenkörnern dem Boden entwachsen könne.
[Sa.01_034,25] Nach solchem Dank- und Bittgebet verlassen sie mit großer
Ehrfurcht die Stelle, wo sie den Tempel angelegt haben, und gehen rückwärts von
selbem weg bis über die Hälfte des Weges zu ihrem Wohnbaume. Dann erst verbeugen
sie sich tief und gehen geradeaus nach Hause.
[Sa.01_034,26] Da angelangt, heißen sie alle anderen vom Boden aufstehen und
besteigen die ihnen eingeräumten Äste des Wohnbaumes, auf welchen dann erst nach
der Segnung des Ältesten Speise und Trank zu sich genommen wird. Denn während
der Ansaat des Tempels, welche den Saturnbewohnern eine der erbaulichsten
Handlungen ist, wird von niemand etwas gegessen oder getrunken.
[Sa.01_034,27] Wenn die Mahlzeit vorüber ist, welche bei solchen Gelegenheiten
wie auch hernach an den bestimmten Geistestagen allzeit nur am Abend gehalten
wird, ermahnt der Älteste sämtliche Familienglieder, sie möchten ihren Willen
mit dem Willen des Großen Geistes innigst vereinigen und sollen keinen andern
Willen nun haben, als daß die Ansaat des Tempels baldmöglichst wunderbar
gedeihe.
[Sa.01_034,28] Auf solche Ermahnung schärft dann jeder Saturnbewohner seinen
Willen, kräftigt mit demselben den Boden, wo der Tempel angesät ist. Und ihr
könnt es glauben, es geht bei einer solchen Gelegenheit wirklich allzeit
wunderbar zu, und zwar so, daß nicht selten am nächsten Morgen ein solcher kaum
erst angesäter Tempel schon in aller seiner für euch unbegreiflich großen Pracht
vollendet dasteht.
[Sa.01_034,29] Wenn aber der Tempel von einer solchen Familie erschaut wird, hat
es des frommen Jubelns und Lobens kein Ende. Und es dauert solches Jubeln, Loben
und Preisen oft mehrere Tage und Nächte hintereinander.
[Sa.01_034,30] Aus welchem Grunde sind unsere Saturnbewohner denn gar so
fröhlich, wenn ihr Tempel so schnell und wohl gediehen ist? – Der Grund ist ein
mehrfacher. – Der erste Hauptgrund ist der, daß sie dadurch zur Überzeugung
gelangen, daß der Große Geist, auch in dieser neuen Wohnstätte so mit ihnen ist,
wie Er zuvor in der alten war. Ein zweiter Grund ist, daß sie dadurch nun wieder
einen Ort haben, an welchem sie sich durch ihren Ältesten dem Großen Geiste
nahen können und dürfen. Ein dritter Grund ist der, daß eben durch einen solchen
Tempel eine nun getrennte Familie als dem Großen Geiste offenbar wohlgefällig
erscheint.
[Sa.01_034,31] Und noch ein Grund, der aber mit diesem dritten Grunde nahe
zusammenhängt, ist der, daß eine solche allgemeine Familie dadurch erkennt, daß
der eingenommene neue Besitz ein rechtmäßiger und daher auch ein bleibender ist.
Denn würde der Tempel nicht so schnell gedeihen, so wäre ihr Besitztum, von
ihnen aus betrachtet, nicht ein rechtmäßiger, und sie müßten daher stets bereit
sein, wenn jemand käme und sagte, daß dieser Grund schon vorher von ihm in
Besitz genommen war, ihn sogleich ohne Widerrede abzutreten und sich einen
andern zu suchen.
[Sa.01_034,32] Steht aber einmal der Tempel da, dann hat ein etwaiger früherer
Besitzer alles Recht auf dieses Besitztum verloren, ja er würde sich beim
Anblick eines solchen neu entstandenen Tempels nicht getrauen, auch nur die
allerleiseste Anforderung auf eine Rückgabe zu machen. Denn da haben sie ein
allergrößtes Gesetz unter sich, welches also lautet:
[Sa.01_034,33] „Was der Große Geist jemandem gegeben hat, das gehört vollkommen
dem, der es empfangen hat vom Großen Geiste. Und kein Wesen des Himmels, kein
Geist des Lichtes und keine Kreatur der Welt hat da mehr das Recht, ihm die
allerhöchste Gabe streitig zu machen. Wer solches täte, der soll hinausgetrieben
werden an die Stellen dieser Welt, wo nichts als die ewige Kälte, das ewige Eis
und der ewige Schnee seiner harret.“
[Sa.01_034,34] Ein solches Gesetz weiß jeder Saturnbewohner. Und er hat auch
nahe vor keinem Gesetze eine solche Achtung wie vor ihm. Aus diesem Grunde
kommen namentlich bei den Gebirgsbewohnern gar nie Eigentumsstreitigkeiten vor,
denn unter sich beachten sie immerwährend die schönste Ordnung.
[Sa.01_034,35] Was aber die Verhältnisse zwischen Nachbarn und Nachbarn
betrifft, so werden da nirgends nur von ferne hin Grenzen gezogen; sondern wo
jemand hinkommt, da ist er auch so gut wie vollkommen auf seinem Eigentum zu
Hause. Denn ein jeder Mensch trägt schon in sich selbst das Zeugnis des Großen
Geistes, und dieses genügt, um den ganzen großen Weltkörper zu bereisen.
[Sa.01_034,36] Wenn es manchesmal geschieht, daß irgendein Kontinentland zu
viele Einwohner hat, so gesellen sich mehrere Familien und ziehen also
vergesellschaftet auf den euch schon bekannten Wasserfahrzeugen in ein anderes
Saturnland. – Allda angelangt, suchen sie sich irgendeine passende Wohnstätte
auf. Haben sie eine solche gefunden, so haben sie das Recht, ein ganzes Jahr
dort zu wohnen und zu genießen, was der Boden trägt.
[Sa.01_034,37] Gedeiht die Ansaat des Tempels wunderbar auf die vorbezeichnete
Art oder auch nur nach und nach auf natürlichem Wege, jedoch so, daß die
ausgewanderte Familie bei der vorgenommenen Anfrage eines abgesandten
Eingeborenen demselben die Stelle, wo der Tempel angebaut ist, zeigen und darauf
hinweisen kann, daß die Tempelbäume schon alle in gutem Wachstum begriffen sind
– dann sind sie auch schon vollkommene Eigentümer des Bodens, den sie
eingenommen haben. Und der vorige Eigentümer hat dann kein Recht mehr auf das,
was die Neuangekommenen als Besitz erworben haben, außer das Recht der
Freundschaft.
[Sa.01_034,38] Dieses Recht der Freundschaft aber verweigert ein Saturnmensch
dem andern nie, sondern macht gleich mit ihm gemeinschaftliche Sache. – Worauf
dann der Älteste der Ankömmlinge zu ihm sagt:
[Sa.01_034,39] „Bruder im Großen Geiste, siehe, wie deine Augen mich ansehen und
nichts finden an mir, das ihnen verweigern möchte den Anblick meiner Person,
also soll auch dein Herz in meinem Herzen nichts finden, was dir je etwas
verweigern könnte, dessen du bedarfst, darum du bist ein Bruder zu mir in unserm
Großen Geiste.“
[Sa.01_034,40] Nach solchen Worten umarmen sie sich. Und diese Umarmung ist eine
bleibende Urkunde der vollkommenen Gütergemeinschaft zweier solcher Familien. –
Darauf ladet der Abgesandte die ganze neuangekommene Familie ein, unterdessen
von seiner Wohnung einen wohlgefälligen Mitgebrauch zu machen, bis das neue
Besitztum vollkommen in allem gediehen ist. Und sobald auch folgt dem
Abgesandten, der gewöhnlich ein Ältester selbst ist, die neu angekommene Familie
in dessen Wohnung.
[Sa.01_034,41] Eine solche Gelegenheit ist dann allzeit eines der größten
Freudenfeste. Denn für den Saturnmenschen gibt es beinahe nichts Größeres und
Erhebenderes, als wenn er in einem anderen Kontinentlande einen „Bruder im
Großen Geiste“ findet. Denn also pflegen sich auf diesem Planeten die Menschen
gegenseitig zu nennen.
[Sa.01_034,42] Geschieht es aber manchmal, daß der Neuangekommene bei der
freundschaftlichen Ankunft in der Wohnung des andern Ältesten sich überzeugt,
daß dieser in seinen Verhältnissen nur dürftig ausgestattet ist, dann trägt er
ihm alsbald seine Dienste an zur Urbarmachung und bedeutenden Erweiterung der
Gründe, welche Dienste der andere allzeit freundlichst und dankbar annimmt und
als Gegengabe dafür auch seine Dienste dem Nachbarn anträgt.
[Sa.01_034,43] Sagt aber der Neuangekommene zu ihm: „Bruder im Großen Geiste!
Ich habe mich nun überzeugt, daß du bedürftig bist, siehe darum habe ich
beschlossen, dir dein früheres Eigentum wieder abzutreten und mir irgend
anderswo eine Wohnstätte zu suchen“ – so erwidert auf solchen Antrag dann der
andere Älteste: „Bruder im Großen Geiste! Eher möchte ich mein eigenes Leben von
mir lassen und wünschen, daß ich nicht wäre, bevor ich dich die Stelle sollte
verlassen sehen, die du, dem Großen Geiste wohlgefällig, auf meinem Felde
eingenommen hast! Du weißt ja, daß nicht der Grund, sondern allein der Große
Geist die Mittel zum Leben gibt. Daher ist der Boden, den wir bewohnen, ja groß
genug, um zehn und noch mehrere solche Familien, wie wir sie haben, vollkommen
zu ernähren.“
[Sa.01_034,44] Wenn dann gewöhnlich der Neuangekommene von seinem Vorhaben
absteht, so gibt das wieder ein großes Freudenfest, und der alte Bewohner bietet
da alles mögliche auf, um seinen neu angekommenen Bruder im Großen Geiste für
alle Zeiten an sein Bruderherz zu fesseln.
[Sa.01_034,45] Bis hierher für heute, nächstens wollen wir die Verfassungen
unserer Gebirgsbewohner noch weiter verfolgen.
[Sa.01_035] – Haupt-Lebensgesetz: Der Wille Gottes. – Behandlung von
Übertretern.
[Sa.01_035,01] Nachdem wir bis jetzt gesehen haben, daß auf diesem Planeten
namentlich die Gebirgsbewohner unter sich keine abgeschlossenen Eigentumsgrenzen
haben und daß das Gesicht eines Menschen allen Saturnbewohnern ein hinreichendes
Zeugnis ist, daß ihm vom Großen Geiste das unbestreitbare Recht eingeräumt ist,
allenthalben auf dem ganzen Planeten für sein Bedürfnis Besitz zu nehmen – so
wollen wir uns nun wieder zu unserer geteilten Familie unter ihrem neuen
Ältesten wenden.
[Sa.01_035,02] Den Tempel haben wir gesehen, wie er angelegt wurde, und haben
von der Möglichkeit gehört, wie solche eine geheiligte Ansaat in wunderbarer
Schnelligkeit dem Boden dieses Planeten entwachsen kann, und haben auch gesehen,
wie diese Saturnbewohner alle ihre übrigen Bauten angelegt haben. Sonach hätten
wir die Entstehung eines neuen Besitztums vollkommen angeschaut und geht uns
danach nur noch das zu schildern ab, was ihr bei euch eine politische Verfassung
nennt.
[Sa.01_035,03] Worin besteht denn diese bei einer solchen Familie? – Sehet, dort
ist die politische Verfassung sehr kurz und mit wenig Worten abgetan; denn der
Grundsatz dieser Verfassung besteht bloß in dem, daß kein Glied einer solchen
allgemeinen Familie ohne den ihm vom Ältesten bekanntgegebenen Willen des Großen
Geistes etwas tun darf und auch nie etwas tut. Wenn aber jemand den Willen des
Großen Geistes durch den Ältesten erfahren hat, so darf er nicht eher seine Hand
an irgendein Werk legen, als bis er dem Großen Geiste für die Bekanntgebung
seines Willens innigst gedankt hat und bis er dann auch nach dem Dank den Großen
Geist gebeten hat um das rechte und gute Gelingen des zu unternehmenden Werkes.
[Sa.01_035,04] Das ist einmal der Hauptgrundsatz der ganzen politischen
Verfassung der Saturnmenschen. Nach diesem Grundsatz handelt denn auch ein jeder
Mensch und kümmert sich dann um nichts weiteres, als allein um das, wie er dem
Großen Geiste nach der Vollendung des Werkes den gebührenden Dank darbringen
möchte.
[Sa.01_035,05] Ihr könnt es buchstäblich glauben, daß in diesem kurzen Satze
alles Erdenkliche begriffen ist. Denn wer da nach Meinem Willen handelt, der
handelt ja allzeit recht.
[Sa.01_035,06] Darum gibt es dort auch durchaus keine weiteren Auslegungen über
dieses kurze politische Gesetz, welches sich ein jedes Kind auf dreimaliges
Vorsagen merken kann. Und dieses kurze Gesetz hat auch keinen Strafkodex als
einen politischen Zuchtmeister zur Seite; sondern der Ausdruck: „Ich handle nach
dem erkannten Willen des Großen Geistes!“ – ist für jeden Saturnmenschen die
kräftigste Beweisurkunde der rechtlichen und dadurch auch niemand andern
beeinträchtigenden Handlungsweise.
[Sa.01_035,07] Wenn es sich, was freilich selten der Fall ist, dennoch manchmal
ereignet, daß jemand aus der Tiefe zu den Gebirgsbewohnern kommt und da irgendwo
zu seinem Vorteil handelt, ohne daß er sich zuvor mit einem Ältesten einer
Familie beraten hat, so geht da entweder der Älteste selbst oder ein
Nachältester sogleich zu ihm hin und fragt ihn: „Aus welchem Willen tust du
dieses?“ – Sagt dann der Gefragte: „Nach dem Willen des Großen Geistes!“ – so
wird er nicht mehr gestört in seiner Handlung.
[Sa.01_035,08] Sagt aber der Befragte: „Es war mir dies notwendig zu meinem
Nutzen, daß ich mich solches zu tun unterfangen habe!“ – so gibt ihm der Älteste
folgende Lehre und spricht zu ihm:
[Sa.01_035,09] „Höre, Bruder im Großen Geiste! Wie ist es möglich, daß du über
das Bedürfnis, welches allein in dem Willen des Großen Geistes liegt, noch ein
anderes Bedürfnis haben kannst, welches von dem Bedürfnis nach dem Willen des
Großen Geistes getrennt ist? Daher rate ich dir als wahrer Bruder im Großen
Geiste: Unterlasse sobald das Werk, damit du nicht unglücklich wirst mitten in
der Ausführung deines Vorhabens. Bist du bedürftig und hast keine Wohnung,
siehe, unsere Wohnung ist hinreichend geräumig, nicht nur dich, sondern Hunderte
deinesgleichen aufzunehmen. Tust du solches Werk aber aus heimlichem Eigennutz,
da falle augenblicklich nieder auf dein Angesicht und flehe inständig und
reuemütig zum Großen Geiste, daß Er dich verschonen möchte mit einer gebührenden
Züchtigung! Denn der Große Geist ist überaus gut den Guten, aber überaus streng
und gerecht dem, der da zuwiderhandelt Seinem über alles heiligen Willen!“
[Sa.01_035,10] Bei einer solchen Anrede läßt so ein unbefugter Fremdling auch
sogleich sein Werk fahren. Möchte er sich aber sträuben, so sagt der abgesandte
Älteste zu ihm: „So tue denn, was du willst, von mir aus sei es dir für alle
Zeiten der Zeiten bewilligt, damit deine Sünde nicht größer werde vor den Augen
des Großen Geistes. Siehe aber zu, daß dich die Strafe nicht auf offenem Felde
ereilt!“
[Sa.01_035,11] Darauf bietet er ihm die Hand, verläßt ihn und läßt ihn sein Werk
forttreiben. – Wenn er aber nach Hause kommt, was tut er da? – Ihr werdet hier
vielleicht meinen, er wird mehrere hinsenden, etwa wie bei euch, mit Stricken
und Lanzen, damit sie den Frevler oder Dieb gefangennehmen und ihn nach Hause
führen zur gerechten Züchtigung? – O nein, solches ist bei den Menschen dieses
Planeten durchaus nicht der Fall, und namentlich bei den Gebirgsbewohnern schon
gar nicht. Sondern bei dieser Gelegenheit gibt der Älteste allen Mitgliedern
kund, was da vor sich geht, und fordert sie dann auf, daß alle sich vereinigen
sollen in einer inständigsten Bitte an den Großen Geist, Er möchte diesem
Bruder, der sich vergessen hat, indem er wider den Willen des Großen Geistes
handelt, gnädig und barmherzig sein und denselben wieder zurückführen zu jener
wahren Erkenntnis, daß dem Menschen nichts, denn der alleinige Wille des Großen
Geistes Bedürfnis sein soll.
[Sa.01_035,12] Wenn alle die Familienmitglieder eine Zeitlang also inständigst
gebetet haben, dann sammelt sich der Älteste in seinem Herzen und ruft den
allzeit ratgebenden lichten Geist, daß er ihm kundgeben möchte den Willen des
Großen Geistes zur bleibenden Wohlfahrt des betreffenden verirrten Bruders. –
Bei solcher Gelegenheit gibt dann auch allzeit der Geist dem Ältesten kund, was
da zu tun ist.
[Sa.01_035,13] Ist der Frevler ein verhärteter, eigenwilliger Selbstnützler,
dann wird es dem Ältesten aufgetragen, daß er den Fremdling solle gefangennehmen
lassen und auf die Höhe führen, wo sich die Familienwohnung befindet. Da solle
ihm zuerst Speise und Trank gereicht werden. Dann aber solle er unterrichtet
werden in der Erkenntnis des allein geltenden Willens des Großen Geistes, und es
solle solche Belehrung sieben Tage lang währen. Nach dieser Zeit aber solle er
in den Tempel geführt werden und da aus dem innersten Grunde dem Großen Geiste
den allerwilligsten Gehorsam geloben, demzufolge er nimmerdar einen Schritt und
Tritt tun wolle, ohne den Willen des Großen Geistes.
[Sa.01_035,14] Bekehrt sich ein solcher Frevler, so solches an ihm in der Tat
vollzogen wird, so wird er nach vollbrachtem Dankgebet mit verschiedenen
Lebensmitteln reichlich beteilt und sodann von dreien in die Tiefe hinab
geleitet bis zur Stelle, wo er angibt, daß sich daselbst seine Wohnung befindet.
Findet es sich, daß da seine Wohnung ist, wo er sie angegeben hat, so hat der
ganze Prozeß ein Ende, bis auf das, daß er von den dreien ganz brüderlich
ernstlich zur Befolgung dessen, was er gelobt hatte, wie zu aller Dankbarkeit
gegen den Großen Geist, ermahnt wird.
[Sa.01_035,15] Sollte es sich aber ergeben, daß ein solcher Fremdling gar zu
entfernt von den Gebirgen seine Wohnung hat, oder daß er gar keine Wohnung hat,
was bei den Bewohnern der Tiefe eben nicht selten der Fall ist, so wird er im
ersten Fall am Fuße des Berges zwar entlassen, aber unter einer eindringlichen
und äußerst drohenden Ermahnung, sein Gelöbnis ja nie mehr wieder zu brechen.
Alsdann wird er gesegnet und auf freien Fuß gesetzt.
[Sa.01_035,16] Ist er aber gewissermaßen ein Landstreicher und hat somit keine
Wohnung, obgleich er in der Höhe ausgesagt hatte, daß er eine Wohnung besitze,
so wird er in diesem freilich äußerst seltenen Fall zwar wohl auch ausgelassen
und auf freien Fuß gesetzt; aber es wird ihm dabei bedeutet, daß er dadurch
nicht sie, nämlich die Gebirgsbewohner, sondern nur Den, dessen Willen sie
allzeit erfüllen, hat täuschen wollen. Dieses aber sei das allergrößte Übel, das
ein Mensch begehen kann, darum er nun wohl zusehen solle, wie er da zurechtkomme
mit Dem, der alle Gedanken erkennt, bevor sie noch gedacht werden.
[Sa.01_035,17] Sie zeigen ihm dann die auf der Erfahrung beruhenden
schrecklichen Folgen einer solchen Handlung und verlassen ihn alsbald
ungesegnet. Denn wer gefrevelt hat vor ihnen, der wird gesegnet, damit er sich
wieder kehren möchte zum Großen Geiste; wer aber gefrevelt hat vor dem Großen
Geiste, einen solchen getraut sich niemand zu segnen, bevor an ihm nicht klar
ersichtlich wird, daß ihm der Große Geist noch gnädig ist. Ist solches der Fall,
dann wird er auch wieder von den Menschen gesegnet.
[Sa.01_035,18] Wird er aber, was sehr häufig der Fall ist, vom Großen Geiste
alsbald mit einer Strafe heimgesucht, dann bitten die Saturnmenschen den Großen
Geist wohl nahe tagtäglich für die Vergebung seines an Ihm begangenen Frevels;
aber zu segnen wagt sich einen solchen Sträfling niemand eher, als bis er
entweder auf dem geistigen oder dem natürlichen Wege erfährt, daß ihm der Große
Geist die verhängte Strafe zu mildern angefangen hat. – Das ist also das
Verfahren in dem Fall, wenn ein solcher Frevler verhärtet ist.
[Sa.01_035,19] Ist er aber nicht verhärtet, so läßt der Älteste drei Boten,
welche reichlich mit Früchten beladen sind, dahinziehen, wo der Frevler noch
sein Werk verrichtet. Wenn sie bei ihm anlangen, gebieten sie ihm im Namen des
Großen Geistes alsbald abzustehen von seinem Werke, belehren ihn über den Willen
des Großen Geistes, vergeben ihm seine Tat, nehmen ihn in die Mitte und führen
ihn hinab, wo er angibt zu wohnen.
[Sa.01_035,20] Dort beschenken sie ihn mit den Früchten und sagen dann zu ihm:
„Bruder, damit du fernerhin nicht mehr sündigest an uns und noch viel weniger an
dem allerheiligsten Willen des Großen Geistes, so stellen wir dir hier frei, daß
du zu uns kommen kannst, wann du willst, und du sollst nimmerdar leer nach
deiner Wohnung ziehen – denn solches zu tun wissen wir aus dem Willen des Großen
Geistes. Wenn du dich aber je wieder erkühnen würdest, zu sündigen also wie
jetzt, so wird dich die Strafe des Großen Geistes beim ersten ungerechten Tritte
ereilen.“
[Sa.01_035,21] Alsdann reichen sie ihm ihre Hände, segnen ihn und ermahnen ihn
zur Dankbarkeit gegen den Großen Geist und entfernen sich endlich wieder von
ihm.
[Sa.01_035,22] Seht, das ist das ganze richterliche Verfahren bei solchen
Vergehungen von seiten der Saturnmenschen. – Nächstens wollen wir ähnliche
politische Verfassungen und Verfahren weiter verfolgen.
[Sa.01_036] – Metallindustrie und sonstige Handwerkskunst. Wahrer Sozialismus
der Nächstenliebe in Handel und Verkehr.
[Sa.01_036,01] Zur weiteren ordnungsmäßigen Verfassung der Saturnmenschen gehört
die Erzeugung der nötigen metallenen Handwerkszeuge, die sie gebrauchen zum
Behauen der Bäume, zur Verfertigung der nötigen Hausgerätschaften, zur
Auflockerung des Erdreichs und zum Schneiden ihrer Speisen und anderer Sachen.
[Sa.01_036,02] Wo aber verfertigt man solche Werkzeuge? – Seht, dazu sind auch
auf diesem Planeten, besonders an den Füßen der Gebirge, eigene Fabriken
vorhanden, in denen ein eurem Eisen ähnliches, nützliches Metall zu allerlei
solchen Gerätschaften bearbeitet wird.
[Sa.01_036,03] Wer aber sind die Fabrikanten? – Damit jede einer solchen Fabrik
benachbarte allgemeine Familie ihr Recht hat, Erzeugnisse nach Bedarf aus der
Fabrik zu nehmen, muß auch jede benachbarte Familie abwechslungsweise Arbeiter
dahin senden, welche das Metall unter der Oberleitung eines Fabrikältesten zu
bearbeiten haben. Das Metall aber wird in einer solchen Fabrik nicht schon zu
Werkzeugen selbst gestaltet, sondern nur geschmeidig gemacht und so zur ferneren
Verwendung gewonnen, ungefähr so, wie bei euch das Stangeneisen gewonnen und
bereitet wird zum weiteren Gebrauch.
[Sa.01_036,04] Hat ein Arbeiter die bedungene Zeit von hundert Tagen in einer
solchen Fabrik gearbeitet und hat eine solche Fabrik z.B. hundert Arbeiter, so
wird das gewonnene Metall eben auch in hundert Teile geteilt. Nach vollendeter
Arbeitsfrist wird dann jedem aus der Arbeit Tretenden sein gerechter Anteil
ausgeliefert und von ihm zum allgemeinen Besitz nach dessen Familienwohnung
gebracht.
[Sa.01_036,05] Was geschieht wohl dann mit einem solchen gewonnenen Metallteil,
welches nach eurem Gewicht nicht selten zwanzig- bis dreißigtausend Zentner
beträgt? – Dieses Metall wird, wenn noch Werkzeuge vorrätig sind, mit Laubwerk
umwunden und dem Ältesten der Familie zur Verwahrung übergeben. Sind aber die
früheren Werkzeuge schon sehr abgenutzt worden, dann wird nach der Anordnung des
Ältesten zur Erzeugung neuer Werkzeuge geschritten.
[Sa.01_036,06] Wie aber? Meinet ihr etwa auch durch ein Essenfeuer, wie bei
euch? – O nein, sondern auf eine viel merkwürdigere, aber dabei dennoch viel
einfachere Art. Die Saturnbewohner haben da eine kürbisartige Frucht, die auf
der unteren Fläche eine ganz regelmäßige Einwölbung besitzt, nicht selten von
einem Durchmesser von zwanzig bis dreißig Klaftern. Die äußere Rinde dieser
Kürbisfrucht, namentlich aber der untere, eingewölbte Teil, ist so glänzend
glatt wie ein allerfeinst polierter Stahl. Mit diesem Fruchtunterteil fangen die
Saturnbewohner die Sonnenstrahlen auf und leiten den Brennpunkt auf die große
Stange hin. Und es gehört nicht mehr als ein Augenblick dazu, um einen bedeutend
großen Teil der Stange vollkommen weißglühend zu machen.
[Sa.01_036,07] Ist solches geschehen, dann wird das weißglühende Metall nach
Bedarf von der Stange herabgeschnitten und vermittels eines Ambosses, der
gewöhnlich aus einem diamantartigen, harten Steine besteht und sehr glatt ist,
und mittels eines metallenen Hammers zu irgendeinem erforderlichen Werkzeug
umgestaltet.
[Sa.01_036,08] Wenn ein Schmied bei euch zur Verfertigung einer Sichel die Zeit
einer halben Stunde nötig hat, so verfertigt ein Saturnmensch wenigstens zehn in
dieser Zeit, obschon eine ganz fertige Sichel im Saturn nach eurem Gewicht nicht
selten einen Zentner wiegt. – Wenn ihr dieses ein wenig bedenkt, könnt ihr euch
wohl vorstellen, wie gewandt in seiner Kunst ein solcher Saturnschmied ist!
[Sa.01_036,09] Es fragt sich nun nur noch, wer daselbst dieses Handwerk
versieht? Die Antwort wird hier nicht schwer sein, so Ich euch sage, daß bei den
Saturnmenschen solches eine häusliche Verfassungsregel ist, daß ein jeder Mann
jedes erforderliche Handwerk können muß, damit es da keinen Unterschied des
Standes gibt und ein Handwerker zum andern sagen könnte: „Ich bin notwendiger
als du, und meine Produkte sind wichtiger als die deinigen!“ Sondern ein jeder
kann das, was sein Bruder kann. Und somit kann einer dem andern in allem
Erforderlichen nützen. Und wenn allenfalls an einen oder den andern die Reihe
kommt, daß er ein Ältester in der Familie wird, so kann er dann auch durch seine
Leitung derselben in allem vorstehen.
[Sa.01_036,10] Da aber alle handwerklich im Erforderlichen erfahren sind, so
hört dadurch auch jeder Schacherhandel auf; namentlich bei den Gebirgsbewohnern.
Darum bereiten sie auch nichts im Überfluß, damit sie es an einen Nachbarn
verkaufen oder vertauschen möchten; sondern alle ihre Produkte richten sich nach
dem eigenen häuslichen Bedarf.
[Sa.01_036,11] Kommt aber dessenungeachtet ein Nachbar, da er etwas Nötiges
haben möchte, das ihm abgeht, weil er nicht so wohlhabend ist wie ein anderer –
so wird er nicht befragt: „Was gibst du für dieses oder jenes, das du bedarfst?“
– sondern er wird bei einer solchen Gelegenheit nur befragt um den Willen des
Großen Geistes. Hat er dieses im Saturn allein gültige Zeugnis und dieses allein
gangbare „Geld“, dann wird ihm auch sogleich das vollkommen zu eigen
eingehändigt, dessen er nach seiner Angabe bedarf, und darf darauf nie von
jemandem an irgendeine Entgeltung gedacht werden.
[Sa.01_036,12] Dies geschieht zufolge eines politischen Gesetzes unter ihnen,
welches lautet: „Wer ist mehr als der Große Geist? Was aber haben wir Ihm dafür
gegeben, darum Er uns zur Benützung gegeben hat die mit so zahlreich vielen
Gütern wohlversehene große Welt? Es geziemt sich aber, daß wir dem Großen Geiste
danken für jegliche Gabe. So wir aber von unserem Bruder auch nur einen Dank
annehmen, wie müßten wir da vor dem Großen Geiste erscheinen, so wir das von
unseren Brüdern verlangen würden, was nur allein dem Großen Geiste gebührt!? –
Wehe daher demjenigen, der sich danken ließe von seinem Bruder für eine
dargereichte Gabe, da er doch vielmehr dem Großen Geiste danken solle, darum ihn
dieser eines Dienstes an einem Bruder gewürdigt hat.“
[Sa.01_036,13] Seht, nachdem der Saturnmensch auf diesem wohlwürdigen Grunde von
seinem Nebenbruder nicht einmal den allerleisesten Dank wissentlich annimmt, so
nimmt er noch viel weniger irgendeine andere Entgeltung an. – Und sonach ist
auch aller Handelsverkehr zwischen den Saturnmenschen eingerichtet.
[Sa.01_036,14] Es gibt daselbst keine Wechselbuden und auch nirgends Zollämter.
Auch gibt es keine Warentaxierer und Warenbeschauer. Und der Wucher ist jedem
Saturnmenschen fremd, namentlich den Gebirgsbewohnern.
[Sa.01_036,15] Ein Werkzeug, welches auf dieser Erde sehr häufig gebraucht wird,
ist die Waage. Dieses Werkzeug ist dem Saturnmenschen ganz fremd; denn er kennt
keine andere Waage als den alleinigen Willen des Großen Geistes und die des
Bedarfes seines Bruders.
[Sa.01_036,16] Noch ein zweites Werkzeug, das bei euch die Elle heißt, ist dem
Saturnbewohner fremd. Es wird nichts nach der Elle gemessen wie bei euch,
sondern das Wort des Bruders nach dem Willen des Großen Geistes ist das für die
Saturnmenschen alleruntrüglichste Maß, nach dem sie das bemessen, was ein oder
der andere nachbarliche Bruder von ihnen sich erbittet.
[Sa.01_036,17] Ein solcher Handel und Wandel wäre auch auf eurer Erde viel
besser als alle Börsen und Banken und Wechselbuden und Kaufläden und
Schankhäuser bei euch. Denn ein nur einigermaßen reinerer Verstand sollte euch
schon sagen: was haben wir denn Gott für alle die Produkte der Erde gegeben und
wie teuer haben wir Ihm die Erde selbst abgekauft, da wir nun auf derselben
schalten und walten, als wären wir die unmittelbaren Eigentümer von ihr?
[Sa.01_036,18] Da ihr euch, wie gesagt, bei einem nur ein wenig reineren
Verstand solches doch notwendig fragen müßtet, so leuchtet es ja von selbst klar
aus allen euren Handlungsweisen heraus, wie unrecht in Meiner Hinsicht es ist,
auf Meinem Grund und Boden, den Ich allein nur geschaffen und für jedermann
gleich eingerichtet habe, sich dessen Produkte Meiner Liebehand neidisch, geizig
und gewalttätig anzueignen, für einen oder den anderen Zweck zu bearbeiten und
sodann nur um einen unerschwingbar hohen und teuren Preis an seinen Bruder davon
zu geben, so er danach ein Bedürfnis oder ein Verlangen hat.
[Sa.01_036,19] Jedoch lassen wir all das Himmelschreiende auf der Erde und
wenden uns wieder zu unserem Planeten, wo die Menschen noch im Besitz solcher
Schätze sind, die der Rost nicht angreift und die Motten nicht verzehren, und
beschauen da noch mehrere Seiten hindurch ihr durchaus nicht großes politisches
Gesetzbuch, welches in ihren Herzen geschrieben ist!
[Sa.01_037] – Webstofferzeugung. – Unverkünstelte Verwendung der
Naturerzeugnisse. – Bekleidungsordnung.
[Sa.01_037,01] Da wir diese Menschen soeben als Schmiede kennengelernt und
vernommen haben, wie sie im Notfall ihre Gerätschaften oder Fabrikate an einen
andern Bruder „verkaufen“, so wollen wir sie nun auch noch als Zeugmacher
kennenlernen.
[Sa.01_037,02] Wir haben schon bei der Darstellung des Pflanzenreiches wie bei
der des Tierreiches gesehen, daß es im Saturn Pflanzen gibt, die eine Art sehr
langer Haare namentlich aus ihren Blüten und auch Blättern von sich treiben, und
haben gesehen, daß sehr viele Tiere außerordentlich wollereich sind und manche
bedeutend reichliche und lange Mähnen haben, so ist es euch anderseits sicher
klar, daß dieses alles von den Saturnmenschen wohl benützt wird.
[Sa.01_037,03] Wie aber werden diese Stoffe benützt? – Sehet, da ist nicht viel
Unterschied zwischen euch und den Bewohnern dieses Planeten. Die Stoffe werden
zu Fäden gesponnen, welche freilich wohl etwas stärker sind als so manche
handfeste Stricke bei euch. Dessenungeachtet aber sind sie im Verhältnis dennoch
fein genug, um für diese großen Menschen gar wohl tragbare Stoffe daraus zu
weben.
[Sa.01_037,04] Wer spinnt und webt denn die Fäden? – Solches tun im Saturn nur
allein die Frauen; aber nicht auf die Art, wie ihr die Stoffe auf Webstühlen
webet, sondern ungefähr so, wie da eure Weiber mittels der sogenannten
Stricknadel die Strümpfe verfertigen. So werden dort ganze Kleidungsstücke
gestrickt, und zwar mit Hilfe zweier langer, allzeit hölzerner Stifte. Die
Saturnweiber haben darin eine große Fertigkeit, so daß ein Weib an einem Tag
einen nach eurem Maße mehr denn hundert Ellen langen und fünf bis sechs Ellen
breiten Streifen verfertigt.
[Sa.01_037,05] Werden solche Stoffe auch gefärbt? – Das tut niemand auf diesem
Planeten. Denn hier besteht schon wieder ein häusliches Gesetz, welches wegen so
mancher Eitelkeit in der Tiefe also lautet:
[Sa.01_037,06] „Wie ist der Mensch doch ein Frevler, wenn er etwas besser,
schöner und vollkommener machen will, als es der Große Geist gemacht hat! Wehe
dir, so du möchtest rot machen, was der Große Geist weiß gegeben hat! Wehe dir,
so du möchtest gerade machen, was der Große Geist krumm gestaltet hat! Wehe dir,
so du möchtest geschmackvoller machen eine Speise, als sie für dich bereitet hat
der Große Geist!
[Sa.01_037,07] Wer darin zuwiderhandeln wird dem Willen des Großen Geistes, den
wird dieser zornig ansehen und wird über seinen Leib schicken ein Übel um das
andere – wie Er es zu tun pflegt in der Tiefe, da dort die Menschen nicht auf
das achten, daß der Große Geist alles überaus weise und gut eingerichtet hat und
der Mensch darum nicht nötig hat, etwas daran zu ändern, sondern dankbarst also
anzunehmen, wie es ihm die milde Hand des Großen Geistes gibt. Wir sind nur da,
um das zu benützen, was uns der Große Geist gibt; nicht aber, daß wir seine Gabe
eher verbessern und verschönern, bis wir sie gebrauchen möchten.
[Sa.01_037,08] Nur ein Ding, und das ist das Metall, hat der Große Geist in die
Erde roh gelegt, und wir müssen es zuvor backen, bevor wir es nützlich
gebrauchen können. Und solches dürfen wir darum tun, weil es uns der Große Geist
selbst gelehrt hat. Ebenso können wir auch nach seinem Willen einige Früchte am
Feuer zum leichteren Genusse erweichen und dürfen die Äste der Bäume behauen zu
unseren Wirtschaftsgebäuden – solches alles lehrte Er uns selbst.
[Sa.01_037,09] Aber daß wir einem Ding eine andere Farbe geben sollen und
anderen Glanz, solches hat Er uns nie gelehrt. Daher ist es auch für den ein
großer Frevel gegen den Großen Geist, der das Weiße möchte rot, das Grüne
schwarz und das Blaue gelb und also auch umgekehrt färben.
[Sa.01_037,10] Wir aber sind untereinander nichts denn einerlei Brüder und
Schwestern im Großen Geiste; da darin kein Unterschied ist und wir alle gleich
sind vor ihm, warum sollen wir uns unterscheiden in der Farbe unseres Gewandes?
[Sa.01_037,11] Also sei die Gürteljacke um unsere Lenden, welche bis an die Knie
reicht, allzeit blau, wie die Wolle von Natur aus blau ist, die wir dazu
verwenden. Unser Oberleibmantel aber sei rot, wie da ist die Mähne des Tieres,
daraus er verfertigt wird. Unser Hut habe die Farbe des Strohes, daraus er
verfertigt wird. Und unsere Kniemäntel seien allzeit grün, wie die Wolle des
Baumes und der Pflanzen ist, aus der sie verfertigt werden.
[Sa.01_037,12] Die Weiber aber sollen ebenfalls unwandelbar verbleiben bei ihrem
weiten blauen Hemde und sollen fortwährend zu ihren Oberkleidern die schönen
Blätter unseres Wohnbaumes benützen und können gebrauchen zu ihrer Zierde noch
so manches, was der Große Geist für sie sowohl auf Bäumen, als auch auf
Gesträuchen und auf den Tieren wachsen läßt. Ferne jedoch sei von ihnen die
übertriebene Prachtliebe der Weiber, die an großen Flüssen und Seen wohnen und
eine große Freude daran haben, daß sie ihren verweichlichten Leib mit allerlei
Flitterwerk behängen.
[Sa.01_037,13] Unsere Pflicht auf den geheiligten Bergen sei, daß wir in allem
standhaft sind und treu dem Willen des Großen Geistes.“
[Sa.01_037,14] Seht, das ist eine der längsten Hausregeln bezüglich der
Verfertigung der Kleiderstoffe und der Kleider selbst, sowie bezüglich der Art,
wie dieselben zu tragen sind.
[Sa.01_037,15] Auch mit diesen Kleiderstoffen sind die Gebirgsbewohner
gleicherweise freigebig wie mit allem Übrigen. Kommt von irgendwoher ein fast
ganz nackter Mensch, so gilt dessen Nacktheit schon für ein sicheres Zeugnis des
Großen Geistes, daß jeder, der vorrätige Kleider hat, den Nackten sogleich zu
bekleiden hat. Wer sich solches zu tun weigern würde, dem steht, wie auf kein
anderes Vergehen, eine Verbannung auf ein, zwei bis drei Jahre bevor, damit er
in solcher Einsamkeit erkennen lerne, wie weh es tut, wenn man nackt herumirren
muß.
[Sa.01_037,16] Ihr werdet euch vielleicht denken, wie kann da ein Mensch in ein,
zwei oder drei Jahren seine Kleider bis zur Nacktheit zerreißen? Da erinnere Ich
euch nur daran, daß ein Saturnjahr nahe dreißig Erdjahre dauert. Wenn ihr das
bei der obengenannten ein-, zwei oder dreijährigen Verbannung mit in den
Anschlag bringet, so dürfte es euch wohl klar sein, daß in solcher Zeit ein
Kleidungsstück nicht mehr sehr heil aussehen dürfte, wenn es Tag und Nacht
getragen wird.
[Sa.01_038] – Leibesgestalt von Mann und Weib. Zeugung, Schwangerschaft und
Geburt. Beschaffenheit der Kinder.
[Sa.01_038,01] Noch andere, sehr beachtenswerte häusliche Regeln können und
wollen wir erst dann möglichst kurz durchgehen, wenn wir zuvor mit der Gestalt
des Saturnmenschen, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, näher bekannt
werden. – Und so wollen wir gleich die Frage stellen: Wie sehen denn die
Saturnmenschen aus?
[Sa.01_038,03] Hier sage Ich euch zuerst im allgemeinen, wie ihr bereits gesehen
habt, daß auf dem Saturn fast alle Dinge erhabener, herrlicher und schöner sind
als auf der Erde – so ist es auch um so mehr der Fall beim Menschen dort. Und so
ist das Weib dieses Planeten, was ihre Gestalt betrifft, überaus vollkommen und
über alle eure Begriffe schön. Obgleich sie für eure Augen eine riesenhafte
Größe hat, stünde sie auf eurer Erde, so würde euch ihre Schönheit zum völligen
Verschmachten nötigen. Denn ihr Leib hat durchgehend die allerschönste und
vollkommenste Rundung. Kein Glied ist unverhältnismäßig zum andern. An ihrem
ganzen Wesen ist nirgends eine Härte ersichtlich.
[Sa.01_038,04] Ihre Haut ist so weiß wie Schnee, wenn er von der Sonne
beschienen wird. Nur hie und da, wo die Haut gewöhnlich am zartesten ist, sticht
ein blasses Rot hervor. Trotz der Größe des Saturnweibes ist die Haut dennoch
viel feiner und zarter als die einer allerzartesten Burgdame bei euch auf der
Erde.
[Sa.01_038,05] Nur die Nägel an den Händen und Füßen sind verschieden von euren
Fuß- und Handnägeln. Sie haben die Farbe, als ob ihr poliertes Gold mit
Karminrot sanft überstreichen möchtet. Wo aber die Nägel über das Fleisch
hinauswachsen, da laufen sie in die Farbe des Regenbogens aus. Sonach hat ein
Saturnweib ihre Finger schon von Natur aus schöner geschmückt, als wenn eure
Weiber ihre Finger mit den reichsten Goldringen besetzen.
[Sa.01_038,06] Die Brust des Saturnweibes ist überaus voll, elastisch und etwas
rötlich gefärbt; zugleich aber wahrhaft ätherisch zart, so zwar, daß die Brust
eines eurer zartesten Erdweiber als ein harter Kieselstein dagegen zu betrachten
wäre. Die Arme sind überaus voll und nirgends ist an ihnen etwas Eckiges zu
entdecken bis zur äußersten Fingerspitze; also sind auch die Füße überaus
vollkommen bis zur äußersten Zehe.
[Sa.01_038,07] Der Hals ist weder zu lang noch zu kurz, sondern erhebt sich über
die Schultern in dem schönsten harmonischen Verhältnis. Auf diesem Halse, ihr
könnt es glauben, sitzt allezeit mit höchstseltener Ausnahme, ein wahrhaft
himmlisch schöner Kopf.
[Sa.01_038,08] Die Stirne des Kopfes ist mittelhoch und blendend weiß. Die Nase
ist gerade, erhaben sanft und weich in allen Teilen. Die Augen sind zumeist
ausgezeichnet groß, die Pupille blendend schwarz, der Regenbogenring vollkommen
himmelblau, das übrige des Augapfels aber überaus weiß. Die Augenbrauen sind bei
jedem Weibe stark und von dunkelgoldblonder Farbe. Die Haare des Kopfes sind
überaus weich und nicht selten über das Knie reichend, von gleicher Farbe wie
die Augenbrauen. Der Mund ist im Verhältnis klein, die Lippen karminrot. Hinter
ihnen zieren die schönsten Perlzähne sowohl den Unter- wie den Oberkiefer. Das
Kinn ragt ein wenig hervor und ist wie die Wangen leicht gerötet. Die Ohren sind
ebenfalls im Verhältnis zum Kopf mehr klein als groß zu nennen und sind
ebenfalls ein wenig gerötet.
[Sa.01_038,09] Also habt ihr nun die vollkommene Beschreibung der Gestalt eines
Saturnweibes! Nur müßt ihr euch nicht etwa denken, als sehe da in
physiognomischer Hinsicht ein Weib dem andern gleich! Sondern wie es bei euch
auf der Erde ist, so ist es auch dort, daß unter zehntausend Gesichtern nicht
zwei anzutreffen sind, da eines aussieht wie das andere.
[Sa.01_038,10] Wenn ihr nun diese beschriebene Gestalt mit den angegebenen
Kleidern bekleiden wollet, so könnt ihr mit der Hilfe eurer Phantasie ein
solches Saturnweib so ziemlich beschauen. – Da wir somit mit der Darstellung des
Weibes fertig sind, wollen wir uns gleich zu der des Mannes wenden.
[Sa.01_038,11] Wie sieht denn der Mann aus? – Er ist, wie ihr beiläufig schon
wißt, um ein bedeutendes größer als das Weib. Das ist somit etwas, was auf der
Erde nicht so leicht vorkommt. Denn in der Regel ist auf dem Saturn der Mann um
fünfzehn bis zwanzig Schuh größer als das Weib. Ihr werdet solches Verhältnis
anfänglich wohl etwas sonderbar finden, wenn ihr bedenket, daß ein Saturnweib zu
einem Saturnmann sich gerade so verhält, wie bei euch ein zehn oder
zwölfjähriges Mädchen zu einem vollkommen rüstigen und großgewachsenen Mann.
[Sa.01_038,12] So ihr aber bedenket, daß auf diesem Planeten die Zeugung des
Menschen nicht auf die Weise wie bei euch vor sich geht, so wird euch auch das
Verhältnis gar bald gerecht vorkommen. – Da wir hiermit die Zeugung berührt
haben, so wollen wir, bevor wir mit der Gestalt des Mannes weiterfahren, gleich
ein paar Worte darüber sagen.
[Sa.01_038,13] Wie geschieht denn dort die Zeugung? – Also wie sie auch auf der
Erde hätte geschehen können, wenn der Mensch nicht von Mir abgefallen wäre, noch
bevor Ich ihn gesegnet hatte – durch die alleinige Liebe und durch den festen
Willen.
[Sa.01_038,14] Wenn der Mann auf dem Saturn sonach eine Zeugung vornehmen will,
so stellt er sich mit seinem ihm angetrauten Weibe dem Ältesten vor (der
Saturnmann hat nie mehr als ein Weib). Der Älteste segnet ihn dann im Namen des
Großen Geistes. Darauf fallen der Mann und das Weib zur Erde nieder und bitten
inbrünstigst den Großen Geist um die Erweckung einer lebendigen Frucht.
[Sa.01_038,15] Ist solches geschehen, dann nimmt der Mann die Frau auf seinen
Arm, drückt sie an sein Herz und gibt derselben einen Kuß auf die Stirne, einen
auf den Mund und einen auf die Brust. Darauf legt er seine rechte Hand über
ihren Leib und fixiert sie mit seinem Willen. Das ist auch das Ganze der
Zeugung, während welcher sowohl der Mann als auch das Weib eine wahrhaft
himmlisch reine Wollust schmecken, die sie begeistert und auf lange Zeit
überfröhlich macht.
[Sa.01_038,16] Ist die Zeugung geschehen, dann fallen beide Gatten wieder zur
Erde, danken dem Großen Geiste dafür und bitten Ihn zugleich um den Segen für
das Gedeihen der Frucht. Darauf begeben sie sich wieder zum Ältesten, wo das
Weib von diesem gesegnet wird und nachdem erst von ihrem eigenen Mann.
[Sa.01_038,17] Die Schwangerschaft dauert dort nur ein Vierteljahr und wird
nirgends anderswo beim Weibe bemerkt, als nur an der lebhafteren Färbung ihrer
Brust.
[Sa.01_038,18] Die Geburt aber geschieht dort allzeit ohne Schmerzen. – Die
Kinder sind, so sie zur Welt kommen, sehr klein, d.h. kaum so groß wie bei euch
diejenigen, welche fünf Jahre alt sind. Sie wachsen aber außerordentlich schnell
und werden nach eurer Rechnung im Verlauf von drei Jahren schon sehr oft zwölf
bis fünfzehn Klafter groß.
[Sa.01_038,19] Die Kinder sind in den ersten Jahren so leicht, daß sie in der
Luft gleich einem Federflaum schweben können, und werden erst dann spezifisch
schwerer, wenn sie von der Mutterbrust entwöhnt werden und eine stärkere und
festere Nahrung zu sich nehmen; aus welchem Grunde im Saturn auch nie gehört
wird, daß sich irgendein Kind von einer Höhe herab durch Fall verletzen könnte.
[Sa.01_038,20] Wenn ihr nun dieses beachtet, so wird euch um so leichter faßlich
werden, warum das Weib gegenüber dem Mann nahezu um ein Drittel kleiner und
somit auch schwächer ist.
[Sa.01_038,21] Der Mann dort ist ein vollkommenes Ebenbild nach Mir. Seine Größe
gibt ihm das Zeugnis, daß er ein Herr der Natur dieses Planeten ist. Seine
Gestalt aber besagt: Also ist die gerechte Form eines Mannes, der da nicht sein
solle so hart aussehend wie ein Fels, aber auch nicht so weich wie die Brust
eines Weibes. Er solle sein ein volles Ebenmaß Dessen, der ihn erschuf, in sich
fassend alle Vollkommenheiten der Kraft der Macht, der Stärke, der Festigkeit
des Willens und der Herrlichkeit und Schönheit aller Formen.
[Sa.01_038,22] Wenn ihr euch demnach die Form eines Mannes im Saturn vorstellen
wollt, so müßt ihr euch auf eurer Erde einen vollkommenen Jüngling denken, bei
dem die Muskeln noch nicht so sehr getrennt erscheinen, sondern noch im
lebhaften Zusammenhang stehen. Übertraget diese vollkommen männliche
Menschenform auf den Saturnmann – natürlich im vergrößerten Maßstabe – so habt
ihr die Gestalt deutlich vor euch. Nur hat der Mann im Saturn eine viel feinere
Haut als irgendein solcher Jüngling auf eurer Erde.
[Sa.01_038,23] Das Kinn des Saturnmannes ist mit einem verhältnismäßig großen
Bart bewachsen und der Kopf mit bis auf den halben Leib herabhängenden,
wohlgelockten, zuallermeist lichtblonden Haaren. Wobei noch zu bemerken ist, daß
der Bart und ganz besonders die Augenbrauen stets etwas dunkler sind als die
Kopfhaare.
[Sa.01_038,24] Alle Teile seines Leibes stehen in dem schönsten Verhältnis.
Einige Teile aber wie die Wangen, die Brust und auch die Arme sind etwas
lebhafter gerötet als beim Weibe.
[Sa.01_038,25] Ihr werdet vielleicht bei euch heimlich fragen: Haben denn diese
Saturnmenschen keine euch ähnlichen und eigentlichen Geschlechtsorgane? O ja,
nur sind diese im Verhältnis nicht so groß und ausgezeichnet, weil sie bei ihnen
nur für einen Zweck da sind.
[Sa.01_038,26] Stellt euch nun einen solchen Saturnmann vor und betrachtet ihn
in seiner Größe und seinem wahren Menschenadel, so müßt ihr ihm das Zeugnis
geben, daß in seiner Form alle Erhabenheit, alle Würde und alle Herrlichkeit
Dessen vorgestellt ist, der der Urgrund aller Dinge ist.
[Sa.01_038,27] Ist auch das Weib reizend durch die Rundung und Weichheit seiner
Form – wahrhaft schön und ewig bleibend schön und ganz vollkommen in allem ist
nur der Mann.
[Sa.01_038,28] Solches sehen auch alle Saturnbewohner ein und danken dem Großen
Geiste allzeit für die erhabene, Ihm selbst vollkommen ähnliche Form – wofür zu
danken freilich euch Erdenbewohnern noch nie im Traum eingefallen ist!
[Sa.01_039] – Gotteserkenntnis der Saturnbewohner. Mehr Ehrfurcht als Liebe.
Kunde von der Menschwerdung Gottes auf Erden.
[Sa.01_039,01] Wie aber wissen die Saturnmenschen, daß ihre Form ein Ebenbild
des Großen Geistes ist? – Solches wissen sie durch die sich zu öfteren Malen
wiederholende Offenbarung des Großen Geistes selbst. Und es wird selten einen
Familienältesten geben, der nicht zum wenigsten einmal den Großen Geist gesehen
hätte.
[Sa.01_039,02] Sie kennen somit Gott nicht anders, denn als einen vollkommenen
Menschen. Und darum ist auch ihr oberster Grundsatz in der Lehre vom Großen
Geiste:
[Sa.01_039,03] „Gott, der da ist der Große Geist, ist ein allervollkommenster
Mensch aller Menschen. Er hat Hände wie wir und hat Füße wie wir, hat einen Leib
wie wir, und sein Kopf ist dem unsrigen gleich. Doch arbeitet Er nicht mit den
Händen und geht nicht mit den Füßen, sondern alle unendliche Macht liegt in
seinem Willen. Und mit der unbegreiflichen Kraft seiner Weisheit erschafft und
leitet Er alle Dinge.“
[Sa.01_039,04] Seht, da die Saturnmenschen solchen richtigen Begriff von Mir
haben, so erkennen sie auch desto leichter und eher sich selbst und wissen in
ihrem Geiste vollkommen, daß sie nicht nur flüchtige, sondern im Geiste ewig
bleibende Ebenbilder Dessen sind, der sie nach sich gebildet und erschaffen hat.
[Sa.01_039,05] Lieben die Saturnbewohner auch den Großen Geist? – Ja, sie lieben
Ihn auch. Aber ihre Liebe besteht mehr in einer übergroßen Ehrfurcht als in dem
Bestreben, dem Großen Geiste stets näher- und näherzukommen und endlich
vollkommen eins mit Ihm zu werden.
[Sa.01_039,06] Doch wissen sie auch recht gut und werden darüber von den
Geistern unterrichtet, daß der Große Geist auf einem kleinen Weltkörper, nahe an
der Sonne, Mensch geworden ist und Fleisch und Blut getragen hat. Und daß Er von
dieses Weltkörpers Menschen verkannt und leiblich getötet wurde, solches wissen
sie auch recht wohl durch die Offenbarung von seiten der Geister.
[Sa.01_039,07] Nur das geht ihnen schwer ein, wie es denn möglich war, daß Ihn
diese Menschen nicht erkannt haben. Und sie fragen die zu ihnen kommenden
Geister auch emsig aus, was dieses Weltkörpers Menschen jetzt machen und ob sie
den Großen Geist noch nicht erkannt haben?
[Sa.01_039,08] Wenn sie auf solche Fragen leider zuallermeist verneinende
Antworten bekommen, so werden sie ganz traurig und beten sehr oft und sehr
inbrünstig in ihren Tempeln, daß die Menschen eines so überhoch begnadeten
Weltkörpers doch einmal Denjenigen erkennen möchten, der ihnen eine solche Gnade
erwies, vor deren Größe sie schon bei dem leisesten Gedanken durch und durch
erschauern. – Und sie sagen nach langem Innehalten mit donnerstarken Worten:
[Sa.01_039,09] „Oh, wenn wir dieser Gnade wären gewürdigt worden, daß sich der
große Geist auf dieser Welt mit unserem Fleisch und Blute bekleidet hätte,
wahrlich, wir leuchteten mehr denn tausend Sonnen übereinander!“
[Sa.01_039,10] Solcher Ausdrücke bedienen sich die Saturnbewohner, wenn sie
etwas von der Erde vernehmen. Sie haben eine große Sehnsucht, diese Erde einmal
zu sehen. Geht solches in leiblicher Beziehung auch nicht, so gibt es aber
dennoch beinahe nicht einen Geist der Saturnmenschen, der nicht, sobald er seine
Hülle abgelegt hat, sich sogleich zur Erde begeben möchte.
[Sa.01_039,11] Da aber ein solcher Geist das Materielle nicht schauen kann, so
schaut er die geistige Erde an und durch Entsprechungen von dieser aus auch die
materielle. Wenn er aber die Menschen dieser Erde erkennt, da wird er traurig
und verläßt bald wieder diesen Weltkörper.
[Sa.01_039,12] Im Verlauf, wenn noch von der Religion der Saturnmenschen die
Rede sein wird, werden wir noch mehreres davon kennenlernen. Zunächst aber
wollen wir uns noch zu einigen politischen Verfassungen zurückwenden.
[Sa.01_040] – Verbot der Selbstüberhebung. Gebot der Reinlichkeit. Scheu vor
Totem. Leichenbestattung. Totenkult. Eheschließung.
[Sa.01_040,01] Worin besteht denn eine weitere politische Verfassung? – Sie
besteht in dem, daß niemand zufolge seiner leiblichen Schönheit und Größe oder
sonst auf irgendeine Weise groß von sich reden darf.
[Sa.01_040,02] Damit aber dieses wichtige Gebot allezeit beachtet wird, so wird
schon den Kindern eingeprägt, daß sie sehr klein sind und daß alle weltliche
Größe vor dem Großen Geiste als ein bloßes Nichts erscheint. Demnach getraut
sich auch kein Patriarch oder Ältester und noch viel weniger ein anderes
Familienmitglied irgend etwas Großes von sich zu denken.
[Sa.01_040,03] Was aber die Schönheit des Leibes betrifft, da sagen sie: „Wir
sind samt und sämtlich alle gleich schön als Ebenbilder des Großen Geistes. Wer
da sagen und glauben würde, er sei schön für sich und habe darin einen Vorzug
vor jemand anderem, der würde sich dadurch dem ewigen Urbilde sogleich unähnlich
gestalten, da er dann häßlicher würde als das häßlichste Tier auf dem
Erdkörper.“
[Sa.01_040,04] Zu diesem Gesetz tun freilich wohl auch die Geister der
Verstorbenen so manchen Vorschub. Denn wenn irgend jemand von einer Eitelkeit
befallen werden möchte, erblickt er gar bald vor sich irgendein recht scheußlich
verzerrtes Gesichtgrinsen. Wer einmal so gestraft worden ist, läßt sicher auch
alsbald alle Eitelkeit sinken; denn solches wissen die Saturnbewohner gar wohl,
daß es mit den Geistern nie halbernstlich zu nehmen ist, sondern wenn diese sich
auf eine oder die andere Art äußern, so gilt das immer für den reinsten Ernst. –
Seht, das ist ein politisches Gesetz, welches von Groß und Gering, Alt und Jung
beachtet wird.
[Sa.01_040,05] Und was die Größe betrifft, so geht solches sogar für alle ewigen
Zeiten bleibend auf den Geist über, daß sie sich für möglichst klein halten. Aus
diesem Grunde stehen die Saturngeister auch durchgehend nicht gut mit den
Geistern dieser Erde, bei denen nichts als ihre vermeintliche Größe
vorherrschend ist.
[Sa.01_040,06] Es gibt dann ferner noch ein häusliches Gesetz. Es ist begründet
in der Anempfehlung und Beibehaltung der Reinlichkeit; darum ist es eine große
Seltenheit, irgendeinen, sei es am Leibe oder an dessen Bekleidung, schmutzigen
Menschen zu treffen.
[Sa.01_040,07] Dessenungeachtet ist dort eine Hauptlehre, auf den Leib ja nichts
zu halten, da er sterblich ist – wohl aber alles auf den Geist, der unsterblich
ist.
[Sa.01_040,08] Aus dem Grunde scheut der Saturnbewohner auch alles Tote und
will, wie ihr wißt, sogar zu seiner Wohnung keine toten Häuser, sondern
lebendige. Und noch weniger darf etwas Totes in einem Gott geweihten Tempel
vorkommen.
[Sa.01_040,09] Aber reinlich muß darum dennoch alles gehalten werden, und
vorzugsweise der Leib, da er eine Wohnung des unsterblichen Geistes ist. Das ist
somit wieder eine Hausordnungsregel!
[Sa.01_040,10] Was geschieht denn im Saturn mit den Leibern der verstorbenen
Menschen? – Die Leiber werden dort nicht begraben wie bei euch, auch werden sie
nicht verbrannt, wie es in manchen Ländern eurer Erde der Fall ist, sondern die
Leiber werden an einen Ort hingebracht, wo sich ein Pyramidenbaumwald vorfindet.
Allda werden sie, mit dem Gesicht zur Erde gewendet, auf den Boden gelegt und
mit Ästen desselben Baumes zugedeckt. – Die Leichname der Weiber werden
gewöhnlich knapp am Stamme des Baumes, bei den Füßen zusammengebunden, an einen
Ast des Baumes gehängt, so daß der Kopf beinahe den Boden berührt.
[Sa.01_040,11] Ihr werdet euch hier denken, wenn solche großen Leiber zu faulen
und zu verwesen anfangen, so wird sich da auch notwendigerweise ein starker
Übelgeruch weit und breit verbreiten müssen. Allein solches ist auf diesem
Planeten durchaus nicht der Fall, sondern gerade das Gegenteil. Da die Leiber
der Saturnmenschen ätherischer und leichter sind als eure auswendigen, groben „Schlangen“-Leiber,
so verflüchten sie sich auch in kurzer Zeit nach dem Hinscheiden, und dieses
Verflüchtigen erzeugt in einer solchen Gegend einen sehr angenehmen Geruch.
[Sa.01_040,12] Wenn solcher irgend die Nüstern eines Saturnmenschen berührt, so
fällt er voll Dankbarkeit gegen den Großen Geist zur Erde nieder und bittet Ihn,
daß Er es zulassen möchte, daß der Geist desjenigen, dessen Leibesduft nun seine
Nüstern berührt hat, zu ihm kommen und mit ihm ein gemeinsames Loblied dem
Großen Geiste für die Erlösung aus dem Kerker des Fleisches anstimmen möchte.
Solches geschieht auch allzeit, besonders wenn es dem Bittenden darum ein ganz
vollkommener Ernst ist.
[Sa.01_040,13] Trauern dort die Menschen, wenn jemand dem Leibe nach stirbt? – O
nein, sondern wenn z.B. der Älteste gestorben ist, so tritt sobald der
Nachälteste als sein Nachfolger in seine Ordnung, fordert alle
Familienmitglieder auf, daß sie sich auf die Erde niederlegen und dem Großen
Geiste danken, daß Er dem Patriarchen solch große Gnade erwiesen und ihn ins
ewige Leben berufen habe.
[Sa.01_040,14] Dann müssen sie den Großen Geist bitten, daß Er es allergnädigst
gestatten möchte, daß der Geist des Verstorbenen dem nun neuen Ältesten bald
erscheinen und ihn führen möchte in des Tempels Heiligtum und ihn allda segne
zum erhabensten Amte des Großen Geistes.
[Sa.01_040,15] Solches geschieht dann auch allzeit sichtbar für die ganze
Familie. Der Geist kommt in seiner Glorie und heißt mit vernehmlichen Worten den
neuen Ältesten ihm in das Heiligtum des Tempels, die ganze andere Familie aber
in den Volksteil des Tempels zu folgen.
[Sa.01_040,16] Allda stellt der Geist vor dem Volke den neuen Ältesten auf den
Predigeraltar, segnet ihn und zeigt der ganzen Familie an: „Daß es dem Großen
Geiste wohlgefällig ist, daß dieser das heilige Amt übernommen hat, darum sie
ihm auch in allem zu folgen und jegliches seiner Worte wohl zu beachten haben.“
[Sa.01_040,17] Sodann empfiehlt er den Männern, auf die gewöhnliche Art seinen
verstorbenen Leib hinwegzuschaffen, segnet noch die ganze Familie und verheißt
dann, nach dem Willen des Großen Geistes so lange ein Lehrer und Führer der
ganzen Familie zu verbleiben, als es dem Großen Geiste gefalle, den neu
gestellten Patriarchen der gesamten Familie zum leitenden Vorstand zu belassen.
[Sa.01_040,18] Darnach verschwindet der Geist, der neue Älteste aber und die
Familie fallen zur Erde nieder und danken dem Großen Geiste dafür. – Ist das
Dankgebet vollendet, stehen alle auf, gehen stillschweigend nach Hause, nehmen
sogleich die Hinwegschaffung des Leichnams vor und bringen ihn auf eine schon
vorhin beschriebene Stelle.
[Sa.01_040,19] Stirbt ein Weib, so wird zwar auch um die Erscheinung ihres
Geistes gebeten. Aber nach der Erscheinung wird bloß daheim ein Dankgebet
verrichtet. Dann wird ihr Leichnam genommen und an die vorbestimmte Stelle
gebracht. Der Leichnam des Weibes verflüchtigt sich noch viel schneller als der
des Mannes, bei günstigen Verhältnissen so schnell, daß am zehnten Tag oft schon
nicht mehr eine Spur zu finden ist, auch nicht einmal die eines Knochens.
[Sa.01_040,20] Diese schnelle Verwesung wird freilich naturmäßigerweise auch
dadurch bewerkstelligt, daß der große Nadellaubbaum mit seinen Millionen Spitzen
den unter ihm befindlichen Leichnam aller Elektrizität beraubt. Sobald aber
diese aus irgendeinem naturmäßigen Körper völlig entweicht, vergeht auch der
naturmäßige Körper so, als wäre er vom Feuer verzehrt worden.
[Sa.01_040,21] Seht, die Beachtung dieser Regeln ist auch wieder ein solches
„wichtiges Hausgesetz“, welches allzeit streng und genau zu beachten ist.
[Sa.01_040,22] Was haben wir denn noch für ein sehr beachtenswertes Hausgesetz?
– Das ist das Gesetz der ehelichen Verbindung eines Mannes mit einem Weibe.
[Sa.01_040,23] Durch dieses Gesetz ist jeder Mann, wenn er das gerechte Alter
von dreißig bis vierzig Jahren erlangt hat, streng verpflichtet, sich ein Weib
nach seiner Wahl und nach seinem Wohlgefallen zu nehmen.
[Sa.01_040,24] Das darf er jedoch nicht selbst der Gewählten kundtun; sondern
nur durch den Ältesten. Dieser beruft dann die Eltern der gewählten Braut und
gibt ihnen die Not und den Willen des Bräutigams kund. Solche Kundgebung wird
dann auch dankbarst als Wille des Großen Geistes angesehen. Darum denn auch ein
solcher Brautwerber nie, so wie bei euch, einen sogenannten „Korb“ bekommt.
[Sa.01_040,25] Sodann erst nimmt der Älteste den Bräutigam, führt ihn zu der
Braut, nimmt ihre rechte Hand und seine Rechte und gibt sie zusammen. Dann
müssen sie sich so halten und ihm, dem Ältesten, in den Tempel vor das Heiligtum
folgen. Allda haben sie sich mit den Gesichtern auf den kegelförmig erhabenen
Altar anzulehnen, während welcher Zeit der Älteste im Heiligtum betend den Geist
(des Lichtes) beruft.
[Sa.01_040,26] Sobald dieser bei solcher Gelegenheit mit verhülltem Angesicht
erscheint, beheißt der Älteste das Brautpaar sich aufzurichten. Dann stellt der
Älteste ihnen die ehelichen Pflichten in einer guten Rede vor, welche ihrem
Inhalt nach gewöhnlich in der Darstellung aller derjenigen Hausregeln besteht,
die wir bis jetzt schon kennengelernt haben und deren wir noch einige
kennenlernen werden.
[Sa.01_040,27] Ist solches geschehen, geht der Älteste von seinem Predigeraltare
herab und macht eine Bewegung, als wollte er die Hände der zwei Brautleute von
einander trennen. Allein dafür ist schon eine alte Regel da, daß solches nur
eine formelle Andeutung ist, daß sie sich auf der Welt durch nichts je sollen
trennen lassen.
[Sa.01_040,28] Nach dieser Zeremonie tritt der Älteste zur Seite, der Geist (des
Lichtes) enthüllt sein Angesicht, segnet das Brautpaar, geht auf sie zu und
trennt ihre Hände auseinander. – Solches bedeutet, daß nur der Tod oder die
Scheidung des Geistes vom Leibe das Ehepaar gültig zu scheiden vermag.
[Sa.01_040,29] Darauf verschwindet der Geist und die Ehe ist geschlossen.
[Sa.01_040,30] Nun wird dem Großen Geiste ein Dank dargebracht. Und Er wird auch
wieder gebeten, die Vermählten zu segnen mit einer Ihm wohlgefälligen
Nachkommenschaft und sie nach seinem allerheiligsten Willen zu leiten. – Ist
auch solches geschehen, dann stehen der Älteste und die Vermählten wieder auf
und begeben sich voll Ehrerbietigkeit nach Hause, woselbst dann gewöhnlich ein
allgemeines Familienmahl unter Lobpreisung des Großen Geistes gehalten wird.
[Sa.01_040,31] Am nächsten Tage wird es den Neuvermählten freigestellt, ob sie
da verbleiben oder sich irgendwo anders eine Wohnung aufsuchen und errichten
wollen. – Willigen sie ein, bei der allgemeinen Familie zu verbleiben, so wird
ihnen alsbald ein eigener Ast zur Bewohnung eingeräumt und wird für sie ein
neues Wohnhaus, eine neue Küche und Vorratskammer angefertigt. Wollen sie sich
aber manchmal zufolge des geringen Platzes von der Familie trennen, so werden
sie mit allem möglichen ausgestattet und können dann auch ihre Eltern und noch
sonstige sehr nahe Verwandte mitnehmen.
[Sa.01_040,32] Wie sie's aber dann machen, wenn sie irgendeine andere Wohnung
frei angetroffen haben, ist schon gesagt. –
[Sa.01_040,33] Das ist nun wieder eine Familien-Hausordnung! – Für heute lassen
wir es dabei bewendet sein. Nächstens werden wir noch einige durchgehen und uns
sodann zur geistigen Religionsverfassung wenden.
[Sa.01_041] – Tieflandbewohner besuchen die Berge. Deren Aufnahme bei den
Gebirgsbewohnern. Halbheiden und ihre Bekehrung. Brautwerbung im Tiefland.
[Sa.01_041,01] Es geschieht dann und wann, daß sich eine oder die andere Familie
aus den Tälern und Ebenen, leiblicher Gesundheit halber, auf die Berge begibt.
Ist solches der Fall, so besteht bei den Bewohnern der Höhen die Regel, solche
„Gesundheitssucher“ liebfreundlichst aufzunehmen und ihnen auch alles
darzureichen oder zu verschaffen, was dieselben ihrer Gesundheit für dienlich
erachten.
[Sa.01_041,02] Wollen aber die Gesundheitssucher für beständig auf der Höhe
Wohnung nehmen, so wird sobald vom Ältesten einer Gebirgsfamilie ein Leiter aus
der Gebirgsfamilie berufen, damit er den aus der Tiefe auf den Bergen
Ansiedelnwollenden behilflich sein solle. Und wenn sie ihn fernerhin zu ihrem
Leiter wünschen, so hat er die Verpflichtung, ihrem Wunsche bereitwilligst zu
willfahren.
[Sa.01_041,03] Ist der Leiter schon verehelicht, so trennt er sich von dieser
neu angesiedelten Familie nur so lange, als er Zeit braucht, sein Weib und
allenfalls ein oder mehrere Kinder von seiner früheren Wohnung zu holen,
zugleich aber auch bei solcher Gelegenheit den Segen von seinem Ältesten für
dieses neue Amt zu empfangen. Hat er solches alles in die gehörige Ordnung
gebracht, begibt er sich mit Weib und Kind und noch sonstiger Ausstattung zu der
neu angesiedelten Familie.
[Sa.01_041,04] Da unterrichtet er dieselbe in allen Gesetzen und Gebräuchen der
Gebirgsbewohner und eifert sie an zur Erbauung des Tempels und sodann auch, nach
Zahl und Bedarf, zur Erbauung der Vorratskammern und der lebendigen Wohnhäuser.
Seht, solches ist auch eine Regel, welche die Gebirgsbewohner zu beachten haben!
[Sa.01_041,05] Manches Mal geschieht es aber, daß die Tal- und Ebenenbewohner
bloß der schönen Aussicht halber hohe Gebirge bereisen. Wenn solche
Höhen-Lustwandler an eine oder die andere Gebirgsfamilie treffen, werden sie
zwar von derselben angehalten und liebeernstlich befragt, welche Absicht sie auf
die Höhe geführt habe. Wenn sie dann gewöhnlich in sehr höflicher Weise
kundgeben, daß sie willens seien, diese oder jene höchste Gebirgskuppe der
schönen Aussicht halber zu besteigen, so wird ihnen vom Ältesten kundgegeben, ob
eine oder die andere Gebirgskuppe wohl gefahrlos zu besteigen ist. Ist ein
solcher Gebirgsgipfel unersteigbar, so werden die Lustwandler davon liebreichst
abgehalten und wird ihnen aufs genaueste kundgegeben, welche Gefahren sie zu
bestehen haben würden, so sie von ihrem Vorhaben nicht abständen. Darauf stehen
solche Gebirgsbesteiger auch sobald ab von ihrem Vorhaben und kehren wieder nach
Hause zurück.
[Sa.01_041,06] Ist eine oder die andere Gebirgskuppe aber gefahrlos besteigbar,
so wird solchen Gebirgswanderern ein Führer mitgegeben. Dieser hat eine
dreifache Verpflichtung. Fürs erste muß er eine solche Wandergesellschaft des
besten und sichersten Weges geleiten. Dann muß er sie mit Speise und Trank
versehen, welches gewöhnlich unsere bekannten „Hausknechte“ nachschleppen. Und
fürs dritte muß er ihnen über alles Aufschluß geben, sie aber auch zugleich bei
allem und jedem auf den Großen Geist hinlenken.
[Sa.01_041,07] Für alle diese seine Mühe aber darf er ja nichts verlangen, außer
nur das, daß eine solche Gesellschaft ihm die teuerste Versicherung geben muß,
nachdem sie sich so wohl erquickt hatte an den Herrlichkeiten des Großen
Geistes, demselben allzeit in allem anzuhängen und ohne dessen ausdrücklichen
Willen nie etwas zu unternehmen.
[Sa.01_041,08] Ist solche Versicherung geschehen, dann erinnert sie der Führer,
daß sie für alles das dem Großen Geiste danken, Ihn aber auch zugleich bitten
sollen, daß Er sie alle wohlbehalten wieder möchte ihre Heimat erreichen lassen.
Ist auch dieses geschehen, wird der Rückweg angetreten.
[Sa.01_041,09] Die Gesellschaft wird von dem Führer wieder zu seiner Wohnung
geleitet, wo ihnen Speise und Trank gereicht wird. Haben sie sich auf diese Art
gestärkt, werden sie liebesanft zur Dankbarkeit an den großen, heiligen Geber
erinnert, von dem Ältesten begrüßt und gesegnet und können nach dem ihren
Rückweg in die Tiefe antreten.
[Sa.01_041,10] Hier und da in so manchen Winkeln der Berge wohnen die euch schon
bekannten Spitzfußfleisch-Ärzte. Vor diesen werden die Ebenenbewohner von den
eigentlichen Gebirgsbewohnern bei solchen Gelegenheiten gewarnt. Es wird ihnen
angezeigt, daß diese Menschen nichts anders denn als unbefugte Ausreißer aus der
Tiefe sich aus eitler Gewinnsucht auf solche Bergwinkel gesiedelt haben, damit
sie dann die Bewohner der Tiefe mit allerlei unnützem und unwirksamen Zeuge zu
hintergehen vermöchten. Auf diese Weise warnen sie solche leichtgläubige
Talbewohner und sagen ihnen:
[Sa.01_041,11] „Der Große Geist hat für die Erhaltung unserer Leibesgesundheit
tausenderlei wohlheilsame Kräuter und Früchte in den Boden der Erde gelegt,
damit sie da wachsen sollen zu unserer Stärkung, und hat erschaffen ein reines
Wasser in der ganzen Welt und hat gesetzt riesengroße Bäume auf den Boden der
Erde, damit sie an sich ziehen sollen alle verderblichen Dünste und sie
umgestalten in eine wohlduftende, allerreinste Luft. So hat der Herr, der
überaus wohltätig ist in aller seiner unendlichen Macht, am Firmament eine
herrliche Sonne gestellt, deren Strahlen die heilsamste Kraft in der Sternlilie
erwecken – die so heilsam ist, daß ihre Kraft so weit reicht wie der Strahl der
Sonne. Und so hat der große Meister das Firmament geteilt mit jenem lichten,
weißen Band, welches uns, wenn die Sonne untergegangen ist, die Nacht so
lieblich erhellt, daß sie uns fast so angenehm ist wie der Tag und wir von den
kräftigen Strahlen dieses Bandes auch zur Nachtzeit gestärkt werden. Ebenso hat
der große Werkmeister neben diesem Band auch gesetzt sieben große Leuchten,
davon stets mehrere uns zur Nachtzeit, ja selbst zur vollen Schattenzeit,
abwechselnd ergötzen.
[Sa.01_041,12] Ja, also hat der Große Geist überaus wohltätig und gnädigst
gesorgt für uns alle. Und wir hier auf den Bergen haben allzeit erfahren, daß es
so ist, indem wir nie von einer Krankheit heimgesucht werden. – So aber jemand
stirbt, dann stirbt er niemals an einer oder der andern Krankheit, sondern
allzeit nur zufolge seines vollkommen reif gewordenen Geistes, der ewig
nimmerdar stirbt, sondern lebt fort und fort. Von diesem Fortleben sind wir
Zeugen. Und zu jeder Stunde können wir vor eurem Angesichte es erweisen, daß es
also ist, wie ich es euch kundgebe.
[Sa.01_041,13] Darum ist es aber auch eine große Torheit, sich ein Mittel für
ewiges Leben verschaffen zu wollen von einem Menschen, dessen Augen voll Truges
sind, da er selbst ferne ist vom Leben des ewigen Geistes – die Mittel aber, die
uns der Große Geist allenthalben so reichlich darbietet, als unzulänglich zu
betrachten und sie daher auch nicht nach seinem Willen zu gebrauchen.
[Sa.01_041,14] Ich sage euch aber, liebe Brüder aus der Tiefe, suchet fürder
nicht mehr bei den Quacksalbern das Heil, sondern suchet dasselbe allezeit
ernstlich in dem Willen des Großen Geistes, so werdet ihr gesund verbleiben bis
zur Vollreife des Geistes!
[Sa.01_041,15] Wenn aber dieser vollreif wird, d.h. vollkommen ein Herr des
Lebens aus dem Willen des Großen Geistes, dann werdet ihr nimmerdar einen Tod
schmecken, sondern ihr werdet mit dem klarsten und vollsten Bewußtsein frei aus
eurem Fleische und Blute treten können ohne Schmerzen und werdet unter großer
Dankbarkeit gegen den Großen Geist dieses schwere Gewand von Fleisch, Blut und
Knochen ablegen.“
[Sa.01_041,16] Nach dieser Belehrung werden solche Mittelsucher auch wieder
gesegnet entlassen und kehren dann mit der viel besseren Lebensarznei in ihre
Heimat.
[Sa.01_041,17] In manchen Orten der Ebenen und Täler, besonders an den Seen und
Flüssen, gibt es auch eine Art Heiden, die den weißen Ring am Firmament für die
Gottheit halten; einige aber für den Weg des Großen Geistes, auf welchem dieser
umhergehe und über denselben hinab zur Welt schaue, was da die Menschen machen.
Solche Halbheiden ziehen auch öfter auf die Berge, in der Meinung, daß sie
dadurch diesem weißen Ring ganz nahe oder vielleicht gar wohl bis zum Ringe
selbst kommen würden.
[Sa.01_041,18] Gegen solche Wanderer haben die Gebirgsbewohner auch die
Liebespflicht, sie auf den rechten Weg zu führen und ihnen zu zeigen, was der
Ring und was die Monde sind und welche Bestimmung alles dieses hat. Dies
bewirken sie dadurch, daß sie durch ihren festen Willen solche Verirrte in eine
Art hellsehenden Zustand versetzen, in welchem sie den Ring und die Monde, wie
ihr zu sagen pflegt, von A bis Z zu beschauen vermögen.
[Sa.01_041,19] Haben sie (die Heiden) solches erlebt, dann erkennen sie zumeist
an sich selbst, wie irrig sie daran waren. Sodann aber werden sie erst
liebevoll, dabei aber auch weise-ernstlich in der wahren Erkenntnis des Großen
Geistes und dessen Willens unterrichtet und wird ihnen freigestellt, ob sie ihr
ferneres Leben auf der Höhe oder in den Tälern und Ebenen wie zuvor zubringen
wollen.
[Sa.01_041,20] Entschließen sie sich für die Berge, so wird alsbald für sie um
eine Wohnung gesorgt. – Haben sie aber Vorliebe für die Tiefen, dann werden sie
gesegnet, mit Speise und Trank versehen und im Namen des Großen Geistes
entlassen.
[Sa.01_041,21] Jedoch solange jemand seinen Irrtum nicht fahren läßt, darf er
sich durchaus keine Hoffnung machen, daß er aus den kräftigen Händen der
Gebirgsbewohner kommt. Wenn da mancher widerspenstigen Geistes ist und
eigenmächtig entweichen oder gar jemandem ein Leid zufügen will, dann ist auch
alsbald ein anfangs drohender – hilft das nicht, dann aber auch ein wirklich
strafender Engelsgeist bei der Hand, der einem solchen Widerspenstigen mit den
einfachsten Mitteln begreiflich macht, wie wenig er mit seinem Trotze ausrichten
wird. – Nach einer solchen Belehrung bessert sich ein solcher Widerspenstiger
fast allezeit. Beharrt er aber in seinem Eigensinn, so geschieht es, daß er von
einem solchen Strafengel entweder mit großen Leibesschmerzen, bei einem
außerordentlichen Falle aber auch mit der körperlichen Vernichtung bestraft
wird. Diese Strafe bewirkt, daß er gar lange als ein Wächter der Nacht und aller
Kälte wird verbleiben müssen.
[Sa.01_041,22] Das Folgende nun ist eine der wichtigsten Hausregeln für die
Gebirgsbewohner: Wenn es bei einer Familie mehr männliche als weibliche Personen
gibt – so steht es der männlichen Überzahl frei, bei einem oder dem andern
Nachbarn ein Weib zu suchen. Findet er da keines, so kann er darum in die Tiefe
gehen. Findet er auch da nichts, so kann er sich auf weitere Reisen begeben. Und
so geschieht es manchmal, daß ein Bräutigam auf einem zweiten, dritten oder
vierten Kontinentlande ein Weib sucht.
[Sa.01_041,23] Hat er dort das Weib bekommen, was gewöhnlich allzeit ohne
Widerrede geschieht, sobald irgendwo die Frauen die Männerzahl überragt – so
steht es ihm frei, dort zu verbleiben, wo er das Weib genommen hat, was meist zu
geschehen pflegt. Oder er kann auch mit dem Weibe in seine Heimat zurückziehen,
jedoch mit der Verpflichtung, alle drei Jahre das Stammhaus seines Weibes zu
besuchen, und das so lange fort, wie ihre Eltern leben. Sterben aber diese
einmal, so hört diese Verpflichtung auf.
[Sa.01_041,24] Ist aber bei einer Familie die Weiberzahl größer als die
männliche, dann wird solches durch einen, zwei oder drei Boten mehreren
nachbarlichen Familien angezeigt; bei welcher Gelegenheit dann gewöhnlich ein
oder mehrere Brautwerber zusammenkommen.
[Sa.01_041,25] Der Älteste beruft dann den Geist (des Lichtes), daß er ihm den
Willen des Großen Geistes anzeigen möchte, welcher da der Würdigste unter ihnen
ist. Solches geschieht auch augenblicklich. Und der Bezeichnete führt dann nach
der euch schon bekannten Verehelichung die Braut nach Hause.
[Sa.01_041,26] Sind mehrere heiratsfähige Frauen bei einer Familie überzählig
vorhanden und kommt nur ein Brautwerber, so wird vom Ältesten der Geist gerufen,
um diejenige anzuzeigen, welche des Mannes am würdigsten ist. Darauf erfolgt
wieder die schon bekannte Verehelichung, und der Bräutigam führt seine ihm
angetraute Braut nach Hause.
[Sa.01_041,27] Sind aber eine gleiche Anzahl heiratbarer Weiber wie Brautwerber
vorhanden, dann steht jedem Werber das Wahlrecht zu. Wenn er gewählt hat und
auch die andern desgleichen getan haben, muß solches sogleich dem Ältesten
angezeigt werden. Dieser beratet sich dann mit dem gerufenen Geiste darüber, ob
die Wahlen gerecht sind vor dem Großen Geiste und Ihm wohlgefällig. Wird dies
bestätigt, so wird alsbald die Verehelichung ohne Anstand vorgenommen. – Wird
aber vom Geiste solche Wahl nicht gebilligt, dann wird vom Ältesten der Geist im
Namen des Großen Geistes gebeten, die rechte Wahl anzuzeigen, welches auch
augenblicklich geschieht und in welche neue Wahl auch die Brautleute mit großer
Dankbarkeit ihrer Herzen einwilligen. Die Folge davon ist die sogleich
stattfindende Verehelichung, auf welche dann jeder Bräutigam seine Braut nach
Hause führen kann – es versteht sich von selbst, nach allen bei der
Verehelichung üblichen Freundschaftssitten und Gebräuchen, die euch schon
bekanntgegeben worden sind.
[Sa.01_041,28] Neben diesen Hausregeln gibt es zwar noch einige unbedeutende
hauswirtschaftliche, welche wir aber übergehen wollen, da sie für euch von
keinem nützlichen und denkwürdigen Belange sind. Und so wollen wir uns fürs
nächste Mal zur Religion wenden.
[Sa.01_042] – Die innerlich-geistige Religion der Saturnmenschen. Bedeutung der
Siebenzahl. Sonntagsfeier. Neugeborenenweihe. Tempelmahl. Ältestenpredigt,
unterstützt durch geistige Schauung. Weisheit der Saturnmenschen.
[Sa.01_042,01] Was die Religion betrifft, so hat diese sehr wenig äußeres
Zeremoniengepräge, aber desto mehr ist sie innerlich und geistig.
[Sa.01_042,02] Das Zeremonielle besteht, wie ihr schon wißt, in einem
wohlgeordneten, lebendigen Tempel, in welchem in allen wichtigen Angelegenheiten
dem Großen Geiste Dank und Bitte dargebracht wird.
[Sa.01_042,03] Im übrigen gelten auch bei den Saturnbewohnern die Zahlen sieben,
einundzwanzig, und so fort nahezu alle Zahlen, welche mit sieben ohne Rest
teilbar sind, für geheiligte Zahlen. Und so wird auch dort ein Zeitraum von
sieben Tagen mit eben dem siebenten Tage, der darum auch bei ihnen ein Feiertag
ist, beschlossen.
[Sa.01_042,04] Die Haltung dieses Feiertages bildet den zweiten zeremoniellen
Teil, da findet auch alle religiöse Zeremonie des Feiertags statt.
[Sa.01_042,05] Die Zeremonie der ersten Art ist euch ohnehin schon bekannt. Die
Zeremonie des Feiertags aber besteht darin, daß fast sämtliche Familienglieder
frühmorgens schon vor dem Aufgang der Sonne in den Tempel ziehen, voraus die
Männer und nach ihnen die Weiber. In dem Tempel stellen sich die Männer auf die
rechte und die Weiber auf die linke Seite desselben. Allda wird dem Großen
Geiste unter Vorbetung des Ältesten bis zum Aufgang der Sonne ein Lob
dargebracht und wird Ihm gedankt für alle empfangenen Wohltaten. Dieses
geschieht allzeit mit der größten Rührung der Herzen.
[Sa.01_042,06] Wenn die Sonne aufgeht, begibt sich alles aus dem Tempel und
erfreut sich da durch den Anblick des werdenden Tages und der weitgedehnten,
überaus schönen Gegenden dieses Weltkörpers. Wenn dann die Sonne schon ziemlich
hoch über dem Horizont steht, wird wieder in den Tempel gegangen und dem Großen
Geiste gedankt für die Wiedergabe des Tages.
[Sa.01_042,07] Und so jemand ein neugeborenes Kind hat, muß er es an die Grenze
des Heiligtums bringen. Da legt der Älteste dem Kinde die Hände auf und spricht
über dasselbe folgende Worte:
[Sa.01_042,08] „Also wie du, ein schwacher und in allen deinen Kräften
gebundener Gast, in diese Welt kamst nach dem Willen des Großen Geistes, der da
ist heilig, überheilig, mächtig über alle Macht, kräftig über alle Kraft und
überaus treu und standhaft in jeglichem seiner Worte und in aller seiner
Verheißung und ist der alleinige, vollkommene, allerhöchste Herr über alle
Dinge, die da erfüllen diese Erde und das ganze unendliche Firmament, darum da
sein Wille ist wie Er selbst heilig und überheilig – also sollst du auch leben
auf dieser Welt bis an dein Ende vollkommen dem Willen dessen gemäß, durch den
du in diese Welt gekommen bist, um dann als ein Mann (oder bei einem Mädchen:
als ein treues Weib) in aller wahrhaften Würde und Erhabenheit der vollkommenen
Tugend aus ihr zu treten!
[Sa.01_042,09] Darum segne ich dich hier im Heiligtum im Namen des Großen
Geistes, der dich, deine Eltern und mich erschaffen und gesegnet hat. Wachse auf
in diesem Segen und vermehre ihn in dir durch die genaueste Befolgung des
allerheiligsten und des allerhöchsten Willens! Solches geschehe allzeit, jetzt
und ewig!
[Sa.01_042,10] Wie du aber klein bist jetzt, also bleibe fortwährend klein vor
dem Großen Geiste, vor uns, deinen Vätern und Brüdern, und vor dir selbst! Auch
solches geschehe allzeit in diesem und in jenem Leben! Amen.“
[Sa.01_042,11] Nach diesen Worten haucht der Älteste das Kind an und läßt es von
seinen Eltern segnen und dann nach Hause tragen. – Solche Eltern sind an einem
solchen Feiertage nicht mehr verpflichtet, in den Tempel zurückzukehren, sondern
können daheim ihr nun gesegnetes Kind pflegen. Wollen sie aber dessenungeachtet
im Tempel verbleiben, so können sie es auch tun.
[Sa.01_042,12] Ist aber kein neugeborenes Kind da, so wird statt dieser
Kindersegnung sogleich zum Morgenmahle im Tempel geschritten, welches die
Saturnbewohner, wie das Mittag- und Abendmahl, gleich in der Frühe, wenn sie
sich in den Tempel begeben, in gerechtem Maße reichlich mitnehmen. Es versteht
sich von selbst, daß da allzeit vor und nach dem Essen dem Großen Geiste ein
Dank dargebracht wird.
[Sa.01_042,13] Nach dem Morgenmahle besteigt dann der Älteste den euch schon
bekannten Predigeraltar und hält da eine Anrede an das mäßig große
Familienvölklein, welches auf den Bergen höchst selten die Zahl hundert
übersteigt – in den Tiefen gibt es manchmal auch Tausende.
[Sa.01_042,14] Was trägt denn da nun der Redner seinen Zuhörern vor? – Seht, da
ist er nie verlegen, sondern sein ihm bei solchen, wie auch andern Gelegenheiten
allzeit beistehender Geist legt es ihm in den Mund, was er zu reden hat.
[Sa.01_042,15] Gewöhnlich erstrecken sich solche Vorträge auf die wunderbaren
Führungen des Großen Geistes, wie dieser das menschliche Geschlecht von seinem
Urbeginne an auf diesen Weltkörper gesetzt und bis auf den gegenwärtigen
Zeitpunkt nach Seinem weisesten heiligen Willen geführt hat. Bei dieser
Gelegenheit erzählt der Älteste oft eine oder die andere Geschichte aus der
Vorzeit. Manches Mal erklärt er ihnen die Beschaffenheit ihrer Welt; manches Mal
wieder die des Ringes oder der Monde. Ein anderes Mal nimmt er bald dieses oder
ein anderes Gestirn und zeigt den Zuhörern die Führungen des allmächtigen Großen
Geistes dort, bei welcher Gelegenheit er auch dann und wann diese Erde erwähnt.
[Sa.01_042,16] Wenn aber die Rede von dieser Erde ist, dann fallen
augenblicklich alle Zuhörer auf ihre Angesichter nieder. Aber nicht etwa aus
Ehrfurcht vor diesem Planeten, sondern darum, weil sie etwas von der unendlichen
Liebe des Großen Geistes hören. Denn die Liebe des Großen Geistes, und daß Er
von den Bewohnern dieser Erde Vater benannt und gerufen wird, ist für die
Saturnbewohner etwas so unnennbar Heiliges, daß sie darob allzeit in einen
Fieberschauer verfallen; besonders wenn sie der Älteste noch dazu der
Undankbarkeit der Bewohner dieses Planeten erinnert.
[Sa.01_042,17] Bei einer andern Gelegenheit gibt er ihnen wieder Aufschlüsse
über die geistige Welt und über das Leben in den Himmeln.
[Sa.01_042,18] Nach jeder solchen Predigt, besonders wenn der Älteste von der
Beschaffenheit ihrer Welt, des Ringes, der Monde und anderer Planetengestirne
spricht, versetzt er seine Zuhörer – mitunter bald mehrere, bald wenigere – in
die innere Anschauung, wodurch sie dann alles dieses so anschauen können, als
wären sie überall leibhaftig gegenwärtig.
[Sa.01_042,19] Daher kommt es, daß die Saturnbewohner, namentlich die Bewohner
der Gebirge, überaus weise und mit vielen Kenntnissen bereicherte Menschen sind.
Ja es dürfte wohl einem größten eurer Gelehrten sehr übel zu Mute werden, wenn
er sich mit einem allergeringsten Saturnmenschen wollte in einen
wissenschaftlichen Kampf einlassen.
[Sa.01_042,20] Denn fürs erste kennen sie nicht nur ihren Weltkörper, soweit es
ihnen notwendig und nützlich ist, nahezu mikroskopisch genau, sondern ihnen sind
auch fremde Weltkörper bekannter als euch die Inseln des Meeres auf eurer Erde.
– Fürs zweite sind die Saturnbewohner sind nicht nur in der Geschichte ihrer
Welt, sondern auch in der Geschichte mehrerer anderer Welten gar wohl bewandert.
[Sa.01_042,21] Ebenso ist ihnen keine Sprache fremd, weshalb sie auch die
Geister, sie mögen kommen von welchem Weltkörper sie wollen, augenblicklich
verstehen (obgleich jeder Geist mehr oder weniger die Spracheigentümlichkeiten
derjenigen Welt mit hinübernimmt, auf welcher er im Leibe gewandelt ist). – Es
ist dies ein Sprachverständnis, das z.B. bei den Geistern eurer Erde so lange
nicht vorhanden ist, bis sie völlig im Geiste wiedergeboren und für den Himmel
geeignet sind.
[Sa.01_042,22] Es geschieht öfter, daß Geister dieser Erde mit den Geistern des
Saturn nach dem Tode zusammenkommen, besonders wenn sie danach ein Verlangen
haben. Dann verstehen die Saturngeister die Geister dieser Erde augenblicklich.
Umgekehrt aber ist solches gar selten, bei unreiferen Geistern schon gar nie der
Fall. Auch sehen die Geister dieser Erde die Geister des Saturn nicht eher, als
bis diese sich ihnen zeigen wollen. Der Grund dieser Überlegenheit liegt
ebenfalls in der großen und wahren inneren Weisheit der Saturngeister.
[Sa.01_042,23] Das sind somit die Früchte der Vorträge und Belehrungen unseres
Predigers im Tempel nach dem Morgenmahle.
[Sa.01_043] – Geistvolle Naturbetrachtung. Verkehr mit Engeln und dem Herrn
selbst.
[Sa.01_043,01] Was geschieht denn nach einer solchen Predigt?
[Sa.01_043,02] Das Volk dankt dem Großen Geiste für die Erleuchtung ihres
Ältesten. Der Älteste dankt mit und segnet alle die Zuhörer nach dem
dargebrachten Dankgebete. Sodann gehen alle wieder aus dem Tempel und machen auf
schöne, anmutige Anhöhen gemeinschaftliche Lustwandlungen. Hier unterhalten sie
sich dann teils mit dem, was sie in der neuen Predigt vernommen haben, teils
aber auch mit allerlei Betrachtungen über einen oder den anderen
Naturgegenstand, der ihnen auffällt und es beseelt da alle eine große
Freundlichkeit und gegenseitig ermunternde wirkliche Teilnahme in allem, was
einer oder der andere findet und zum bewundernden Lobe des Großen Geistes
darüber bald dieses, bald jenes sagt.
[Sa.01_043,03] So macht z.B. einer den andern auf den Bau einer Blume
aufmerksam, einer wieder auf die Bewegung eines Wölkchens, der dritte wieder auf
ein oder das andere Tierchen oder auf den Flug eines Vogels. Wieder ein anderer
vernimmt zuerst irgendeinen singenden Vogel und macht seine Nachbarn darauf
aufmerksam, oder mancher entdeckt irgendwo den Schimmer eines ferne gelegenen
Sees oder Flusses. Und so gibt es zahllose Gegenstände, bei welchen die
Saturnbewohner bei solcher Gelegenheit mit ihrer Aufmerksamkeit verweilen und
dabei nahe also ausrufen, wie einst der Mann nach Meinem Herzen, so er Meine
Werke betrachtete.
[Sa.01_043,04] Ja, hier sage Ich auch euch: Wer Meine Werke mit solchen Augen
betrachtet und derselben achtet, der hat sicher allzeit eine große Lust daran.
Wer sie aber nur mit kritischen und gelehrten Augen betrachtet, der täte besser,
wenn er liegen bliebe auf seinem Lotterbette, als daß er mit ungeweihten,
entheiligenden Augen hinausstäche in Meine Werke, so wie eine Gallfliege in eine
euch bekannte Frucht der Eiche sticht, um da ihre verderbliche Brut
hineinzulegen. Diese Frucht, wenn sie zu ihrer schlechten Reife gekommen ist,
ist zu nichts anderem tauglich als zur Bereitung eines schwarzen Saftes, der zum
Schwärzen jeder weißen und lichten Fläche, aber nimmer zu irgendeiner Reinigung
dessen verwendet werden kann, was schmutzig oder gar schwarz geworden ist.
[Sa.01_043,05] Doch lassen wir dergleichen und gehen wieder zu unseren
lustwandelnden Saturnbewohnern über! – Wie lange dauert denn diese Lustwandlung?
– Bis zur Mitte des Tages. Dann begibt sich alles wieder in die Vorhöfe des
Tempels. Allda wird dem Großen Geiste wieder ein Dank dargebracht und nach
diesem in den Vorhöfen das Mittagmahl eingenommen.
[Sa.01_043,06] Ist solches vorüber, wird wieder gedankt und daselbst geblieben.
Einige lustwandeln in den schönen Gängen um den Tempel und ergötzen sich an der
mannigfaltigen Pracht der herrlichen Blumen, welche in schönen Beeten
reichlichst in diesen weiten Vorhöfen und Gängen des Tempels angepflanzt sind.
Die Weiber liebkosen ihre Männer und Kinder und erzählen ihnen mit den
lieblichsten Stimmen, was sie alles von der Predigt des Ältesten wie auch bei
der Lustwandlung Gutes und Wahres, Schönes und Erhabenes vernommen haben.
[Sa.01_043,07] Manches Mal gesellen sich bei solcher Gelegenheit sogar Geister
und Engel zu ihnen und besprechen sich mit jedermann über verschiedenes, was den
Herrn betrifft.
[Sa.01_043,08] Ja manches Mal erscheint ihnen bei solchen Gelegenheiten sogar
der Herr selbst, zumeist in der Gestalt eines Engels. Solange Er unter ihnen ist
und sich bald mit einem, bald mit dem andern bespricht, weiß nicht einmal der
Älteste, daß es der Herr ist. Erst wenn Er eine solche Gesellschaft wieder der
Sichtbarkeit nach verlassen will, gibt Er sich zu erkennen. Alsdann aber
verschwindet Er auch augenblicklich. Denn die Saturnbewohner würden einen
längeren, erkannten Aufenthalt des Herrn nicht ertragen, da ihre Achtung vor Ihm
so übergroß ist, daß nicht einer wagte, seinen Namen aufrechtstehend
auszusprechen – wodurch das Gebot (das ihnen zwar nicht buchstäblich gegeben
ist): „Du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen!“ auf das
allerpünktlichste, genaueste und heiligste beachtet wird.
[Sa.01_043,09] Wie lange dauert denn eine solche Vorhof-Aussprache? – Bis zum
Sonnenuntergang. – Darauf begibt sich alles wieder in den Tempel, lobpreiset und
lobsinget da dem Großen Geiste.
[Sa.01_043,10] Nun besteigt der Älteste wieder den Predigeraltar, macht sie
aufmerksam auf alle die großen Wohltaten dieses Tages, segnet sie – und die
Zeremonie des Feiertages ist zu Ende. Danach begibt sich alles wieder dankbar
und fröhlich nach Hause.
[Sa.01_043,11] Ist vom Mittagsmahl etwas übriggeblieben, wird es noch im Tempel
gehörig brüderlich verteilt und dankbar verzehrt. Ist aber nichts übriggeblieben,
dann wird auch wohl daheim das Abendmahl eingenommen. Darauf wird dem Herrn noch
ein allgemeiner Dank dargebracht, und der Feiertag ist vorüber – mit ihm auch
alle Zeremonie, welche wirklich in nichts anderem besteht als in dem, was ihr
soeben vernommen habt.
[Sa.01_043,12] Und somit sind auch wir für heute fertig. – Nächstens den
geistigen Teil!
[Sa.01_044] – Geistiger Teil der Saturnreligion. Geistige Wiedergeburt durch
Lehre und Übung.
[Sa.01_044,01] Nachdem wir den zeremoniellen Teil der Religion unserer
Saturnmenschen kennengelernt haben, wollen wir, wie schon bestimmt, uns nun zu
dem geistigen Teile der Religion wenden.
[Sa.01_044,02] Wenn ihr das Zeremonielle hinreichend betrachtet habt, müßt ihr
euch gewiß schon gesagt haben: Diese Zeremonie, bei welcher die Engelsgeister
der Himmel, ja nicht selten der Herr selbst sich sichtbar darstellen und mit den
Menschen unterreden, ist ohnehin schon so geistig wie nur immer möglich. Wo soll
da noch etwas Geistigeres stecken?
[Sa.01_044,03] Ich aber sage: Lasset es nur gut sein! Die Folge wird euch
lehren, wie sich in dem Geistigen immer etwas noch Geistigeres aufhalten kann.
[Sa.01_044,04] Damit ihr solches aber im voraus nur einigermaßen als möglich
begreifen könnt, will Ich euch durch ein naturmäßiges Beispiel zeigen, wie
solches gar wohl möglich ist.
[Sa.01_044,05] Nehmet z.B. ein Gefäß voll recht guten Weines! – Wer von euch
wird da nicht alsbald begreifen und ganz tüchtig verspüren, daß dieser Wein
sehr, ja ganz außerordentlich geistig ist!? - Hat aber darum der Wein nichts
mehr in sich, das noch urgeistiger wäre als eben der Wein selbst? – Ihr dürftet
darob nur den nächstbesten Apotheker fragen, der wird es euch sagen: Aus diesem
Wein läßt sich im Wege der Destillation der herrlichste Weinäther gewinnen, und
dieser Äther selbst läßt sich noch einigemal rektifizieren, so daß der Geist am
Ende also flüchtig wird, daß ein Tropfen, wenn er vom Äthergefäß ausgeschüttet
wird, sich bei einem nur eine halbe Klafter hohen Fall schon völlig
verflüchtigt, ehe er den Boden erreicht. Nun, merket ihr nicht, ein wie vielfach
geistigeres Geistiges da enthalten ist in dem ohnehin schon überaus geistigen
Weine?
[Sa.01_044,06] Seht, wenn solches schon sich kündet in der sichtbaren Natur, um
wieviel mehr wird es sich dann erst offenbaren in allem dem, was ganz
eigentümlich des Geistes selbst ist.
[Sa.01_044,07] Ebenso verhält es sich ja auch z.B. mit dem Licht. – Ihr seht die
Erde erleuchtet durch die Strahlen der Sonne. Seht ihr in diesen Strahlen auch
die belebende Kraft und die zahllosen Formen alle, welche samt und sämtlich
zahllos im Lichte vorhanden sind? Nein, ihr merket nicht einmal die einfach
wirkende Kraft des Strahles. Und gar viele wissen es nicht anders denn also, wie
sie es täglich erfahren, daß nämlich der Strahl keiner höheren Erwärmungswirkung
fähig ist als derjenigen nur, die er tagtäglich äußert.
[Sa.01_044,08] Was würde aber ein solcher Betrachter sagen, so er die Wirkung
der Strahlen schauen würde, wenn sie durch einen großen Brennspiegel auf einen
Punkt konzentriert werden und sodann eine solche Kraft äußern, die sogar
imstande ist, einen allerhärtesten Diamanten plötzlich aufzulösen?! – Ja, ein
solcher Laie in der höheren Wirkung der Lichtstrahlen wird da die Hände über dem
Kopf zusammenschlagen und sagen: Wer hätte sich so etwas wohl je träumen lassen,
daß hinter den uns täglich sanft erwärmenden Sonnenstrahlen eine solch
unbegreiflich heftige Kraft verborgen sein könnte!?
[Sa.01_044,09] Also geht es auch hier bei dem euch schon bekannten zeremoniellen
Religionskultus unserer Saturnbewohner! – Wenn auch der zeremonielle Teil schon
an und für sich ganz und gar geistig aussieht, so gibt es dennoch in der
Religion der Saturnmenschen einen ganz außerordentlich starken „Äther“ und in
der Vereinigung seiner lieblichen Lichtstrahlen eine für euch kaum begreiflich
starke innere Wirkung. Und somit können wir die Frage aufstellen und sagen:
Worin besteht denn sonach in diesem Geistigen das eigentliche Geistige?
[Sa.01_044,10] Das eigentliche Geistige in diesem euch schon bekannten Geistigen
liegt in der lebendigen inneren Erkenntnis des Großen Geistes sowie aller der
Stufen und ordnungsmäßigen Beziehungen und Verhältnisse, welche den freien
Menschen mit den Himmeln und dem Großen Geiste selbst und also auch umgekehrt
allerengst und innigst verbinden.
[Sa.01_044,11] Wie erkennen demnach diese Menschen den Großen Geist? – Die
Menschen werden zuerst durch äußere Belehrung, durch Worte des Lehrers über Ihn
(d.h. über das Wesen Gottes) unterrichtet. – Dann werden sie hingeleitet zur
Erkenntnis des Willens des Großen Geistes und sodann zur Ausübung des erkannten
Willens.
[Sa.01_044,12] Sehet diese Belehrung ist noch alles der äußerliche
Religionskultus, welcher da ist der Weg ins innere, geistige, wahre Leben. Es
ist an und für sich schon ein „geistiger Wein“ und das „nicht-konzentrierte
Licht der Sonne“.
[Sa.01_044,13] Die tätige Ausübung des erkannten Willens des Großen Geistes aber
gleicht danach der „Destillation“ und „Rektifikation“ eines Apothekers und
gleicht noch ferner dem „Konzentrieren“ der Sonnenstrahlen mittels eines großen
Brennglases. Oder mit andern Worten gesagt: Es ist die eigentliche, selbständig
tätige Freiwerdung des eigentlichen urgeistigen Wesens von der umgebenden
Materie.
[Sa.01_044,14] Durchschaut ihr jetzt schon ein wenig, worin der eigentliche
geistige Religionskultus unserer Saturnbewohner besteht? – Ich werde euch nur
ein Wort sagen, und dieses Wort wird euch auf einmal die Kammer des Lichtes
eröffnen. – Dieses einzige Wort heißt: Die Wiedergeburt des Geistes!
[Sa.01_044,15] Sehet, diese muß bei den Saturnmenschen ebensogut erfolgen wie
bei euch. Ohne diese vermag ein Saturnbewohner sowenig wie ihr zu begreifen, was
da ist des Geistes und aller der Verhältnisse und Beziehungen zwischen ihm, den
Himmeln und dem Großen Geiste.
[Sa.01_044,16] Es genügt für die Wiedergeburt des Geistes durchaus nicht, so da
jemand allein das Vermögen hätte, Geister zu schauen, so, wie es bei euch auf
Erden nicht selten der Fall ist, daß so manche Menschen dergleichen sie allzeit
ängstigende und erschreckende Erscheinungen erschauen, davon aber dennoch nichts
mehr begreifen und erfassen als ein Stockblinder von den Farben des Regenbogens.
Sondern zur vollen oder wahren Wiedergeburt gehört nicht so sehr diese
Hellsichtigkeit, als vielmehr die Bestimmtheit in jeder Handlung, d. h. daß sie
so gestaltet ist, wie sie von Uranbeginn begründet wurde in aller göttlichen
Ordnung und Weisheit.
[Sa.01_044,17] Wie und wann kann aber solches stattfinden? – Solches kann nur
also und dann stattfinden, wenn der Geist durch die genaue Befolgung der
vorgeschriebenen Wege Gottes sich zuerst aus der Materie rektifiziert, dann in
einem Brennpunkt sich selbst wiedergefunden und endlich als ein solches nun in
sich selbst bestehendes vollkommenes Ganzes oder als eine vollkommene Einheit
hinausgetreten ist aus aller Sinnlichkeit der Materie und da seine neuen
geistigen Sinne ganz entschieden und vollkommen geöffnet hat für die Eindrücke
und Verhältnisse derjenigen Welt, von welcher er selbst ein ureigentümlicher
Bewohner ist.
[Sa.01_044,18] Hat der Mensch diese Stufe erreicht, dann beginnt in seinem
ganzen Wesen eine andere Tätigkeit zu wirken. Sein Schauen wird ein anderes;
sein Hören ein anderes, sein Fühlen, sein Empfinden ein anderes. Alle seine
Gedanken werden zu Formen, die er schaut, und sein Wille wird zur vollbrachten
Tat. Seine Worte werden bestimmt und einen sich mit dem Gedanken und mit dem
Willen. Der Raum hat mit ihm nichts mehr zu schaffen, und der Zeitenlauf hat ihm
die letzte Minute gezeigt. Denn im freien geistigen Sein hört, sieht, fühlt,
empfindet, denkt, will, handelt und spricht er über Zeit und Raum hinaus, d. h.
für ihn gibt es nur eine Gegenwart, in welcher sich eine ewige Vergangenheit und
eine ewige Zukunft freundlichst die Hände bieten. Und seinem Auge ist ein der
Sinnlichkeit nach endlos fernes Dinge so nahe, wie sein eigener Gedanke.
[Sa.01_044,19] Seht, nach diesem geistigen Zustand trachtet ein jeder
Saturnbewohner aus allen seinen Kräften; erreicht aber denselben nicht eher, als
bis er in sich alle Bedingungen des Lebens vollkommen erfüllt hat.
[Sa.01_044,20] Zu der vollkommenen Erfüllung aber ist nicht nur die
Notzüchtigung der eigenen Natur genügend, sondern alle diese ihm bekannten
Bedingungen des Lebens müssen ihm zu einer ganz persönlichen Fertigkeit werden.
[Sa.01_044,21] Erst wenn er in allem dem ein vollkommener Meister geworden ist,
wird er in sich selbst frei, und alle seine Lebenskraft wird vereint ausgeboren
aus aller seiner Sinnlichkeit. Wenn eine solche Ausgeburt geschehen ist, dann
ist auch bei ihm das eingetreten, was euch schon bekannt ist unter dem Ausdruck
der „Wiedergeburt des Geistes“.
[Sa.01_044,22] Demnach ist die treulich fortgesetzte Übung in allen den
Bedingungen des Lebens eben das, was den geistigen Teil der Religion bei unseren
Saturnbewohnern betrifft.
[Sa.01_045] – Näheres über den Weg zur Wiedergeburt und Einswerdung mit Gott.
[Sa.01_045,01] Versteht ihr jetzt schon ein wenig besser, was der geistige
Religionskult bei den Saturnbewohnern ist und wie gar wohl er sich unterscheidet
von dem zeremoniellen?
[Sa.01_045,02] Seht, so ist hinter der geistigen Zeremonie der Dienst des
Geistes gar wohl verborgen, der ein unausgesetzter ist – während die Zeremonie
nur in gewissen Zeiträumen aufeinander folgt.
[Sa.01_045,03] Da aber eben dieser Teil des Religionskultes unserer
Saturnbewohner für euch selbst von der größten Wichtigkeit ist, so will Ich euch
noch ein anschauliches Beispiel geben, durch welches ihr diese beiden
Religionsarten recht klar voneinander werdet unterscheiden können.
[Sa.01_045,04] Nehmet z.B. einen Schüler, der sich eine oder die andere
Kunstfertigkeit zu eigen machen möchte! Nehmen wir z.B. an, er möchte in der
Tonkunst ein vollkommener Virtuose werden. Was werdet ihr mit ihm sofort
anfangen, wenn er zu euch käme? Ihr werdet seine Fähigkeiten prüfen, werdet ihn
dann an eine wohlgeordnete Schule verweisen und ihm dabei die Bedingungen
vorschreiben und sagen: „Wenn du diese Bedingungen vollkommen erfüllst, wirst du
ohne Zweifel ein Virtuose. Erfüllst du sie aber nicht, so kann aus dir wohl ein
Stümper, aber nie ein vollkommener Virtuose werden!“
[Sa.01_045,05] Was wird nun der Schüler, dem es um die Virtuosität ernst ist,
tun? – Er wird sogleich allen äußeren Fleiß in Verbindung seines innern Wollens
anwenden, wird tagtäglich seine vorgeschriebenen fünf, sechs oder sieben Stunden
üben, wird die Schule von A bis Z durchmachen und wird keine anderen Übungen
vornehmen als diejenigen nur, welche ihr ihm zur Erreichung seines Zweckes
vorgeschrieben habt. – Wenn der Schüler auf diese Art sich mehrere Jahre
hindurch ausgebildet hat, werdet ihr ihm auch das erfreuliche Zeugnis geben, daß
er nun als ein ganz vollkommener Künstler dasteht, nachdem er sich auf seinem
Instrument mechanisch und geistig in jedem Grad der Fertigkeit bewegen kann.
[Sa.01_045,06] Seht, jetzt haben wir schon, was wir brauchen! – Was war die
vorgeschriebene Übung zur Erreichung der technischen Fertigkeit? – Das war
nichts anderes als der wohlgeordnete zeremonielle Teil seines Kunstkultes. – Hat
er sich aber unausgesetzt Tag und Nacht geübt? – O nein, sondern nur die
vorgeschriebene bedingte Zeit hindurch!
[Sa.01_045,07] Wie war aber dabei sein Streben und sein Wille beschaffen? War
dieser auch periodisch eingeteilt? – O mitnichten! – Sondern dieser war ohne
Unterlaß gleich einer guten Triebfeder in seinem geistigen und naturmäßigen
Organismus vorhanden. Und dieser Trieb ist eben der geistige Kunstkult unseres
Tonschülers, durch welchen er ganz eigentlich das wird, was zu werden er sich
zum Ziele gesetzt hat.
[Sa.01_045,08] Wenn er nun ein vollkommener Künstler geworden ist, was lebt er
dann für ein Leben? Das des Schülers sicher nicht, sondern das des freien
Meisters! – Wird er aber darum ein Feind seines früheren Schülerlebens? – O
nein, sondern er macht als großer Meister noch immer – nur mit wahrem, großem
Vergnügen – das mit, was er als Schüler gemacht hat. Er spielt noch immer recht
fleißig die Tonleiter und wiederholt alle andern Übungen, die er als Schüler
durchgemacht hat. Aber mit welchem Unterschied! Was er mühsam, schwerfällig und
mit bedeutendem Kraftaufwand als Schüler getan hat, das tut er jetzt mit großer
Leichtigkeit, Ungezwungenheit, Bestimmtheit und voll der inneren geistigen
Bedeutung.
[Sa.01_045,09] Als Schüler spielte er die Skala, wußte aber nicht, was er damit
gespielt hat; als Meister erschaut er nun in derselben Skala zahllose neue
Formen, von denen er zuvor keine Ahnung hatte. – Und so übt er zwar als
„wiedergeborener“ Meister ebenfalls den zeremoniellen Kunstkult aus; aber dieser
Kult ist bei ihm ein ganz anderes Hören, Schauen, Fühlen, Empfinden, Denken und
Wollen. Und das ist der spiritus rectificatissimus und ist die alles materiell
Schwerfällige und Sinnliche auflösende Brennkraft der Strahlen seines Geistes –
und ist somit für sich selbst genommen ein rein geistiger Kultus.
[Sa.01_045,10] Übertraget nun dieses auf das eigentliche Leben des Menschen, sei
er jetzt ein Bewohner der Erde, des Saturn, des Jupiter oder der Sonne – so gibt
es für ihn allzeit und überall diesen zweifachen Gottesdienst, welcher sich so
verhält wie der Weg und das Ziel des Weges.
[Sa.01_045,11] Wer den Weg beharrlich fortwandelt, der erreicht auch das Ziel.
So er aber am Ziele ist, wird der Weg, den er gemacht hat, nicht aus seinem
Gedächtnis noch aus seiner allzeitigen Erinnerung entschwinden, sondern er wird
eben am Ziele erst alle die Wendungen und Beziehungen des Weges vollkommen
überschauen in seinem Geiste.
[Sa.01_045,12] Ihr wisset, was unsere Saturnbewohner zum Hauptziele ihres Weges
vorgesteckt haben, nichts anderes als den Großen Geist selbst, auf daß sie
vollkommen eins werden möchten mit seinem Willen.
[Sa.01_045,13] Haben sie dieses Ziel durch ihre fleißige Übung erreicht, so ist
auch der geistige Religionskultus vollendet, von welchem Zeitpunkt dann der
eigentliche Trieb, denselben zu erreichen, aufhört. An dessen Stelle tritt das
große, unerschütterliche Verlangen, demselben treu zu verbleiben allzeit wie
ewig.
[Sa.01_045,14] Und dieser überaus bestimmte und festeste Wunsch ist dann
fortwährend der allerinnerste Gottesdienst von der allervollkommenst geistigen
Art eines jeden wiedergeborenen Saturnbewohners. – Diesen Zustand können dort
Menschen jeden Geschlechtes und jeden Alters erreichen. Und das ist nun auch
zugleich alles über den geistigen Teil der Religion der Saturnbewohner.
[Sa.01_045,15] Da wir sonach auf diese Art alles Notwendige und Denkwürdige auf
den Bergen mitgemacht haben, so wollen wir uns nun auch in aller Kürze ein wenig
in der Tiefe umsehen, sodann einige Blicke auf dieses Planeten Polargegenden wie
auf dessen Ring und dessen sieben Monde richten. Und somit gut für heute!
[Sa.01_046] – Die Bewohner der Flachländer. Ihr Bau- und Wohnwesen und ihre mehr
weltliche Gesinnung.
[Sa.01_046,01] Was die Tiefe oder vielmehr die Flachländer dieses Planeten
betrifft, so haben wir bei verschiedenen Gelegenheiten schon so manches von der
Lebensweise der dort lebenden Saturnbewohner erfahren. Und so wird uns nur noch
einiges zu erwähnen übrigbleiben.
[Sa.01_046,02] Eine Art Städte gibt es auf diesem Planeten nirgends.
Dessenungeachtet aber wohnen hier und da, besonders in der Gegend der kleineren
Seen und minder großen Flüsse, die Familien näher aneinandergerückt als auf den
Höhen, und zwar besonders in den südlichen Teilen einiger Kontinentländer. Nur
sind sie da nicht so zahlreich in einem Wohnhaus beisammen wie auf der Höhe.
Denn da besteht eine ganze Familie gewöhnlich nur aus den beiden Eltern und
ihren Kindern. Was die Groß- oder Ureltern betrifft, so leben diese gewöhnlich
für sich mit dem Beibehalt von einigen Dienst- oder Hilfsgenossen.
[Sa.01_046,03] Auch wohnen diese Menschen selten auf einem oder dem andern euch
schon bekannten Wohnbaume, sondern ihre Wohnungen bestehen zumeist aus einer Art
von Zelten, welche aus übereinandergelehnten Bäumen errichtet sind, und zwar auf
folgende Art: Die Bäume werden rund pyramidenartig zusammengestellt, dann werden
sie von der Erde angefangen bis zur Spitze hinauf in Kreisen mit Latten
beschlagen. Diese Latten werden mit allerlei Laubwerk überdeckt, und das sowohl
von außen wie von innen. Gegen Morgen (Osten) wird ein gehörig geräumiger
Ausgang gelassen. Und so ist das Wohnhaus auch schon fertig.
[Sa.01_046,04] Was die Räumlichkeit betrifft, so faßt ein solches Wohnhaus
freilich wohl nicht so viel wie ein Wohnbaum auf den Bergen. Aber
dessenungeachtet ist ein solches Zelthaus noch immer so geräumig, daß ihr ganz
bequem zehn Regimenter eurer Soldaten darin beherbergen könntet.
[Sa.01_046,05] Die innere Einrichtung ist ebenso gestaltet wie in den lebendigen
Wohnhäusern auf der Höhe, nämlich mit einer abgestumpften, pyramidenartigen
Schlaflehne und vor derselben mit einer runden Erhöhung, welche den Dienst eines
Tisches verrichtet. Und darin besteht auch schon die ganze innere Einrichtung
des Wohnhauses.
[Sa.01_046,06] Was aber dann die sonstigen Gerätschaften der Flachlandbewohner,
wie Werkzeuge, Speisegefäße, Kleidungen und Speisevorräte betrifft, so wird all
dieses in den sogenannten Vorratskammern aufbewahrt, welche in der Tiefe ebenso
erbaut sind wie auf der Höhe.
[Sa.01_046,07] Die Tempel sind auch ganz auf die Art erbaut wie auf den Bergen,
nur sind sie manchmal bei weitem kleiner und nicht so erhaben prachtvoll wie auf
den Höhen. Auch hat in der Tiefe nicht jedes einzelne Wohnhaus einen eigenen
Tempel, sondern mehrere Familien haben da nur einen.
[Sa.01_046,08] Das wäre somit das Bau- und Wohnwesen in der Tiefe – bis auf
einige Ziergärten, die gewöhnlich ein Eigentum eines privilegierten Patriarchen
sind. Wie diese Gärten geschmückt sind, ist euch schon bei Gelegenheit der
Beschreibung der Schaltiere, und zwar namentlich der Schnecken, gezeigt worden.
Hier und da gibt es in den Gärten auch Schneckenhäuser, die zur lustigen
Bewohnung für die Kinder eingerichtet werden, wie ihr solches schon zuvor
kennengelernt habt.
[Sa.01_046,09] Wer in der Tiefe gewöhnlich der Patriarch ist, ist auch schon
gezeigt worden. Denkt nur zurück an das euch schon bekannte Tier mit dem
Schlangenschweife und dem Feuerauge, da wird sich euch sogleich der Held mit der
gewonnenen Haut und dem daraus verfertigten Mantel als Patriarch aufführen. Daß
aber eben dieser heldenmütige Patriarch (der Tiefe) von dem Großen Geiste
bedeutend weniger angesehen wird als der Patriarch auf den Höhen, läßt sich ohne
vieles Nachdenken sehr leicht begreifen. Auch daß demnach mit einem solchen
bemantelten Patriarchen die Engelsgeister eben nicht sehr und zu häufig sich
abgeben, solches kann ebenfalls ohne vieles Nachdenken begriffen werden. Und daß
darob die Ebenenbewohner viel weltlicher gesinnt sind als die auf den
geheiligten Bergen, auch solches läßt sich wieder ohne vieles Nachdenken
begreifen. Sie sind wohl recht wackere Brüder und Schwestern miteinander, reden
oft sehr weise und halten sich demnach für viel aufgeklärter und gescheiter als
die Bewohner der Gebirge. Allein wenn es ihnen schlecht zu gehen anfängt bei
aller ihrer Weisheit, so machen sie dennoch wallfahrtartige Ausflüge auf die
Berge, wo sie, wie ihr schon wißt, gewöhnlich eines andern belehrt werden.
[Sa.01_046,10] Somit gibt es in der Tiefe auch sehr wenig und sehr selten höhere
Offenbarungen, außer bei denjenigen, welche ganz wahrhaft und treu aus der
Schule der Berge hervorgegangen sind.
[Sa.01_047] – Weiteres von den Flachländern. Handel und Gewerbe. Verbannung
Unredlicher. Lebensweise, Ehe, Zeugung, und Begräbnis.
[Sa.01_047,01] In den Tiefen, besonders an den Seen und großen Flüssen, wird
auch mit verschiedenen Sachen eine Art Tauschhandel getrieben, und zumeist mit
solchen, womit sich die Weiber auf die euch schon bekanntgegebene Art gerne
schmücken und zieren.
[Sa.01_047,02] Manches Mal wird von einem oder dem andern Kaufmann sogar an eine
Übervorteilung gedacht. Doch wehe ihm, wenn sein Betrug aufkommt! Da wird er von
den Weibern mit allerlei spitzigen Sachen kreuz und quer zerkratzt. Und wenn er
nach einer solchen Lektion noch einmal auf einem Betrug ertappt wird, so wird
alsbald ein Schiff ausgerüstet und unser Betrüger mit seiner Familie in eine
weit entlegene Gegend gebracht. Da hat er entweder eine bestimmt lange Zeit oder
auch, nach der Größe des zweiten Betruges, für alle Zeiten zu verbleiben –
welche Strafe dort unter dem Namen „Purak“ oder „ewige Verbannung“ bekannt ist.
Wer nur auf eine bestimmte Zeit verbannt ist, der darf bei seiner Abreise
mehrere „Schiffrucht-Körner“ mit sich nehmen, damit er sich in seinem
Verbannungsland aus den Samenkörnern, welche er dort alsbald aussät, ein Schiff
bereiten kann.
[Sa.01_047,03] Den zur ewigen Verbannung Verurteilten wird kein solcher Same
mitzunehmen gestattet. Gewöhnlich geschieht es aber bei diesen Verbannten, daß
von ihrem kläglichen Zustand die Gebirgsbewohner des einen oder andern Landes
durch die Geister Kunde erhalten. Die Gebirgsbewohner begeben sich auf diese
Kunde bald an den Ort solcher Verbannung, nehmen die Verbannten auf, bringen sie
auf die Höhen und machen aus ihnen nicht selten die besten Menschen.
[Sa.01_047,04] Sie geben ihnen auch oft eine oder die andere Wohnung auf den
Bergen zum Eigentum. Und es geschieht dann zuweilen, daß eben diejenigen
Tiefenbewohner, welche diese Menschen zur ewigen Verbannung verdammt haben, auf
die Höhe gelangen und da Schutz, gastfreundlichste Aufnahme und Belehrung in der
wahren Religion finden. Wenn dann solche Aufgenommene ihre Gastfreunde erkennen,
setzt es allzeit eine Verwunderung um die andere ab, wobei die Aufgenommenen
nicht begreifen können, wie diese ihre nunmehrigen Gastfreunde aus ihrer ewigen
Verbannung haben dahin gelangen können.
[Sa.01_047,05] Bei dieser Gelegenheit wird den Verwunderten gar freundlich
gezeigt, daß dem Großen Geiste gar viele Dinge möglich sind, von denen sich
bisher die Weisheit der Seebewohner noch gar entsetzlich wenig hat träumen
lassen. Wenn die verwunderten Fragesteller solche Antwort bekommen, schlagen sie
sich gewöhnlich an die Brust und klagen gewaltig über so manchen Unsinn, der in
den Tiefen gang und gäbe ist. Darauf werden sie abermals und ernstlich ermahnt,
daß sie bei ihrer Rückkehr in der Tiefe zur Ausrottung so mancher und vieler
Torheiten auf das kräftigste beitragen sollen.
[Sa.01_047,06] Es ist dadurch auch schon in so manchen großen Kontinentländern
geschehen, daß die Ebenen völlig den Höhen gleichen. Aber hier und da gibt es
dessenungeachtet dennoch wieder Länder, in denen sich die Tiefen von den Höhen
noch sehr gewaltig unterscheiden.
[Sa.01_047,07] Was ferner in den Tiefen die Manufakturen und das Gewerbe
betrifft, so gleichen diese auch denen auf den Höhen, bis auf einige
Luxusgewerbe, welche freilich auf den Höhen durchaus nicht stattfinden, wo sogar
die Färbung eines Fadens als sündhaft angesehen wird.
[Sa.01_047,08] Auch die Nahrungsweise ist (bis auf den Genuß der Milch der
großen Kuh) in der Tiefe fast dieselbe wie auf den Bergen. Nur einige
Patriarchalfamilien, welche auf den Seen die schönen, großen, weißen Felsen zu
Lustwohnungen auf die euch schon bekanntgegebene Art zubereiten lassen, ergötzen
sich oft auf diesen Lustörtern auch mit manchen etwas künstlicher bereiteten und
somit den Gaumen etwas mehr kitzelnden Leckerspeisen. Sie schlagen ihnen aber
gewöhnlich nach und nach nicht gar zu gut an; darum dann so manche weise
redenden Ärzte recht viel zu tun bekommen.
[Sa.01_047,09] Wohlbemerkt, solches ist auch bei euch der Fall! Würdet ihr ganz
einfach und naturgemäß leben und die Früchte der Erde so essen, wie Ich sie für
euch zubereitet habe, bis auf einige wenige, die nur weicher gekocht werden
könnten am Feuer – so wäre eure Sprache um vier Worte ärmer, nämlich sie wüßte
von keinem Arzt etwas, noch weniger von einer Medizin oder Apotheke. Und um
diese drei Worte wüßte sie darum nicht, weil ihr eigentlich das erste Wort,
Krankheit, fremd bliebe. So aber habt ihr kunstreiche Köche; dann sogleich die
Ärzte, dann die Apotheker mit ihrer noch kunstreicheren Küche. Und dann aus
dieser ganz vollkommen diejenige Speise (Medizin), durch welche die Krankheit in
dem Körper eines Patienten zum bleibenden Gaste wird.
[Sa.01_047,10] Also ist es auch, freilich nicht in einem so starken Grade wie
bei euch, in den Tiefen unseres Saturn der Fall. Aus diesem Grunde werden denn
auch die Menschen in den Tiefen bei weitem nicht so alt wie auf den Höhen.
[Sa.01_047,11] Was die Ehen betrifft, so werden diese auch in der Tiefe vor dem
Patriarchen, nur manchmal mit viel mehr äußerem Prunk, geschlossen.
[Sa.01_047,12] Die Zeugung von ihresgleichen ist mit der auf den Höhen gleich.
Nur geschieht es dann und wann, wenn der Mann in der Tiefe zu wenig Glauben und
Willenskraft besitzt, daß er dann mit seinem Weibe eine Reise ins Gebirge
unternimmt, um daselbst glaubens- und willenskräftig zu werden. Wozu, brauche
Ich nicht noch ferner zu sagen.
[Sa.01_047,13] Das Begräbnis der Menschen in der Tiefe ist von zweifacher Art.
Bei dem bessern Teil so wie auf den Höhen; bei den manchesmal etwas heidnischen
Völkern dagegen, welche den lichten Ring für eine Art Gottheit halten, ist das
Begräbnis wesentlich verschieden. Diese laden ihre Verstorbenen auf ihre Schiffe
und fahren damit gewöhnlich aufs Meer, besonders wenn dieses nicht zu ferne von
ihrem Wohnort ist. Allda auf dem Meere werden die Leichen der Verstorbenen ohne
weitere Zeremonie ins Wasser geworfen; bei welcher Gelegenheit sich auch schon
sogleich irgendein lebendiges „Grab“ vorfindet, das nach diesen Leichen sehr
begierig schnappt. Ist solch ein Begräbnis geschehen, dann kehren unsere
Totengräber wieder zurück, und die ganze Begräbnisfeierlichkeit hat bei der
Ankunft in der Heimat ein Ende.
[Sa.01_047,14] Das ist somit nächst dem, was ihr ohnehin schon aus den
gelegenheitlichen Mitteilungen wisset, das zumeist Merk- und Denkwürdige aus dem
Bereich der Tal- und Ebenenbewohner des Saturn. – Somit wollen wir die
eigentlich bewohnten Länder des Saturn verlassen und uns auf ganz kurzen Wegen
über dieses Planeten Schnee- und Eisregionen auf unsern Ring begeben. Und somit
lassen wir's für heute wieder gut sein!
[Sa.01_048] – Die ausgedehnte nördliche und südliche Polarregion des Saturn. –
Deren ungeheure Kälte dient zur Dämpfung der zerstörungslustigen Urgrundgeister
des Planeten und wirkt zuweilen bis zur Erde.
[Sa.01_048,01] Es ist euch schon gleich anfangs gezeigt worden, daß dieser
Planet eigentlich nur zwei Klimate hat, nämlich ein durchaus gemäßigtes, in dem
alle bewohnbaren Länder liegen, deren Breite im ganzen wohl mehr als ein Drittel
der Polargegend einnimmt.
[Sa.01_048,02] Diese Länder der gemäßigten Zone werden sowohl nördlich wie
südlich vom ununterbrochenen Meer umschlossen, in welchem nur, und das in weiten
Entfernungen von den Hauptkontinentländern, sich einige Mudländer vorfinden,
deren nördlichste oder südlichste Teile schon gewöhnlich in ewigem Eise erstarrt
sind. Nicht als wäre ein und dasselbe Land südlichst und nördlichst so
beschaffen, sondern, liegt es in der nördlichen Planethälfte, so ist dessen
nördlichster Teil, liegt es in der südlichen Planethälfte, dann ist dessen
südlichster Teil mit ewigem Eise umstarrt, und zwar aus dem natürlichen Grunde,
weil im Saturn ebenso wie bei euch auf der Erde die Polarregionen dem ewigen
Schnee und Eise angehören.
[Sa.01_048,03] Wie sieht es denn hernach in diesen Polarregionen des Saturn aus?
– Ich sage euch: Wie es hier für ein naturmäßiges Auge und Gefühl aussieht,
davon kann sich keine menschliche Phantasie und Einbildungskraft auch nur den
allerleisesten Begriff machen.
[Sa.01_048,04] Die Kälte dieser Polarregionen ist so groß, daß die Polarkälte
eurer Erde dagegen noch als ein recht gut geheizter Ofen erscheint. Dort
gefriert nicht nur das Wasser zu einem Diamanten, sondern die Luft selbst wird
bei dem höchsten Kältegrad zu lauter Eisstangen, welche sich oft meilenhoch in
den Äther hinauftürmen. Durch solchen heftigen Druck entzündet sich die
atmosphärische Luft in diesen Regionen auch sehr häufig, so daß darob viele
Meilen weite Gegenden wie glühend erscheinen und dieser Glühschein immer
zunimmt, bis am Ende wirklich die heftigsten Explosionen stattfinden[5].
[Sa.01_048,05] Da aber durch solche Luftentzündungen zufolge der großen Kälte
die Elektrizität der Luft noch mehr vermindert wird, so nimmt dann solche Kälte
auch beständig zu, und das einen Zeitraum von fünfzehn Erdjahren
hintereinander[6]. Während der kältesten Zeit, welche acht Erdjahre andauert,
finden dann keine Entzündungen mehr statt, weil da die Luft in eine ganz feste
Masse übergegangen ist. Nach diesem Zeitraum aber fängt das zurückkehrende Licht
der Sonne wieder an die gefestete Luft nach und nach aufzulösen, welche sich
dann bei einiger Auflösung sobald wieder zu entzünden beginnt und durch solche
Entzündungen und dadurch bewirkte Explosionen die Auflösung der gefrorenen Luft
auch stets mehr und mehr dem einen oder andern Pole näher rückt[7].
[Sa.01_048,06] Sind diese schauerlichen Gegenden auch irgendwie bewohnt? – In
naturmäßiger Hinsicht wohl von keinem lebenden Wesen, aber desto mehr in
geistiger Hinsicht. Denn der Schnee und das Eis stellen gewöhnlich die
Gefangenschaft irgendwelcher unruhiger Geister dar. Wenn die Kälte somit am
heftigsten ist, gibt es in diesen Gegenden für die Friedensgeister auch um so
mehr zu tun, weil sie eben durch jenen Akt, welcher durch die natürliche Kälte
in die Erscheinlichkeit tritt, die Feuergeister zur Ruhe bringen und ihre
übermäßig hitzige Zerstörungslust dämpfen. Daher könnt ihr auch allzeit daraus
schließen: wenn es in euren Gegenden kälter und kälter wird, daß auch da solche
zerstörungslustige Geister von den Friedensgeistern beruhigt und gedämpft
werden.
[Sa.01_048,07] Daß solche Geister feuer- und zerstörungssüchtig sind, könnt ihr
aus den häufigen Luftentzündungen in den Polargegenden gewahren. Je mehr aber
solche Geister sich erfreuen wollen, desto hartnäckiger werden sie von den
Friedensgeistern gefangengenommen. Je höher irgendein Kältegrad steigt, desto
intensiver ist auch die Gefangennehmung der feuerlustigen Unholde, welche, wenn
sie manchmal mehrere tausend Jahre hindurch solche Gefangenschaft genossen
haben, sich dann endlich geben und ihren Feuereifer so fahren lassen, wie eine
mit Elektrizität gefüllte Wolke, wenn eisig kalte Winde ihren elektrischen
Feuergehalt in einen freilich wohl manchesmal schädlichen Hagel umgestalten[8].
[Sa.01_048,08] Wer sind aber diese Polarfeuergeister des Saturn? – Ihr müßt euch
nicht etwa die Geister verstorbener Menschen darunter vorstellen; sondern das
sind noch Urgrundgeister, aus denen eigentlich der ganze Weltkörper gebildet ist
und die erst nach und nach, nach der vom Großen Geiste wohlberechneten Ordnung,
in das freie Dasein in menschlicher Gestalt übergehen.
[Sa.01_048,09] Manchmal geschieht es freilich wohl auch, daß Geister
verstorbener Menschen, wenn sie während ihrer naturmäßigen Lebenszeit sehr
rachsüchtig waren, wieder in diesen naturmäßigen polarischen Zustand
zurückgeführt werden. Solches geschieht im Saturn jedoch äußerst selten, aber
nicht so selten auf eurer Erde.
[Sa.01_048,10] Der Unterschied zwischen diesen zwei Geistern besteht nur darin,
daß die also gehaltenen Geister verstorbener Menschen nimmerdar wieder in ein
naturmäßiges Leibesleben zurückkehren, während solches bei den Urgrundgeistern
allezeit der Fall ist, nämlich daß sie zuvor die Naturmäßigkeit vollends
anziehen müssen, ehe sie vermögend werden, in ein freies, selbständiges und
somit auch absolutes oder abgesondertes Leben überzugehen.
[Sa.01_048,11] Es sind aber eben die Urgrundgeister des Planeten Saturn von
höchst zerstörungslustiger Beschaffenheit, aus welchem Grunde so manche alte
Seher eurer Erde sogar schon von diesem Planeten aussagten, daß er seine eigenen
Kinder verzehre. Daher müssen auch diese Urgrundgeister zuvor durch die
Friedensgeister, welche keine Urgrundgeister mehr sind, um so tüchtiger und
gehöriger vorbereitet werden, bevor sie in ein absolutes, freies Leben
übertreten können. Denn geschähe solches nicht, so wäre keine Sonne und kein
Planet im ganzen All vor ihrer Zerstörungslust sicher.
[Sa.01_048,12] Aus diesem Grunde ist dieser Planet von der Sonne auch so fern
gestellt, damit ihre Strahlen auf ihm nimmerdar einen solchen Hitzegrad zu
bewirken imstande sind, wie auf den Planeten Jupiter, Erde, Venus und ganz
besonders auf dem Planeten Merkur. Dessen Bewohner haben selbst auf den
Polargegenden, welche dort fast ganz allein bewohnt sind, beinahe eine Glühhitze
auszustehen – während im Saturn, wie ihr wisset, allenthalben wo er bewohnt wird
nur ein gemäßigtes Klima herrscht und selbst dieses noch, wenn es zu warm werden
möchte, durch den beständigen Schatten des Ringes vor Überwärmung bewahrt wird.
[Sa.01_048,13] Obschon die Saturnbewohner niemals solche Eisregionen betreten,
da sie vor nichts eine größere Furcht haben als vor dem Schnee und Eise (welche
Furcht zumeist von ihrem urgrundgeistigen Sein herrührt) – so wissen aber
dessenungeachtet namentlich die geweckten Gebirgsbewohner genau, wie es da
aussieht. Jedoch selbst die Gewecktesten haben keine große Lust an der
Anschauung und Schilderung dieser Gegenden; aber eine desto größere bei der
Schilderung und Anschauung des Ringes.
[Sa.01_048,14] Warum solches, das wird euch bei der nächstfolgenden Darstellung
des Ringes schon von selbst klar werden. Und so wäre über die Polargegenden
nichts mehr von besonderer Beachtung zu erwähnen, außer daß solche Erdjahre,
wenn sich die Erde diesem Planeten zunächst befindet, gewöhnlich schlechte und
unfruchtbare Jahre sind, und das darum, weil die übermäßige Polarkälte dieses
Weltkörpers manchmal mit ihrer Wirkung, metaphysisch genommen, mehrere hundert
Millionen Meilen gleich einem unsichtbaren Kometenschweif hinausreicht[9].
[Sa.01_048,15] Es gibt nämlich im großen Sonnengebiet in bei weitem größerer
Anzahl negative Kometen, welche alle auf sie fallenden Strahlen der Sonne so
gänzlich verzehren, daß da nicht ein allerkleinstes Atomchen je zurückgeworfen
wird. Solche Kometen werden erst dann sichtbar, wenn sie sich schon mehr und
mehr gesättigt haben und dann auch schon eine geregelte Bahn zu beschreiben
anfangen. – Diese Kometen sind gar häufige Gäste der Planeten und geben sich zu
gewissen Zeiten auf Augenblicke in der Gestalt der sogenannten Sternschnuppen zu
erkennen. Was jedoch diese negativen Kometen betrifft, so wollen wir diese bei
einer anderen Gelegenheit, etwa bei der Betrachtung einer Sonne, schon näher
kennenlernen. – Hier aber wurde ihrer nur darum erwähnt, damit ihr daraus
entnehmen könnt, wie und wie weit reichend manchmal die Polarkälte des Planeten
Saturn wirkt[10].
[Sa.01_048,16] Somit wären wir mit dem eigentlichen Planeten fertig und wollen
uns daher fürs nächste Mal zum Ring wenden.
[Sa.01_049] – Der Saturnring – hat planetarische Beschaffenheit. Seine
Achsendrehung und seine Zweckbestimmung.
[Sa.01_049,01] Was die Gestalt, Größe und Teilung des Saturnringes betrifft, so
ist dies alles schon gleich anfangs gezeigt worden. Und so bleibt uns für jetzt
nur seine Tauglichkeit und seine Natur zu betrachten übrig.
[Sa.01_049,02] Der Ring bildet für sich einen vollkommen kompakten, festen
Weltkörper, der, was die Flächenräumlichkeit anlangt, den eigentlichen Planeten
selbst ums Mehrfache übertrifft. Und wie sein Flächenraum größer ist, so ist
auch sein körperlicher Inhalt ums Mehrfache stärker als der des Planeten
selbst[11].
[Sa.01_049,03] Ist er etwa vollkommen glatt, oder ist er auch gebirgig? Hat er
Gewässer, und ist er mit atmosphärischer Luft umgeben?
[Sa.01_049,04] Dieser Ring hat alle Bestandteile eines Planeten, nämlich – er
hat Berge, und das überaus hohe; er hat sogar große Seen und Flüsse und ist
allenthalben mit atmosphärischer Luft umgeben. Nur ist das Wasser und die Luft
auf dem Ring viel leichter und feiner als auf dem eigentlichen Planeten.
[Sa.01_049,05] Ebenso hat er auch eine Achsendrehung um den mit dem Planeten
gemeinsamen Mittelpunkt, nur ist diese Drehung, was die Geschwindigkeit
betrifft, von der des Planeten verschieden. Dieses ist so zu verstehen: Wenn der
Planet sich beinahe zweimal um die Achse dreht, hat der innere Ring, welcher
eigentlich aus zwei Ringen besteht, die durch lauter elliptische Sphären
miteinander verbunden sind, sich kaum einmal um die Achse gedreht. Der mittlere
Ring hat eine noch langsamere Drehung. Der äußerste und größte aber braucht zu
seiner Umdrehung nahe einen Zeitraum von sieben Saturntagen[12].
[Sa.01_049,06] Ihr werdet hier fragen, warum denn diese verschiedene
Geschwindigkeit in der Umdrehung? – Warum drehen sich denn die Ringe nicht alle
gleich geschwind, und warum überhaupt nicht so geschwind wie der Planet selbst?
– Ihr müsset hier nur den Durchmesser eines und des andern Ringes betrachten,
wie einer den andern übertrifft, so wird euch auch leichtlich klar werden, warum
da jeder Ring eine andere Bewegung haben muß.
[Sa.01_049,07] Hätte z.B. der innere Ring bei seinem viel größeren Durchmesser
eine so schnelle Bewegung wie der Planet selbst, so würde ihn diese
Schnelligkeit ja offenbar zufolge der Mittelpunkt-Fliehkraft zerreißen. Hätte
der zweite Ring in seiner Bewegung die Schnelligkeit des ersten oder gar die des
Planeten, so würde ihn ebenfalls das Zerreißen treffen, und um so mehr den
äußeren und größten. Also aber ist die Bewegung genauestens abgewogen, in dem
jeder Ring sich schnell genug bewegt, damit von ihm zufolge der beständigen
Wurfkraft kein Teil in den Planeten herabstürzen kann. Und dennoch ist die
Bewegung eines jeden Ringes wieder in der gerechten Mäßigung, der zufolge kein
Teil weder des einen noch des andern Ringes nach außen hinausgeschleudert werden
kann, in dem durch ebendiese gerecht gemäßigte Bewegung die Wurfkraft mit der
jedem Ringe eigentümlichen Anziehungskraft im beständig gerechten Verhältnis
bleibt[13].
[Sa.01_049,08] Das ist die auf der untersten Potenz stehende geregelte
Naturmäßigkeit des Ringes. – Nun kommt es zur zweiten Frage:
[Sa.01_049,09] Wozu ist dieser Ring bei diesem Planeten gut? – Ist er denn
wirklich, wie es schon so manche Gelehrte behauptet haben, nur eine Wunderlaune
des Schöpfers oder, wenn es noch schlechter geht, eine großartige Kaprice der
Natur. Oder ist dem Schöpfer bei der Erschaffung dieses Planeten im Ernst der
Faden ausgegangen, darum Er hat müssen ein angefangenes, etwa gar großartig
begonnenes Werk unvollendet stehen lassen und die Ausführung des ganzen großen
Planeten auf bessere Zeiten verschieben?
[Sa.01_049,10] Ob da eines oder das andere der Fall ist, wird die Folge zeigen.
– Ihr habt schon bei der letzten Mitteilung vernommen, von welcher Art die
Urgrundgeister dieses Planeten sind. Würde der Ring nicht einen beständig die
Hitze mildernden Schatten über gerade denjenigen Teil dieses Planeten
abwechselnd, bald mehr nördlich, bald mehr südlich, verbreiten, wo sonst gerade
die heiße Zone sich notwendigerweise erzeugen müßte – so würde gar bald ein
ganzes Sonnengebiet, ja am Ende sogar eine Hülsenglobe erfahren, welcher Art,
Macht, Kraft und Gewalt die Urgrundgeister eben dieses Planeten sind.
[Sa.01_049,11] Durch diesen Ring aber wird eine immerwährend gleich gemäßigte
Zone in den Wohnländern des Planeten bewerkstelligt. Und die Folge davon ist,
daß die Urgrundgeister dieses Planeten sich nicht entzünden und somit auch keine
Verheerung in den Weltgebieten anzurichten imstande sind.
[Sa.01_049,12] Daß solches der Fall wäre, könnt ihr aus dem abnehmen, daß die
Saturnbewohner selbst immerwährend in der größten Achtung und in dem
pünktlichsten Gehorsam vor dem Großen Geiste erhalten werden müssen. Es wird
ihnen aus dieser Ursache auch von der Liebe eben nicht zu viel gepredigt,
sondern nur so viel, daß sie dieselbe erkennen, aber dabei zu der höchsten
Ehrfurcht vor derselben geleitet werden.
[Sa.01_049,13] Aus diesem Grunde ist dort auch sogar die Gattenliebe und die
Zeugung der Kinder so gestaltet, daß dabei das Gemüt der Menschen ja nie in eine
heftige Regung gerät. Und alles wird nur durch die größtmögliche Demut geleitet
und geschlichtet, welches alles ihr bei der Darstellung des Menschen hinreichend
werdet beobachtet haben.
[Sa.01_050] – Weiteres vom mehrfachen Zweck des Saturnrings. Beispiel von der
Glasbläserei und dem Kühlofen. Die zart-materiellen Ringbewohner. Deren
Lebensweise und Verkehr mit den Planetenbewohnern. – Mangelnde Tierwelt.
Samenlose Fruchtbäume.
[Sa.01_050,01] Nun seht, wie wohlberechnet ist diesem Planeten gerade über
seinem Äquator der Ring gegeben! – Andererseits habt ihr auf dem Saturn die
ganze Schöpfung vom Pflanzenreich bis zum Menschen hinauf in riesig großen
Körpern erschaut.
[Sa.01_050,02] Es könnte, ja es müßte da so manchem die Frage kommen: Ist
solches wohl wahr, und wenn es also ist, warum denn diese riesig großen Körper,
nachdem doch der allerhöchste Geist in dem Leibe Christi auf der Erde sicher
seiner Ordnung gemäß hinreichend Platz hatte? Wozu also für die
Saturnmenschengeister so große Leiber?
[Sa.01_050,03] Diese großen Leiber sind diesen Geistern aus dem Grunde gegeben,
daß sie durchaus keinen innerlichen Materiedruck erleiden sollen, welcher von
außen nach innen drücken und sie zu entzünden vermöchte. Aus eben dem Grunde ist
auch die außerordentliche Zartheit ihren Leibern verliehen, damit der leicht
erregbare Geist ja nicht irgend etwas finden solle, das ihn über seine Natur
drücken und dadurch leicht zur völligen Entzündung erregen möchte.
[Sa.01_050,04] Denkt euch nun diese großen und an und für sich auch
verhältnismäßig schweren Körper, welche zufolge des großen Volumens des Planeten
selbst und zufolge der darum viel größeren Anziehungskraft im Verhältnis zu
ihrem Planeten noch viel schwerer sein müßten als gleich große Körper im
Verhältnis zu eurer bei weitem kleineren Erde – wäre da durch alles frühere,
vorsichtige Unternehmen etwas gewonnen für die Art dieser Geister, wenn sie in
ihren Leibern belassen würden in der großen Schwerfälligkeit?
[Sa.01_050,05] Seht, da hat Meine Wissenschaft, etwas höher stehend als die der
Gelehrten eurer Erde, eben diesen Ring erfunden, durch den die Anziehungskraft
des Planeten so sehr gemildert wird, daß diese großen Körper im Verhältnis zu
ihrem Planeten nahe ums Hundertfache leichter sind als die eurigen im Verhältnis
zu eurer bei weitem kleineren Erde.
[Sa.01_050,06] Das ist ein neuer und gar außerordentlich wichtiger Zweck dieses
Ringes, der, so klein er auch selbst dem bewaffneten Auge erscheint, dennoch so
großwichtig ist, daß er nicht nur als ein Reif eines Planeten, sondern als ein
starkes Band über ein ganzes Weltall betrachtet werden kann.
[Sa.01_050,07] Nun fragt es sich, ist das der alleinige oder schon letzte Zweck
dieses Ringes? – O nein! Wir werden sogleich noch einen andern kennenlernen,
welcher bei weitem größer und wichtiger ist als die früheren. – Bevor wir aber
diesen Hauptzweck an und für sich berühren und betrachten wollen, müssen wir die
Frage stellen, ob dieser Ring bewohnt ist?
[Sa.01_050,08] Ich sage hier: Wenn daraus der Hauptzweck erwachsen soll, so muß
solches ja der Fall sein. Aber von wem und wie, das ist eine andere Frage.
[Sa.01_050,09] Bevor Ich diese beantworte, will Ich euch als Beispiel eines
eurer Erdgewerbe vorführen, das ist die Erzeugung eures Glases.
[Sa.01_050,10] Wenn die fürs Glas taugliche Materie gehörig zermalmt und mit dem
dazu nötigen Salz gemengt ist, kommt sie in den Schmelztiegel. Darin wird sie
durch den gehörigen Hitzegrad zum Fluß gebracht. Betrachtet nun die
geschmolzene, weißglühende Glasmaterie! – Seht, das ist der Zustand des
Saturnmenschen auf dem Planeten in seinem Leibe.
[Sa.01_050,11] Was geschieht mit dieser Masse dann, wenn sie gehörig flüssig
ist? – Es werden auf die euch sicher bekannte Art allerlei Gefäße aus ihr
bereitet, und zwar vermittels des Atmens aus der Brust der Arbeiter (d.h. durchs
Blasrohr). – Hier haben wir wieder unseren Saturnmenschen als einen feinen,
durchsichtigen, geistigen Menschen, der durch die erlangte Wiedergeburt sein
materielles Wesen so gut wie völlig abgelegt und in dem der Geist schon eine
solide Form angenommen hat.
[Sa.01_050,12] Wenn das Glasgefäß fertig geblasen ist, wird es vom Blasrohr
getrennt und sogleich, in anderen Tiegeln ruhend, in den Kühlofen übertragen. –
Jetzt sind wir schon bei unserem Ring, denn wenn der Saturnmensch stirbt, wird
er gewissermaßen vom Blaserohr des großen Glasfabrikanten abgelöst und in einem
anderen Tiegel in den Kühlofen gebracht. Nun, dieser Kühlofen ist – der Ring!
[Sa.01_050,13] Der erste Ring zur Abkühlung der größten Hitze. Der zweite Ring
zur ferneren Abkühlung. Und der letzte Ring zur Geschmeidigmachung, nach welcher
jeder also frei gewordene Menschengeist dieses Planeten erst zur Aufnahme der
Liebe fähig wird.
[Sa.01_050,14] Ich meine, es wird über dieses Beispiel keine fernere Erklärung
vonnöten sein, da sich diese ohnehin nun mit den Händen greifen läßt. Nur würde
hier und da noch mancher fragen: Wozu denn den Geistern einen materiellen
Aufenthaltsort geben?
[Sa.01_050,15] Die Antwort auf diese Frage ist sehr leicht, weil die Geister der
Saturnmenschen, wenn sie aus dem ersten Körper treten, nicht sogleich als reine
Geister dastehen, was schon aus ihrer leichten Wiedererscheinung und aus der
schnellen Verwesung ihrer Leiber zu erschauen ist. Somit haben diese Geister
beim Übertritt in den großen Ring auch noch eine Art materiellen Leib, welcher
freilich viel leichter, zarter und reiner ist als der frühere auf dem Planeten.
Und selbst dieser Leib wird dann noch allezeit reiner und geistiger, auf eine je
höhere Sphäre des Ringes der Saturnmensch übergeht.
[Sa.01_050,16] Diese Ringbewohner essen und trinken und leben auf den Ringen
dann gerade also wie zuvor auf dem Planeten – nur sind alle Erzeugnisse in eben
dem Verhältnis feiner und subtiler – wie die Menschen selbst, die dahin
gelangen.
[Sa.01_050,17] Der Unterschied zwischen dem Ring und dem Planeten besteht nur
darin, daß auf dieser zweiten Welt keine Tiere mehr vorkommen, wohl aber
Fruchtbäume, die aber alle zusammen keinen Samen haben, der sie fortpflanzen
möchte, sondern sie entwachsen dem Boden ungefähr so wie dem Boden der Erde bei
euch die Schwämme.
[Sa.01_050,18] Daß solche Ringbewohner auch auf den inneren Wunsch der
Planetenbewohner sich vom Ring auf kurze Zeit zum Planeten selbst begeben
können, und das schon mit geistiger Schnelligkeit, läßt sich aus der vielfachen
Erscheinung der Geister bei den Bewohnern des Planeten selbst erschauen.
[Sa.01_050,19] Da aber die Wohnungen und die Lebensverhältnisse der
Geistmenschen auf dem Ring ums Unvergleichliche herrlicher, erhabener und
angenehmer sind, so haben die Ring-Geister auch nimmer eine Lust, sich länger
auf dem Planeten aufzuhalten, als es dem Willen des Großen Geistes gemäß
notwendig ist. Daher haben sie auch stets eine große Freude, wenn sie wieder in
den Ring zurückkehren können.
[Sa.01_050,20] Nun wisset ihr auch alles Notwendige und Denkwürdige von dem
Ring. – Und so wollen wir fürs nächste Mal noch einen Blick auf die Monde dieses
Weltkörpers werfen und damit auch die Mitteilung über diesen Weltkörper
beschließen.
[Sa.01_051] – Die Saturnmonde – ohne Achsendrehung. Naturmäßiges Leben nur auf
der dem Planeten abgekehrten Seite. Die Monde als Nachschule des Saturn und
Vorschule des Ringes und des reingeistigen Lebens. – Schlußwort: Zweck dieser
ganzen Eröffnung.
[Sa.01_051,01] Was die Monde betrifft, so stehen diese in demselben Verhältnis
zu ihrem Planeten wie der Mond dieser Erde zu ihr. Nur ist dort durch die Monde
eine Gradation (Lebensstufung), wie sie natürlicherweise bei euch nicht sein
kann, da die Erde nur einen Mond hat.
[Sa.01_051,02] Was die Bewegung der Monde betrifft, so haben auch sie keine
Umdrehung um ihre Achse, sondern kehren immer ein und dasselbe Gesicht ihrem
Planeten zu.
[Sa.01_051,03] Aus diesem Grunde ist auch ihre Bewohnbarkeit eine doppelte,
nämlich eine geistige und eine naturmäßige. Und somit ist auch jeder Mond (nur)
auf der von dem Planeten beständig abgekehrten Seite von Menschen und Tieren
bewohnt und hat Vegetation, Wasser, Luft und alles das, was zur Unterstützung
des natürlichen Lebens notwendig ist.
[Sa.01_051,04] Die Menschen, die auf der dem Planeten abgekehrten Seite
naturmäßig leben, sind auch natürlicherweise viel kleiner als jene auf dem
Planeten und haben auf den kleineren Monden kaum eure Größe. – Auf den größeren,
letzten oder äußersten drei Monden aber sind sie größer als ihr auf der Erde.
[Sa.01_051,05] Diese naturmäßigen Menschen der Monde stehen mit den eigentlichen
Saturnmenschen in immerwährendem geistigem Verband, so daß die Geister
derjenigen Saturnmenschen, welche sich während der natürlichen Lebensdauer nicht
fähig gemacht haben, alsbald in einen der Ringe zu gelangen, vorerst einen oder
den andern ihrer Beschaffenheit entsprechenden Mond, oder mehrere, durchzumachen
haben, bevor sie erst in den untersten Ring aufgenommen werden können.
[Sa.01_051,06] Was tun denn diese Menschen in den Monden? – Und welche
Saturngeister kommen in einen Mond? – In den Mond kommen eigensüchtige und
heidnische Geister, welche den Ring ihr Saturn-Leben hindurch als eine Gottheit
angebetet und verehrt haben. In einem jeden Mond, wo sie zuerst allezeit auf der
naturmäßigen Seite auftreten und durch ihre Leiber als dort wohnende natürliche
Menschen das Naturmäßige erschauen, haben sie aber keine Anschauung vom Ring,
der ehedem ihr Abgott war.
[Sa.01_051,07] Wenn sie sich dadurch den Ring gleichsam abgewöhnt haben und
selbst ihres Planeten losgeworden sind, dann erst ziehen sie auf die dem
Planeten zugewandte Seite, von wo aus sie dann den Planeten mit dem Ring als
nahezu einen konkreten Körper erschauen. – Dadurch erst wird ihnen nach und nach
klar – wie sie auch von anderen, zu ihnen kommenden höheren Geistern belehrt
werden – daß der Ring mitnichten irgendeine Gottheit oder ein Sitz derselben
noch der Weg ist, den der Große Geist über den Himmeln wandelt, sondern mit
eigenen Augen schauen sie es, daß er auch nur ein materiell-fester, um den
eigentlichen Planeten gelegter Weltkörper ist, vom Großen Geiste zu dem Zweck
erschaffen, daß die Geister der auf dem Planeten verstorbenen Menschen dort für
ein höheres Leben, von dem sie noch keine Ahnung hatten, vorbereitet werden.
[Sa.01_051,08] Wenn diese Geister dann solches erfahren haben, sowohl durch
Lehre als durch eigene Anschauung, so lassen sie gar bald ihren Irrglauben
gänzlich fahren und erkundigen sich emsigst nach der Wohnung des Großen Geistes.
– Es wird ihnen aber bedeutet, daß sie solches erst auf den Ringen erfahren
werden, wenn sie sich vollkommen dem reingeistigen Zustand genähert haben und
endlich auch vollkommen in denselben übergegangen sein werden. Darauf bekommen
sie dann eine Sehnsucht nach dem Ring, aber noch mehr nach dem reingeistigen
Zustand, und werden dann auch sogleich in den Ring befördert.
[Sa.01_051,09] Solches wüßtet ihr nun. Es möchte sich aber dennoch mit der Zeit
die Frage aufwerfen: „Warum denn zu dem Zweck eben sieben Monde vorhanden sein
müssen? Solche einfache Aufgabe könnte ja auch ein Mond erfüllen?“
[Sa.01_051,10] O ja, für Geister anderer Beschaffenheit würde wohl ein Mond
genügen. Aber für die Saturngeister, welche im großen Schöpfungsmenschen ihren
Sitz unter einem Knie haben, genügt solches nicht. Denn die Füße (Beine) sind
die äußere Grundlage des Lebens und an den Füßen selbst wieder die Gelenke. –
Wird dem Leib ein Schaden etwa an seinem Arm, an seiner Haut, sei es auf welchem
Teile des Leibes es wolle, zugefügt, so kann der Leib noch immer aufrecht stehen
und seine Bewegungen machen und kann sich Hilfe suchen. Wenn er aber an einem
oder dem andern Fuß, und zwar namentlich an einem oder dem andern Gelenk
desselben, einen gewaltigen Schaden erleidet, so ist er gehemmt am ganzen Leib,
fällt zusammen und kann sich nicht weiterbewegen und sich auch keine Hilfe
suchen. Und so sind auch aus eben diesem Grunde die Füße bei jedem Menschen
stärker gebaut als alle anderen Teile seines Leibes.
[Sa.01_051,11] Da also aber die Saturnbewohner einen allerwichtigsten Beinteil
unter dem Knie des großen Schöpfungsmenschen ausmachen, von welchem großen
Geistmenschen ihr schon bei mancher anderen Gelegenheit näheres vernommen habt,
so muß aus eben diesem Grunde, bei den Geistern der Saturnmenschen, und zwar bei
jedem einzelnen darauf gesehen werden, welcher der sieben (Grund-)Geister (aus
welchen jeder einzelne Geist besteht) am gefährlichsten daran ist. Und zu eben
dem Zweck sind denn auch die sieben Monde da – damit in einem oder dem anderen
Mond der eine oder andere der sieben (Grund-)Geister zur Ruhe und entsprechenden
Ordnung mit den übrigen sechs (Grund-)Geistern gebracht wird. – Aus dieser
Kundgebung werdet ihr nun auch gar wohl entnehmen können, warum diesem Planeten
sieben Monde zugeteilt sind.
[Sa.01_051,12] Somit wisset ihr alles, was die Monde betrifft. Ihre Entfernungen
und Größen sind euch ohnehin schon gleich anfangs kundgegeben worden. Und so
bleibt uns auch über die Monde nichts mehr zu sagen übrig.
[Sa.01_051,13] Und da wir somit den Planeten wie den Ring und nun auch die Monde
kennengelernt haben, so sind wir mit der Mitteilung über diesen Planeten zu
Ende.
[Sa.01_051,14] Nun möchte ein oder der andere Schwachsichtige vielleicht noch
fragen, wozu denn eigentlich die ganze Mitteilung über diesen Planeten nützen
solle? – Da sage Ich nichts anderes als nur das:
[Sa.01_051,15] Fürs erste soll sich ein jeder, der diese Mitteilung gelesen hat,
ein recht tüchtiges Beispiel nehmen, wie ganz anders die Bewohner dieses
Planeten Meinen Willen achten als die Menschen dieser Erde.
[Sa.01_051,16] Fürs zweite soll er auch aus dem Ganzen erschauen, wie Meine
Liebe, Weisheit, Macht und väterliche Sorgfalt gar viel weiter hinausreicht, als
es sich der hochtrabende Menschenverstand je in seinen törichten Sinn kommen
lassen kann.
[Sa.01_051,17] Und fürs dritte soll eben diese Betrachtung den Menschen dieser
Erde zur vollsten Demut leiten, aus welcher er erschauen soll, wer er ist und
wer Ich, sein Gott, Schöpfer und Vater, bin.
[Sa.01_051,18] Dabei soll er sich an die Brust schlagen und darüber nachdenken,
welch größte Gnade und Erbarmung ihm dadurch zuteil geworden ist, daß Ich, der
alleinige Herr und Schöpfer solcher Wunderwerke, es Mir habe gefallen lassen,
die Erde, diesen kleinen, schmutzigen Planeten, zu erwählen zur Geburtsstätte
Meiner unendlichen Liebe, Erbarmung und Gnade und somit aller Fülle Meines
göttlichen Wesens!
[Sa.01_051,19] Aus diesem Grunde will Ich euch noch die Sonne wie auch noch
einige andere Planeten, wenn schon nicht so ausführlich, so aber doch auch in
aller Kürze genügend beschauen lassen.
[Sa.01_051,20] Und mit dieser jetzt ausgesprochenen Verheißung soll auch diese
Mitteilung beschlossen sein! – Mein Segen, Meine Liebe, Gnade und Erbarmung sei
mit ihr! Amen!